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General-Anzeiger für Chemnitz und Umgegend : 08.07.1899
- Erscheinungsdatum
- 1899-07-08
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id512384843-189907082
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id512384843-18990708
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-512384843-18990708
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
General-Anzeiger für Chemnitz und Umgegend
-
Jahr
1899
-
Monat
1899-07
- Tag 1899-07-08
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Monat
1899-07
-
Jahr
1899
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— Nr. 15«. - 18SV. 72 Di»je Verbreitetste unparteiische Leit«»« erscheint Wechentag- Ke»»« (mit Datumdes nächsten Tage») und lostet mit den fünf Wöchentlichen Beiblättern: «elm Botschaft, «ichstscher Erzähl««, Gerichts-Zeitung, «ichfisches Allerlet, Jklustrirtrs Unter- Haltungsblatt, Hei den Postanstalten und bei den Ausgabestelle» «»»atlich 4v Psennige. 1. Nachtrag Nr. 2877. ä »» » A»nllk! Lcueralanzelaer Rr.lSS. General Somrabend, Sen 8. Juli. Anzeiger für Chemnitz und Umgegend. (Sächsischer Land»-.«n,«ig»r1. - «»gründet 1873 ««„Anzeiger" ie. Verlag und Notation-maschinrn-Drn« von «lerander Wiede in «hemnttz, Xheaterstratz« Nr. S. Inseraten-Preis: Die «ge spaltene Torpuszeile »de« der«, Raum 3S Pfg. (Preizserzeich. nisss ä, Zeile SS Pfg.)- voxzugte Stelle (Reslame-Zeilg) 60 Pfg. Bei vorausbestellt«» Wiederholungen größerer In serate entsprechender Rabatt. — Anzeigen für die Nachmittag erscheinende Nummer könnest nur bis Bormittag i« Uhr an- , genommen werden, Geschäftliche Anzeiger-Inserat« finden sür billigsten Preis zugleich Verbreitung durch di« täglich erscheinende Chemnitzer Eisenbahn-Zeitung. Amtliche Anzeigen. Zwangsversteigerungen. Das im Srundbnche auf die Namen Eduard Heinrich Johanne- Wattvaum und Ferdinand August Francois Mietz eingetragene, in Siegmar an einer von der Zwickauerstraße sich links abzweigenden neu an gelegten Straße gelegene Grundstück Nr. 1» des Flurbuchs, Folium 160 des Grundbuchs für Siegmar, bestehend aus einem noch nicht vollständig aus gebauten Wohnhaus» mit Beranda-Borbau und Fläch« zu einer Garten anlage, geschätzt ans 87,808 Mk», soll an hiesiger Amtsgerichtsstelle zwangsweise versteigert werden und es ist der 7. August 18VV, Vor mittag- v Uhr, als Anmeldetermin, ferner der 82. August 18VV, uittagS S " teinder 18»», Vormittags 11 Uhr, als Termin zur Verkündung de- Bertheilungsplau- anberaumt worden- Das im Grundbuche auf die Nauien Eduard Heinrich Johanne- Walldaum und Ferdinand August Franko« Mietz eingetragene, in Siegmar an einer neu angelegten, von der Zwickauerstraße abzweigenden Straße gelegene Grundstück Nr- ld des Flurbuchs, Folium 161 des Grund buchs für Siegmar, bestehend auS einem erst im Rohbau vollendeten Wohnhaus« und Fläche zu einer Garlenanlage, geschätzt aus 18,000 Mk., soll an hiesiger Amtsgerichtsstelle zwangsweise versteigert werden und eS ist der 7. Angust 18»V, Vormittag- S Uhr, als Rumeldetermin, ferner der SS. Angust 188», Vormittag- ' ,11 Uhr, als Versteigerungstermin, sowie der 4. September lN»», Bormittag- 11 Uhr, als Termin zur Verkündung de- Vertheilnug-Plans anberaumt worden. Die Realberechtigie» werden aufgefordert, die auf den Grundstücken lastenden Rückstände an wiederkehrcnde» Leistungen, sowie Kostenforderungen spätestens im Anmeldetermine anzumelden. Eine Uebersicht der auf den Grundstücke» lastenden Ansprüche und ihres RangverhältnIsscS kann »ach dem Äniiicldelcrinine in der Gerichtsschreiberei des königl. Amtsgericht» ein- gesehe» werden. KlerikaliSmus und Nationalität. HH Chemnitz, den 7. Juli 1899. Die „Kölnische Volkszeitung" läßt sich über die Wirkungen der »Los von Rom"-Bewegung in Oesterreich berichten. Am Schlüsse dieses Berichtes heißt es sehr charakteristisch: „Die Bewegung selbst ist «ine neue Warnung gegen die übertriebene Betonung