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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 20.01.1900
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1900-01-20
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19000120016
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1900012001
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1900012001
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1900
-
Monat
1900-01
- Tag 1900-01-20
-
Monat
1900-01
-
Jahr
1900
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Gröbere Schriften laut unserem Preis- verzeichniß. Tabellarischer und Zisserasap nach höherem Tarif. Vrtra-Beilagcn (gesalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbrsörderung 60.—, mit Postbrsörderung 70.—. Annahmeschluß für Anzeigen: Abend-Ausgabe: Vormittags 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittags 4Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stunde früher. Anzeigen sind stets an die Expedition zu richten. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. 35. Sonnabend den 20. Januar 1900. 9t. Jahrgang, Der Ruhen -es Dreibundes für Oesterreich. In außerordentlich danlenswerther Weise hat der öster reichische Minister des Äeußeren Graf Goluchowsti mit den Gegnern des Dreibundes in der habsburgischen Monarchie ab gerechnet, indem er unzutreffende Behauptungen, die letzthin von tschechischen und ungarischen Dreibundfeinden aufgestellt worden find, wirksam widerlegte. Die tollste Umkehrung der Thatsachen ist es, wenn die Feinde des Dreibundes in Oesterreich — sie treffen sich darin mit den italienischen Dreibundgegnern — den Dreibund als einen Schä diger der Staatsfinanzen ausgeben, weil er die Forderungen für Heer und Marine steigere. Thatsächlich ist das Umgekehrte der Fall, denn Oesterreich und Italien sehen schmunzelnd zu, wie Deutsch land die Hauptbürde der an den Dreibund zu stellenden militäri schen Anforderungen trägt. Deuschland hat seine militärischen Kriegsvorbercitungen seit der Herstellung des Dreibundes nicht eingestellt, sondern im Gegentheil gewaltig gesteigert. Es ist jetzt in der Lage, im Kriegsfälle etwa 3^ Millionen waffen geübter Mannschaften aufzustellen, während Oesterreich aber noch nicht Millionen, Italien gar nur über 1^ Millionen der artiger Mannschaften verfügen. Deutschland leistet also in militärischer Hinsicht im Kriegsfälle so viel, als Oesterreich und Italien zusainmengenommen, und diese beiden Staaten haben ein sehr gemächliches Tempo der Heeresvermehrung einschlagen tonnen, weil sie eben dem deutschen Michel die Hauptlast auf seine Schultern nehmen sahen. Zu derselben Zeit aber, wo Oesterreich und Italien ihre Heeresmacht nur schrittweise steigerten, gingen Oesterreichs gefährlichster Gegner, Rußland, und Italiens roma nischer Rivale, Frankreich, mit Siebenmeilenstiefeln vor. Be stände also der Dreibund 'nicht, und wären Oesterreich und Italien auf sich allein angewiesen, so hätten sie wohl oder übel den Versuch machen müssen, mit ihren eventuellen Gegnern Schritt zu halten. Damit kommen wir zur Erörterung der Frage, welchen Bortheil in politischer Hinsicht Oesterreich von dem Drei bunde hat. Der Hauptvortheil liegt darin, daß die gespannte Situation auf der Balkanhalbinsel, eine Situation, die gegen Ende der siebziger Jahre einen derartigen Charakter angenommen hatte, daß ganz allgemein die Möglichkeit eines aus der Rivalität Oesterreichs und Rußlands auf der Balkanhalbinsel entstehender Conflict erörtert wurde, sich wesentlich gemildert hat. Ruß land, als der stärkere der beiden Staaten, wäre ohne Zweifel rücksichtslos auf seine Ziele losgegangen, wenn es nicht in Rechnung zöge, daß Oesterreich gerade durch seine Eigenschaft