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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 15.12.1900
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1900-12-15
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19001215016
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1900121501
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1900121501
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1900
-
Monat
1900-12
- Tag 1900-12-15
-
Monat
1900-12
-
Jahr
1900
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«37. Bezugs-Preis der Hauptexpedition oder den im Stadt bezirk und den Vororten errichteten Aus gabestellen sbgeholt: vierteljährlich 4.SO, vei zweimaliger täglicher Zustellung ins Haus ö.SO. Durch di« Post bezogen für Deutschland u. Oesterreich: vierteljährl. 6. Man abounirt ferner mit entsprechendem Postausschlag bei den Postanstaltrn in der Schweiz, Italien, Belgien, Holland, Luxem burg, Dänemark, Schweden und Norwegen, Rußland, den Donaustaaten, der Europäischen Türkei, Egypten. Für alle übrigen Staaten ist der Bezug nur unter Kreuzband durch di» Expedition dieses Blattes möglich. Die Morgen-AuSgabe erscheint um '/,7 Uhr, die Abend-Ausgabe Wochentags um 6 Uhr. Redaktion und Expedition: Johannisgasse 8. Filialen: Alfred Lahn vorm. O. Klemm'- Sortim. UmversitätSstraße 3 (Paulinum), Louis Lösche, Katharinenstr. 14, Part, und Königsplatz 7. Morgen-Ausgabe* Sonnabend den 15. December 1900. npMcr.TllMM Anzeiger. Amtsblatt -es königlichen Land- und Amtsgerichtes Leipzig, des Rathes und Nolizei-Ämtes der Stadt Leipzig. Anzeigen-Preis die 6gespaltene Petitzeile 25 H. Reklamen unter dem RedactionSstrich (4 gespalten) 75 H, vor den Familiennach« richten (b gespalten) KO H. Tabellarischer und Ziffernsatz entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen und Offertenannahme 25 H (excl. Porto). Ertra-Beilagen (gefalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbesörderung 60.—, mit Postbesörderung 70.—. Annahmeschluß für Anzeigen: Abend-Ausgabe: Bormittags lO Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittag« 4 Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stunde früher. Anzeigen sind stets an dt» Expedition zu richten. Die Expedition ist Wochentags ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis Abends 7 Uhr. Druck und Verlag von E. Volz in Leipzig. 94. Jahrgang. Diplomatie und Hochfinanz. l?. v. Zwischen Diplomatie und Hochfinanz be stehen in vielen Staaten intime Beziehungen, die es der Hoch finanz ermöglichen, auf die Diplomatie und auf den Gang der Politik einen gewissen Einfluß auszuiibcn. In finanziell schwachen Staaten, wo in der Regel auch die Charaktere der leitenden Staatsmänner nicht besonders stark sind, wird der Ein fluß der Hochfinanz wenigstens auf diejenigen politischen Ent scheidungen, an denen sie interessirt ist, in der Regel ausschlag gebend. In Politik zu machen versuchen neben der Hochfinanz ge legentlich auch besonders rücksichtslose Outsiders, wenn sie ein mal einen ganz besonders kühnen Coup durchführen wollen. Schon wiederholt ist es vorgekommen, daß in unruhigen, partei zerklüfteten oder exotischen Staaten kleine Aufstände oder Putsche angezettelt wurden durch Mittelsmänner eines Speculanten in der Absicht, dadurch die Course der Papiere des betreffenden Staates an den Börsen rasch und empfindlich zu drücken. Als derartige Tricks der modernen Börsenspekulation noch neu waren und noch nicht durchschaut werden konnten, waren sie für den Urheber in der Regel außerordentlich gewinnbringend. Wenn in einem Lande, wie Spanien, wo die Verhältnisse früher mindestens ebenso unsicher waren, wie sie es heute sind, ein Putsch oder ein Aufstand ausbricht, dann stürzen natürlich die spani schen Staatspapiere, und wer über die Folgen des Putsches oder Aufstandes genau unterrichtet ist, weil er ihn selbst an gezettelt hat, der kann im Trüben durch entsprechende Börsen spekulationen in spanischen Papieren einen reichen Fischfang machen. Werden bei dem Putschversuche einige Dutzend armer Teufel eingesperrt oder müssen einige von ihnen ihr Leben lassen, so fühlt sich der dirigirende Speculant dadurch nicht weiter beunruhigt. Zumeist sind solche Möglichkeiten nebst ent sprechenden Entschädigungen vorgesehen worden. Allem Anschein nach ist der carlistische Aufstand, der kürzlich in Spanien ausbrach, nicht ernsthaft zu nehmen. In einer Unterredung mit einem Berichterstatter äußerte General Weyler, der neue Generalcapitän von Madrid, der carlistische Aufstand scheint ihm mehr das Ergebniß eines Börsencoups zu sein. Unzweifelhaft hat General Weyler gute Gründe zu dieser Auffassung, die geeignet ist, in allen poli tischen und militärischen Kreisen Europas eine gewisse Auf merksamkeit zu erregen. Mit erschreckender Deutlichkeit zeigt sich in verschiedenen Staaten Europas, neuerdings auch in Berlin, was heutzutage mit Geld Alles durchgesetzt werden kann. Greift diese moderne Geldcorruption immer weiter um sich, so müssen schließlich auch die Stützen ins Schwanken gerathen, auf denen