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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 03.01.1902
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1902-01-03
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19020103028
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1902010302
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1902010302
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1902
-
Monat
1902-01
- Tag 1902-01-03
-
Monat
1902-01
-
Jahr
1902
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Anzeigen-Preis die Kgespaltene Petitzrile 25 H. Reklamen unter dem Redactionsstrich (4 gespalten) 75 H, vor den Familiennack- richten (6 gespalten) 50 H. Tabellarischer und Ziffernsatz entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen und Offertenannahme 25 H (excl. Porto). Extra - Beilagen (gesalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbesörderung .s( tzo.—, mit Postbesörderung .L 70.—. Annahmeschluß für Anzeigen: Abend-Ausgabe: Bormittags 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittags 4 Uhr. Bei deu Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stunde früher. Anzeigen sind stets «n die Expedition zu richten. Die Expedition ist Wochentags ununterbrochen geöffnet von srüh 8 bis Abends 7 Uhr. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. Nr. 5. Freitag dm 3. Januar 1902. 96. Jahrgang. Der Krieg in Südafrika. Die Blockhäuser. Eine Dame in Vlissingen erhielt, wie man der „Täglichen Rundschau" schreibt, von ihrem Brüder, der in den Reihen der Engländer kämpft, folgende Schilderung über den Aufenthalt in den Blockhäusern: „Du mußt nicht denken, daß wir, die die Blockhäuser besetzt halten, es besser hätten, als jene, die im freien Felde kämpfen. Wiederholt ist es schon vorgekommen, daß wir den ganzen Tag hindurch keine Nahrung erhielten; das bischen, was wir erhalten, ist meist verdorben. Gepanzerte Züge führen uns die Fourage zu. Smd diese in der Nähe der Blockhäuser angelangt, dann wird die Fourage einfach aus dem Zuge ge worfen, uns bleibt es sodann überlassen, mit langen Haken u. s. w. die Säcke und Bündel heranzuziehen. Mancher Kame rad hat den Versuch, die Lebensmittel direkt vom Zuge zu holen, schon mit dem Leben bezahlen müssen." Recht interessant ist die Ansicht verschiedener hollän discher Offeriere über das ganze Blockhaus-System, welche im Anschluß an obige Schilderung geäußert wird. „Auch im Kriege mit Atjeh nahmen eine Zeit lang die Holländer ihre Zuflucht zu diesem Vertheidigungsmittel. Zwei große Fehler stellten sich jedoch mit der Zeit heraus: Erstens sind diejenigen, welche längere Zeit in den Blockhäusern gewesen und sich an die Kampfweise hinter Mauer und Brust wehr gewöhnt haben, für den Kampf im offenen Felde nicht mehr brauchbar. Zweitens leidet der Gesundheits- und Ge- müthszustand einer solchen Besetzung durch die langdauernde Einsperrung in einem so kleinen Raume, wie ihn ein Block haus bietet. Plötzliche Angriffe, die durch einen Ausfall ab geschlagen werden müssen, zeigen daher auch manchmal dem militärischen Auge ein wenig erfreuliches Bild. Entmuthigung und Zaghaftigkeit werden beobachtet." Verstärkungen für die Bocre». Aus Brüsseler Boerenkreisen wird gemeldet: Die neuesten aus Südafrika eingetroffenen Berichte versichern, daß noch immer Freiwillige aus Europa und Amerika zu den Boeren als Mit kämpfer stoßen. In der Zelt von September bis November vorigen Jahres seien etwa 400 Mann einzeln oder in kleineren Gesellschaften zu den Boeren gekommen, darunter zahlreiche Deutsche, welche sämmtlich eine gute militärische Ausbildung belaß'"' Die große Mehrzahl der Ankommenden treffe über