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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 03.01.1902
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1902-01-03
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19020103028
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1902010302
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1902010302
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1902
-
Monat
1902-01
- Tag 1902-01-03
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Monat
1902-01
-
Jahr
1902
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Stellen uni SR drückt hat, ivelche besonders zu Un gunsten der britischen Verwaltung sprechen und die Berechtigung der indischen Bevölkerung, gegen ein derartiges Vorgehen Beschwerde zu führen, über allem Zweifel erweisen. So gab der Kongreß bei Erörterung einiger wirthschaftlichen und socialen Fragen der Meinung Ausdruck, daß Wirkung und Umfang der alljährlich wiederkchrendcn H u n g c r s n'ö t h e erheblich verringert werden könnte, wenn die in bestimmten Zeiträumen sich wiederholenden Abgabeerhöhungen in Fortfall kämen. Unter den gegenwärtigen Verhältnissen finde die von Jahr zu Jahr acuter auftretende Hungersnoth einen nur zu günstigen Nährboden in der zunehmenden Verarmung der Be völkerung, diese aber sei begründet in der fortschreitenden Ver schlechterung des industriellen Lebens, in der übermäßigen Be steuerung besonders der unteren Bevölkerungsclassen und in den gleichfalls diesen Schichten der Bevölkerung zumeist zur Last fallenden Ausgaben für die Zwecke der britischen Militärver waltung in Indien. Es wurde ferner eine Reform irung des Justizwesens gefordert in dem Sinne, daß die bis her in einer Hand vereinigte Gerichts- und Strafrechtspflege fortan geschieden werden soll. Noch mehr als diese Forderung wendet sich eine andere gegen die ausschließliche Autorität der britischen Regierung, nämlich die, daß geeignete indische Rechts lehrer zu Mitgliedern und Theilnehmern an den Sitzungen des Privy-Council ernannt werden und an den Entschei dungen der gerichtlichen Commission theilnehmen sollen. In demselben Sinne bewegte sich die Beschwerde, daß nur eine äußerst geringe Zahl geborener Indier sowohl in den niederen, wie besonders in den höheren Stellen der britischen Verwal tung sich befinde, ein Zustand, der keineswegs im Einklang stehe mit den von der britischen Regierung wiederholt gegebenen Zusagen und besonders den in der Proklamation der Königin Viktoria enthaltenen Bestimmungen zuwiderlaufe. Hieran schloß sich eine nochmalige Erörterung der von der britischen Regierung geforderten und von Jahr zu Jahr gesteigerten Ab gaben für den Unterhalt der britischen Besatzungs truppen. Der Kongreß gab in einer Resolution der Mei nung Ausdruck, daß es für England hohe Zeit sei, diese Frage in angemessener und gerechter Weise zu regeln, denn, da diese Truppen zur Aufrechterhaltung der britischen Oberhoheit be nutzt würden, sei es nicht mehr als billig, daß auch die Ausgaben für sie vom britischen Schatzamt bestritten würden. — Die nächste Tagung des indischen Nationalcongresses soll in Bombay abgehalten werden. Deutsches Reich. Berlin, 2. Januar. (Regelung der monopo listischen Kartelle.) Unter den zahlreichen unerledigt gebliebenen Anträgen befindet sich leider auch derjenige des natio- nalliberalen Abgeordneten Freiherrn v. Heyl auf Regelung der monopolistischen Kartelle. Wann dieser Antrag auf die Tages ordnung des Reichstages gesetzt wird, ist vorläufig noch nicht abzusehen. Unterdessen hat die Bewegung gegen das Kartell wesen nicht geruht. Neuerdings wandte sich der Centralverband deutscher Kaufleute und Industrieller in einer Eingabe an den Bundesrath, di« in folgendem formellen Antrag gipfelt: „Der Verband bittet einen hohen Bundesrath und die verbündeten hohen iltegierungen, dem Reichstage recht bald