der nationalen Selbstständigkeit der einzelnen Völker innerhalb der eine» gemein sanken katholischen Kirche." Vom Standpunkte des KlerikaliSmus aus ist die Auffassung des Gewährmannes des führenden deutsche» nltromontanen Organs eine durchaus zutreffende. Die Universalität der katholischen Kirche und die nationale Selbstständigkeit der einzelne» Völker sind Gegen sätze in sich. Die katholische Kirche kennt weder Grenzpfähle noch natürliche Scheidung zwischen den einzelnen Ländern durch Gebirge oder Meere, noch Unterschiede in Sprache, Sitte oder Rasse. Der Norwegisches Arauenleben. Von Klaus Hennings. (Nachdruck verboten.) Der Umstand, daß die Reisen des Kaisers alljährlich unsere Aufmerksamkeit erneut auf Norwegens Land und Volk lenken, hat die günstige Folge gehabt, daß man in der jüngste» Zeit bei uns «in wesentlich klareres und tieferes Verständlich für die norwegischen Verhältnisse gewonnen hat. Zuerst überwogen zwar noch die schiefen und flüchtigen Berichte jener Drei-Wocheu-Reisenden, die, weil sie i» einem Hotel einen rothhaarigen Kellner antrafen, alle Bewohner des Landes als Rothlöpse schilderten; aber allmählich hat das doch einmal erweckte Interesse auch zu richtigerer Erkenntlich geführt. Nur hinsichtlich des Fraueulebens, das man ja nach der Ansicht der hervorragedsten Ethnologen und Philosophen hier wie überall als den eigentlichen Werthmesser der Volkskultnr ansehen kann, bestehe» bei uns noch recht irrige Vorstellungen. Daran sind allerdings nicht am welligsten die norwegische» Dichter schuld, deren allgemein be kannte Frauengestalten man als getreue Abbilder der norwegischen Frau ansehen zu dürfen meinte. Sv erblickte man in jeder Nor wegerin eine Nora oder Svava, und damit that ma» ihr zugleich zu viel und zu wenig Ehre, jedenfalls aber Unrecht an. Etwas Typisches steckt ja wohl in der Mehrzahl der Frauengestalten Ibsen s und Björiisvn's, aber als Type» schlechtweg muß man sie durchaus nicht betrachten. Was dem ausländischen Beobachter wohl sogleich in's Auge fällt, ist das hohe Ansehen, das die Frau in Norwegen genießt. Der altgermcmische Respekt vor dem Weibe scheint hier fortzulebeu. Die Stimme der Frau wird in alle» Angelegenheiten, öffentlichen wie privaten, angehört, ihre Mitwirkung erbeten; ja man darf säst sagen, daß in Norwegen kaum etwas Wichtiges geschieht, ohne daß die Frauen in dieser oder jener Weise, mittelbar oder unmittelbar, daran theiluehmcii. Für dies Ansehen der Frauenwelt ist es be zeichnend, daß bereits bei der erstmalige» Berathimg eines Vor fchlagcs aus Einführung des Frauenstimmrechtes im Jahre 1890 im Storthiug nicht weniger als 44 Mitglieder (gegen 70) für diese» An trag eintraten, und daß bei dem 80. Geburtstage dcr Vorkämpfer!» der norwegischen Frauenbewegung, Camilla Collet, die Studenten i» Christiania an- freiem Antriebe ihr einen Fackelzug darzubringen be schlösse». Diese Stellung der Frau in Norwegen macht es erst ver ständlich, daß Björns»« in dem Drama „Leonarda" die Heldin als die Vertreterin des Seelenakels, der Geistesfreiheit und der Reise de» Irrenden und Suchende» gegenüberstellen, und daß Ibsen in seinem bekannten Stücke „Konsul Bcrnick" die Frauen geradezu als die „Stützen der Gesellschaft" bezeichnen kan». Der praktische Ausdruck dieses Ansehens der nvrwcgi.cheu Frau ist ihre Freiheit. Diese Freiheit ist aber nicht sowohl eine politische, als eine gesellschaftliche. Die engen Grenze», in die Erziehung und Sitte das deutsche Mädchen bannen, kennt sie nicht. Die junge» Leute machen dort oft ohne weitere Begleitung Partie» und Spazier- ci-»ge in Christiania besuchen die Studenten und Studentinnen bekehrte Neger im Inneren Afrikas ist ebenso ein vollberechtigte» Glied der katholischen Kirche, wie der Herrscher de» österreichischen Kaiserstaats. Da» Oberhaupt der katholischen Kirche kann heute ein Italiener sein, morgen ein Franzose und übermorgen ein Engländer. Mit dem Begriffe der