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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 21.01.1902
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1902-01-21
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19020121018
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1902012101
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1902012101
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Bemerkung
- Images teilweise schlecht lesbar
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1902
-
Monat
1902-01
- Tag 1902-01-21
-
Monat
1902-01
-
Jahr
1902
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> v. t. v uiOoaeuc»> I. lx >. v. t.o. r. 4ollioi» <oUo > l. v. n>.< >>x I M Op U! I. I) I. 0. »N«II t. I). I. IX I. IX l. IX louvll. ll. 98,100. ». «.V7^01,öa sl-r^ -1,011 >11 I I> Ir.I-IX r->»:-ix !«.r-ix IX v:«> k- 7- Morgen-Ausgabe. Truck und Verlag von E. Polz in Leipzig. W. Jahrgang Dienstag den 21. Januar 1902 Nr. 36 Ertra-Beilagen (gesalzt), nur mit der Morgen. Ausgabe, ohne Postbesürderung 60.—, mit Postbesürderung .6 70.—. Arrnahmeschluß für Äryeizen: Abrnd-AuSgabe: Vormittags 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittags 4 Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je ein« halbe Stunde früher. Anzeigen sind stets an die Expedition zu richten. Die Expedition ist Wochentags ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis Abends 7 Uhr. Anzeigen »Preis die 6gespaltene Petitzeile 25 H. Reclamen unter dem Redactionsstrich (4 gespalten) 75 H, vor den Familiennach» richten (6gesvalten) 50 H. Tabellarischer und Ziffernsatz entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen und Offertenannahme 25 H (excl. Porto). VezugS »Preis in der Hauptexpedition oder den im Stadt bezirk und den Vororten errichteten Aus gabestellen abgeholt: vierteljährlich4.50, - zweimaliger täglicher Zustellung ins Haus 5.50. Durch die Post bezogen für Deutschland u. Oesterreich: vierteljährl..« 6. Man abonnirt ferner mit entsprechendem Postausschlag bei den Postanstalten in der Schweiz, Italien, Belgien, Holland, Luxem burg, Dänemark, Schweden und Norwegen, Rußland, den Douaustaaten, der Europäischer Türkei, Egypten. Für alle übrigen Staaten ist der Bezug nur unter Kreuzband durch die Expedition dieses Blattes möglich. Tie Morgen-Ausgabe erscheint um '/,7 Uhr, die Abend-Ausgabe Wochentags um 5 Uhr. Le-action und Expedition: Johanni-gaffe 8. Filialen: Alfred Hahn vorm. O. Klemm's Sortim. Universitätsstraße 3 (Paulinum), Louis Lösche, Aatharinenstr. 14, part. und Königsplatz 7. MpMer. TaMalt Anzeiger. Nmtsötatt -es königlichen Land- und Amtsgerichtes Leipzig, -es Mathes nn- Molizei-Nmtes -er Ltndt Leipzig. Schweizerisches und deutsches Strafrecht. Hn der ersten Nummer des neuen Jahrganges der „Deutschen Juristenzeitung" verbreitet sich der Staatspräsident am Reichs gericht Dr. Freiherr von Bülow in einem interessanten Artikel über schweizerisches und deutsches Strafrecht. Wir haben schon kürzlich einmal an dieser Stelle auf die enge Ver bindung desschweizerischenRechtesmi't' dem deutschen hingewiesen, eine Verbindung, die mit der Zeit voraussichtlich noch eine viel engere werden wird, als heute, wo der Ausgestaltung des schweizerischen Rechtes die Zersplitterung der Caiuone noch sehr hinderlich im Wege steht und über rechtliche Fragen, die un bedingt einer einheitlichen Regelung bedürften, doch Ueberein- stimmung nicht erzielt werden kann. Freiherr von