einen Gesetzentwurf vor zulegen, der wirthschaftlichen Vereinigungen monopolistischen Charakters — Kartellen, Shndicaten, Ringen, Trusts —, gleich viel, db es sich um Preisvereinigungen, Gebietscartellivungen, Productionscartellirungen, Gewinn - und Vertriebscartel- lirungen u. s. w. handelt, die Verpflichtung auf erlegt, sich in ein Cartellregister eintragen und ihre Statuten behördlich genehmigen zu lassen, auch halbjährlich ihre Betriebs resultate, den Stand des Bilanz-, wie des Gewinn- und Verlust kontos öffentlich — mindestens durch den „Reichsanzeiger" — bekannt zu geben." Bekanntlich wird sich auch der für Monat September zufanrmrnberufene Deutsch« Juristentag mit dem monopolistischen Cartellwesen beschäftigen. Möglicher weise, obgleich dies nach der jetzigen Geschäftslage des Reichstages kaum zu erwarten ist, kann dann die Juristen-Versammlung die Beschlüsse des Reichstages zum Ausgangspunct ihrer Dis kussionen nehmen. * vrrltn, 2. Januar. (Großmann contra Roeren.) Der nationalliberale?lbgeordnete Großmann, Landgerichtsdirrctor in Thorn, veröffentlicht in den „Deutsch. Stimmen" einen Aufsatz: „Herr Reichstagsabgeord neter Roeren und der Proceß in Thorn gegen die polnischen Pennäler". Er beschuldigt den Ober- landesgrrichtsrath Ro«r«n, ohne jede zureichende Kenntniß des Sachverhalts gesprochen zu haben, und schließt seinen Aufsatz wie folgt: „Herr Roeren hat im Reichstage gesagt, daß dir Ver- urtheilung seitens der Strafkammer in Thorn „wider das Gesetz" ausgesprochen worden sei. „Der Abgeordnete Bebel meint: wider das Gesetz. Ich stimme ihm bei . . . .", so hat Herr Roeren im Reichstage gesagt und nicht, wie in dem amt lichen stenographischen Bericht steht: „Ich persönlich neige auch dieser Ansicht zu . . ." Zur Anwendung des 8 128 Str.-G.-B. gehöre, so führte Herr Roeren aus, daß die Geheimhaltung der Verbindung gegenüber der Staatsregierung er folgt sei. Hier sei sie aber lediglich dem Lehrer gegenüber er folgt. „Man hat aber schließlich den Lehrer als einen Beamten und damit als eine Staatsbehörde construirt, um den Paragraphen anwenden zu können", hat Herr Roeren wörtlich gesagt. Wenn dieser Passus seiner Rede in dem amtlich steno graphischen Berichte lautet: „Man muß also den Lehrer als Beamten und weiter als Staatsbehörde construiren, um den Paragraphen anwenden zu können", so ist diese Ab änderung durch nachträgliche Korrektur des Stenogramms seitens des Herrn Roeren veranlaßt. Man, d. h. also die Strafkammer in Thorn, l>at aber keineswegs den Lehrer als einen Beamten und damit als eine Staatsbehörde construirt, um den 8 128 Str.-G.-B. anweuden zu können. Sie hat vielmehr auf Grund der Be weisaufnahme festgestcllt, daß die hier in Rede stehenden Ver bindungen nicht nur den Lehrern, sondern auch der Staats regierung gegenüber geheim gehalten werden sollen und daß die verurteilten Angeklagten sich dessen auch bewußt gewesen sind. Das, was Herr Roeren dem Reichstage über den „Pro- ceß in Thorn gegen die polnischen Pennäler" berichtet hat, entspricht hiernach in wesentlichen Punkten nicht der Wahrheit. Herr Roeren kennt den Thorner Strafproccß nicht und kennt auch nicht das Thorner Strafurtheil. Dies hält ihn aber nicht ab, beide öffentlich in der schärfsten Weise zu kritisiren. Ja, er stellt auf Grund von ihm verschuldeter falscher In formation betreffs des Strafurtheils eine direct unwahre Be hauptung auf und scheut sich nicht, daraufhin ein noch nicht rechtskräftiges Urtheil eines preußischen Gerichtshofes öffent lich als ein „wider das Gesetz" ergangenes Uriheil zu be zeichnen. Leichtfertiger Mißbrauch der Tri büne des deutschenReichstages seitens eines preußischen Richters: das dürste kaum em zu scharfer Ausdruck für ein solches Verfahren sein." — Der Kaiser hat am Neujahrstage im Zeughause an die versammelten Generale eine Ansprache gehalten, in der er nach Mittheilung des „Berl. Tagebl." „alle