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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 31.05.1900
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1900-05-31
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19000531021
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1900053102
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1900053102
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1900
-
Monat
1900-05
- Tag 1900-05-31
-
Monat
1900-05
-
Jahr
1900
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Größere Schriften laut unserem Preis- verzrichniß. Tabellarischer und Ziffernsatz nach höherem Tarif. Pxtra-Beilagen (gesalzt), nur mit de, Morgen»Ausgabe, ohne Postbesörderuag 60.—, mit Postbesörderung ^l 70.—. ^nnahmeschluß für Anzeigen: Abend-Au-gabe: BormittagS 10 Uhr. Morgeu-AuSgabe: Nachmittags 4 Uhr. Lei den Filialen und Annahmestellen je ei» halbe Stunde früher. Anzeigen sind stets an die Expedition zu richten. Drnck und Verlag von L. Polz in Leipzig. 274. Donnerstag den 31. Mai 1900. 94. Jahrgang. Politische Tagesschau. * Leipzig, 31. Mai. Zur sächsischen NniebcugungS-Angelegenheit wird un heute au- Berlin geschrieben: „Nachdem unzweifelhaft festgestellt worden ist, daß in der bekannten Kniebeugung--Angelegenheit die Aenße- rung: „Nun gerade werdrn evangelische Soldaten und Cadetten Verwendung finden* — im officiellen Auftrage des sächsischen Krieg-ministeriumS gefallen ist, wird von mehreren Seiten erneut daS Bedauern darüber ausgesprochen, daß es wegen der fraglichen Angelegenheit nicht zu einer Interpellation im sächsischen Landtage gekommen ist. Gewiß muß diese Unter lassung, die durch die mittelstaatlichen Verhältnisse als solche zum Thril erklärt, wenn auch nicht entschuldigt wird, bedauert werden. Aber der parlamentari schen Erörterung der Angelegenheit ist deshalb keineswegs der Boden entzogen. Wie ein Blick in die Etat- sür die Verwaltung des ReichshrereS lehrt, wird daS Gehalt des sächsischen KriegSministerS vom deutschen Reichs tage bewilligt (Etat sür daS König!. Sächs. Reichs- Militär-Contingent, Cap. 14, Tit. 1). Der Reichstag macht daher nur von seinem Rechte Gebrauch, wenn er das Ver halten de- sächsischen Kriegsministeriums seiner Kritik unterwirft. Die Benützung dieses Rechtes wird aber für den Reichstag um so mehr zur Pflicht, je mehr das sächsische Kriegsministerium durch jenen amtlichen Auftrag daS evangelische Bewußtsein der Protestanten in ganz Deutschland herauSgefordert und verletzt hat. ES »erscheint ferner unerläßlich, daß im Reichstage, da die Etatsberathung vorüber, an den Reichs kanzler die Interpellation gerichtet wird: welche Maßnahmen die verbündeten Regierungen zu ergreifen gedenken, um zu verhüten, daß durch militärische Stellen daS evangelische Bewußtsein der Protestanten Deutschlands berau-gefordert und verletzt wird?" Wenn eine solche Interpellation wirklich erfolgt, wird hoffentlich der Reichskanzler in der Lage sein, zu erklären, daß eS irgend einer Intervention nicht mehr bedürfe, da der von den Interpellanten beklagte Uebelstand bereits abgestellt sei. Jedenfalls wäre dies die der Würde Sachsens an gemessenste Erledigung der leidigen Angelegenheit. Auf eine Diskussion könnte dann verzichtet werden, was um so wünschenSwertber wäre, je weniger die „ausschlaggebende" Partei des Reichstags, das Centrum, umhin können würve, Stellung zu nehmen. Möchten nun