Bülow stützt sich in seinen Darlegungen auf einen Bericht, den Prof. Stooß in Wien über den „die einzelnen Verbrechen und deren Be strafung" betreffenden Theil des Entwurfs des schweizerischen Strafgesetzbuches erstattet hat und der nach seiner Meinung AnregungenzurVerbesserungunserer Straf gesetzgebung giebt, die gerade jetzt beachtenswerth er scheinen, wo man damit umgehen soll, eine Umarbeitung des deutschen Strafgesetzbuches in die Wege zu leiten. Der Verfasser kommt zunächst auf den Abschnitt des schweize rischen Entwurfes zu sprechen, welcher von der Beleidigung handelt, oder, wie es dort heißt, von den „Verbrechen gegen die Ehre und den guten Ruf und gegen den Credit". Hier ist es von besonderer Bedeutung, was über die Erweislichkeit einer be haupteten Thatsache festgesetzt wird. Sind Jemandem strafbare Handlungen nachgesagt worden, so können diese nämlich aus schließlich durch ein Strafurtheil bewiesen werden. Andere Beweise sind ausgeschlossen. Es soll sich also Jedermann hüten, einem Anderen die Begehung einer strafbaren Handlung nachzusagen, wenn er nicht im Stande ist, sich auf ein gerichtliches Erkenntniß des Strafrichters zu berufen. Es wird aber noch weiter ge gangen. Ueber Vorgänge, welche das eheliche oder das Familienleben berühren, findet über haupt keine Beweisaufnahme statt. Sie sind von der richter lichen Untersuchung und Feststellung definitiv ausgeschlossen. Stooß sagt in seinem Bericht hierzu: „Gegenwärtig wagt es kaum Jemand, wegen übler Nachrede, die sich auf das eheliche oder Familienleben bezieht, einen Strafantrag zu stellen, weil es der Beschuldigte in der Hand hat, die intimsten Verhältnisse zum Gegenstände eines Wahrheitsbeweises zu machen, und z. B. Dienstboten über das Verhalten ihrer Herrschaft vernehmen zu lassen." In der That, liegt dieser neuen Vorschrift des schweize rischen Entwurfes ein gesunder Gedanke zu Grunde. Es soll Niemandem erlaubt sein, sich ohne Noth und zwingenden Grund über die Familicnvcrhältnisse Anderer zu äußern, selbst wenn die behaupteten Thatsachen, welche den Anderen herabsetzen, wahr sind und bewiesen wevden können. Wer sich überhaupt ohne Veranlassung in solche Verhältnisse mengt, wird vom Ge- sehe getroffen. Man will damit der üppig wuchernden Klatsch sucht den Boden entziehen. Und noch eine weitere Neuerung enthält der Entwurf, die nicht ohne Weiteres von der Hand zu weisen ist. Selbst wenn eine behauptete ehrverletzende That sache als wahr nachgewiesen wird, bleibt der Thäter nicht straf los, wenn er die Thatsachen ohne begründete Veranlassung, ins besondere nur aus Gehässigkeit, Neid, Rachsucht, Schaden freude u. s. w. wieder ans Tageslicht gezogen und Anderen mit- getheilt hat. Er wird zwar nicht wegen übler Nachrede, aber wegen Beschimpfung in Strafe genommen. Den Schutz unseres 8 193 (Wahrung berechtigter Interessen) kennt der schweizerische Entwurf nicht. Wir geben ohne Weiteres zu, daß mit diesem Schutzparagraphen viel Unheil angerichtet worden ist, daß der Schutz oft an falscher Stelle versagt und zugebilligt worden ist, aber wir möchten diese Vorschrift unseres Strafrechtes doch nicht Missen, denn ohne sie würde gar manches, wa« gerügt und ab gestellt zu werden vermein, nicht gerügt und nicht abgestellt werden. Freiherr v. Bülow kommt dann auf einen Vergleich der Strafbestimmungen gegen Ehrverletzungen im deutschen Straf gesetzbuch und im schweizerischen Entwurf zu sprechen. Er vertritt die Ansicht, daß das deutsche Strafrecht