englische Häfen und meist auch mit englischen Dampfern ein, während in Lourenyo-Marques nur selten ein Boerenfreund den britischen Spähern entgehen könne. politische Tagesschau. * Leipzig, 3. Januar. Die kräftige Sprache, mit der am letzten Abend des alten Jahres das Preßorgan der Reichsregierung, die „Nordd. Allgem. Ztg.", nicht nur den Versuch, im gali zischen Landtage sich in unsere inneren Angelegenheiten einzumischen, zurückgewiesen, sondern auch die Verstärkung der Schutzrvebren unserer Verwaltung gegen die groff- polnische Agitation in Aussicht gestellt hat, erregt in allen deutsch empfindenden Kreisen lebhafte Genugthuung. Wenn man sich aber erinnert, wie oft schon recht kräftige Kund gebungen ähnlicher Art in ofsiciösen Organen und aus dem Munde preußischer Staatsmänner erfolgt sind, ohne zu ebenso kräftigen Thaten geführt zu haben, so muß man eS ganz am Platze finden, wenn die „Post" an die Auslassung Gesühnt. 2j Ronran von E. Esch richt. Nachdruck vrrtotln. „Thun Sie das sonst immerhin, lieber Theuerdank. Sie können es ohne Anstrengungen und ohne den geringsten Ge- fühlsaufwand mir gegenüber!" „So" — entgegnete Theuerdank ein wenig gedehnt — „dann war ich auf falscher Fährte, als ich Sie auf Amor's Wegen suchte!" „Nun — nun! sagen wir: Sie nahmen eine falsche Rich tung!" „Also doch! Ja, ja, die Jugend!" Und damit ging Theuerdank herzlich grüßend hinaus. „Merkwürdiger Mensch", sagte der Assessor, „können Sie denken, daß ich unter der rein instinktiven Idee stehe, dieser so viel ältere Mann und meine benachbarte Freundin Emilie Hcinzer müßten ein Paar werden? Beide haben einen abstrakt angehauchten philosophischen Sinn, dabei die gleiche herbe Frische und Unbekümmertheit um die sogenannte Welt — sie passen trotz des Altersunterschiedes in ihrer ganzen Besonderheit zusammen.' „So?! Kennen Sie denn Vie Emilie so genau?" „Das nicht — nur manchmal — so im Vöriibergehen, wenn ich auf die Molen wandere, hatte ich mit beiden Heinzers, wenn sie im Sommer auf der Veranda weilten, eine kurze Plauderei — manchmal wurde sie ein ordentliches Gespräch — denn das Plaudern mit den Leuten ist von so besonderer Art, es ist wie ein unerwartet gebotener Imbiß — mundet ganz besonders köstlich!" Nun wendete der Assessor sich den Karten wieder zu und spielte aus; er bemerkte nicht ein leichtes Erbleichen seines Part ners, der sich auch ausschließlich den Gedanken an das Spiel hin zugeben schien. Oben aber antichambrirtr Theuerdank im Vorzimmer der schönen Emilie hinter einer die Fensterseite flankirenden Wand von Oleandern, Epheugittern und LebenSbäumen, wie sie in kleinen Städten die kleinen Vornehmen lieben. Emil« wohnte hier provisorisch; das große HauS der ver storbenen Eltern war in den Besitz des verheirabhetrn Bruders übexgegangen, und sie selber hatte sich einstweilen init ihrer ganzen Pracht hierher geflüchtet, dir Schusterfamilie wochenlang in Auf regung, Hilfeleistung und Bewunderung beschäftigend, ob all' der merkwürdigen Stoff« und Decken, die sämmtliche Thür« der „Nordd. Allg. Ztg." die Forderung nach energischem und planmäßigem Vorgehen auf dem Gebiete knüpft, wo die polnischen Bestrebungen seit einiger Zeit am planmäßigsten und mit Erfolg einsetzen. Das freiconservative Blatt schreibt nämlich: „Da-Ziel, welches mit der Bildung eines polnischen Mittel- standes in den Stödten der zweisprachigen Landestheile verfolgt wird, ist unzweifelhaft die Verdrängung der dort erwerbSthätigen deutschen Bevölkerung. Die Ansetzung polnischer Rechtsanwälte, Aerzte.Avothekerund sonstiger Gewerbetreibender ist dazu bestimmt, den Deutschen in diesen Städten eine vernichtende Concurrenz zu bereiten und sie so