als Dreibundstaat eine respektable Macht repräsentirt. So hat denn Rußland unter dem gegenwärtigen Kaiser es vorgezogen, bezüglich der Balkanhalbinsel mit Oesterreich zu einem luockus vivoncki zu gelangen. Wenn der aus dem Dreibunde für Oesterreich erwachsende politische Bortheil mehr negativer Ratur ist, in dem Oesterreich vor einem Angriffe gesichert wird, nicht aber positiver Natur — denn Oesterreich hat allerdings sein politisches Prestige in den letzten zwanzig Jahren nur wenig erweitert —, so ist daran nicht der Dreibund Schuld, sondern die Kläglichkeit der inneren österreichischen Verhältnisse. An sich hätte gerade der Dreibund Oesterreich die Gelegenheit gegeben, eine ähnliche, weitaus schauende, überseeische Politik zu treiben, wie sie von Deutsch land inaugurirt worden ist. Denn der Dreibund machte Oester reich rückenfrei gegen Italien und Rußland, bot ihm also Ge legenheit, feine Kräfte nach außen hin zu entwickeln. Wie aber soll ein Staat Weltpolitik treiben, wenn im Innern nicht nur in wirthschaftspolitischer und parteipolitischer Hinsicht, sondern noch mehr in nationaler Beziehung ein Kampf Aller gegen Alle besteht, ein Kampf, der mit den gehässigsten und kleinlichsten Mitteln geführt wird. Die inneren Zustände in Deutschland sind gewiß nicht mustergiltig, und in Frankreich und Italien sind sie noch beträchtlich ungünstiger, aber Oesterreich schießt darin den Vogel ab. Wenn heute Oesterreich ein Gebiet, ein Kiautschau, in Besitz nähme, so würde man sich voraussichtlich nicht darüber streiten, ob der neue Besitz auch die damit ver bundenen Gefahren und Kosten Werth sei, sondern ob die Besitz ergreifung unter „Hoch"rufen zu erfolgen habe, oder mit „Klnva" oder mit „sijerr". Dieser Nationalitätenhader hat nicht nur die Kraft der regierenden Staatsmänner gelähmt, sondern auch den Blick der Parteipolitiker und der durch die Presse repräsen- tirten öffentlichen Meinung getrübt. Man hat gar nicht mehr den Muth, daran zu denken, daß Oesterreich eine umfassende äußere Politik treiben könnte, und daß das Haus Habsburg einst in beiden Hemisphären regierte. Deutschland würde einen kräftigen Aufschwung der öster reichischen äußeren Politik wahrlich nicht mit mißgünstigen Augen betrachten, sondern ihn im Gegentheil freundlich begrüßen. Denn warum sollten die beiden engverbündeten Staaten nicht auch in fernen Ländern Hand in Hand miteinander gehend Aber man kann doch nicht verlangen, daß Deutschland seiner seits Erwerbungen für Oesterreich macht. Di« Gegner des Drei- bundeS in Oesterreich scheinen aber beinahe auf diesem Stand punkte zu stehen, denn sonst könnten sie doch nicht Beschwerde darüber erheben, daß Deutschland große Fortschritte in seinen überseeischen Beziehungen mache. Ein selbstbewußter Staat muß selbst Mittel und Wege finden, um vorwärts zu kommen. Der Krieg tu Südafrika. —Auf dal Hangen und Bangen in schwebender Pein ist in London in raschem Wechsel himmelhoch' Jauchzen getreten. BnLer's r»,ela-ve»«r»a«» hat bereits die weitrstschweifenden Gerüchte gezeitigt. Nickt nur, daß di« Boeren in einer Hauptschlacht völlig geschlagen sein sollen, auch Ladysmith soll so im Handumdrehen entsetzt sei». So schnell geht di« Sache, wenn sie überhaupt geht, nun freilich nicht, schon weil di« Engländer bei ihren gegen wärtigen Manöver« sich von der Eisenbahn entfernen, also mit Rücksicht auf dir Virpflegung und genügende Munition einen großen Troß mitfübren müssen. Vorläufig stockt Buller'- Vorstoß, wie das folgende Telegramm meldet: k. London, IS.