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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 23.06.1900
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1900-06-23
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19000623023
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1900062302
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1900062302
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1900
-
Monat
1900-06
- Tag 1900-06-23
-
Monat
1900-06
-
Jahr
1900
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Durch die Post bezogen für Deutschland und Oesterreich: viertestährlich 6.—. Directe tägliche Kreuzbandiendung in- Ausland: monatlich 7.50. Abend-Ausgabe ripMer TaMatt Anzeiger. Amtsblatt -es Königlichen Land- nn- Amtsgerichtes Leipzig, -es Mathes und Volizei-Ämtes -er Ltadt Leipzig. Anzeigen'Prei- bie 6 gespaltene Petitzeile 20 Pfg. Reklamen unter dem RedactionSstrich (4g«> spalten) 50^, vor den Familiennachrichtea (Ogespalten) 40^. Größere Schriften laut unserem Preis- vrrzrichniß. Tabellarifcher und Ziffernsatz «ach höherem Tarif. Extra-Beilagen (gesalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbeförderung 60.—, mit Postbesörderung 70.—. ^nnahmeschlnß für Anzeigen: Abeud-AuSgabe: Vormittag» 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittags 4Uhr. Lei den Filialen und Annahmestellen je et» halbe Stunde früher. Anzeigen sind stet» an die Expedition zu richte«. Druck and Verlag von E. PolztnLeipzk» 315. Sonnabend den 23. Juni 1900. SL Jahrgang. Die Wirren in China. -p. Bedenklich steigt die Waage der Optimisten in der Beurtheilung der Dinge in China. Nicht nur, daß Peking von den Entsatztruppen noch nicht erreicht ist, und die Be sorgnis um das Leben der dortigen Fremden von Tag zu Tag wächst, auch in Tientsin, das doch der Operationsbasis der Mächte in Takn um so viel näher liegt, sind die Chinesen noch Herren der Lage und machen erfolgreich Anstrengungen, die Fremdenviertel und da mit daS Ergebniß emsiger und intelligenter Culturarbeit eines halben Jahrhunderts zu zerstören. Die Fremdennieder lassung hatte eS ermöglicht, daß Tientsin in kurzer Zeit unter allen chinesischen Vertragshäfen, obwohl der von Jahr zu Jahr schlechter werdende Zufuhrweg auf dem Peiho seinen Aufschwung zu hemmen geeignet ist, nach Shanghai und Hankau der Bedeutung des Handels nach die dritte Stellung einnahm. Es wird uns gemeldet: * Berlin, 22. Juni. Ter Chef VcS KrenzerqeschwuScrs meldet ausTaku vom 20.Juni Abends. Ein ausTicntjin angckommcncr französischer Lfsikier berichtet, Tientsin werde seit drei Tonen von chinesischen Truppen beschossen. Die Munition sei tnnpp. Ferner wird gemeldet, das; S. M. Schiff „Irene" mit 240 Secfoldatcn am 21. Juni oaselbst eingetroffen nnd sofort mit 220 Enn- ländcrn nnd läOO Aussen zum Entsatz nach Tientsin ab gerückt sei. Tie Eisenbahn von Takn vis )5 Kilometer von Tientsin ist im Stande. Bon Peking nnd den dorthin gesandte» Trnppc» liegen noch keine Nachrichten vor. Tas Befinden der Bcrwnndctcn ist befriedigend. (Wdrhlt.) * London, 22. Juni. Unterhaus. UntcrstaatSsekrctär -cS Aeutzern Brodrick erklärt: Bo» Peking oder von der von Seymour befehligten Trnppc liegen keine Nach richten vor. Dagegen hat ein gestern in Takn ringe- trofscncr, von