die Ehre nickt in ausreichender Weise schütze und daß in Strafart und Straf maß ein Mißverhältnis zur Bestrafung anderer Delicte, wie z. B. des Diebstahls, vorhanden sei. Er weist darauf hin, daß dies auch im Zusammenhänge damit strhe, daß der Zwei- kämpf sich nicht beseitigen lasse. „Will man", sagt er, „zu einer Einschränkung des Duellwesens gelangen, so ist der erste Schritt der, daß für einen wirksamen, auch das empfind liche Rechtsgefühl befriedigenden Rechtsschutz der Ehre gesorgt wird. Freilich genügen bloße höhere Strafandrohungen für sich allein auch nicht, wenn die Gerichte gerade bei Ehrverletzungen immer zu besonderer Milde hinneigen und die höheren Strafen, die das Gesetz zuläßt, fast niemals zur Anwendung bringen." Die Schweiz will nach dem Entwürfe viel radikaler vorgehen. Die Verleumdung soll mit Gefängniß, mit Zuchthaus bis zu 5 Jahren aber bestraft werden, wenn der Verleumder planmäßig darauf ausgegangen ist, den guten Ruf einer Person zu untergraben. Die oben erwähnte „Beschimpfung" mit Wort oder That wird auf Antrag mit Geldstrafe oder Gefängniß bis zu einem Monat bestraft, doch kann die Beschimpfung straflos gelassen werden, wenn der Beschimpfte durch sein ungebührliches oder strafbares Verhalten zu der Beschimpfung Anlaß gegeben hat. Beleidigung nur durch Scheltworte oder durch geringe Thätlichkeitcn wird als Ucbertretung bestraft. Mit Recht weist v. Bülow darauf hin, daß dieser Schutz der Ehre noch hinter dem des deutschen Strafgesetzbuchs, abgesehen von der Zucht hausstrafe für planmäßige Verleumdung, zurückbleibt, während eher die Strafandrohungen unseres Strafgesetzbuches einer Ver schärfung bedürften. Auch die Vorschriften über die durch die Presse be gangenen Beleidigungen weichen im schweizerischen Entwürfe vielfach von unseren ab. Wird der Verfasser nicht genannt, so ist grundsätzlich der Herausgeber zu belangen, der nicht verpflichtet ist, den Namen des Verfassers zu nennen, darüber auch nicht als Zeuge vernommen werden darf. Nach forschungen nach dem Verfasser sind unstatthaft. . . . In roclivrolro üu In imtoinitö o-K interclile! Die Strafpflicht ist nur gegen den' Heraus-gcber begründet. Weitere Betheiligte kommen für den Richter nicht in Betracht, cs sei denn, daß der Herausgeber freiwillig den Verfasser nennt oder dieser sich selbst offenbart. Diese Bestimmungen beruhen nach dem Belichte wesentlich auf politischen Erwägungen. Sie bezwecken den Schutz der freien Meinungsäußerung. Es soll dadurch die Freiheit der Kritik öffentlicher Zustände gesichert werden, da im Falle der Haftbarkeit des Verfassers Mancher, der in ^wlge dienstlicher Stellung oder ökonomischer und gesellschaftlicher Ver hältnisse abhängig ist, sich nicht getrauen würde, im öffent lichen Interesse auf bestehende Uebelstände aufmerksam zu machen, v. Bülow hält dieses grundsätzliche Freilassen des Ver fassers, soweit seine Person nicht freiwillig preisgegeben wird, für einen Fehler, umsomehr, als auch der wirkliche Herausgeber sehr oft wieder durch einen „Strohmann" gedeckt wird. Der schweizerische Entwurf will allerdings, daß der Strafrichter auch untersuchen soll, ob Vie als Herausgeber genannte Person auch derwirtliche Herausgeber sei. Diese Pflicht besteht ja analog, wenigstens nach Ansicht des Reichsgerichts, bei uns auch hin sichtlich des „verantwortlichen Redacteurs". Die Ansicht des Reichsgerichts ist allerdings keine allgemeine, und ihr gegenüber steht die andere Meinung, daß nur der