Äanuar. (Privattelegramm.) Aus SpcarmanS Lager wird vom 18. Januar Abends gemeldet, »atz Lytlleton's Brigade gezwungen war, vor den überstarken Boeren- stcllnngen znrückzngehen, da infolge plötzlichen Anichwellens des Tugela sie nicht ra,ch genug verstärkt werden konnte. Tic englische Artillerie bom- bardirt unausgesetzt de» AciuS vom Suduscr aus, welcher schweigt. Buller legt ei» Lager am «udufcr a«, wo 2S00 Karren Proviant und grotze MunitionS- Borrätbc aufgeftavelt werden. Echanzgraben werden aufgeworfen, da die Boeren auf beide» Usern beranrücken und eine Einschlietzung droht. Eine Durbaner DrahtmelLung besagt, daß mit jedem Babnzuge von der Front Verwundete im FeldhoSpital am Mooiflusse ankommen, woraus sich schließen lasse, daß bereits beiße Kämpfe startgefunden haben. Wir warten ruhig das Weitere ab. Bei Stormberg sind unterdessen die Boeren wieder schärfer in Action getreten. Man meldet uns: * Kapstadt, 18. Zauuar. (Telegramm.) Nach Mit- theilnngen von verläßlicher Seite zerstörten die Boeren dieEisenbahnbrücken und Wasserdurchlässe zwischen Steynsburg und Kromdogte, das 11>/^ englische Meilen von Steynsburg entfernt liegt. In der Nähe von Storm berg sind einige Wasserdurchlässe und ein Theil der Bahnlinie zerstört worden. Diese Sprengungen zielen darauf ab, General Gatacre den Rückweg abzuschneiden. Bekanntlich hat er selbst seine Lage als sehr bedenklich bezeichnet. Sonst liegen noch folgende Meldungen vor: * Kapstadt, 18. Januar. Das hiesige Polizeigericht ver schob die Verhandlungen gegen 41 bei Snnnyside gefangene Auf ständische um eine Woche. (Die Engländer werden es sich wohl noch zweimal überlegen, ehe sie die Aufständischen verurtheilen; das dürste wohl das Signal zur allgemeinen Erhebung sein.) * Capstadt, 18. Januar. Der neue amerikanische Conjul in Pretoria, Adalbert Hay, ist hier ringetrosfen und tritt seine Weiterreise nach Pretoria ani Sonnabend an. — Ter Hilfs sekretär des amerikanischen Departements des Innern, Davis, ist am Montag von Port Elizabeth nach der Delagoa-Bai abgereist. * Maseru, 17. Januar. (Telegramm.) Unter den Ein« geborenen des Berea - Districtes im Basutolande sind die Blattern ausgebrochen. * Pest, 18. Januar. Ein englischer Oberst kaufte dieser Tage auf dem Debrecziner Markt Pferde für Transvaal. Er will üOOO ungarische Pferde kaufen. (Hamb. Corrcsp.) Brief aus Pretoria. X. I,. Pretoria, 1. December. Wir sind hier in großer Sorge um unsere Ambulanzen, deren beste Aerzte auf dem westlichen Kriegsschauplätze von den Engländerin als Gefangene zurückgekallen zu werden scheinen. Eine Depesche des Präsidenten Steijn meldet, er habe von dem Landdrost von Jacobsdaal ein Telegramm erhalten, daß die Aerzte Or. Ramsbottom, Krause, Biedewell, Voorlman und deren gesammter Stab mit ihren Ambulanzwagen vom Schlachtfelds nicht zurückzekehrt seien und als Gefangene an gesehen werden müßten. Seit Dienstag habe Comniandant Cronje nur noch den einen vr. Hall bei seinen Truppen. General Delarey telegraphier ebenso an Steijn: „Ich muß Eurer Ehren die Thatsache zur Kenntniß bringen, daß in dem Kampfe beim Modderfluffe gerade so wie bei Rooilagke ich alle unsere Verwundeten iu ein isolirtes und ganz allein stehendes HauS brachte, das dem Jacob Schölt und in ein zweites Gebäude, welches dem Eommandanteu van der Herwe bei Rooilagte gehört. Ich ließ auf denselben die rothe Kreuzfahne hissen und kam trotzdem zu der Ueberzeugung, daß unsere dort be findlichen Aerzte und Ambulanzwagen von den Engländern festgehalten werden, denn wir wissen nicht, was aus ihnen geworden ist." In gleicher Weise meldet Vr. Veale auS Jacobsdaal die Gefangennahme von sieben Aerzten. Eine spätere Depesche des Landdroftes berichtet über die Gefangen nahme des vr. Mangold, welcher, nach den übrigen Doctoren, nach der Modder abgegangen sei, und auch der Obercom- mandant vor Ladysmith berichtet über die Gefangennahme eine- dortigen