Tientsin am 18. d. M. abgcgangener Lünser Nachricht über die Lage in Tientsin gebracht; danach wurden aus die Stadt mehrere Angriffe anSgcjnhrt, aber zurückgcschlagen. Am 17. d. M. beschossen Sic Ehin cs en die Frcmdennicdcrlassung. Eine aus 175 Mann bcstebcn-c gemischte Trnppc, die sich aus Lcstcrrcichcrn. Engländern, Tcntschen und Italienern znsammcn- setzte, griff die chinesische Militärschule au, zerstörte die dor tigen beschütze, lödtctedieBcrthcidigcrdcr Schule und brannte diese sammt den dort befindlichen beträchtliche» Schietzvorräthcn nieder. Anhcrdem machten sich hierbei Sic Russen, die 4 Feldgeschütze hatten, besonders verdient. Tie Verluste betragen: 1 Engländer todt, 5 verwundet; 1 Deutscher todt; 2 Italiener verwundet; 7 Aussen todt, 5 verwundet. Während der Nacht des 17. Jnni versuchten die Chinesen sich der Schiffsbrücke zu be mächtigen, wnrdcn aber mit Verlusten zurückgeschlagcn; unter diesen soll sich ein Weueral befinden. Ferner tclcgraphirte der britische Eontrcadmiral in Taku gestern Abend, datz von einem Läufer neue Nachrichten aus Tientsin vom 20. d. eiu- gegangen seien, welche besagten, das; ein Kampf im(8ange sei undVerstärkungcnnöthig seien. Schlictzlich ist uns vom kontreadmiral in Takn folgende, von gestern Abend dattrte Depesche zngegangen: Ich hoffe, datz Tientsin viel leicht Henle Nacht entsetzt wird. Vom Obcreomman- dtrendcn liegt keine Nachricht vor. Der Kreuzer „Tcrrible" hat heute früh 382 Mann von den Royal Welsh Füsiliers und den Noyal Engineers ansgeschtfft. Lu der letzteren Meldung bemerkte Brodrick, cs sei anznnchmcn, datz in 1 bis 2 Tagen verschiedene andere Trnppcntörpcr eintreffcn, falls ihre Anknnft nicht bereits erfolgt sei. Die britische Regierung habe Vorkehrungen getroffen, die Streitkräfte welche bereits Marschordre nach China erhalte» haben, sehr beträchtlich zu ergänzen. (AnSführl. wiederholt.) *Tschifu, 22. Juni. (Nentermeldung.) Amtlicher seits wird gemeldet, das; Tientsin audanernd mit schweren ttzcschützc» beschossen wird. Tie Fremdcnnicdcrlaisttngrn sind nahezu ein geäschert. Tas amerikanische Consnlat ist zer stört nnd die Anisen am Bahnhöfe werden hart bedrängt. Bcrstärknnne» sind dringend nöthig. Tic Verluste sind schwer. (Wiederholt.) * New ?)ork, 22. Jnni. Der Sekretär der „Metho distischen Ausland-MissionSgesrllschaft" empfing ein Telegramm, das die Name» vou drei dnrch ein Kanonenboot geretteten Missionaren meldet. TaranS schließt er, das; die übrigen 24 Angehörige» der genannten Mission in Tientsin, unter denen eine Anzahl Frauen sind, ermordet wurden. Deutschland hat wie in Hankau, so auch in dem etwa l Million Einwobncr zählenden Tientsin durch Vertrag vom October 1895 Gebiet siir eine eigene Niederlassung erworben, deren Finanzirung die Deutsch-Ostasiatische Bank übernommen bat. Eine mit CorporationSrechten ausgestattcte Gemeinde führt die Verwaltung der Niederlassung. Die Bedeutung TientsinS als Handelsstadt überhaupt und für den deutschen Handel im Besonderen ist in einer Denkschrift dargelegt worden, die dem Reichstag im März 1898 vorgelegt wurde. Es heißt darin: „Der Gesamuitwertb des Handels von Tientsin, so weit er in der Statistik des Seezvllamts nachgcwiesen ist, betrug im Jahre 1896 51 316 367 Taels (rund 154 000 000.