die Redner dieser Partei die Handlungsweise unseres Kriegsministeriums billigen oder nicht billigen: in keinem Falle könnte daS Centrumsurtheil unserem Kriegsministerium erwünscht sein. Prinz Ludwig von Bayern bat abermals eine Rede ge-- halten. Im Anschluß au die Wanderversammlung der bayerischen Landwirthe fand in Nördlingen ein Festessen statt, bei dem der Regierungspräsident v. Lermann unter Berufung auf daS alte Sprichwort „So lange der Birnbaum blüht auf der Malsrr Heide, wird da« Volk der Bajuvaren nicht untergeben und nicht verlassen seine Fürsten", das Hoch auf den Prinzen Ludwig auSbrackte. Dieser betonte zuerst die Schwierigkeit, auf die vielen Ansprachen, die er zu beantworten habe, stets nicht nur die rechten, sondern auch neue Antworten zu finden, ging hierauf auf die alten Beziehungen des HauseS Wittelsbach zum Bayernvolke näher ein und schloß dann: „Diese uralten Beziehungen bringen mich darauf hin, daß ich die Herren bitte, die Liebe, die ich so vielfach, und nicht nur hier, sondern im ganzen Lande erfahren habe, wenn ich einmal nicht mehr sein sollte — und von den Allerjüngsten bin ich ja keiner mehr, ich thue ja schon 30 Jahre mit — aus denjenigen zu übertragen, von dem der Herr Präsident auch gesprochen hat, auf meinen ältesten Sohn. Ich bin überzeugt, er wird ebenso wie ich sür das ganze Land und seine Interessen eintreten. Wenn er sich jetzt, worüber ich mich sehr gefreut habe, verlobt hat, und in Bälde heirathen wird, so zweifle ich nicht daran, daß, wenn es ihm bescheert sein sollte, ebenfalls Söhne zu bekommen, er aus sie dieselben Gesinnungen übertragen wird. Ter einzelne Angehörige einer Dhnastie, er lebt auch nicht länger als andere Menschen, und wenn es ihm nicht vergönnt war, auf dem Throne zu fein und auf diesem eine hervor- ragende Rolle zu spielen, wird er gerade so vergessen wie andere Menschen. Die Dynastie aber lebt fort, wenn sie etwas taugt, und wenn das Volk, dem sie vorsteht, etwas taugt. Und in Bayern glaube ich, kann man mit gutem Gewissen sagen, die Dynastie taugt etwas und das Volk taugt auch etwas. Und so bitt« ich, mit mir auf diejenigen zu trinke», mit denen ich im innersten Herzen verbunden bin, aus das königliche Haus und aus das ganze Land." Einige Blätter glauben nun in dem Hinweise des 55jäbrigeu Prinzen auf das Schicksal nicht zum Throne gelangender Fürstensöhne den Schlüssel zu dem Geheimnisse zu finden, das Ursacke und Zweck der beiden vorhergegangenen Reden umgiebt. Wir unsererseits gestehen, daß wir irgend einen Zusammenhang zwischen einer Verstimmung wegen Mangels an Gelegenheit zu schaffender Thätigkeit und der Empfehlung des Studiums der Rcichsverfafsung nicht finden können. Wir verzichten auch auf Versuche zur Erklärung der ersten beiden Reden in der jedenfalls berechtigten Erwartung, daß der Prinz, der aus seinem Herzen keine Mördergrube macht, Gelegenheit suchen und finden würde, die Gründe seiner Verstimmung da dar zulegen, wo sie ihre Quelle haben. Wäre daö gleich ge schehen, so würde die Mißstimmung Wohl auch bereits be seitigt sein. In einigen radicalen Organen wird viel Aufhebens davon gemacht, daß die foctaldemokratischc RcichstagSfraction sich zuguterletzt doch noch dazu verstanden hat, bei der End abstimmung für die Unfallversicherungsnovelle zu stimmen. Ein demokratisches süddeutsches Blatt läßt sich sogar von seinem Berliner Berichterstatter das Märchen ausbinden, eS