zur Abwanderung zu nöthigen. Man führt diesem polnischem Mittelstände namentlich die polnischen Bewohner des flachen Landes als Kundschaft zu und boykottirt so die deutschen Mitbewerber. Abgesehen davon bringen die Polen aber auch mit ihren geringen Ansprüchen an das Leben ein außerordent lich werthvolleS Kampfesmittel gegen die Deutschen mit. Diese geringen Lebensansprüche rühren zu einem guten Theile von den geringen Culturbedürfnissen des polnischen Mittelstandes her, sodann aber werden die mit den Mitteln des Marcinkowsly'- jchen Vereins herangezogenen Aerzte, Rechtsanwälte u. s. w. regelmäßig den ärmeren Volksschichten entnommen, sind mithin an eine überaus einfache Lebenshaltung gewöhnt. Sehr häufig vermögen sich daher die Polen in den kleinen und mittleren Städten noch in einer wirthschastlichen Lage zu erhalten, bei der der Deutsche existenzunfähig .wird. Aehnlich wird bekannt, lich namentlich auch" in den Kreisen mit gemischter Bevölkerung aus dem flachen Lande dadurch vorgegangen, daß überall, wo es irgend wie geht, polnische Landwirthe in frei werdende, bisher in deutschen Händen befindliche Landwirthschaften eingesetzt werden. Gegenüber diesem planmäßig auf das Hinausdrängen der Deutschen im wirthschastlichen Kampfe gerichteten Streben des Polenthums wird es die Ausgabe des preußischen Staates sein, sowohl geeignete Veranstaltungen zu treffen, um einem bedenklichen Abwandern der Deutschen Einhalt zu thun, als auch durch Heranziehung und Ansässigmachung neuer deutscher Elemente dem Deutschthum neue Kräfte zuzuführen. . . Obne Zrvifel :oird d!> AnsiedellingS.'oinmifsion bei diesem Vorgehen eine bedeutsame Rolle zu spiele» haben. Die Zeit, in welcher ihre Thätigkeit wesentlich durch die Erwerbung von Gütern aus polnischer Hand bestimmt war, ist vorbei. Sie ist jetzt völlig frei in ihrer Thätigkeit und kann daher die ihr zur Verfügung ge stellten Mittel ganz in den Dienst dieser auf die Stärkung des DeutschthumS gerichteten Politik stellen. Ihre Thätigkeit wird daher fortan vornehmlich von Nation al politisch en Gesichts punkten geleitet sein müssen und die fiskalischen Rück sichten werden diesen gegenüber zurücktreten müssen. Vor Allem kommt es jetzt darauf an, die an der Sprachgrenze liegenden, national gemischten Kreise gegen das Vordringen des Polonismus zu schützen. Hier wirb auf dem flachen Lande die Ansiedelungscommission mit dec Domänenverwaltung planmäßig zur Erhaltung der deutschen Bauernschaften zusammen- wirken müssen. Aber dieses Zusammenarbeiten auf dem flachen Lande ist nur eine Seite der Sache. Man wird vor allen Dingen auch darauf Bedacht nehmen müssen, der zunehmenden Polonisirung der kleinen und mittleren Städte einen Riegel vorzuschieben." Das Alles ist jedenfalls zutreffend, aber alle die vor und Fenster ihres altehrwürdigen Hauses, als wären sie heim liche Sünder, total verdecken mußten. Emilie war nicht mehr jung; länger als seit fünfzehn Jahren schon beherrschte sie den Ballsaal, die Eisbahn und den an- muthigen Kreis junnger Damen der Gesellschaft, die aus einigen Personen vom Gericht, dem Officierskreis und den acht oder zehn Familien bestand, die als vornehmste Kaufleute den Patri- cierstamm vertraten, der seit etwa zwei Jahrhunderten seine stolze Flagge hier aufrecht hielt. Emilie war der feudale Schluß einer großen, vornehmen, gastfreien Familie, deren langjährige oli garchische Herrschaft der Tod Plötzlich fast ganz ausgelöst hatte, denn die Art des indolenten Bruders versprach nichts von Be rühmtheit; Emilie war sich ihrer Stellung voll bewußt und auch der Nöthigung durch ihre plötzliche Selbstständigkeit, um von dem jugendlichen Ton einer lang