verantwortliche Redakteur in Frage komme, der als solcher auf dem Blatte genannt ist. Diese Auslegung begünstigt die Institution der sogenannten „Sitzredactcurc", gegen welche v. Bülow in dem betreffenden Artikel von Neuem scharf antämpft. Von den übrigen Delikten wird noch Tödtung, Kuppelei, Hehlerei und Betrug behandelt. Bei der Tödtung wird im schweizerischen Entwürfe der Unterschied, ob die Tödtung mit oder ohne Ueberlegung aus- aeführt ist, beseitigt, weil die Bildung des Entschlusses lediglich ein innerer Vorgang sei und weil sich zu schwer ergründen lasse, ob der Entschluß in ruhiger Erwägung gefaßt sei, oder ob die Verstandesthätigkeit durch einen plötzlichen Impuls beherrscht wurde. Es wird einheitlich von vorsätzlicher Tödtung gesprochen und nur noch besonders eine „schändliche Tödtung" (lebenslängliches Zuchthaus) und eine „in leidenschaftlicher Auf wallung begangene Tödtung" hervorgehoben. Nach unserem Da fürhalten ist der Richter damit um nichts gebessert, denn er wird auch zur Feststellung der „leidenschaftlichen Aufwallung" wieder auf innere Vorgänge zutommen müssen. Daran ändert es auch nichts, daß die „schändliche Tödtung" spcciell als Tödtung aus Mordlust, Habgier, unter Verübung von Grausamkeit, in heimtückischer Art, durch Gift, Sprengstoff, Feuer definirt wird. Die deutsche Fassung verdient in diesem Falle entschieden den Vorzug. Als „Kuppler" soll in Strafe genommen werden, „wer um Lohn zu gewerbsmäßiger Unzucht Platz giebt oder Gelegenheit verschafft". Damit soll jedoch das Vermiethen von Woh nungen an Dirnen nicht getroffen werden, sobald der Vermiether aus dem Vermietben sich nicht besondere, außergewöhnliche Voc- theile (unverhältnißmäßig hohe Mieth«) verschafft. Dem Kuppler wird der „Zuhälter" gleichgestellt, Der insofern klarer als bei uns definirt wird, als ausdrücklich betont wird, daß er selbst Ge meinschaft mit der betreffenden Frauensperson Pflegt. Unter Strafe werden ferner die öffentliche und grobe Verletzung des geschlechtlichen Anstandes und Schamgefühls gestellt. Dazu ge hören insbesondere unzüchtige Darstellungen. Sie sollen, wie neuerdings in Deutschland, nicht nur durch Strafbestimmungen gegen die Verbreitung, Ausstellung u. s. w., sodann auch gegen die Herstellung und Einfuhr bekämpft werden. Auch wer öffent lich auf eine Gelegenheit zur Unzucht, selbst in an sich unver fänglich erscheinender Weise, aufmerksam macht, oder eine solche Anzeige wissentlich veröffentlicht oder verbreitet, wird unter Strafe gestellt. Bei der Hehlerei weist v. Bülow Darauf hin, daß man die Bestimmung unseres Strafgesetzbuchs herüber genommen hat, ohne zum Ausdruck zu bringen, ob auch fahr lässiges Verhalten getroffen werden soll. Es sei dies schon ein Mangel des deutschen Strafgesetzbuchs. Wegen Betruges wird bestraft, wer Jemanden durch Vorspiegelung falscher oder durch pflichtwidriges Verheimlichen wahrer Thatsachen täuscht, um sich oder Andere auf fremde Kosten zu bereichern. Die De finition unseres Strafgesetzbuches ist sicherlich reformbedürftig, schon deshalb, weil sie in ihrer Complicirtheit eine Anzahl be trügerischer Handlungen, die bestraft werden müßten, durch schlüpfen läßt, die Begriffsbestimmung des schweizerischen Ent wurfs halten wir indessen noch für weit unglücklicher. Das Moment der „Vermögensbeschädigung" ist ganz gefallen. Auch genügt die Jrrthumserregung allein und es braucht in Folge desselben zu gar keinem .Handeln oder Unterlassen des Irrenden gekommen zu