Arztes, vr Delabat vom Estcourt-Commaado. In ganz gleicher Weise berichtet Eommanbant Cronje. Der officielle Bericht über die Schlacht am Modderfluffe meldet unter Cronje'S Signatur, die Engländer seien um 6 Uhr Abend- in Hellen Haufen zurückgegangen, nachdem sie auf der ganzen Linie mit schweren Verlusten abgeschlagen. Der diesseitige Verlust au Tobten und Verlusten sei ganz unbedeutend, vr. Carlo» Vaz kam gestern mit der portugiesischen Ambulanz hier durch. Die englischen Be richte, nach denen Graf Ville toiS, bekanntlich der fran zösische Militärattache, den Plan für die Tugela- befestigungen entworfen,ist selbstverständlich eine böswillige Erfindung. Der Graf hält sich stricte in den Grenzen seiner Aufgabe al» Berichterstatter seiner Regierung. Er ist der erste hier «ingetroffene Militärattache. Di« diplomatischen Vertreter der Großmächte hier hatten heute Nach mittag eine officielle Beratbuna von angeblich größter und dringendster Wichtigkeit — worüber, wird geheim gehalten. An» »er Lnpe-lenie * Capstadt, 27. December. Nach englischen Angaben hat die Cap colo nie allein nicht weniger al» 15000 Mann zum gegenwärtigen Kriege aufgebracht. Den größten Theil stellten die sogenannten Bolunteer-Corp-, daneben aber wurden noch eine ganze Reibe selbstständiger Truppen Jäger gebildet, wie die Light Horse, Brabant« Horse, WarrenS Horse, ferner Stadtgardrn, Ängraieur-Abtheilungen u. dergl. In d«r Er findung wohlklingender Namen für ihre Regimenter sind die Engländer grcß; aber wie immer diese frisch auSgehobenen Truppen auch benannt werden mögen, das Ziel ihrer Ver wendung bleibt stets dasselbe: Große Massen unter die Waffen zu bringen, um die gährende Boerenbevölkerung deS eigenen Landes niederzuhalteu. Freilich arbeitet England auch hier wieder mit gänzlich unzureichenden Mitteln und auf Grund falscher Voraussetzungen, denn da die Recrutirungen selbstverständlich nur aus vem englischen Volkselement heraus erfolgen können — kein capländischer Boer wird sich doch gegen seine Transvaaler Stammesgenoffen anwerben lassen —, so sieht England nun mit Schrecken, wie wenig zahlreich ersteres ist und wie unmöglich noch weiteres Soldatenmaterial aus der eng lischen Sladtbevölkerung herauSgeholt werden kann. Es greift daher nun auch in der Capcolonie wie früher in Natal zu dem zweischneidigen Mittel, die Landbevölkerung jener Distrikte, welche von der Boeren-Jnvasion bedroht sind, zu bewaffnen, um den Volkskrieg gegen den Feind zu entfesseln. Der Erfolg wird sich bald zeigen. Noch ein zweites Storm berg — und das vermeintliche Volksheer, das den Feind ab halten sollte, geht mit fliegenden Fahnen zn ihm über! Wie es scheint, ist doch der ganze Boden der Colonie von Trans vaaler Emissären unterminirt worden. Nach ofsiciellcn An gaben sollen sich reichlich 170 000 Mauser-Gewehre in der Colonie befinden. Es darf dabei nicht außer Acht gelassen werden, daß der Waffenimport nach Südafrika, welchen England über Delagoabai zum Stillstand brachte, noch lange Zeit nachher über die Caphäfen, angeblich nach dem Frei staate fortdauerte. Die englische Partei erhob zwar deshalb Beschwerden gegen das Bond-Ministerium, wurde aber mit dem allerdings ganz plausiblen Grunde ab gefertigt, man tönne dem Freistaate, welcher mit der Cap colonie im freundschaftlichen Zollbnnd stehe und somit ein commerzielles Anrecht auf die Capbäfen besitze, doch nicht vorschreiben, welche Art Güter er zu beziehen hätte. Somit gingen denn noch im ganzen Verlause der letzter fünf Monate gewaltige Sendungen Kriegsmaterial über Capstadt und Port Elizabeth nach Bloemfontein, von wo aus dasselbe in rücklaufenden Canälen seinen Weg in die Cap colonie fand. Die Engländer glauben als Ursache all