erprobten Koketterie Abstand nehmen zu müssen; vorläufig hatte sie sich in das Gebiet einer gewissen eigenen Handelspolitik geworfen, zu der sie den Rath Theuer- dank's mit Vorliebe und Wichtigkeit gebrauchte. Uebrigens war sie ein« blauäugige, schwarzhaarige volle Schönheit; gesund, frisch, klug und heiter; sie machte so sehr den Eindruck einer stattlichen jungen Frau, daß man ganz vergaß, eigentlich ein altes Mädchen vor sich zu haben, daS die Dreißig überschritten hatte. Theuerdank vernahm ihre klangvolle Stimme, mit der sie befahl: „Schieben Sie den Sessel hierher, Sauters, ehe Sie den Herrn einführen, denn ich lasse bitten!" Die alte Sauters mit der hohen weißen Haube und den halb verschleierten Augen der Sage, Menschenkenner meinten alle^ dings: der Lüge, trat wieder zu Theuerdank, nahm ihm Hut und Stock ab, öffnete die Thür und schloß sie hinter dem Eintreten den; im selben Augenblick erhob sich Emilie von ihrer modernen Fensterestrade hinter goldenem Gitterwerk, und indem sic her unterstieg, mochte sie mit dem Absatz hinter der kleinen Leiste hängen geblieben sein — kurzum, sie knickte mit einem Aufschrei plötzlich zusammen; todtbleich versuchte sie kaum aufzustehen, als sie auch schon ausrief: „Ich kann nicht, ich kann nicht, mein Fuß muß gebrochen sein!" Theuerdank eilte ihr zu Hilfe und hob sie auf; nun stieß sie einen tiefen Seufzer aus und blieb ihm wie leblos in den Armen liegen. Er rief Sauters, di« aber wie vom Erdboden ver schwunden war; so war er genöthigt, das Fräulein bis an die Chaiselongue zu tragen, wo er sie niederlegtc; er rief ihren Namen leise und lauter, schüttelte sie und strich ihr die Wangen — sie war schöner und begchrenswrrther, als sie ihm je zuvor er schienen war, wo ihre große Haltung ihn unsympathisch berührte — die Eigenthiimlichkeit der Situation riß ihn hin — er küßt« geschlagenen Maßregeln erreichen ihren Zweck nur sehr langsam und nur theilweise, so lange daS Ernt rum seine mächtige Hand über die Polen halt und mit allen ihm zu Gebote liebenden Mitteln ihre deutschfeindlichen Bestrebungen fördert. Ohne die Ermutbigung, die der Centrumsabgeordnete Roeren den Polen in gänzlicher Unkenntniß und tendenziöser Uebex- treibung der Wreschener Vorgänge in seiner Reichs tagsrede vom 10. December angedeiben ließ, hätten die galizischen Polen niemals gewagt, gegen Preußen und daS deutsche Reich die heraus fordernde Sprache zu führen, die endlich den Inspiratoren der „Nordd. Allgem. Ztg." eine scharfe Abwebr abzwang. Und so lange die moralische und materielle Unterstützung fort- dauert, welche die geistlichen und die weltlichen Gesinnungs genossen des Herrn Roeren in den gemischlsprackngen LandeS- theiten D-nen angedeihen lassen, die sowohl deutsche Katholiken wie Protestanten zur Abwanderung treiben, so lange werden auch die Versuche zur Heranziehung und Ansässigmachung deutscher Elemente obne Erfolg bleiben. Man muß daher wieder und immer wieder darauf dringen, daß die Regierung ihre feste Sprache und ihre feste Hand nicht nur den pol nischen Agitatoren, sondern auch ihren ultramontanen Schützern und Helfershelfern fühlbar mache. In der Naumann'schen „Zeit" findet sich folgende Aus lassung: „Wie wir erfabren, besteht an maßgebender Stelle die Absicht, die Stratzbnrger Universität auch noch fernerhin durch Errichtung weiterer „katholischer" Professuren als oorpus vilo zu handelspolitischen Experimenten mit dem Centrum zu benutzen. Es sind sowohl die philosophische als auch die juristische Facultat in Aussicht genommen. Gegenüber dieser drohenden Degradirung der Wissenschaft, speciell in Straßburg, zum Instrument für politische GeschäflSzwecke beabsichtigt eine