sei zum ersten Male, raß die Socialdemokratie einem socialpolitiscken Gesetze zugestimmt habe. Der gute Mann scheint im Parlamente geschlafen zu haben, sonst müßte er wissen, daß die Socialdemokratie des Reichstages schon der Invalidenversicherungsnovelle zugestimmt hat. Weshalb dieser Lärm vollsührt wird, ist klar. Man will wieder einmal einen Beweis für die Nichtig keit der Theorie von der Mauserung der Socialdemokratie beibringen und weist deshalb triumphirend darauf hin, daß viese Partei jetzt auch ihre Zustimmung zu den Arbeitern nützlichen Gesetzen nicht verweigert. In Wahrheit sind sür die Aenderung der Haltung der Socialdemokratie lediglich taktische Gründe maßgebend. Wenn die socialdcmokratische Fraktion früher gegen jedes socialpolitische Gesetz stimmte, so glaubte sie damit bessere Geschäfte zu machen, beute ist sie der um gekehrten Anschauung. Sie verfährt dabei genau so wie Herr Bebel, der gestern den Gewerkschaften den social demokratischen Charakter wahren, heute ihn ihnen völlig ab sprechen will. Die Socialdemokratie nützt eben dieZeitströmung, die ihr durch die Legende von ihrer Mauserung zu einer radicalen Neformparlei entgegenkommt, zu ihren Zwecken aus. Daß sie von ibrcn Endzielen auch nur eines auf gegeben hätte, bestreitet sie ja selbst stets von Neuem. Man wird sich also auch durch die Zustimmung der Socialdemo kraten zu der Unfallvcrsicherungsnovelle nicht davon ab bringen lassen dürsen, in der Socialdemokratie die Partei zu erblicken, welche die heutige Staats-, GesellschaflS- und WirthschaftSordnung beseitigen will. Die Los-von-Rom - Bewegung in Oesterreich macht stetig Fortschritte. Die im Werden begriffene evangelische Kirchengemeinde Grulicb (Böhmen) hat zum Ban einer Kirche ein in der Nähe der Stadl liegendes Grundstück durch Kauf erworben. — In Podersam hat sich die Erbauung einer evangelischen Kirche in Folge der UeberlrittSbewegung als uothwendig berauSgcstcUt, zumal da die nächstbenachbarte erst im Jahre 1898 fcrtiggestellte evangelische Kirche in Sowey sich schon jetzt als viel zu klein erweist. Die ersten Schritte sind bereits geschehen. Eö hat sich ein evan gelischer Kirchenbanvercin gebildet. Dieser hat einen Bauplatz erworben und gedenkt, in der Hoffnung auf die von evangelischen Glaubensgenossen znsließenden Unter stützungen , in kürzester Zeit mit dem Bau der Kirche be ginnen zu können. Die evangelische Gemeinde Gablonz ist durch die Uebertritte des vorigen Jahres um 25 Proc. ihres alten Bestands gewachsen. In Radl, Schlag, Kukan und Hermannstbal wurden seit der gewaltsamen Unterdrückung des Evangeliums zum ersten Mal wieder evangelische Gottes dienste gehalten. Die Betbeiligung der katholischen Be völkerung war eine zahlreiche. Hcrmannsthal, wo es vor Jahresfrist keine Evangelischen gab, ist Predigtstation geworden. — Die vor Jahresfrist erfolgte Gründung eines studentischen Gustav-Adolf-Zweigvereins in Graz hatte einige deutsche evangelische Hochschüler veranlaßt, auch in Wien an die Bildung eines solchen zu schreiten. Dieses Vorhaben konnte jedoch nicht ausgeführt werden, da der Ob mann des österreichischen Hauptvcreinö, Oberkirchenralh vr. Witz, sich nach einer Mittheilung der „Ostdeutschen Rundschau" demselben nicht geneigt zeigte. Es ist nunmehr ein Zweigverband deS Ulrich-HuttenbundcS von Seiten der deutsch-nationalen Studentenschaft Wiens ins Leben gerufen worden. — In Innsbruck sind am 