^), wovon 42 754 527 Taels auf die Einfuhr und 8 561 840 Taels auf die Ausfuhr fielen. Die Nabe der Hauptstadt nnd das ausgedehnte Hinterland lassen eine weitere Entwicklung deS Platzes erwarten. In Tientsin befinden sich gegenwärtig 24 deutsche oder unter deutschem Schutze st ehe n de Firmen, die an dem dortigen Handel in höherem Maße betheiligt sind, als die Firmen aller übrigen Nationen zusammeiigenoniuien. Der Flächeninhalt der Tientsin-Niederlassung, für die in zwischen auch der in dem Vertrage erwähnte Theil der früheren amerikanischen Concession verfügbar geworden ist, beträgt ohne die chinesischen oder sonstigen Enklaven rund 1100 Mow gleich 67 Hektar mit 1650 Mtr. Ufersront, die Größe der Hankau-Niederlassung rund 36 000 lH-Cbanz, gleich 46 Hektar mit 1090 Mtr. Uferfront. Diese Größen verhältnisse tragen nach sachverständigem Urtheii dem Bedürf nisse des deutschen Handels auf absehbare Zeit Rechnung. Im Uebrigen crqiebt sich aus den einzelnen Vertrags bestimmungen, daß die Niederlassungsgebiete, ebenso wie die übrigen Fremdenniederlaffungen, unter chinesischer Gebiets hoheit bleiben, aber fortan der deutschen Verwaltung unter worfen sind." ES ergiebl sich daraus, wie schwer gerade deutsche Interessen geschädigt sein müssen. In Tientsin sind viel mehr europäische Firmen etablirt als in Peking, und auch dort stehen die Deutschen obenan. Es giebt in Tientsin eine ganze Reihe deutscher Handels häuser ersten Ranges, so Mayer <L Co. und Arnold Karberg, Melcher L Co. Auch die Deutsch-Asiatische Bank hat dort eine Filiale. Da die im October 1897 übernommene deutsche Concession ziemlich weit weg von der Geschäftsgegend liegt, so wohnen die meisten Deutschen Wohl auch jetzt noch in der englischen Niederlassung. Von dem durch Europäer be wohnten Stadttheil entwarf der Specialcorrespondent der „Frankfurter Zeitung" vr. P. Goldmann vor zwei Jahren folgende Schilderung: Die europäischen Lettlemeuw grenzen an den Pei-Ho. In der Mitte liegt daS englische, zur Linken, wenn man sich mildem Gesicht nach dem Fluß wendet, Las französische, zur Rechten das deutsche. Sie erstrecken sich vom Strom auS landeinwärts. An die französische Concession stößt seitlich dieChinesenstodt an, die „Cit.y", wie man hier kurz sagt, und geht in einem weiten Halb- kreise hinter den europäischen Vierteln herum, berührt diese jedoch erst wieder an der deutschen Niederlassung. Die europäische Stadt Tiemsin dehnt sich nicht in die Tiefe, sondern in die Breite. Man möchte sagen, daß die Stadt nach seitwärts lebt. Tie Haupt straßen laufen dem Fluß parallel. Am Pei-Ho selbst zieht sich ein Luml entlang. Das heißt, dieser lluml muß erst einer werden. Es ist Alles da, was zu einer Uferstraße gehört; der Fluß, daS User, die Straße — nur die schönen Gebäude fehlen. Tie vorhandenen Häuser sind zumeist Waarenspeicher, und diejenigen, die keine Waarenspeicher sind, sind nicht schön. Nur auf dem französischen kunch der ljuai <w b'iuncs heißt, stehen einige hübsche Bauten. Im Uebrigen wird auch die Straße selbst zur Aufbewahrung von Maaren, zumeist von Jmvort-Waaren, ver wendet. Man schreitet an ausgcsiapelten Ballen, Kisten und Säcken entlang. Ost sind für die Maaren aus Len Strohmatten, die Canton liefert, Hütten erbaut. Auch die Wächter