ihrer Nieder lagen die von den Boeren angewendete Taktik zu sehen, sich kunstgerecht in Laufgräben zu verschanzen und die Entscheidung der Schlacht der Wirksamkeit ihres GewehrfeucrS zu über lassen. Nach den Begriffen der Engländer ist dies „eine ganz neue Taktik", welche ihre bisherige Kriegs kunst, die ans dem Bayonnet-Angriff beruhte, vollständig über den Haufen warf. Dieser fatalen Er- kenntniß soll nun dadurch begegnet werden, daß der berühmte Bayonnet-Angriff künftig nur in zweiter Linie zur Anwendung kommen darf, in erster aber ein höllisches Artillerie feuer, welches die feindlichen Schützen mittels Lydvit aus ihrem Fuchsbau hcraushvlen soll. Diese veränderte Krieg führung wird nach Angabe wohlunterrichteter militärischer Kreise dem Kriege eine Lebensdauer von mindestens sechs bis acht weiteren Monaten geben, waS sür England, insbesondere aber für Südafrita eine schwere Schädigung der Geschäfte zur Folge haben würde. (Frkf. Ztg.) Zur angeblichen „Minifterkrisis" ist daö „Neueste", daß Lord Balfour plötzlich gegen jede Aenderung des Ministeriums ist, seit er damit bedroht worden, die Hauptplätze in der reconstruirten Regierung Sir Cauip- bell-Bannermann, Lord Spencer, Mr. Morley und Mr. Bryce überlassen zn sehen. Tie Angriffe auf den gegenwärtigen Schatzsekrctär verstummen ebenso wie die auf den Kriegs minister, und nun kommen, nm ihrerseits die Verwirrung zn erhöhen, die „leitenden Finanzhäuser" und fordern ein „Ministerium von Finanz - Imperialisten", in welchem Mr. Chamberlain die leitende Person, mit Lord Rose bery und dem Herzog von Devonshire neben sich, die Hauptperson sein würde, worauf der jetzige Schatzmeister mit der unverhüllten Drohung antwortet, den Haupt- tbeil der Kriegslasten demRinge der Afrikander könige und ihren Goldgrubeu-Actien aufruerlegen — ein Vorschlag, der bei der großen Masse der Bevölkerung zweifellos sehr populär sein würde. Die Versuche, Chamberlain auch nur auzuzreifen, werden, kaum begonnen, schon wieder so schwach, daß sie kaum in Betracht kommen, obwohl neben allen übrigen Anklagen gerade der Colooialminister Schuld daran ist, wenn die Generäle nach wie vor verhindert werden, einen strategisch vernünftigen Feldzugsplan aufzustcllen, da Chamberlain immer noch die Nothwendiakeit des Entsatzes von Kimberley und die Befreiung von Cecil RhodeS in den Vordergrund schiebt. Tie Kampfweife Per Boeren Neber die Fechtweise der Boeren erhält ein holländisches Blatt, der „Zwollsche Cot", von seinem Correspondenten in Capstadt vom 18. December folgenden interessante» Bericht: Es wird Tommy Atkins, dos ist der britische Soldat bei seinem populären Namen, zu mächtig. Sümpfen gegen einen Feind, den er sieht, worauf er zielen und den er nach einer Charge mit seinem Bajonnet durchbohren kanu» das vermag er. Aber mit einem machtlosen: „Was kann man dagegen thun?" zieht er seine Schultern hoch, nun er fechten muß gegen schießende KelSblöcke «ad schießend» Ebenen, ohne daß er einen Hut, «inen Boeren sieht, um auf ihn zu zielen. Und da- einzige Mal, wo r» ihm glückte, auf »ine« solchen schießend«» Kopje hinaufzukonnnr», sand »r auch wieder nicht« ol» Felsen, und konnte gerade noch da» Schwänzchen de« «breitenden EommaadoS sehen, da» wieder rin Endchen weiter einen anderen Kopie in einen Haufen schießender Steine verwandelt«. Bor Allem di« Laufaräbeu sind etwa» Teuflische« sür Tommy. Er weiß, daß er Tausenden von Boeren gegenbbersteht, die allemal mit Pferden, Kanonen und Allem im Grunde fitzen, und selbst auf 40 Schritt ist nicht einmal vom Rauch ihrer Mausergewrhre etvro« zu entdecke». Es muß rin sonderbarer Anblick sein, die englischen Truppen vorrücken, wanken, sollen und fliehen zu sehen, und da« Alle« gegenüber