20. Mai neuerdings 9 Personen zur Lutherkirche übergetreten, und zwar 7 Herren und 2 Frauen. Die Los-von-Rom-Bewegung schreitet in Tirol langsam, aber stetig vorwärts. — Die evangelische Gemeinde Mürzzuschlag, der eS bis zur Erbauung der Heilandskirche an einem geeigneten Saal zur Abhaltung ihrer Gottesdienste mangelt, trat an die Bezirkssparcasse mit der Bitte heran, ihr zu Gottesdiensten den BezirksvcrtretuugSsaal in dem der Sparkasse gehörigen Ge bäude sür die nächste Zeit zu überlassen. Früher wurde ihr von dem OrtSschulralb der Turnsaal zur Verfügung gestellt, doch auch da gab cS Männer, die eine weitere Verwendung desselben zu Verbindern wußten. Der Cursalon, der während des Winters von Fall zu Fall von der Besitzerin überlassen wurde, war auch nicht mehr zu haben, aber auch die Sparkasse hat das Gesuch abgeschlagen. Einen erfreulichen Eindruck macht es, daß ein pensionirter katholischcrPriester aus demReich zum Besten der evangelischen Kirche in Mürzzuschlag ein altes Oelbild verkauft und den Erlös, 500 für die Kanzel bestimmt hat. Mit dem Bau der durch Rosegger's Ausruf in weiteren Kreisen bekannt gewordenen Heilandskirche soll dem nächst begonnen werden. In Mureck (Steiermark), wo seit Herbst 1899 eine evangelische Predigtstation besteht, bat am 4. d. M. eine Versammlung stattgefunden, in der zwei Redner aus Graz über „Protestantismus und Charakterbildung", sowie über „Reformation und Gegenreformation in Steiermark" Vorträge hielten. Zum Schluffe sprach der evangelische Vicar von Radkersburg. Die katbo- lische Geistlichkeit gab sich alle Mühe, die Ver sammlung zu Hintertreiben. ES gelang ihr auch, den Gast- wirtb, bei dem die Versammlung zunächst geplant war, zur nachträglichen Verweigerung deS Saales zu bewegen, aber- umsonst. Der rührige Einberufer bemühte sich sofort um den Sparcasscnsaal, der auch bereitwillig zur Verfügung gestellt wurde. — In Stainz hat der evangelische Vicar, bekanntlich Württemberger, mit seiner amtlichen Tbätigkeit beginnen können, nachdem er das Colloquium vor der Superintendential- commission bestanden und damit die Predigterlaubniß erhalten bat. Er hat am Charfreitag und Osterfest in Stainz den Gottesdienst gehalten. Die Sammlungen für den Kirchenbau sind soweit gediehen, daß der Bauplatz bezahlt und ein Grundstock für den BaufondS gesammelt werden konnte. Das belgische Gesetz vom 10. März d. I. über den Arbeitscontract begegnet in seiner praktischen Hand habung mancherlei unvorhergesehenen Schwierigkeiten dadurch, daß die juristische Fassung der recht verwickelten Materie das Verständniß des Gesetzes zu keiner ganz leichten Auf gabe macht. Der in Belgien geltende Ooäe civil befaßt sich mit den gesetzlichen Reckten und Pflichten deS Arbeiters nur in einigen wenigen Artikeln. In Ermangelung klarer, unzweideutiger gesetzlicher Bestimmungen mußten hier die gemeinrechtlichen Principien aushclfen, deren sinngemäße Anwendung indessen vielfach eine so lückenhafte blieb, daß der Erlaß eines besonderen Gesetzes über daS Arbeitsver» bältniß als unumgänglich anerkannt wurde. Der Gesetzgeber entledigte sich seiner Ausgabe, indem er Regeln und Grund sätze ausstellte, die nicht nur mit einer Unzahl dorniger Streitfragen reinen Tisch macken sollten, sondern auch ganz neue Rechte und Pflichten sormnlirten. Es ging diese Schaffung neuen Rechts soweit, daß sie auch vor den Para graphen des Bürgerlichen Gesetzbuches nicht