Nationalität läßt sich eine solche Weitherzigkeit nicht verbinde». Die Volksgenossen eines und desselben Stamme werden die Angehörigen einer anderen Nation nicht als etwa» Minderes ansehen, aber sie werden immer die zu ihrer Volksgenossen schaft gehörenden Mensche» bevorzugen, und ein Volk, das nationales Selbstgefühl hat, wird einen Herrscher fremder Abstammung nur ungern ertragen. Je stärker entwickelt »un das Nationalitätsgefühl eines Volkes ist, desto eher wird sich ein Konflikt der Pflichten gegenüber dem nationalen Staate und gegenüber der internationalen katholischen Kirche ergeben. Es kann Vorkommen, daß die katholische Kirche ihres Vortheils willen innerhalb des Staate» Strebungen begünstigt, die dem nationalen Selbstgefühle des Volkes schnurstracks zuwider- lanfen, und Strebungen unterdrückt, die diesem Selbstgefühle dienen sollen. Bei solchen Gebensähen zwischen der Nationalität und der internationalen katholischen Kirche haben bislang die romanischen Völker besser als die germanischen dem Nationalitätsgefühl gerecht zu werden vermocht. In Frankreich liefert einen Beweis dafür die Haltung der klerikale» Presse und des größten Theiles der klerikal- gesinnten Bevölkerung in der Dreyfus-Angelegenheit. Der Papst hat sich offen auf die Seite der Revision gestellt, aber er hat es nicht vermocht, die französischen Klerikalen auf seine Seite zu ziehen. Mag man über Dreyfus denken wie man will: das wird auch jeder Freund des unglücklichen Mannes zugcben müssen, daß die Anhänger von Dreyfus in Frankreich vorgegangen sind ohne die mindeste Rück sicht auf die nationalen Empfindungen, ja daß sie diese Empfindungen wiederholt auf das Schwerste verletzt haben. Infolgedessen ist die große Mehrheit der nationalgestnnten Franzosen in das Lager der Dreyfus-Gegner gedrängt - worden. Und wenn die Mehrheit der Klerikalen in Frankreich sich jetzt um die Wünsche des Papstes in dieser Angelegenheit nicht kümmert, so zeigt sie damit, daß ihr das nationale Gefühl höher sieht, als der unbedingte Gehorsam gegenüber Rom. In Italien liegen die Verhältnisse ähnlich. Die Männer, die der weltlichen Macht des Papstes ein Ende bereiteten, waren zum großen Theil üb-rzeugungstreue Katholiken, und sie stützten sich auf ein Volk, das durchaus katholisch nicht nur dem Namen, sondern auch der Gesinnung nach ist. Aber bei den Führern wie bei dem Volke stand der nationale Gedanke der Herstellung eines Einheits staates höher, als die Rücksicht auf die Interessen der Oberhauptes der Kirche. In den germanischen Staaten unterliegt bei Mein Kampfe jen nationalem und klerikalem Interesse nur zu oft dauerst««, in bezeichnendes Beispiel dafür ist die Haltung des deutschen KlerikaliSmus gegenüber dem Polenthum. Die Polen machen au- ihrer feindlichen Gesinnung gegen da» Deutsche Reich kein Hehl, aber sie sind trotzdem die vorgezogenen Lieblinge der deutschen Klerikalen, nur weil sie in ihrer überwältigenden Mehrheit Katholiken sind. Ohne den Rückhalt an der mächtigen klerikale» Partei würden di« Polen dem Deutschthum niemals den zähen Widerstand haben ent gegensetzen können, den sie ihnen nun schon seit Jahrzehnten gegen über setzen. In Oesterreich geberdet sich der Klerikalismus drutscher Ab stammung noch schlimmer. Denn in Deutschland -können sich die Klerikalen für ihre antinationale Haltung in der Polenfrage wenigsten» noch damit entschuldigen, daß sie für eine Minderheit gegen ein« Mehrheit eintreten; in Oesterreich aber bilden die Deutschen eine Minderheit gegenüber der Gcsammtheit des Slaventhumes und wen« bei dieser Sachlage der deutsche Klerikalismus bei der Erdrosselung des Deutschthums dem übermüthigen Slaventhum« Henkerdienste leistet, so ist dies die krasseste Form der Zurückstellung der nationale» Interessen' hinter den kirchlichen. Denn nur um Vortheile sür die Kirche heranszuschlagen wird der deutsche Klerikalismus in Oesterreich , zum Judas an seinen Stammesgenossen. Wäre