einer scheinbar leeren und verlassenen Ebene, wo sich nicht« bewegt, wo kein Rauckwölkchru zu sehen ist, von wo aber ein entsetzliche« und nervenzerrüttende« Gewehrgerossel hrrüberrollt, während dir Luft lebendig ist von schwärmenden Kugeln, die wie eine Hagelbö», aber unsichtbar, dahinfaufen. „Schau einmal au-, wo der Capitän ist," sagt ein englischer Soldat, der mit einem anderen lang ausgcslreckt hinter einem Felsen liegt. „Ja, sofort, wenn Platz ist, antwortete der andere mit einer Art Galgenhumor. Denn in derLuft über der Ebene ist keinPlatz für eine Menschengestalt, knapp für einen Kops, der über den Felsen heraussieckt. O ja, es wird zurückgeseucrt, ebenso scharf und ohrenbetäubend, aber ohne Zweck. Es ist nichts zu sehen, als der Fels und die Klippen. So scheint uach Erzählungen von Augenzeugen sactisch der Zustand beim Modder-River zu sein. Das ganze Boerenlager ist in den Grund versunken. Da- trat äußerst deutlich am Tage nach der Schlacht bei Maggers- sontein hervor. Als die britische Ambulanz während des iibcrcingekommenea Waffenstillstandes nach den Laufgräben der Boeren ging, um die Verwundete» zu holen, fand sie dort überall die Boeren voller Bereitwilligkeit. Sie trugen die verwundeten Soldaten herbei, gaben ihnen zu trinken und zeigten sich so barm- herzig, daß die englischen Aerzte und Träger nicht genug Worte des Lobes haben. Aber plötzlich donnerte durch irgend ein Ver sehen eines der Marinegeschütze und brach den Waffenstillstand. Alles blickte erstaunt aus; der britischen Ambulanz wurden füns Minuten Zeit gegeben, um sich vom Schlachtfeld» zu entfernen: cs waren aber noch keine zwei Minuten verflossen, alS sie sich zu ihrer Verwunderung allein auf dein Schlachtfeld» sahen — alle Boeren waren verichwunden, versunken in den Laufgräben. Es war wie eine Verwandlung der Scene in einem Ausstattungsstücke. Mit den Laufgräben haben die Boeren den Engländern wieder eine neue Ueberraschung bereitet, aus die sie nicht gerechnet hatten. Im Gefecht vor der Schlacht von Magerssontein wurde uus die Boeren-Positionen mit Lyddit geschossen, aber die Boeren verriethen durch keinen Gegenschuß die Stelle, wo sie eigentlich saßen, auch nicht da, wo am vorigen Tage ihre Kanonen einige Schüsse gelöst hatten. Wohl brannten auf diesem Flecke Nachts einige Wachtfeuer zur großen Befriedigung der Engländer, die jetzt die Ueberzeugung hatten, daß ihre Schüsse doch wohl Schaden angerichtet haben mußten, denn dort saßen die Boeren. Un- bekümmert zog die Hochländer-Brigade aus, um sich Morgens in einer Entfernung von drei (englischen) Meilen mitten zwischen den Bocren-Lausgräben zn befinden, mit dem bekannten schrecklichen Blutbade als Folge. An dem Wachtfeuer hatten sich nicht viel Boeren gewärmt, all die Zeit über lagen sie meilenweit entfernt in den Laufgräben. Wie dir Laufgräben genau aussehen, können die englischen Correspondenten uns noch nicht erzählen, La die Boeren ihnen noch keine Gelegenheit gegeben haben, einen solchen Graben in der Nähe zu sehen. Aber aus dem, was die zurück gekommenen verwundeten Soldaten erzählen, ist anzunebmen, daß sie von vorne so gut durch Steine und Felsen verborgen sind, daß aus eine kurze Entfernung nichts von den Grüben zu sehen ist. Und der Kopf der Schützen ist natürlich auf 400 Schritt auch sehr schwer zu unterscheide». Meistens sind sie in Reiben hintereinander angelegt, die hintersten höher als die vorderen. Und bald sind es die hintersten, die mit dem Schießen beginnen. Ter Feind läuft daun vorwärts, das Auge auf die hintersten Lauf gräben gerichtet und aus diese schießend, wie es die GordonS bei dem Anfall bei Magerssontein machten, bis dicht bei ihnen plötzlich von allen Seiten ein Hagel von