Halt machte, sondern manche Bestimmungen desselben durch neue ersetzte, namentlich was den Lohn, die Entschädigungspflicht, die Arbeit der Frauen und der Minderjährigen, auch die Beweis last bei strittigen Fragen, betrifft. Es scheint, daß sich in diesen Neuerungen der Gesetzgeber nicht durchgehends mit der wiinschenswcrtben Genauigkeit auSgedrückt bat, da die Arbeit geber klagen, daß sie sich aus dem Wortlaute des Gesetzes nicht orientiren können. ES sind bcreits fachmännische Commentare zu dem Gesetz über den Arbeitscontract er schienen, die aber eine authentische Interpretation nicht er setzen können. Der Krieg in Südafrika. -p. Wenn man der „Daily Mail" trauen könnte, so wäre Johannesburg gestern übergeben und stünde die Capitulation Pretorias un mittelbar bevor. Es wird unS berichtet: * London, 31. Mai. (Telegramm.) „Daily Mail" meldet I auS Lourenyo Marques vom 30. dsS. Mts.: Lom- 23» FrrrNlstsn. Unter egyptischer Sonne. Roman au- der Gegenwart von Katharina Zitelmann. Nachdruck »erbot««. Sie gab ihm die Hand. Die Thränen rannen ihr über die Wangen. „Thun Sie, wa- Sie für richtig halten, — ich — ich darf nicht gegen meines Mannes Willen handeln." „Aber Sie können ihn verhindern, sich dem zu widersetzen, was ich vorhabe, können ihm klar machen, daß er selbst froh sein muß, wenn sein Schwur ohne sein Zuthun umgangen wird. Sie haben ja auf Ihren Gemahl so vielen Einfluß. Versprechen Sie mir, ihn zu Gunsten meines Vorhabens anzuwenden!" „Ich werde eS versuchen." „Und nun möchte ich Miß Mary sehen." „Eine Frage noch: Kennt Braun Ihre Pläne?" „Nein, er ahnt nichts davon, darf auch nichts ahnen, so lange er in Ihrem Hause ist. Sr kann Ihnen mit offenem Blick ins Auge sehen. Ich bewundere Ihren zukünftigen Schwiegersohn von Herzen!" „Gott gebe, daß Alles gut werde", sprach Frau Salinas mit tiefem Seufzer. Noch am selben Abend suchte Harald Doktor Fischer auf, den er zwar nicht in seinem Hotel, aber in der Bierstube von Gorff traf, wo er sich „ven Genüssen europäischer Eultur" mit erfreu licher Ausdauer hingab. Er versprach Harald, der mit seinem Namen für's Erste aus dem Spiel bleiben wollte, bereitwillig seine Mitwirkung und erbot sich, aus dem deutschen und ameri kanischen Tonsulat Erkundigungen einzuziehen, in welcher Weise die Trauung vorzunehmen sei, und welche Papiere erforderlich wären. Erst wenn N mit bestimmmten Vorschlägen vor Doctor Braun hintreten konnte, wollte Harald diesen in seine Abfichten einweihrn. Kaum war di« Angelegenheit besprochen, als der Professor erschien, äußerst erfreut, dir Reisegefährten zu treffen. „Ich Hahr mich heut« ganz vrrwaist gefühlt", meinte er. „Mir fehlte alle Lust, etwa» vorzunehmen, ich sehnt« mich nach lieber Gesellschaft. ES ist die alte Geschichte. Die Einsamkeit ist stet» so lange da» Beste, al» man keine wirklich Einem zusagenden Menschen hat. Horu», ich engagi« Si» zu morgen früh; wir fahren zusammen in» Sizehmuseum." Harald war es um so mehr zufrieden, als er bei dem Director des Museums Auskunft über den Aufenthalt des Doctors Hubert Schmidt zu erhalten hoffte. Auf seine Nachfragen in der Direction erfuhr er denn auch, daß der junge Gelehrte vor seiner Reise nach Oberegypten in HelwLn gewohnt habe; wo er sich jetzt befinde, wisse man nicht. HelwLn! Daß Harald daran nicht eher gedacht hatte! Noch heute wollte er hinaus. Doch er mußte sich noch einen Tag gedulden, ehe er sein Vor haben