schwebenden Fragen berührte". Näheres über den Inhalt der Ansprache ist nicht bekannt. — Heute Abend um 7 Uhr fand beim Kaiserpaare in der Jaspis-Galerie des Neuen Palais bei Potsdam eine Tafel statt. Bei derselben saß der Kaiser der Kaiserin gegenüber. Rechts von der Kaiserin folgten zunächst der Kronprinz, Prinz Friedrich Leopold, der Erbgroßberzog von Baden, General der Infanterie von Oberhoffer, königl. sächs. General der Infanterie von Treitschke, Staats minister von Tirpitz, General der Infanterie von Stülp nagel und ferner links Prinz Heinrich, Prinz Eitel Friedrich, der Erbprinz von Sacksen«Meiningen, königl. bayer. General der Cavallerie Ritter von Tylander, Kriegs minister von Goßler, General der Infanterie von Klitzing, General der Infanterie von Plessen. Der Kaiser saß zwischen dem General-Oberst von Habnke und dem General-Oberst Graf von Haeseler, nach rechts schlossen sich zunächst an General der Infanterie von Lentze, General der Cavallerie Graf von Schliessen und General der Cavallerie von Bülow, nach links General der Infanterie von Wittich, General der Infanterie Graf Finckenstein und General der Infanterie von Lindeguist. — Den bisherigen Bestimmungen gemäß wird Prinz Eitel Friedrich im Sommer-Semester die Universität Bonn beziehen und dort in der Villa König gemeinschaft lich mit dem Kronprinzen in den bereits für ihn ein gerichteten Räumen Wohnung nehmen. Prinz Eitel Friedrich wird also noch ein Jahr mit dem Kronprinzen gemeinschaft lich an der rheinischen Universität studiren. (Post.) — Der „Reichsanz." macht amtlich bekannt, daß dem Groß- fiir st-Thronfolger Michael Alexandrowitsch von Ruß land der schwarze Adlerorden verliehen ist. — Zum Empfange Marquis Jto's durch den deutschen Kaiser veröffentlicht die Monatsschrift „O st - asien" nachträglich Einzelheiten. Die Audienz dauerte eine halbe Stunde. Der Kaiser hatte eine längere Unterredung mit Marquis Ito und sagte unter Anderem zu ihm: „Ich betrachte es als eine große Ehre, den bedeu tendsten Mann Japans in Audienz zu empfangen. Mein Vater hat Ihnen bereits das Großkreuz des Rothen Adlerordens, aber ohne Brillanten, verliehen, ich will Ihnen jetzt das Großkreuz des Rothen Adlerordens mit Brillanten verleihen." Zu dem Begleiter des Marquis Ito, dem früheren japanischen Viceunterrichtsminister Tsuzuki äußerte der Kaiser: „Sie können Ihren Landsleuten stolz sagen, ich beneid« dieselben sehr, daß der Kaiser von Japan «inen so großen Diener hat wie Ito, den Bismarck von O st a s i e n." — Wertbzolle für Getreide beabsichtigt der frei- conservative Abg. Gamp, wie er in einem Circular den Mitgliedern der Zolltarifcommission des Reichstags anzeigt, zu beantragen. Herr Gamp nimmt damit einen Gedanken auf, den er schon wiederholt im Parlament, zuletzt bei der ersten Lesung der Zolltarifvorlage, vertreten hat. Er will von Staats wegen bestimmte Preise für die Hauptgetreide arten festsetzen und den Zoll stets auf die Differenz zwischen dem Weltmarktpreis und dem von Staats wegen festgesetzten Getreidepreis bemessen. Herr Gamp will also die Ziele deS Antrags Kanitz auf anderem Wege erreichen. — Die Mittheilung, der preußische Staatshaus- haltSetat werde erst am 13. Januar im Abgeordnetenhause ringebracht werden, beruht augenscheinlich auf einem Miß- verständniß; es wird angenommen, daß an jenem Tage die Generaldebatte über den Etat beginnen werde: Dagegen dürfte der Finanzminister, wie seine Vorgänger, daran fest halten, den Etat selbst am d. Januar, nachdem das HauS sich constituirt haben wird, in üblicher Weise einzubringeo. — Nach den vom BundeSrathe in einer seiner letzten Sitzungen beschlossenen Bestimmungen über eine Statistik der Taubstummen findet die letztere vom 1. Januar 1002 ab fortlaufend statt. Es wird bei ihr jedes taubstumme oder der Taubstummheit verdächtige Kind bei seinem Eintritt in das schulpflichtige Alter