sein. Selbst der folgenlose Jrrthum reicht aus, wenn nur die Absicht dahin geht, sich oder einen Anderen zu bereichern. Das ist zu weit gegangen. Was aber v. Bülow mit Recht an der Definition des Betruges im § 263 des deutschen Strafgesetzbuches tadelt, daß von „falschen Thatsachen" ge sprochen wird, obwohl logischer Weise „Thatsacken" nie „falsche" sein können, das ist auch im schweizerischen Entwürfe wieder enthalten. Wir sehen, daß der Entwurf sich vielfach wieder an unser deutsches Strafgesetzbuch anlehnt. Wo er davon abweicht, müssen wir gestehen, daß wir die Fassung unseres Strafgesetz buches im großen Ganzen für glücklicher erachten und meinen, daß es mit den Anregungen des Entwurfs zur Verbesserung unserer Strafgesetzgebung sich halten läßt. Der Krieg in Südafrika. Ein Brief Schalk Burgers. Dem schon erwähnten neuen Blaubuche über den Krieg entnehmen wir nach der „Westminster Gazette,, noch folgenden Brief deS stellvertretenden Staatspräsidenten Schalk Burger an den Präsidenten Steijn. Das rührende Schreiben wird großes Interesse erregen, trotzdem es schon fast zehn Monate alt ist. Der Brief ist aus Tautesberg vom 21. März 1901 datirt und hat folgenden Wortlaut: „Weither Herr und Bruder im Elend! Durch Vie Güte des Herrn sind wir noch im Lande der Lebenden, und ich hoffe, daß Euch dies in Gesundheit erreicht. Mit großer Trauer bin ich von dem Ver luste benachrichtigt worden, den der Tod des stellvertretenden Hauptcommandanten P. Botha und anderer braver Bürger ver ursacht hat, und ebenso davon, daß Eure Invasion in die kap- colonie mißglückte. Auch wir haben in der letzten Zeit viel ge litten und viel verloren. Unsere Lage wird täglich ernster und wir haben mit vielen Schwierigkeiten zu kämpfen. Alle mensch liche Hilfe, auf die wir bisher vertrauten, hat sich als ein ge brochenes Rohr erwiesen. Europa schweigt, und der Feind fährt fort, unser Volk mit seiner großen Macht zu vernichten. Die Noth und die Qual mit ansehen zu müssen, welche Tausend« von unschuldigen und wehr losen Frauen und Kindern erkiden, ist qualvoll genug, um Engel weinen zu machen, aber der Gedanke an die Hunderte, die ihr kostbares Leben schon dahingegeben haben, oder die zu Krüppeln wurden, ist doppelt hart. Die Frage ist, was müssen wir und was können wir thnn? Sollen wir und können wir Den Kampf fortsetzen? Ich bete Tag und Nacht zu dem Herrn in dieser Beziehung um Weisheit und Licht und bitte ihn, daß er uns nicht in die Sünde fallen basse, gegen seinen Willen zu fehlen, daß «r uns aber auch davor bewahren möge, den Glauben zu verlieren. Wenn wir überzeugt sind, daß unsere letzten Hilfsquellen erschöpft sind, daß unsere letzte Stärke gebrochen ist, dann müssen nur uns beugen und uns der Macht des Feindes ausliefern, wke bitter dieser Kelch auch für uns sein mag. Ich kann aber heute noch nicht diesen Weg Vorschlägen. Meine Hoffnung und mein Vertrauen gehen dahin, daß wir e r l ö st u n d g e r e t t e t w e r d e n. Die Opfer an Menschenleben, die Gebete und das Elend sind zu groß gewesen, als daß unsere Hoffnungen und Erwartungen nicht ge krönt werden sollten. Wie Ihr selbst aus der Korrespondenz zwischen Lord Kitchener und dem commandirenden General Botha ersehen werdet, werden keine Bedingungen er wähnt, die uns in irgend ciner Weise entgegen kämen, und deshalb bleibe ich bei dem Entschlüsse, wenn es nothwendig ist, uns bedingungslos zu ergeben, wovor uns aber, das glaube ich sicher, Gott bewahren wird. Nein, wir