Hausen in solchen Strohhütten. So machen einige Stellen Les Uuml den Eindruck, als habe ein Stamm von Wilden dort sein Nomaden lager anfgejchlaqen. Tie Straße liegt im gleichen Niveau mit der Wasserfläche. Der Fluß ist schmal, aber ungemein belebt von be- wimpeUen Dschunken und fauchenden kleinen Dampsbooten, die mit ihren Sirenen einen Höllenlärm verführen. Der Pei-Ho ist nur bis Tientsin für See-Dschunken fahrbar. Stets sind also hier zahlreiche Schiffe angesammelt, welche ihre Fracht abladen. Ain anderen User LcS Lunck sind Salz, Kohle und Reis zu ganzen Bergen aufgeschichtet, die gleichfalls von Matten bedeckt werden. Tas Meiste ist durch den großen Canal hinaufgekommen, welcher bei Tientsin sein nördliches Ende erreicht. Bor Allem der Tribut- Reis, der nach der Hauptstadt abgeführt werden soll, muß hier auf weitere Beförderung warten. Demnach ist der ganze Lunck nicht viel mehr als ein großes Entrepot. Tas eigentliche Wohn- und Geschäftsviertel ist, wie gewöhn lich in den chinesischen Colonien, die englische Concession. Tie Hauptstraße, die Vietorm-Uoack, hat fast gar keine Läden. Wohl aber liegen hier die hervorragendsten Gebäude der Stadt: Las „Lstor-blouss", der deutsche und der englische Club, das deutsche Consulat, das zierliche und farbige Palais dec Indisch- Australischen Bank und namentlich das Rathhaus. Der Stil, der bei den Monumentalbauten von Tientsin vorherrscht, ist der massiv-gothische. Tas liegt daran, daß sie alle von demselben Baumeister errichtet worden sind. Dieser Baumeister hat offenbar auS dem ernüchternden neunzehnten Jahrhundert sein romantische» Herz nach China geflüchtet und ist nach dein Pei-Ho gezogen, uin dort seine mittelalterlichen Träume zu verwirklichen. So sieht Tientsin an einzelnen Stellen au-, wie eine zum Leben erwachte Rittergeschichle. Selbst daS japanische Consulat ist eine feste Burg geworden. TaS Rathhaus ist aber ein gewaltiges Castell, ein graueS, zinnengekrönteS Gemäuer mit Spitzbogen- fenstern, flankirt vou dicken Thürmen. Die Hauptfront ist dem Public 6ar<1ou zugewandt, und hier ist ein Söller angebaut, der die Erwartung weckt, daß jeden Augenblick Kriemhild in eigener Person da hcraustreten werde, um der chinesischen Stadtcapelle zuzuhören. Auf den ersten Blick berührt dieses Nathhaus ein wenig be- fremdend. Wer hätte auch gedacht, gar so viel Gothik in Tientsin zu finden! Doch es läßt sich nicht leugnen, daß der Bau eine imposante Wirkung übt. Der osficielle Name ist „6oräon-IIaw'. Tie Engländer wollten durch ihr Municipal-Palais ihrem General Gordon ein Denkmal setzen, der so glänzende Kciegsthatcn in China ausgesührt hat. Da Gordon mit Li-Hung-Tschang be- freundet war, erwiesen sie durch die Benennung zugleich dem da maligen chinesische» Bicekönig von Tientsin eine Artigkeit. Li-Hung- Tschang hat dafür das Nathhaus in sein Herz geschlossen und hat ihm prachtvolle Seidenstickereien geschenkt, die bei festlichen Gelegenheiten in der großen Halle ausgehängt werden. Unter den Stickereien fällt ein seltsames Stück auf, das einen lebensgroßen Greis zeigt, dessen langer Graubart aus der Seide herauswächst und dem ein Reh zur Seite ruht, welchem Augen eingesetzt sind. Ein Ecdgeschoß-Zimmer gehört der Freimaurerloge. Seltsame Möbel sind an den