der Vollsinnigen, sowie bei seiner nach diesem Zeitpuncte erfolgenden Aufnahme in eine Taub stummenanstalt gezählt. Die zu diesem Zwecke entworfenen Fragebogen werden jährlich zweimal durch die OrtSbehörden, Aerzte und Taubstummenanstalten ausgefüllt. DaS kaiser liche Gesundheitsamt bearbeitet die Ergebnisse der Statistik. Es ist ermächtigt, anerkannten Fachmännern die Einsicht nahme in das Erhebungsmaterial zu gestatten. — Die Petitionscommission des Reichstages beantragt, die Petition des Pastors Schubert und Genossen betreffend Ein führung der Strafe der körperlichen Züchtigung durch den früheren Reichstagsbeschluß 'für erledigt zu erklären. — Der Betrieb der Reichsdruckerei zeigt auch in neuerer Zeit eine fortschreitende Entwickelung. Eine For derung für Erweiterungsbauten wird den gesetzgebenden Körperschaften voraussichtlich noch in einem Nachtrage zum ReichshauShaltS-Vcranschlag zugehen. — Eine Massenpetition an den Fürstbischof Kopp um Vermehrung des polnischen Gottesdienstes in Berlin abzusenden, wurde von einer polnischen Frauenversammlung beschlossen, die gestern in den Andreaösälen tagte. — Dem Reichstaqs-Stenographcn vr. Weiß ist der Charakter als Kanzleirath verliehen worden. — Die China.Denkmünze in Stahl (für solche Nicht- combattanten, die Deutschland nicht verlassen haben) ist au zahlreiche Beamte und Unterbeamt« der Reichs-Postverwaltung ver liehen worden. Von höheren Beamten wurden damit u. a. drcortrt: der frühere Staatssekretär, Staatsminister von PodbielSki, der Staatssekretär Kraetke, Unterslaatsjekretär Sydow, Director im Reichspostamt Giesecke, Geheime Ober-Postrath und vortragende Rath Kobelt, Geheime Ober-Postrath und Vortragende Rath Bern- Hardt, ferner die Ober-Postdirectoren Griesbach in Berlin, Bergmann in Bremen und Treutlrr in Oldenburg. — Am Montag ist, wie der „Vorwärts" mittheilt, die Beschlag nahme der socialdemolratiichen „Weihnachtszeituug" von der 8. Strafkammer des Landgerichts I, bei welcher gegen die Ver fügung des Untersuchungsrichters Beschwerde erhoben worden war, bestätigt worden. — Der Kalender des „Vorwärts" trieft förmlich von Blut, was aber äußerlich, da er auf bläulichem Papier gedruckt ist, nicht zu erkennen ist. Alle Anschläge auf gekrönte Häupter und Staatsmänner seit 1416 sind gewissenhaft verzeichnet. Auch die Hinrichtungen der Mörder sind zum Theil vermerkt. * Lübrck, 2. Januar. Auf den Huldigungsgruß bei Ge legenheit der 500jährigen Stiftungsfeier der Schiffer gesellschaft ließ der Kaiser antworten: Majestät haben den Huldigungsgruß mit Freuden ent gegengenommen und danken für ven Ausdruck der Ergebenheit und Vertrauen, daß die lübeckischen Schiffer allezeit in ihrem gefahrvollen, schönen Berufe zur Ehre d«H deutschen Namens und der deutschen Seeschifffahrt wirken und schaffen werden. (-) Solingen, 2. Januar. Der Verein der Scheeren- fabrikanten genehmigte heute den Antrag seines Ausschusses auf Zustimmung zu einer unter dem Vorsitze deS LandrathS vr. Lucas am vergangenen Sonnabend mit Vertretern des Scheerenschleiser-Vereins in der Frage der Löhne getroffenen Vereinbarung und auf Aufhebung der über die Mitglieder deS Scheerenschleifer-Vereins verhängten Sperre. * Aus Gotha wird berichtet: Der Regent hat unter dem 29. December 1901 aus Straßburg nachstehenden Erlaß an das Herzogliche Staatsministerium gerichtet: „Die G«d ä ch t n i ß fe i e r zu Ehren Herzog E r n st's des Frommen, welche uns die Auszeichnung der An wesenheit Sr. Majestät des Kaisers und anderer hoher fürst licher Gäste gebracht hat, ist in ihrem schönen Verlauf und in ihrer bedeutsamen Nachwirkung wesentlich bedingt gewesen durch die warme Theilnahme und die würdige Haltung der Bevölkerung aus Stadt und Land. Es ist mir rin Herzens- bedürfniß, für diese Theilnahme und diese Haltung, die während des Festes überall zu Tage getreten sind, allen Betheiligten herzlich zu