Anzahl von Professoren, vorläufig weitaus die Mehrheit im Lehrkörper, sobald die Sache zur Ausführung kommt, mit Amtsniederlegung zu antworten. Im Interesse der Ebre unserer Wissenschaft wäre ein solcher Schritt mit Ge- nugtbuung zu begrüßen. Die Straßburger That würde als ein Monument in der Geschichte des deutschen Geisteslebens und der deutschen Universitäten dastehen. Allerdings hängt ihre AiiSfühlbarlcit zum großen Tbeu davon ab, welch ein Maß von kollegialem und Standesbewußtiein, insbesondere aber von Widerstandsfähigkeit gegen „autori tative" Einflüsse, bei den Collezen der Straßburger im übrigen Deutschland und namentlich in Preußen vorhanden ist. Bis zum — doch Wohl unwahrscheinlichen — Erweis des Gegentheils sollte man aber in dieser Hinsicht eine correcte Handlungsweise erwarten dürfen." — Der Verfasser dieser Auslassung geht augenscheinlich von der falschen Voraus setzung auS, die Ernennung des Professors Spahn sei ein „handelspolitisches Experiment mit dem Centrum" gewesen. Sie war im Gegentheil ein Versuch, auf Kosten des CentrumS die reichsländischen Katholiken zu befrie digen. Die Erfahrungen aber, die man biö jetzt bei diesem Versuche gemacht bat, ermutbigen keineswegs zu weiteren Versuchen gleicher Art. Der größte Tbeil der reichsländischcn Katholiken ist nicht befriedigt und das Centrum giebt die Hoffnung nicht auf, Herrn Spahn unter daS Machtwort RomS beugen zu können. Bevor man weiß, ob die Centrums anstrengungen Erfolg haben, wird man daher an maßgebender Stelle sckttverlich daran gehen, Herrn Spahn philosophische und juristische Collcgen gleicher Richtung zu geben. Gleich wohl batte man an dieser Stelle Anlaß, auf die sich beun ruhigt fühlenden Straßburger Profcssorkreise beruhigend ein- das schön« ohnmächtige Geschöpf erst leise in lebhafter Sorge und Angst um sie, dann heftiger mit einer plötzlich erwachenden Leidenschaft, und nun schlug sie die Augen auf, starrte ihn an und schlang plötzlich ihr« Arme um seinen Hals, die Küsse er widernd, die wie lodernde Gluthen in ihr neuerwachtcs Sein drangen. Theuerdank erhob sich nach einigen Augenblicken, einen tiefen Seufzer ausstoßend — und wie erwachend stammelte er: „Verzeihung — o mein Gott, Verzeihung!" und sie er widerte mit heißem Erröthen und einem innigen Ton wahrhaft empfundenen Glückes: „O, ich liebe Dich schon so lang« — ich wußte nicht, daß auch Du mich liebst!" und indem sie versuchte, sich zu erheben, sank sie abermals stöhnend zusammen und bat: „Rasch, rasch — einen Arzt!" Er entfloh wie befreit und kehrte rasch mit dem Docior zu rück, dem er folgte; er wollte sich nun zurückziehen, nachdem er auf Emilien's Geheiß die Klingel gerührt hatte; sie aber sagte: „Es ist mir tröstlich, wenn Du bleibst — Doctor, Sie sollen «S zuerst wissen — um ihn habe ich mir Fuß und Herz gebrochen — wir sind verlobt." Der Doctor murmelte einen erstaunten Glückwunsch, kniete vor Emilie und constatirte sofort: dicht über dem Fußgelenk die Fibula gebrochen. Schreck und der empfindlich« Schmerz bei der Untersuchung bewirkten eine zweite Ohnmacht, bei der Theuerdank zum Er staunen des Doctors nicht zur Hilfe kam, sondern selbst wie ge brochen in einen Stuhl sank. Sauters erschien nun auch, und einige Tropfen Wassers ihr ins Gesicht gesprengt, erweckten die Betäubte rasch, die mit Be fremdung Th«u«rdank vor sich sah. Sie war ein muthiges und kluges Mädchen — und ohne Täuschung begriff sie in diesem Augenblick den wirklichen Verhalt der Situation; bis ins Her, getroffen, schloß sie die Augen; große Thränen rannen über ihre Wangen; sie war nicht ohne Edelmuth, und sie hätte den ihr Ver fallenen wortlos freigegeben, aber die Aeußerungen, die