Blei niederschlägt. Als General Wanchope mit Aufopferung seines eigenen Ledens die Gordons vorwärts zu bringen versuchte, probirten sie es einige Male, es ging aber nicht, sie blieben liegen. Dasselbe ereignete sich am Tugela, wo die Briten nur oben aus den Kopje-Z Boeren vennutheren, weil nur von diesen geschossen wurde, und wo die Truppen selbst an dem einen Flügel über den Fluß gegangen waren und nach den Kopjes liefen, als sie merkten, in ein Labyrinth von Laufgräben gerathen zu sein, wo sie natürlich gleichfalls mit einem Kugel regen empfangen und über den Fluß zurückgctriebcn wurden. So dicht sollen die Kugeln durch die Lust fliegen, daß, wie Augen zeugen versichern, die Slaubwölkchen auf dein Boden, wo die Kugeln cinjchlagen, an das Ausjpritzen von Wasser bei einem schweren Regen werter auf einer Wasserfläche erinnern. Aber wie steht's mit der Artillerie, die doch die Laufgräben vernichtet und die Boeren zn Hunderten todtschießt, wenn nicht mit Pulver, dann doch mit Lyddit — die Artillerie, die als die beste der Welt die Republiken wegfchießen sollte, Hilst sie denn nicht? Eie beschießt immer die Positionen des Feindes mit so viel Hunderten Granaten und Kartätschen, daß nach den zuguckenden Nriegscorrespondentcn die Boeren entsetzliche Verluste erleiden müssen. In Wirklichkeit liegen die Boeren in ihren Laufgräben ganz ruhig und sicher, die meisten Bomben fliegen über ihre Köpfe dahin. Al« Beweis für die geringe Wirkung des englischen Artilleriefeuers diene Folgendes: Von deu verwundeten Boeren, die hierher nach Capstadt gebracht wurden, hatten 81 Verletzungen durch Gewehrkugel», 22 durch Granaten und 13 durch Lanzen. Und Lyddit? Ja, es macht viel Geräusch, stinkt bei der Explosion auch arg, im klebrigen scheint es aber uicht mehr Schaden anzurichtea, als gewöhnliche Granaten. Deutsches Reich. * Berkin, 18. Januar. (Der Verkehr mit Geheim mitteln.) Der dem BundeSrath vorliegende Entwurf über den Verkehr mit Geheimmitteln enthält in einem wesentlichen Punkte «ine Neuerung. Was als Geheimmittel auzuseben ist, darüber bestimmte die jetzt giltigeVerordnung im Wesentlichen: Geheimmittel dürfen von Apothekern im Handverkauf nur abgegeben werden, wenn ihnen die Zusammensetzung derselben bekannt ist. Da- Entscheidend« war immer das Moment, ob durch den Erfinder oder Hersteller die Zu sammensetzung de- Mittels veröffentlicht oder ob von Anderen eine Analyst de- Geheimmittels mitgetheilt worden war. Im Gegensätze dazu besagt der Entwurf, daß von den Einzelrraieruugen der Bundesstaaten bestimmt werden soll, welche Mittel als Geheimmittel zu gelten haben. Nicht eine für daS ganze deutsche Reich maßgebende Central behörde, sondern die Regierung eines jeden Bundesstaates soll selbstständig für sich die Befugniß haben, hier im einzelnen Falle die Entscheidung zu «reffen. In den Fachzeitschriften der Apotbeker wird mit Recht darauf hin^ewirsen, zu welchen Mißhelligkeiten eS führen muß, wenn die Befugniß, Mittel al« Geheimmittel zu bezeichnen, auf so viele Stellen im Reich« vertheilt wird. E» wird darauf aufmrrksam gemacht, daß e-, wen» der in dem Lundesrath-eutwurfe enthaltene Vorschlag verwirklicht wird, in dem einen Bundes staate eia Mittel als Geheimmittel bezeichuet wird, da» in dem andern nicht beanstandet wird. ES muß bei einer solchen Sachlage zu ganz unklaren Vertrieb-Verhältnissen kommen. Man muß der pharmaceutischen Fachpreffe darin beistimmen, daß eine Regelung der Bestimmung, welche Mittel al» Geheimmittel anzuseden sind, einbritlich mit Geltung für da» deutsche Reich stattfindeu muß. Da» ist angängig, ohne daß die Rechte der einzelnen Bundr-staatrn auf di« Ordnung ihre» Mrdwinal»
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