danken. Ich beauftrag« das Staatsministerium, dies zur öffentlichen Kenntniß zu bringen. Ernst Erbprinz zu Hohenlohe-Langenburg." v. Weimar, 2. Januar. Der landwirtbschaftliche Referent im Ministerium des Innern, RegierungS-Rath vr. Heyden- reich, erklärte in einer Versammlung deS landwirthschaft- lichen Gauverbandes Weimar, daß im Gesetzentwürfe, betreffend Bestrafung contractbrüchiger landwirth- schaftlicher Arbeiter, wie solche Gesetze in Anbalt, Braun schweig und Mecklenburg-Strelitz bestehen, auch für Sachsen- Weimar fertig vorlieze und daß schon vor N/r Jahren die Regierung den Versuch gemacht hahe, ein gemeinsames Vor gehen der Thüringischen Staaten herbeizuführen. Die An gelegenheit sei zurückgestellt worden, weil in Preuße« TuSficht auf baldige Erledigung und Annahme eiue- gleichen Gesetzes nicht bestanden habe. Die Versammlung beschloß, eine Ein gabe an die Regierung zu richte», einen entsprechenden Gesetz entwurf dem Landtage vorzulegeu. * vamderg, 2. Januar. Der Abg. vr. Schädler, Domcapitular in Bamberg und zweiter Vorsitzender der CentrumSsraction deS Reichstages, ist seit längerer Zeit schwer erkrankt. (B. L.-A.) * Aus Slsatz-vot-rittgru. Die Zahl der Elsaß-Lothringer, di« in Frankreich die Officiercharge bekleiden, ist immer noch ungewöhnlich groß. Wie der „Gaulois" mittheilt, gehören der französischen Armee zur Zeit 138 Generale elsaß- lothringischcr Abkunft an. Hierunter befinden sich 17 Divisionr^ und 30 Brigadegenerale. 91 unter diesen 138 Generalen sind freilich inactiv. * In München batte sich jüngst die Localschulcom mission mit der interessanten Frage zu befassen, ob eine Verwendung geschiedener Frauen im öffentlichen Schul dienst zulässig sei. ES liegen nämlich einige Gesuche von Frauen vor, die vor ihrer Verheiratbung als Lehrerinnen an Volksschulen angestellt waren, die dann in der Ehe das er- hoffte Glück nicht fanden und nunmehr nach erfolgter Schei dung um Wiederverwendung in den Schuldienst nachsuchen. Die Localschulcommission stellt sich auf den Standpunct, daß auf derlei Gesuche nur dann einzugehen wäre, wenn die Ehe der Bewerberinnen kinderlos geblieben, so daß nicht zu be fürchten sei, daß durch häusliche Sorgen die Erfüllung deS Lehrerberufs beeinträchtigt werden könne. Spanien. * Madrid, 3. Januar. (Telegramm.) Der Mi ni st er rat h beschäftigte sich mit dem Freundschaftsvertrage zwischen Spanien und den U n i o n sta a t« n. Der Vertrag wird dem Staatsrathe unterbreitet. * vareelana, 3. Januar. (Telegramm.) Der Aus stand hat sich weiter ausgedehnt. Gestern Abend betrug die Zahl der Ausständigen 20 000. Innerhalb der Stadt, sowie rings um dieselbe, wurden Truppen zusammengezogen. Portugal. CarteS-SrSffnung. * Lissabon, 2. Januar. Die CorleS sind heute mit einer Thronrede des Königs eröffnet worden. Der König weist darin auf die guten Beziehungen zum Auslände hin und betont ferner die Verbesserung des Govdagios, sowie das Steigen der kours« der portugiesischen Fonds an den aus wärtigen Börsen. Das Gesetz vom 20. Mai 1893 habe hinsichtlich der Verpflichtungen der öffentlichen Schuld Bestimmungen ge troffen, welche sicherlich streng eingehalten würden- Er hoffe, daß es gelingen werde, billiger Weis« die Interessen der Inhaber portugiesischer Fonds mit den Mitteln des Staatsschatzes zu ver einbaren, um eine Convertirung der Titel der auswärtigen Schuld zur Verbesserung der Creditverhältniffe Portugals zu ermög lichen. Die Thronrede beschäftigt sich im Uebrigen mit Fragen der inneren Verwaltung. Nußland. Attentatsgerüchte. * Petersburg, 2. Januar. Die nach auswärts verbreitete Nachricht von einem Bombenattentat vor dem Palais des Großfürsten Konstantin Konstantino witsch in Kiew wivd an hiesiger zuständiger Stelle als jeder Begründung entbehrend bezeichnet. Asien. KoweU-Srage * Wie di« „Frankfurter Zeitung" aus Konstantinopel vom 1. Januar meldet, erklärte Lord LanSdowne