Wänden gereiht, Altarleuchter stehen auf dem Boden, und an den blau auSgemalten Wänden kehrt als Ornament der Maurer-Zirkel immer wieder. Im ersten Stock haben die Väter der Stadt ihre Rathsstube. Die Stühle sehen nicht sehr abgesessen aus, in einer Ecke webt ungestört eine Spinne ihr Nest. Tientsin läßt sich allem Anschein nach ohne viel Berathung regieren. Wie in den Depeschen mitgctheilt wird, hatten während der Angriffe der Boxer am 15. d. M. die Frauen und Kinder in der Gordon-Halle Zuflucht gesucht, welche nach der obigen Beschreibung sehr geeignet für eine Vertheidigung ist. Die französische Kathedrale befindet sich in der Chinesenstadt und einzelne Häuser von Europäern, wie z. B. dasjenige deS Herrn Del ring, des höchsten deutschen Beamten in der Seezollverwaltung, liegen außerhalb der Stadt, sind also offenbar auch von den Boxern zerstört worden. Peking. Ucber die Lage in Peking ist heute nur folgende Meldung eingelaufen: * London, 23. Juni. lTelearamm.) „Daily Sx- pretz" berichtet aus Shanghai unter dem 22. Juni: D«e Japaner haben bis zum 15. Junt reichende Nach richten aus Peking erhalten, wonach dort über 100 Fremde getödtet worden sind. Seit dem 15. Juni find in Tokio von den Gesandtschaften keine Nachrichten ein gegangen. „Daily Expreß" ist keineswegs zuverlässig, aber da» Fehlen aller amtlichen Nachrichten auS Peking ist höchst bedenklich und läßt daS Schlimmste befürchten. Folgende Nachricht ist noch zu registriren: * Hongkong, 22. Juni. Der britische Kreuzer „Pique" und der Torpedobootszerstörer „Otter" sind hier eingetroffen und nehmen schnell Kohlen ein. Der amerikanische Kreuzer „Dou Juan de Mustoja" ist in Canton eingetroffen. Tie Haltung der Mächte. Man hat heute von zwei charakteristischen Versuchen Notiz zu nehmen, die theils darauf berechnet sind, ein einmüthigeS Vorgehen der Mächte in China zu erschweren, theils eine solche Wirkung haben müssen. Zu der ersteren Kategorie gehört die Meldung deS eng lischen Sensationsblattes »Daily Expreß", daß d»e chinesischen Unruhen von Rußland angestiftet seien. Wenn das englische Blatt seine Nachricht auch einem chinesischen Reformer in den Mund legt, so trifft doch zweifellos die „Kreuzzeitung" daö Richtige, indem sie jene Nachricht als eine antirussische inspirirte Kundgebung bezeichnet. Je durchsichtiger in diesem Falle der Zweck des tendenziösen Treibens deS „Daily Expreß" ist, um so vorsichtiger sollte jede Nachricht jenes Blattes geprüft werden und desto größere Zurückhaltung sollte das Wolsf'sche Bureau bei der Verbreitung von Mel dungen deS „Daily Expreß" beobachten. — Erschwerend für ein einmüthigeS Vorgehen der Mächte ist auch das Verlangen des Papstes, Frankreich solle zum Schutz der Christen ein größeres Truppencontingent nach China schicken. Daß der Papst sich an Frankreich allein mit einem solchen Gesuch wendet, muß die alten Protectorats-Ansprücbe Frank reichs in Bezug aus den Schutz der Christen im Osten wieder aufleben lassen. Der Ernst der gegenwärtigen Lage freilich bat Frankreich bewogen, dem Papst vorläufig mit dem Hin weise auf die Solidarität der Mächte zu antworten. Wie uns ein Privattelegramm auS Köln meldet, schreibt die „Kölnische Ztg.", offenbar inspirirt, die russische Fruilletsn. " Diana. Roman von Marian