eine ähnliche Situation in Frankreich denkbar, so würden H/- sich die französischen Katholiken schaarenweise von ihrer Konfession abwenden. In Frankreich muß der Klerikalismus national sein, oder er hört auf zu bestehe». In Oesterreich hat die Abwendung von der katholischen Kirche trotz der unglaublichen Haltung de» Kleri- kalismuS doch nur einen minimalen Umfang erreicht, im Ver- hältniß zu jder Zahl deutscher Katholiken in Oesterreich. Immer hin ist die „Los von Nom"-Bcweguug ein Zeichen dafür, daß auch in der germanischen katholischen Bevölkerung das Nationalitätsgefühl ansängt. gegen de» Internationalismus der Kirche sich anfzulehnen. Wenn sich der Klerikalismus in Reichsdeutschland aus dieser Be wegung eine Lehre entnehmen wollte, so könnte cs nicht schaden. Die am Anfänge dieser Besprechung wiedergegebene Auslassung der „Köln. -Volksztg." , zeigt freilich, daß der deutsche KlrcikaliSiiws sich eine Lehre im entgegengesetzten Sinne nehmen will, nämlich i»> Sinne dcr Unterdrückung des Nationalitätsgesühls. Die Strömungen, welche die Nationen durchziehen, können auch von der machtvollsten Kirche wohl aufgehalten, aber nicht unterdrückt werde», und schließlich muß die Kirche, wenn anders sie sich erhalten will, diesen Strömungen Rechnung tragen. einander ganz ungenkrt auf ihren „Buden", und der Reisende kan» leicht ein paar muntere junge Damen selbst in den abgelegensten und einsamsten Gegenden des Landes, sogar im Hochgebirge allein ans der Wanderung treffen, ohne daß er irgend welche Furcht oder Besangenheit an ihnen lvahrnimmt. Sie machen eben ihre Sommer- reise, wie die Männer auch, aber sie rüsten sich dann auch ent- prechend und zweckmäßig dafür aus. Der praktische, einfache, fuß- reie Nock, den die Norwegerinnen bei ihren Gebirgstouren benutzen, würde wenigstens vor einigen Jahren noch im Harze oder in Thüringen bedenkliches Kopfschüttcln und Gespött hervorgerufen haben. Auch ihre Studienreisen in's Ausland, in das Babel an der Spree zum Beispiel, tritt die junge Norwegerin in der ganz überwiegende» Mehrzahl der Fälle durchaus „nnbeyütet" an. Der hauptsächliche Gebrauch aber, de» die Norwegerinnen von ihrer Freiheit machen, ist der, daß sie sich die Freiheit zu arbeiten zu sichern wissen. Dir norwegische Freu darf mit Rccht eine arbeitende Iran genannt werden. Der Typus der in einem durch die Lektüre von Romancn, durch Handarbeiten und gesellschaftliche Vergnügungen ausgesüllten Müßiggänge dahipdämmcrnden Dame fehlt in Norwegen. Hier habe» sich die Frauen eine» Beruf »ach dem andcre» erobert und sind darin die Gefährtinnen des Mannes geworden- In vielen von den kleine» gesellschaftlichen Kreisen, in die das Volk infolge dcr mächtigen Ausdehnung des Landes zerfällt, findet man die Frauen als Führerinnen des Fortschritts; sie belehren, gründen Schulen, errichten gemeinnützige Anstalten, bilden anerkannte Mittel punkte des ganzen geistige» und soziale» Lebens. Selbst die Töchter wohlhabender, ja sogar auch reicher und hochangesehener Familie» sind im Komtoire, als Lehrerinnen, Telephonistinnen ». s. w. thätig, weniger um des Erwerbes, als um des Bewußtseins willen, nützlich zu wirken und die Möglichkeit des LebenSnnterhaltcs sich selbst und nicht allein ererbtem Vermögen zu verdanken. Allerdings ist diese Einrichtung nur in einer so durch und durch demokratischen Gesell schaft, wie dcr norwegischen, denkbar, die selbst ganz und gar auf der praktischen Arbeit beruht. Aber die Folge ist jedenfalls ein thätiges und durch seine Thätigkeit selbstbewußtes und sicheres Frauengeschlecht, das wirkliche Lebeusrrfahrnng sammelt, einen weiteren Blick erwirbt und von einem wachsende» Bilvungsdrange erfüllt ist. Die höheren Mädchenschulen, die in den letzten Jahrzehnten sehr entwickelt worden sind, werden eifrig besucht, die Zahl der Studentinnen mehrt sich, und auch abgesehen von ihnen findet man bei den Norwegerinnen häufig den Drang, sich mit der