dem türkischen Bot schafter in London, daß nach ihm jetzt zugegangenen Berichten allerdings englische Matrosen eine Flagge auf dem Konak des Scheiks inKoweit gehißt hätten, daß aber damit keinerlei Aenderungen des status guo in Koweit beabsichtigt gewesen seien. Die Flagge habe ausschließlich Signal zwecken für die auf der Rede von Koweit liegende englische Fregatte gedient und sei nach Erfüllung ihrer Aufgabe wieder eingezogen worden. — Thatsächlich wehte am letzten Frei tag auf dem Konak Mbaruks wieder die türkisch« Halbmond flagge zum ersten Mal seit fünf Wochen. Amerika. Lte mittelamerikanischen Wirren. * New Kork, 2. Januar. („Reuter's Bureau".) Ein Tele gramm aus Fort de France meldet: Das Dampfschiff „Baurigh" mit General Matos, mehreren anderen Generalen und 300 Freiwilligen an Bord ist nach Venezuela abgefahren. Es heißt, daß das Schiff unterwegs noch andere Mannschaften an Bord nehmen wird. D«r „Bauright" ist mit einem leichten Panzer versehen und die Geschützstellungen sind geschützt worden. Das Schiff hat moderne Ausrüstung. sie immer «ine bedingungslose Folge g«leiftet hatte — und sie liebte ihn! zog ihn also nicht ohne Absicht heran — aber er hatte sie nicht verstanden — weil sie ihm fern staNo, fast idiosynkratisch fern! In ihrer peinlichen kaufmännischen Klugheit, di« er doch lobend anerkennen mußte, war sie ihm als eine Frau geradezu abstoßend! Dazu der überladene Geschmack ihrer Einrichtung mit allen den kleinen Rahmen und Bildern, Makart-Bouquets, japanischen Fächern und Photographien — seinem vornehmen Geschmack ein Schlag ins Gesicht! Er stampfte mit dem Fuße, als er sich aller dieser Dinge abermals bewußt ward — und dies« — diese Frau — seine Frau! Während so rathlos der Konsul noch an der Brücken einfassung lehnte, sich mühend, das Unglaubliche zu fassen, war oer Doctor schon wieder zum Rüdesheimer und dem Assessor zurückgekehrt, und das ereignißvolle Neueste, ein Beinbruch und eine Verlobung in derselben Minute, wurde nicht ohne scharfe Ironie kritifirt; der Arzt verhielt sich zurückhaltender, denn ihm verursachte diese Verbindung eine große Freude, über die er sich doch nicht äußern wollte. Anders der Assessor; er war eine Stütze des städtischen Clublocals, und darum übersiedelte er schleunigst mit dem Doctor dorthin, wo an der Längsseite des Marktes unter den schattigen Linden die Wein- und Bierstuben sich gastlich dehnten. Längst hatten die Versammlungen in diesem Restaurant ihren stabilen Charakter angenommen; hier war die eigentliche Börse, die wahr« Gemeindewohlberathung, die städtische Verwaltung, Politik, Wahlbewegung, Culturbrstrebung — Alles auf der breiten behaglichen Basis einer großartigen Klatscherei. Früher besorgten diese Angelegenheiten die auch jetzt noch gewohnheitsgemäß, aber ganz unrichtiger Weis« be rüchtigten Damen-TheeS und -^Kaffees; aber das war doch immer nur die vielbesprochene mangelhafte Frauenarbeit — seit die Bierstuben und die Scatpartien endemisch geworden, gründeten sich durch si« di« tadellosen Schulen der Lästerer und überflügelten rasch das bischen eifersüchtige Frauengeschnatter. In di«sem Tempel der Friedens- und Erholungsstunden setzte sich auch die SechSundfechzigportie in Scat um, und di« große Begebenheit war von so überwältigender Wichtigkeit, daß der Andrang um die beiden Gewährsmänner den leidenschaftlichen Charakter der Tay« vor einer Wahlschlacht annahm, indeß Theuerdank eS sich auf d«r Brücke noch jetzt still zum vollen Be wußtsein werden ließ, was er äls kluger Mann so oft schon an Anderen beobachtet hatte, nämtlich, daß daS sogenannt« Rriftn des Alters, daS klare Urtheil über Dinge und Menschen «ine voll kommen relative Bereicherung bleibt, weil sie ni« zum Frommen und Nutzen der eigenen Individualität verwendet "wird, sondern Mr »teigen SrftchrungDsätzen zum weiterrn Ausbau dient. Gehandelt hatte auch hier der weise und