Comyn. Nachdruck verdoten. „Das «Glück ist inzwischen bei Ihnen eingekchrt, Mr. Beauchamp, ich halbe noch gar keine Gelegenheit gehabt, Ihnen dazu zu gratuliren. Lassen Sie mich bas Versäumte nach holen", sagte die klein« Dame, indem sie ihre Augen zu ihm auf schlug und den Fächer langsam hin und her bewegt«. .Ein reizendes Lächeln, das nicht ganz frei von Koketterie "war, lag dabei aus ihrem Antlitz, und es war wohl auch nicht bloßer Zu fall, daß der Micher verschiedentlich den Arm deS jungen Manne» streifte. „Diana erzählte mir davon, und ich habe mich unaussprechlich darüber gefreut. Wann sind Sie nach London gekommen?" , ,Mestern." „Und warm kehren Sie wieder nach Hause zurück?" „Morgen!" „So bald?" sagt« sie. Sie ließ den Fächer sinken und warf mit einer halb trotzigen Geberde den hübschen Kopf zurück. DaS hatte sie nicht erwartet. „Wichtige GeschäftSangelegenheiten zwingen mich dazu, schon morgen zurückzukehren", sagt« Erich schnell, denn er fühlte, daß. wenn er jetzt nicht die Gelegenheit wahrnahm, lang« Zeit vergehen konnte, bis sich ihm eine andere bot, „ich bin nur einer Angelegenheit wegen hierher gekommen, und —" „Ebenfalls geschäftlich, wie ich vermuth«? —" Der Schelm blitzte auS den hübschen Augen, als sie ihr Gegenüber anblickt«. „Nein — ganz und gar nicht", stammelte Erich, „ich bin nur nach London gekommen, um Sie zu sehen, Pauline!" „Und Sie wußten ganz genau, daß Ihnen daS gleich am ersten Tage gelingen würde. Mehr Zeit hatten Sie dafür nicht zu verwenden? — So, so!" „Pauline, lachen 'Sie nicht über mich!" sagte er mit so tiefem Ernst, daß bas junge, übermüthige Mädchen bis ins Innerste erbebte. „Sie pflegten dies doch früher nicht zu thun!" Er wünschte in diesem Augenblick saft jen« Ze«it zurück, denn ihr Lachen hatte ihn gekränkt. „Ja. daS war auch etwas Andere»! Damals waren Sie noch kein« so hegehrenSwerthe Partie — jetzt sind Sie «in reicher, junger Mann und gehören zu unserer „jsunesss äores!"" sagte sie scherzend. Der Blick, der diese Worte begleitete, war so vielsagend, daß Erich nicht anders konnte — er mußte diese klein« Hand ergreifen und sie an seine Lippen drücken. Es war ein gewagtes Unternehmen, denn wenn auch Mrs. Lestrange nichts hören konnte, so war doch jeden Augenblick zu erwarten, daß sie sich nach ihnen umwandte; aber Erich hatte jetzt all« Klugheit, alle Rücksichten vergessen, nachdem er einmal im Besitz dieser kleinen Hand war, schien er durchaus keine Lust zu haben, sie wieder frei zu geben. Und bann beugte er sich etwas vor, und sein dunkles Haar berührt« fast die goövig schimmernden Locken auf dem Haupt« des jungen Mädchens, als er jetzt von seiner Liebe, seinen Wünschen, seinen Hoffnungen sprach. Es waren heiße, leidenschaftlich« LiebeSwort«. die er dem eifrig lauschenden Mädchen zuflissterte. Pauline's Herz erbebte, und Erich fühlt« den leisen Druck der kleinen Hand, die er noch immer in der seinen hielt. In diesem aufregenden Moment ertönte di« Glocke, die Zwischenpause war zu Ende. Paulin« war die Erste, welche ihre Fassung Wiedergewann und Erich veranlaßte, sich schnell zu verabschieden. „Mr. Lestrange braucht Sie nicht zu sehen; «r besitzt nicht die — Vorzüge seiner Gattin. Aber es steht Ihnen frei, in der nächsten Pause wieder hierher zu kommen, denn