ausführen konnte, denn erst in später Nachmittagsstundc kam er mit seinem Begleiter todtmüde nach Kairo zurück. War doch der Professor in seiner unverwüstlichen Frische noch zu einem Spaziergang durch den prachtvollen Park, der sich an das Museum anschließt, aufgelegt gewesen, und so war es zu der Fahrt nach HelwLn zu spät geworden. * * * ES war am nächsten Tage gleich nach dem Lunch, als Harald sich dorthin auf den Weg machte. Eine besondere Bahn führt von Kairo zu dem vielbesuchten Bade, das sich fünf Kilometer vom Nil entfernt mitten in der Wüste angesiedelt hat. Doch war der Tag für den Ausflug unglücklich gewählt. Ein heißer, trockener Wind wehte von Süden her, den Sand in dichten Wolken aufwirbelnd. Im blendenden Sonnenglanz lagen die geraden, einförmigen Straßen mit den Weißen Häusern vor ihm, wie in Schlaf versunken. Die landesüblichen, kunstvoll ge schnitzten Holzgitter, welche die Erker der Häuser bilden, blickten ihm statt der Fenster entg?aen. Kein Baum, kein Strauch, kein Mensch, kein Thier auf den Gaffen. Alles Leben schien ertödtet zu sein von weißem Licht und weißem Sand. Trotz aller Erkundigungen ermittelte Harald schließlich nur, daß allerdings ein kranker Doctor Schmidt hier gewohnt habe, aber nach Ober-Egypten abgereist sei. Den Arzt, der ihm vielleicht hätte Auskunft geben können, traf er nicht zu Hause. So mußte er sich entschließen, unverrichteter Sache nach Kairo zurllckzukehren. Wenn er sich auch nicht in freudiger Stimmung befand, »ntmuthigt war er keineswegs und nahm sich vor, bald möglichst nach HelwLn zurückzukehren, um seine Nachforschungen fortzusetzen. Im Hotel du Nil meldete man dem Heimkehrenden, daß ein Herr, der im Laufe des Nachmittags schon mehrfach dagewesen sei und nach ihm gefragt habe, im Salon auf ihn warte. Harald fand dort den jungen Braun, der, den Kopf in die Hand, den Arm auf den Lisch gestützt, in Gedanken versunken dasaß und erst, als Harald ihn begrüßte, dessen Anwesenheit inne ward. „Verzeihen Sie, daß ich Ihre Zeit in Anspruch nehme, Herr Baron", entschuldigte er sich aufspringend. „Sie kehren eben zurück und es ist bald Essenszeit — aber Sie müssen mir eine kurze Unterredung gewähren — meine Angelegenheit duldet keinen Aufschub." Harald versicherte freundlich, daß er für ihn immer Zeit habe, und da eben die Gesellschaft sich im Salon zu versammeln begann, lud er ihn ein, ihn auf sein Zimmer zu begleiten, wo sie ungestört seien. Beim Schein zweier Kerzen, die er entzündet hatte, nöthigte er dann den Gast, auf dem Divan Platz zu nehmen, und bot ihm eine Cigarre an. „Es plaudert sich besser dabei", meinte er liebenswürdig. Doch Braun lehnte ab; er befand sich offenbar in einem Zu stande, der ihm jede Verzögerung der Unterredung zu einer Qual machte. So setzte sich Harald denn ihm gegenüber und fragte nach seinen Wünschen. „Ich habe heute Vormittag die Familie Salinas verlassen", begann er in rauhem Tone. Als Harald diese Mittheilung schweigend hinnahm, fuhr er abgebrochen, als zwänge er die Worte gegen deren Willen Uber seine Lippen, fort: „Mr. Salinas ver weigerte mir die Erlaubniß, von Mary Abschied zu nehmen. Ich habe sie seit jener — Nacht kaum gesehen und gar nicht ge sprochen. Ihr Vater sagte mir, daß sie eingewilligt habe, Ihre — Frau zu werden." Er richtete den Blick fest auf Harald, als versuche er, auf dessen Antlitz zu lesen, ob das Wahrheit sei. Harald zögerte eine Weile, ehe er