wollen unsere Nation unbefleckt erhalten, wir wollen keine Gunst vom Feinde annehmen, damit die Kluft, welche uns durch frühere Kriege und dem jetzigen grausamen Kriege getrennt hat, be stehen bleibt und sich noch erweitert. Wo ein Wille ist, da findet sich auch ein Wea. und wenn wir nickt verbannt werden, so können wir mit Anspannung unserer Kräfte Comltos bilden, mit Hilfe von Liebesgaben aus Europa unser Land und Volk wieder aufbauen, um unsere Sprache und Religion zu fördern, unsere Kinder zu erziehen, unseren unterdrückten Nationalgeist lebendig zu erhalten und wieder auflohen zu lassen. Das mein Ideal. Aber wie groß ist die Zahl der Wicken unter dem Weizen! Wie Viele haben ihr Land und Volk verleugnet und werden in ihrem Interesse fortfahren, so zu handeln. Das darf uns aber noch nicht entmuthigen. Laßt uns ausharren im Glauben und uns unserer Stellung würdig erweisen. Hoch geehrter Freund, es thut mir leid, daß wir einander nicht sehen können, mein Gebet ist aber, daß der Herr Eure Zusammen kunft mit dem commandirenden General Botha und dem Haupt- commandanten De Wet segnen möge. Er leite Eure Gedanken un-> Berathungen mit seinem Geiste. Sein Name sei gepriesen in Ehren! Mit Grüßen an Hauptcommandanten De Wet und alle Bekannten und mit Segenswünschen für Euer Ehren, Euer gehorsamer Diener und Bruder S. U. Bürge r." Tic ncurrlichcu Fricöcnsgcrnchtc und nngcblichcn Fricdkiisbcstrrlmugcn. * Haag. 19. Januar. Der „Pestec Lloyd" wußte vor einigen Togen in einer Korrespondenz aus dem Haag zu melden: Wenn nicht alle Anzeichen trügen, so gewinnen die Friedensbestrebungen, trotz anderweitiger Meldungen und Ge rüchte, au Konsistenz. In der Umgebung des greisen Prä sidenten Krüger scheint man, dank den Be mühungen der officiellen niederländischen Kreise, von der Forderungder absoluten Un abhängigkeit, die bei den Friedensverhandlungen jeden falls den Stein des Anstoßes Hilden mußte, zurückzukommen . . Andererseits gewinnen auch die Engländer die Ueber- zeugung, daß sie die bedingungslose Unter werfung der Boeren nur mit dem Preise einer völligen Erschöpfung an Menschen und Geld erreichen können. Soll also ein Fried« überhaupt zu Stande kommen, so kann dies nur auf Grund eines Kompromisses geschehen, welcher sich zwischen den extremen Forderungen der beiden Kriegführenden bewegt. Dieser Kompromiß müßte nach der Anschauung d e r B o«r e n f ü h r e r die folgenden Puncle in sich schließen: 1) Gewährung der inner«» Selbverwaltung unter Aner kennung der englischen Oberhoheit in allen auswärtigen Dingen; 2) Amnestie für die Afrikander; 3) Wiederaufbau der zerstörten Farmen; 4) Entwaffnung der Koffern; 5) Einrichtung einer besonderen Verwaltung für die Gold grubenwerke des Witwatersrand. Diese Kombination hat auch in anderen deutschen Blättern Aufnahme gefunden, und bald darauf ist ihr hier und dort noch folgende Depesche, ebenfalls aus dem Haag, gefolgt: Die niederländische Regierung unterhandelt vertraulich mit den Boerenführern wegen Beendigung des Krieges? Königin Wilhelmina versprach, die Vermittelung zu übernehmen. Hierzu bemerkt die boerenofficiöse „Korrespondenz Neder land": Wir sind von zuständiger Stelle officiell ermächtigt, diese Mit tch eil ungen über Friedensbestrebungen und Frie densverhandlungen auf der Grundlage an geblichen, den Boerenführrrn annehmbar er scheinenden Kompromisses, als eitel Schwindel zu erklären; desgleichen die Mittheilungen über irgendwelche Bemühungen der niederländischen