eS unter liegt keinem Zweifel, daß er in dem Augenblick, wo der Vor hang fällt, die Log« wiet«r verläßt." So kehrte Erich denn auf seinen Platz zurück und blickte von dort aus in stummer Bewunderung auf das glückstrahlende Ant litz sein«» reizenden Gegenüber, sich immer aufs Neue fragend, ob er denn wach« oder träume, er konnte «S noch gar nicht fassen, daß dieses süße, blonde Mädchen, diese strahlende Schönheit, ihm gehörte und seine Gattin zu werden versprochen hatte. Nach dem End« deS zweiten ActeS trat Erich wieder in Pauline's Loge; er wurde von Mrs. Lestrange mit einem Neigen des Hauptes empfangen, sie lächelte ihm freundlich zu, gerade als ob sie wisse, was sich da hinter ihrem Rücken abspiele und durchaus keinen Grund sehe, einzuschreiten. Die Liebenden setzten sich so dicht neben einander, wie es, ohne Aufmerksamkeit zu erregen, möglich war. ihre Hände fanden sich und Erich fühlte, wie Pauline leise erbebte. „O, Pauline", flüsterte Erich mit heftig pochendem Herzen, „ich vermag keinen klaren Gedanken zu fassen, ich kann nur «inS denken, «inS fühlen, nur, daß Du mein bist, daß Du mein ge liebtes. süßeS Weib sein willst!" „Das kann ich aber durchaus nicht billigen, mein Herr, und ich werde versuchen, Sie wieder auf den rechten Weg zu bringen", war die Erwiderung der jungen Dame, welche, nach ihrem lächelnden Antlitz zu urtheilen, durchaus nicht unangenehm von dem Ausspruch des jungen Mannes berührt zu sein schien. „Doch Scherz bei Seite, Erich, ich habe wirklich Ernstes mit Dir zu berathen", eine liebliche Röthe überzog bei dieser vertraulichen Anrede ihr Antlitz, „wir haben große Schwierigkeiten zu über winden, daS unterliegt keinem Zweifel, und ich werde noch einen heißen Kampf mit Tante Eleonore auszufechten haben. Stehen wir Loch schon jetzt nicht allzu freundschaftlich zu einander!" „Du glaubst, Geliebte", sagte Erich mit ernstem Gesicht, „daß sie ihre Einwilligung zu unserer Verbindung ver weigern wird?" „Ja; meine Tante wünscht, baß ich ihren Sohn Wilfried heirathe, und dieser behauptet in allem Ernst, mich zu lieben. Er täuscht sich aber selbst, denn er ist gar keiner tieferen Empfindung fähig, er ist der egoistischste Mensch, den es über haupt giebt. Aber sein« Mutter bietet Alles auf, mich ihren Wünschen geneigt zu machen, obgleich ich ihr wiederholt erklärt habe, daß ich für Wilfried keine anderen als freundschaftliche Gefühle heg«. Angstvoll überwacht sie jedes Wort, das ich mit anderen jungen Leuten spreche, und augenblicklich beunruhigt sie sich sehr wegen eines gewissen Capitän Kcsleven, der mir ihrer Ansicht nach zu viel Aufmerksamkeiten erweist." „Er erweist Dir Aufmerksamkeiten?" wiederholte Erich mit solchem Ungestüm, daß Mrs. Lestrange sich umwendcte und lächelte, weil sie glaubte, baß man mit ihr gesprochen habe. „Wie kommt der Mann dazu, wie kann er sich das erlauben?" „Nun, warum soll ein junger Mann einer jungen Dame keine Aufmerksamkeiten ermessen? Wer Tante Eleonore sieht in Jedem, der sich mir nähert, einen Nebenbuhler ihres Sohnes, und da sie mich doch nicht von jedem Verkehr ausschließen kann, hat sie den Entschluß gefaßt, mich auf einige Zeit nach Irland zu ihrer Schwester zu schicken; sic meint, daß ich dort — daS sind ihre eigenen Wort« — zur Vernunft