ältere Mann wie ein Knabe; und in diesem Sinne überkam ihn plötzlich eine förm lich« Vernichtungswuth gegen sich selbst! Und im Impuls «ineS Menschen, der sich an ein« fühlende Brust werfen muß, um die Last erleichtern oder die Thatsache verschieben zu können, ging er mit raschen Schritten zu den Heinzers zurück, wo sein un erwartetes Wiedererscheinen große Freude hervorrief. Vater und Tochter saßen am Abendbrodtisch und verzehrten mit kulinarischer Sorgfalt ein Gericht Kaulbarsch mit Petersiliensauce; vieser feine kleine Fisch war ein Gegenstand der Adoration >des alten Ca- pitäns; er erhob sich daher auch nicht und entschuldigte sich: „weil der Fisch durchaus keine Störung vertrüge". Emili« hatte schon das Couvert für den Gast ihm hinge schoben und legte vor; nun erst sah sie fein gänzlich verstörtes Gesicht. „Aber, Herr Consul, sind Sie krank?" „Es kann sein", sagt« er mit rauher Stimme, „ich habe einen Aerger gehabt, der liegt mir wohl in den Gliedern." Und mit dem Versuche eines Lächelns fühlte er plötzlich, daß er über den Aerger selbst nicht sprechen konnte, „hier nicht, jetzt nicht — o, es war schrecklich." Emili« kredenzte eine prächtige Traube von Milo; ein heißer, schwerer Wein, den Louise im Pumpenhausc sorgfältig g«kältet hatte. Der alte Capitän trank weder Bier noch Rheinweine; zum Fisch gab es die vollen Weine der Inseln und Küsten des Mittelmeeres, sonst trank man Bordeaux- oder Burgunder weine. Theuerdank, der überhaupt nur selten und niemals viel trank, goß von dem Wein« plötzlich in ein Wasserglas und that «inen langen Zug, das große Glas leerend. Der Capitän beobachtet« nichts, aber Emilie sah forschend in daS erregte Gesicht, das sich wiederum verfinsterte. „Wenn Sie noch auf den Thurm wollen", sagte der alte Herr, „nur zu, Herr Consul; Emilie geht Wohl gern mit Ihnen, ich wage eS heut« nicht mehr. Wenn Sie den schöngestirnten Himmel ansehen, vergessen Sie den Aerger. Der ganz« Landkram besteht aus Aerger und widerlichen Kleinigkeiten, Zank und Unfrieden! — See unter den Füßen, den Himmel über sich — da lernt der M«nsch erkennen, wie unnütz all' sein Sorgen ist — ganz und allein in Gottes Hand — der vorsichtig« Russe sagt: „Zu sehr in GotteS Hand." Nach dem Essen stiegen die Beiden empor; es war, als wollten Theuerdank seine Füße nicht tragen. Emilie war schon oben und hatte sich auf eines der ringsum laufenden Bänkchen gesetzt, ohne einen Blick, wie sonst, zuerst in daS große, festgrstellte Fernrohr thun. Wie der Consul in der Luke erschien, stieg er nur noch zwei Stufen weiter und schob das Kni« zu ihren Füßen; so lag er plötzlich vor ihr, warf den Kopf in ihren Schooß und «die Arme um ihren Leib. „Bleibe ruhig, Emilie, und hör« mich an!" Sie bebte leise und lehnte sich an das Holzgrtäfel des engen Thürmchens; und er beichtet« ihr Alles und schloß mit der Frag«: „Emilie, Emilie — was fangen wir nun an, Du und ich — denn Du mußtest es ooch wissen und längst verstanden haben. Ich liebe Dich!" Da er sein Gesicht hob, sah er das ihre von Thränen überströmt; sie neigte sich, umschlang ihn inbrünstig und sagte leise: „Ich liebe Dich — ich liebe Dich! Und wenn Du ihr Alles sagst, muß sie Dich sreigeben; und wenn sie Dich nicht freigiebt — ich habe ni« nach Dern«r Hand gestrebt — ich bin glücklich, und begehr« nicht mehr — d«nn ich werde Dich nie verlieren können, wenn Du mich liebst, wie ich Dich liebe!" »Ja, ja", sagte er, „was quälen wir uns — welchen ver ständigen Mann könnte ein unglückliches Zusammentreffen von Ungeschicktheiten und Unschicklichkeiten sofort züm Sklaven machen! Laß, laß — es muß sich Alles finden — denn nun halte ich Dich — Dein sprödes Herz, das sich mir so lange ent zog, Deine Jugend, die mich an meinem Glück verzagen ließ — nun ist dies Alles m«in!" Uno oufjauchzenD nahm er sie in die Arme und küßte die keuschen Linien ihres wunderreizenden Angesichts; er küßte