zurückgab: „Glauben Sie das?" »Ich — weiß nicht, was ich glauben soll", erwiderte Jürgen zurückhaltend. „Ist es wirklich der Fall, — hat sie dem Drängen ihres Vaters nachgegeben — aus Schwäche, aus Dankbarkeit — was weiß ich, — so verspreche ich Ihnen feierlich, daß ich nicht ein Wort weiter verlieren, sondern mich zurllckzichen werde. Sie werden mir zugcben, daß ich nichts gethan habe, ihre freie Wahl zu beeinflussen. Aber Gewißheit muß ich haben. Sie — werden mir die Wahrheit sagen." „Lieber Freund", erwiderte Harald. „Miß Mary vcrdiente mehr Vertrauen von Ihrer Seite. Sie geht für ihre Liebe in den Tod — und dann zweifeln Sie noch! Ich begreife Sie nicht." „Es ist nicht wahr! Er hat gelogen!" Wie ein unterdrückter Schrei klangen die Worte von Braun s Lippen. Er sprang auf und reichte Harald die Hand. „Leben Sie wohl und haben Sie Dank." Doch dieser hielt ihn fest. „Bleiben Sie und lassen Sie uns offen mit einander sprechen. Ich habe noch allerlei zu fragen. Was beabsichtigen Sie zu thun?" Braun hatte das Gesicht abgewandt und antwortete nicht. Harald merkte, daß er mit übergroßer Bewegung kämpfte und diese nicht vcrrathen wollte. Jndeß die Freude nach all' der furchtbaren Angst und Qual der letzten Tage that das, was diese nicht vermocht hatten: sie nahm ihm die Gewalt über sich selbst. Endlich zeigte er, daß er starken, leidenschaftlichen Gefühls voll war. Sein ganzer Körper bebte, Thränen drangen ihm aus den Augen, und wie von Schwäche ergriffen sank er auf den Divan nieder und ließ dem Schluchzen freien Lauf, das seine Brust hob und senkte. „Gott sei Dank!" sagte Harald, als sein Gast sich ein wenig beruhigt hatte, „nun sehe ich doch, daß Sie sie lieb haben." „Mehr als mein Leben!" stieß Braun hervor. „Hätten Sie ihr nur eher ein Zeichen davon gegeben, dann hätte sie den verzweifelten Entschluß nicht gefaßt." „Wie konnte ich das voraussehen", entgegnete Jürgen erregt. „Ich wollte fort aus Salinas' Haus, mir eine Stellung erringen, etwas werden. Liebt sie mich wirklich, so wird sie auf mich warten, wird mir vertrauen, dachte ich. Beim Abschied wollte ich ihr sagen, daß ich ihre Hand zu erbitten kommen würde, sobald ich ihr eine Existenz zu bieten hätte." „Und vorher überließen Sie sie, ohne ihr den geringsten Be weis Ihrer Neigung zu geben, dem Drängen ihres Vaters, sich zu verheirathen? Sie spielten ein gewagtes Spiel! Wenn ich wirklich als Bewerber aufgetreten wäre —" „Mußte ich nicht Mary freie Wahl lassen?" fiel Jürgen Harald ins Wort. „Sie hat bisher wenige Männer kennen ge lernt. Hätte sie Ihre Hand angenommen, so würde ich mir ge sagt haben, daß ihre Neigung zu mir mehr kindliche Schwärmerei gewesen sei, als Liebe, und wahrhaftig, — ich hätte ihr keinen Vorwurf gemacht. Ich glaubte sogar, daß e» so kommen würde, und wollte ihrem Glück nicht im Wege stehen." „Sie waren in allem Ernst eifersüchtig auf mich?" fragte Harald lächelnd. „In Philae freilich —" „Verzeihen Sie mir meine Unart von damals!" rief Braun. „Ich war in einer Gemüthsverfaffung — o, Sie glauben nicht, wie. Ich zweifelte gar nicht mehr, daß Mary Sie mir dorzög», und daß ich ihr das nicht einmal verdenken konnte, da» reizte mich am meisten. Noch jetzt begreife ich Mary'» Geschmack nicht —" „Lieber Freund", unterbrach ihn Harald lachend, „ich weiß schon, jetzt spielt Ihnen die anerzogrne Bescheidenheit, itd« di«
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