kommen werde und einsehen lerne, daß mein Vetter der einzige Mann in der Welt ist, der mich beglücken kann. Es ist wirklich empörend!" rief Pauline entrüstet aus, „mich so zu behandeln. Der einzige Trost dabei ist. daß die „Saison" zu Ende geht und ich jetzt nicht mehr so viel verliere, wenn ich fortgehe!" fügte sie hinzu. „Und dann wirst Du, Lieber, mir schreiben — nicht gleich zu Anfang, denn es unterliegt gar keinem Zweifel, daß man meine Torrespondenz scharf überwacht, aber ich werde schon einen Weg ausfindig machen, daß wir einander schreiben können, ohne daß meine liebenswürdigen Verwandten darum wissen!" „Ja — aber —", sagte Erich betroffen, „soll ich denn nicht mit Lady Drummond sprechen und ihr sagen, daß wir einig sind und einander angehören wollen?" „Das kannst Du — natürlich —", erwiderte Pauline, „aber wenn Du glaubst, daß sie ihre Einwilligung zu unserer Ver bindung geben wird, so bist Du sehr im Jrrthum, Du mußt Dir das nach Allem, was ich Dir soeben mitgetheilt, doch selbst sagen. Tante Eleonore ist nicht so leicht zu besiegen." „Wenn ich ihr aber sage, daß wir ohne einander nicht leben können?" „Was für ein Kind Du bist, Erich! Wenn sie mich nicht bestimmen kann, Wilfried zu heirathen, so läßt sie mich vor läufig überhaupt nicht heirathen, weil sie immer noch glauben wird, daß ich mich schließlich doch ihren Wünschen fügen werde. Erst wenn ich einundzwanzig Jahre akt bin, kann ich thun, waS mir beliebt. Aber das heißt für uns noch zwei Jahre warten!" „Zwei Jahre!" wiederholte Erich voller Verzweiflung. „O, Pauline, das ist ganz unmöglich! Nein, nein, dann laß uns ohne die Einwilligung Deiner Tante heirathen!" „Nein, ich danke, daraus kann nichts werden. Weißt Du auch, Erich, daß ich mein halbes Vermögen verlieren würde, wenn ich mich, ehe ich mündig bin, gegen den Willen meiner Tante verheirathe?" „Was schadet daS? Ich bin jetzt reich genug für unS Beide!" ; „DaS rst Alles ganz gut, aber ich sehe gar nicht ein, warum Tante Eleonore als Belohnung dafür, daß sie mich schlecht be handelt, noch zehntausend Pfund dazu erhalten soll. Dos ist sehr realistisch gedacht, ich weiß es", sagte Pauline, „Diana würde anders denken, nicht wahr? Aber ich kann und werde mich auch nie mit Diana messen", fuhr sie fort, „ich kann sie nur bewundern; aber verzweifle nicht, Erich — es wird schon Alle» wevden, wir sind Beide noch jung, und der Gsdankr em Dich wird mich in meiner ländlichen Einsamkeit trösten." Sie drückt« ihm bei diesen Worten zärtlich die Hand, und der Blick, der ihn aus den schelmischen Augen traf, begkückt« ihn unaussprechlich. „Wann, sagtest Du", fragte er, indem er ihren Händedruck zärtlich erwidert«, „wann sollst Du nach Irland gehen?" „Nächste Woche, der Tag ist noch nicht festgesetzt. Ich habe meine Tante Mathilde nur zweimal im Leien gesehen, und da» war meiner Meinung nach schon zu viel. Sie ist, war man eine „böse Sieben" nennt, und ich glaube, sie quält ihren Mann langsam zu Tode. Mein Onkel ist ein Prediger, ein sanfter, geduldiger Mann, vielleicht kann ich ihm von einigem Nutzen sein. Jedenfalls habe ich mir fest vorgenommen, meiner Frai. Tante zu zeigen, daß ich kein Kind mehr bin und genau weiß. waS ich zu thun habe!" '
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