sie stumm und heiß aus der Eruption seines ganzen, heute auf gestürmten leidenschaftlichen Wesens heraus;'jahrelang hatte er Frauenlippen gemietxn, heute rächte sich die Natur an ihm und berauschte ihn; er hing an ihrem Halse in diesem ersten köstlichen Rausch des bedingungslosen Empfindens, der gedankenlosen Rast Lipp« an Lippe, wo die Liebe in wunschloser Keuschheit für selige Minuten die Zeit anhält und ein« Ewigkeit durchträumt. Erst Louisens lauter Schritt auf der Treppe, die ihrem Fräulein ein Tuch zum Umlegen nachtrug, weckte die Weltfernen; Emilie entwand sich seinen Armen und bat: „Thue noch nichts — thue nichts Uebereiltes — die Würfel sind gefallen — laß uns in Ruh« morgen berathen!" Sie schritt einige Stufen nieder, nahm der Alien daS Tuch ab und war mit kurzem „Gutenacht" an ihr vorüber die Treppe hinab; sie begab sich in ihr Zimmer, verschloß die Thür, und sich mit zitternden Händen entkleidend, warf sie sich in die Kiffen. Theuerdank stieg langsam und zögernd bis zu dem Altan ab wärts, sich sammelnd und versuchend, die Situation zu be herrschen. Er hört«, wie Emilie oben hin und her ging und sagte eintreiend zu dem Capitän: „Da klappern schon di» kleinen Absätze über uni — Emilie ist todtmüde — es war nichts heute mit der Himmels betrachtung!" „Nun ja", meinte der Alte — „sie ist manchmal wunderlich, und da muß man sie allein lassen." Und plaudernd verbrachten die beiden Männer noch eine frohe Stunde; Theuerdank scherzte in aufschäumendem Uebermuth«, und darin hielt der Alte gern Schritt mit ihm; als er sich endlich zum Aufbruch erhob, schlug ihn der Capitän freundlich auf die Schulter und sagte: „Hab' ich's nicht gewußt? Wo ist die ganze Verstimmtheit geblieben? Ein Stück Himmel wenigstens, unbeschränkt über uns — das macht die Seele frei!" - Theuerdank wandelte nun langsam heim. Einige Bekannt«, die an ihm vorübergingen, grüßten ihn mit besonderer Freund lichkeit und zögerndem Fuße — er begriff, daß sie bereits um seine Verlobung wußten, die ganze Schwer« seines Unglücks fiel nun wieder lastend auf seine Seele und ergriff ihn so, daß er, vor seinem Hause angelangt, sich in di« dunkle Ecke Hinterm Lindenbaum, wo heute Nachmittag das Hündchen g«ruht hatte, auf die Bank setzte. Ueberall bei ihm im Hause war noch Licht, mehr als sonst üblich, und «r schloß daraus, daß das große Geheimniß auch schon hierher zu sein«r alten Hausdame verrathen war. In diesem Augenblick kam ihm der Wunsch, zum alten Capitän zurückzugehen und ihm doch Alles zu sagen, seine Emilie aufzupacken, mit Vater und Tochter fortzugehen, bis alles Er forderliche geordnet, und mit ihr als seiner Frau erst zurückzu kehren. Die Andere, die klug«, kalt« Emilie, konnte ja einen Sensationsroman auf seine Kosten erzählen — wie sie wollte — auch noch mit der Pointe, daß sie ihn zurückgewiesen habe. Aber sein Leben hatte auch ihn gewöhnt, nicht den Impulsen in Sachen der gesellschaftlichen öffentlichen Ordnung nachzu gehen, sondern die Dehors zu wahren und daS Gebräuchliche vor allen Dingen zu achten und nicht direkt zu verletzen; an sich dachte er in diesem Augenblick am wenigsten. Wenn ein edler Mensch aber immer nur seinen Instinkten folgen würde, könnt« er wohl mitunter rücksichtslos sein, aber er würde niemals Unrecht thun; die Komplikation erst der widerwillig angenommenen Ver hältnisse führt auf den W«g, -daS Selbstbewußtsein zu trüben und die Moral zu verletzen, und so wurde auch für Theuerdank der unglückliche Gedanke, etwas Außergewöhnliches nicht thun zu dürfen, zum Verhängniß. Er erhob sich mit einer raschen Abwehr seiner Wünsche, von denen er sich in Kurzsichtigkeit sagte: „Ein Mann in meinen Jahren muß sich nicht m«hr vom Gefühl beherrschen lassen — ich vark Emilie Heinzer nicht Wiedersehen ft Und mit raschen Schritten betrat er sein Hau». (Fortsetzung folgt.)
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