sie selbst dem Arzt gemacht hatte, verschoben die Thatsache der Leiden schaft auf das nüchterne Gebiet der Sitte; mit raschem Ueberblick wußte sie momentan Rath zu schaffen. „Ich bitt«, uns jetzt allein zu lassen — ich möchte nicht noch einmal zu schwach erscheinen!" schloß sie mit dem Versuch eines Lächelns und reichte ihm die Hand, die Theuerdank an seine Lippen zog; dann verneigte er sich stumm und ging. Er ging wie ein Mensch, dessen Sinn« umnebelt sind; er bog vom Muoltplah ab und beschritt die Brücke, die am Strome ent lang erbaut, auf Pfählen ruhend, an dieser Stelle, dem Mittel punkte deS städtischen Halbkreise«, zum Anlegen der Dampfer dient«. zuwixken. Ist doch der römischen Meldung,die deutsche Regierung >ei bereit, dem Bischof von Straßburg bezüglich der dorr vom Staate zu ernennenden Professoren ein Vetorecht zuzugesteben, von den Berliner Ofsiciösen mit keiner Silbe widersprochen worden. Man weiß in Berlin auS der Vor geschichte der Ernennung Spabn's, daß der akademische Lehr körper in Straßburg sich keineswegs gegen die Ernennung katholischer Professoren überhaupt sträubt, sondern lediglich die Berücksichtigung seines Urtheils über die wissenschaftlich' Qualifikation der Betreffenden wünscht. Nach den kürzlich gemachten Erfahrungen wäre es also ganz am Platze, wenn die entscheidende Stelle wegen dieses Wunsches eine Ver ständigung herbeifübrte. Denn auch an dieser Stelle kann es nur peinlich empfunden werden, wenn von Straßburg auS Vas Gerücht verbreitet wird, die Mehrheit im Lehrkörper trage sich mit dem Gedanken an Amtsniederlegung. Gegen die Verleumdungen »es Prinzen Liechtenstein veröffentlichen die evangelischen Gemeinden Steiermarks fol genden Massenproteft: „Der Reichsrathsabgeordnete Prinz Liechtenstein hat kürzlich unerhörte Schmähungen gegen die eoan aelischen Gemeinden unseres Vaterlandes in öffentlicher Ver sammlung ausgestoßen. Aufgefordert, seine lügenhaften Be Hauptungen als Ehrenmann entweder zu beweisen oder zu wider rufen, hat er bis heute geschwiegen; ebenso hat auch der steierische Abg. Baron Morsey in der Reichsrathssitzung vom 25. November 1901 unsere geliebte evangelische Kirche, unser evangelisches Be kenntniß und die evangelische Geistlichkeit beschimpft. Beide Herren haben überdies die Glieder der evangelischen Kirche in Oesterreich als unpatriotisch zu denunciren versucht. Inwieweit die genannten Herren diese Kampfesweise mit ihren persönlichen Ehrbegriffen zu vereinigen im Stande sind, überlassen wir ihnen. Wir haben nicht über ihre Ehre zu wachen, wohl aber wollen wir die Wächter unserer Ehr« sein. Und darum proiestiren wir feierlich gegen diese maßlosen Beschimpfungen. Der Ehren schild der evangelischen Kirche war zu allen Zeiten rein. Die Unterthanentreue ihrer Bekenner, zumal in den Alpenländern, hat selbst in jenen schweren Zeiten nicht geschwankt, als ihre Fürsten ihre Verfolger waren. Nur um ihres beispiellosen Unterthanengehorsams willen, zu dem die evangelisch« Kirche sich allezeit durch Gottes Wort verbunden fühlte, sonnte sie durch die Gegenreformation überwunden werden. Darum wird auch dieser neueste Feldzug der Verleumdung ohne Erfolg bleiben. Unser Trost ist unser in gleicher Weise geschmähter Heiland, unser reines Gewissen und die Huld unseres Kaisers, der am Jahrestage der Reformation, am 31. Oktober 1901, die Der treter der evangelischen Kirche von Oesterreich mit den Worten empfing: „Ich bin überzeugt von dem Patriotismus und der Vaterlandsliebe der Angehörigen der evangelischen Kirche und weiß, daß ich mich auch in Zukunft auf ihre Treue verlassen kann, und daß die evangelischen Geistlichen in diesem Sinne wirken."" Der kürzlich