Regierung um das Zustandebringen des Friedens und über ein an gebliches Vermittelungsangebot der Königin Wilhelmina. Die Boeren stehen, wir schon wiederholt betont, heute noch, 'wie gestern und ehedem, auf d«m unvrrrück- baren Standpunkt,daßsiirsienur Friedens vorschläge, die ihre eigene Unabhängigkeit und die Amnestie der Capcolon ist en gewähr- leiften, in Betracht kommen und den Frieden herbeiführen können. Das Urtheil Eingeweihter geht dahin, daß alle bisherigen und namentlich die Friedensgerüchtc in der jüngsten Zeit lediglich den Zweck verfolgen, den Boeren im Felde und der Welt glauben zu machen, daß dic Boerettführer ihre Sache als hoffnungslos an sehen; andererseits bei der allgemeinen Tchcilnahme für dic Boerensache den Glauben zu -erwecken, als biete England alle Zeit großmüthig seine Rechte dar und seien eS nur die starr köpfigen Boeren, die dieselbe schroff von sich stießen. * Lsudou, L0„ Januar. (Tklegramm.) Der Eorrejpvudent der „Times" in Pretoria meldet vom 18.d.M., daß die Boeren in Osttransvaal durch die fünften Verluste demoralisirt worden seien. Viele verlangten von Botha, daß er dem fürchterlichen Kriege ein Ende setzen solle, da ihre Frauen und Kinder in den englischen Zusluchtslagern darben. Die Abtheilung Trichards drohte, mit Sack und Pack zum Feinde überzugehen. Die ge. sangenen Boeren scheinen herzlich froh zu sein, daß sie gefangen wurden. (?) Gleichwohl dürfe nicht daraus gefolgert werden, daß demnächst eine Mass en Übergabe bevorstehe; es bleibe daher nichts Anderes übrig, als den Anfreibungsproceß sortzusetzen, den der Pfcrdemangel aber sehr erschwere. (Magdcb. Ztg.) * Boston, 18. Januar. Pastor Key, der von der,.Christian Society" nach Bermuda entsandt worden war, um die Lage dec daselbst befindlichen Boeren gefangenen zu untersuchen, ist hierher zurückgekehrt und berichtet, er habe alle Lager der Gefangenen besucht, in denen etwa 5000 Personen, Männer und Jünglinge, untergebracht seien. Alle hätten sich darüber beschwert, daß sie keine andere Kleidung hätten als diejenige, die sie bei ihrer Gefangennahme getragen hätten. Die täglichen Speiserati on en seien unzu reichend, sie sollten mehr Gemüse haben. Vor seiner Abreise habe indessen Pastor Key gesehen, daß Kleidungsstücke, die von Amerika gesandt wurden, vertheilt worden seien. Die „Christian Society" hat den Beschluß gefaßt, einen Aufruf zu erlassen, daß noch mehr Kleidungsstücke und Nahrungsmittel eingcsandt werden sollen. (Die englischen Beamten hatten die Vertheilung früherer Sendungen von Kleidungsstücken dadurch verhindert, daß sie für diese amerikanischen Liebesgaben an die gefangenen Boeren die Zahlung von Einfuhrzöllen verlangten.) * Nclv ?)ork, 18. Januar. Webster Davis ist auS dem Westen hier eingetroffen und überbringt eine Petition, die eine nationale Sympathiekundgebung für die Boeren fordert und von 212 604 Bürgern unterzeichnet ist. Die Petition wird dem Kongreß unterbreitet werden. (Mgdb. Ztg.) Deutsches Reich. * Leipzig, 20. Januar. Der Vorstand des Börsen- Vereins der deutschen Buchhändler zu Leipzig bat an den Reichskanzler eine sehr eingehend begründete Ein gabe gerichtet, in dec er ersucht: Anläßlich der Unterhandlungen über neue Handelsverträge bei denjenigen Staaten, mit welchen Deutschland noch durch keine oder nur durch eine unzureichende Literarconvention verbunden ist, dahin wirken zu wollen, Laß sic zum Beitritt zur Berner llcbcrcinknnjt oder doch, wenn dieser zur Zeit nicht zu