modernen Wissenschaft und Litteratur in enger Fühlung zu halten. Ties im Innern, wo auf viele Meilen im Umkreise keine Stadt zu finden ist, thun sich wohl die Frauen zu ei em Zirkel zusammen, um sich neuere Erscheinungen oder fremd sprachige Wcrke zugänglich zu machen, und auch die sehr erhebliche Zahl von Norwegerinnen, die Jahr für Jahr nach Deutschland komme», »,n hier besonders unsere Sprache, unsere Schulwesen und unsere Musik zu studire», legt Zeugniß von diesem Bildungs drange ab. ES ist überaus bezeichnend, daß die Norwegerinnen fast gar keine politische Rechte besitzen — sie habe» weder das politische »och das kommunale Wahlrecht —, und dennoch bedeutenden politischen Einfluß ausübe». Das beruht eben darauf, daß die Meinung der Frauen einen integrirenden Theil der öffentlichen Meinung bildet, und daß die Politiker, wie die Männer überhaupt sehr oft in regem Gedankenaustausche mit Frauen stehen. Die jetzt am Ruder be- findliche „Linke"-Partei hat ihre» Sieg z» einem wesentliche» Theile der Unterstützung der Frauen zu verdanken, die sich neben nianchcm Andere» vor Allem durch ihr im Allgemeinen sehr ausgesprochene» national-norwegisches Empfinden nach dieser Seite gezogen fühlten. Hal en doch vor einigen Jahren, als zwischen Schwede» und Norwegen der Krieg zu drohe» schien, die norwegische» Frauen aus freiwilliger, Beiträgen dem Staate das Kanonenbot „Viking" geschenkt! Nur in einer Beziehung genießen die Norwegerinnen politische Rechte. Der Kamps gegen den Altohvlismus ist hier vor Alle», von den Frauen geleitet worden, und in Anerkennung dieser Thatsache hat das Storthiug, als es das strenge Gesetz gegen den Alkoholverkauf be schloß, den Frauen Stimmrecht gewährt bei der i» jeder Stadt alle fünf Jahre slattfindciiden Abstimmung darüber, ob und inwieweit Alkoholika überhaupt feilgehalten werden dürfen. Die überaus eifrige Theilncchme dcr Frauen an diese» Abstimmungen hat ihnen stellenweise einen recht leidenschaftlichen Charakter gegeben. Will man sich nach alledem ein Bild vom Charakter der »or- n cgischen Frau machen, so wird man vor Allem erkenne», daß ge wisse Type», die man in anderen Ländern findet, in Norwegen fehlen müssen. So giebt es hier die eigentliche Aranäe äaiuo nicht. Die Form und die gcsellsch ftliche Kultur ist die schwache Seite dcr Norwegerin. Nicht als ob es ihr an Schönheitssinn fehlte! In den besseren Familie» Norwegens pflegt das Heim mit ebenso viel Behaglichkeit wie Geschmack eingerichtet zu sein; was aber das Ge schick der Norwegerin, sich zu kleiden, betrifft, so ist es in de» einzelnen Bezirken verschieden. In Christiania z. B-, Ivo norwegische und kontinentale Elemente und Einflüsse eine cigcnthümliche und nicht immer glückliche Mischung singehen, vermißt man an de» Damentoiletle» nicht selten eine» feinere» Geschmack, während die Bcrgenserni der besseren Stände in ibrcr Kleidung eine Frische und eine Kühnheit des Farbcn.üincs zu entwickeln Pflegt, die sehr künstlerisch wirken. Aber um darauf zurückzukomnien, die Lebens- führung jener Damen, die in dem gesellschaftlichen Leben, dem Luxus uud der Mode aufgehen, wie viele Pariserinnen, sagt der Norwegerin nicht zu. Aber auch den in Deutschland so häufige» Typus der „Hau-- srau" im engere» Sinne trifft man in Norwegen kaum. Sehr, sehr selten wird sich eine norwegische Frau auf die Sorgen des Hauses. Essens-, Kinder- und Dienstbotensorgen, beschränken und darin ihre Welt finden; selbst die besten und eifrigsten HanSfrcmcu suchen sür weitere, geistige Interessen Raum zu erhalten. Und was in Nor wegen endlich noch fehlt, ist das heirathssüchtige Mädchen. Da di« Mädchen von Jugend aus dazu erzogen werde», etwas Eigene» z« lernen und sich einmal im Leben selbst zu helfe», so sehen sie sich nicht auf die Ehe als den einzigen Ausweg angewiesen, und fitz stehen dadurch in dieser Frage den Männern weit freier gegenübe»»
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