in Kalkutta abgehaltene indische Rational- eongreff hat einer großen Zahl von Vertretern der einheimischen Bevölkerung Gelegenheit gegeben, die bestehenden Mißstände auf wirthschaftlichem Gebiete zur Sprache zu bringen und gleich zeitig die Maßnahmen und Einrichtungen der britischen Regie rung einer scharfen und rücksichtslosen Kritik zu unterwerfen. Daß gerade im gegenwärtigen Zeitpunkt, wo England jede Ge legenheit benutzt, die Loyalität seiner Colonien hervorzuheben, dem britischen Colonialminister und seinen Anhängern diese Aeußerungeff der indischen Volksstimme recht unangenehm sein müssen, ist natürlich und wird dadurch bestätigt, daß die imperialistische Presse in dem von dem Reuter'schen Bureau übermittelten Berichte über die Verhandlungen diejenigen Der dämmerlose Septemberabend war schon hereingebrochen; ein leichter Wind trieb den Sand umher und fegte über ven Strom, auf dem einige größere Schiffe vor Anker lagen. Aus ihren Fenstern fiel schon der Lichtschein und spielte in langen, zitternden Strahlen auf der leicht gekräuselten Wasser fläche; dicht daneben ragten schwarz die Duc d'Aldeu; ini Hintergrund« zog sich leicht bewaldet die jenseitige östliche Insel in flacher Hügelung hin; hier lag schon das Abcnddunkel, und nur hoch oben säumt« sich ein langgestrecktes Gewölk gen Westen, mit röthlichen, in das Abendgrau verschwimmenden Linien. Der Consul blieb stehen und starrt« hinüber — gleich mußte der volle Mond wie «ine feurige Kugel heraufsteigen; oftmals stand er hier, um das ruhig freundliche Bild zu betrachten, das di« Natur mit geringem Aufwande ihrer erhabenen Mittel zu jeder Stunde dem Beschauer bot, das aber in der Abendstille mit der wechselnden Beleuchtung des Wassers durch die Gestirne und durch das winzige Licht, das der Mensch beherrscht, einen ge heimnißvollen, wirksamen Farbenreiz entwickelte. Nun stand er und schaute und begriff doch nicht; noch ver mied er, an die Vorgänge der letzten Stunde zu denken, als könne er sie todtschweigen und verlöschen: wie lange der Mond aus bli«b und wie dunkel schon der Abend über den Tannen lag! nein — es war nicht der Abend allein, es mußte die immer breiter sich hindehnende Wolkenwand sein, deren Rand sich ganz oben silbern hellte; so hing sie noch «in Weilchen wie der Vorhang einer gewaltigen Schaubühne; eine frisch« Brise hatte sich auf gemacht und zerriß plötzlich das Dunkel; es zog sich wälzend wie ein« gespenstige Schaar der Unterwelt am Himmel empor, sich im Osten von einem glänzenden Silbergrund abhebend, in dem voll und klar die Mondscheibe schwebte, die nun ihren zitternden Glanz über das breite Wasser warf, und mit einem Schlage die dunklen Körper 'der Schiffe, der Masten und Raaen, ja jedes Stück vom Tauwerk mit einer scharfen weißen Kontur abhob. Theuerdank that einen tiefen Athemzug, denn klar wie das Gestirn lag nun auch «in grenzenloses, selbstverschuldetes Unglück vor ihm, lächerlich, dumm, verächtlich — und doch so ein schneidend, ihn elend machend. Diese Frau sollte nun seine Frau werden! «ine Frau, die seiner Sphäre so fern lag — ferner als dieser Helle glänzende Mond, den er bewunderte und liebte! Gerade ihr« Art des Wissens, des Wollens und Könnens war ihm eine Pein. Mußte er sie denn heirathen? Wenn er ein junger Mensch gewesen wäre, hingerissen von der Laune des Augenblicks, vielleicht hätte er sich hcrauszuziehen vermocht — aber nun in seinem Alter! War cs nicht ein Zeichen für ihre Ehrbarkeit, daß sie nur diese eine Möglichkeit unter seinem Kusse verstanden hatte: Liebe und Heirath!? Ost hatte er ihr in der letzten Zeit seinen Rath ertheilt, den»
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