erlangen ist, wenigstens zum Abschluß einer besvndern, aber befriedigenden Vereinbarung veranlaßt werden. * Leipzig, 20. Januar. Der Loyalitäts-Erlaß deS Erzbischofs v. Stablewski an den polnisch-katholischen Elerus seiner Divccse existirl also nicht. Die „Germania" (rveto „Polonia") dcnicntirt ihn in aller Form und, wie wir verniuthen, mit aufrichtiger Herzensfreude. Wir geben viel auf die „Germania" in polnischen Dingen und finden dies „Vertrauen" auch heute bestätigt, denn man schreibt uns aus Posen: „Tie Meldung des „Berliner Tageblattes" und anderer Berliner Zeitungen, daß Erzbischof Vr. v. Stablewski an seinen Clerus das bewußte Rundschreiben gerichtet habe, — die „Vosjische Zeitung" nennt es glättendes, auf die erregten Volkswogen seiner Diöcese geschüttetes Lei — beruht aus blanker Erfindung. Es ist nicht wahr, Laß der Erzbischof in diesem Schreiben aus die au die böhmischen und mährischen Bischöfe gerichtete bekannte Weisung des Papstes Bezug genommen habe. Es ist ferner nicht wahr. Laß ein Rundschreiben des Erzbischofs an die Geistlichkeit betreffs ihrer Mitarbeiter schaft an der polnischen Presse, betreffs der Theilnahme der Geistlichen an Versammlungen, betreffs des etwa in der Schule Versäumten, das im Beichtunterricht nachgeholt werden solle u.s.nx, ergangen sei. Ebenso beruhen alle anderen Mit theilungen betreffs dieses Rundschreibens auf Erfindung. Ein solches Rundschreiben, wie eS die Berliner Blätter charakte- risiren, LäZ können wir auf das Bestimmteste versichern, ist überhaupt nicht erlassen worden. Ter weitere Passus, Erzbischof von Stablewky habe seinen Clerus an- gewiesen, die Wünsche der deutschen Katholiken thunlichst zu berücksichtigen, bringt nichts Neues, Leun uns liegen zahlreiche ältere Rnndschreibcn des Erzbischofs vor, in Leuen er daraus hin- gewiesen hat, daß den Wünschen der deutschen Katholiken zu cnt- spreche» sei. Im klebrigen wird wahrscheinlich schon in den nächsten Tagen den betreffenden Blättern, die jene falsche Nachricht gebracht haben, eine entsprechende Berichtigung aus dem erzbischöflichen Palais zugehen." Zum Leidwesen der „Germania" und anderer antideutscher Blätter müssen wir erklären, daß unsere Bestürzung über dies Dementi nicht sonderlich groß ist, und ganz im Ver trauen können wir sogar sagen, daß es uns zwar einen Seufzer, aber — der Erleichterung, gekostet hat: cs kämpft sich besser s o. Unsere Zweifel an der ganzen Sache hallen wir ja schon auSgeLrückt, und man mußte zweifeln entweder an der Existenz dcö Erlasses selbst oder an dem Geiste, dem er entsprungen. Der Erlaß ist also eine Erfindung; das ehrt den Erzbischos und verhindert die polnische Eaptivirung von Berlin. -t- Berlin, 20. Januar. (I n d n st r i e und Staats- w o h l.) Ein langathmiger Leitartikel der „Kreuzztg." athmet «inen leidenschaftlichen Haß gegen die Jwoustrie, was festgestellt zu werden verdient, da die Parteigänger des führenden conser- oativen Blattes immer den Freihändlern vonverfcn, einen ein festigen Haß gegen die Lanowirthschast zu hegen, während sie von sich selbst behaupten, diesen Haß nicht durch eine ebensolche Abneigung gegen die Industrie zu vergelten, sondern die Inter essen von Lanowirthschast und Industrie gereckt und wohl wollend gegen einander aüzuwägen. Der „Krcuzzcitungs" Ar tikel enthält drei leitende Gedanken: 1) Jede neue Jndustriali» sirung einer Gegend ist gleichbedeutend nrit der Abwendung ihre?
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