Staat und Ge sellschaft beruhen. Der Einfluß des Großkapitals, wie es sich namentlich von der Börse her herangebildet hat, wird immer größer und nimmt allmählich einen bedenklichen Umfang an. Leider sind die Fäden, die da hinüber und herüber laufen, in der Regel zu fein, um vor der OeffentlicAeit bloß gelegt werden zu können. Nur in acuten und brutalen Fällen, wenn das Börsen- capital sich nicht scheut, im Interesse seines Portemonnaies etwa blutige Putsche oder dergleichen zu veranstalten, nur in solchen Ausnahmefällen tritt der Einfluß des BörsencapitalS in Gestalt einer bestimmten Speculantengruppe erkennbar bervor. Ob wirklich, wie der General Weyler meint, der carlistische Aufstand nichts Anderes ist, als ein Börsencoup, mag dahin gestellt bleiben. Derartige Börsencoups sind, wie gesagt, nichts Neues und schon wiederholt unternommen worden. In Deutschland sind sie undenkbar, ebenso wie in den deutschen Colonien. Aber auch in Deutschland übt die Hochfinanz in Folge ihrer Verquickung zunächst mit der fremden Diplomatie einen Einfluß auf manche politische Entscheidung aus, der nur zu oft empfunden, wenn auch nur zu selten erkannt wird. Die Wirren in China. Die Eollectivnotc. * London, 14. December. (Tel.) Die „Times" be richten aus Peking unter Vem 11. December: Nochmals haben die fremden Gesandtensich enbgiltig über die Bestimmungen der Collectivnote geeinigt, die bereits in's Chine sische übersetzt ist und zur Ueberreichung noch der Unterschrift des britischen Gesandten bedarf. Hier geht allgemein die öffentliche Meinung dahin, daß Chinawillens s e i, sich den in der Note gestellten Bedingungen zu fügen, aber im Vertrauen auf die unter den Mächten bestehenden Zwistigkeiten hoffe, daß ihm später Gelegenheit gegeben werd«, sich der Erfüllung der ihm auferlegten Bedingungen zu entziehen. Es ist fraglich, ob die Vollmachten Li« Hung-Dfchang's und Tsching' sals ausreichend zu er achten sind. Diese Frage dürfte so gelöst werden, daß Beide mit Vollmachten versehen werden, die denen entsprechen, auf Grund deren die Verhandlungen in Shimonoseki stattgefunden haben. Entgegenkommen des Hofes? * London, 14. December. (Tel.) Ein Telegramm deS „Standard" aus Shanghai vom 12. December besagt: Tschang-tschi-tung erhielt die Mittheilung, die K ai se rin - W ittwe habe sich mit folgenden Friedens bedingungen einverstanden erklärt- Baldige Rückkehr des Kaisers nach Peking, Zahlung einer Entschä dig u n g in Höhe von 40MillionenPfund, Einführung einer Schuhwache von 2000 Mann für jede fremde Gesandt schaft und Einsetzung je eines fremdländischen Be- vatherS für jede Provinz des chinesischen Reiches. (Wdhlt.) Die Haltung Ruhlands. * London, 14. December. (Tel.) In einem Telegramm der „Morning Post" aus Peking vom 12. December Iwißt es: Die Vorschläge, di« der russische Gesandte macht, scheinen sich auf den ersten Blick durch oinegroßeMilde auszuzeichnen. Wenn man sie näher prüft, erkennt man als ihr Hauptmerkmal die Neigung, alle Fragen als geringfügig darzust «llen, die für die anderen Mächte von großer Be deutung sind, Rußland aber sehr wenig berühren. Die sich au die Mandschurei beziehenden Fragen werden von ihm als solch« behandelt, di« zwischen Rußland und China allein entschieden werden müßten. Der franzö« isch« Gesandte verlangt rin« hohe Entschädigung >ez. Genugthuung für die von römisch - katholischen Missionen erlittenen Verluste, auch fordert er energisch die Bestrafung «der schuldigen chinesischen Beamten. Frank reich und Deutschland scheinen, obwohl von einanver völlig unabhängig, mehr nach ungefähr gleichenGrund- ätzenzu verfahren, als Frankreich und Rußland. * London, 14. December. (Tel.) Die „Times" melden aus Peking vom 11. dieses Monats: Zum zweiten Male hat Rußland dem Feldmarschall Grafen Waldersee officiell die Absicht kundgegeben, alle russischen Soldaten aus Tschili zurückzuziehen und die Eisenbahn von Tientsin nach Schanhaikwan an die verbündeten Streitkräfte abzu liefern. Die Zurückziehung der Truppen oll noch vor dem russischen Neujahre erfolgen. Die briti- chen Ingenieure, die die Eisenbahn Peking-Tientsin- Schanhaikwan gebaut und unter schwierigen Umständen erfolg reich im Betriebe erhalten hab;n, sind noch zu haben. Im allgemeinen Interesse aller Verbündeten ist es höchst wünschens wert!), daß Graf Waldersee ihre Erfahrung benützt und die Wiederherstellung, sowie den Betrieb der Bahn in ihre Hände legt. Im Norden der Großen Mauer behalten die Russen die Niutschwang-Eisenbahn, so lange noch die Regelung ihrer Ersatzansprüche schwebt, die sie nach ihrer Angabe in der Zeit hatten, als sie die Eisenbahn südlich der großen Mauer in ihren Händen hielten. Militärische Actione«. I'. Peking, 13. December. (Privatte leg ramm.) lieber neue Scharmützel, die in den letzten Tagen zwischen den militärischen Etappen-Stationen auf der Strecke von Peking nach Tientsin mit Boxern stattgefunden haben, trifft oeben folgende Meldung ein: Am 10. December haben die Boxer mehrere Poststationen angegriffen; die Beamten haben sich auf die nächste Etappenstation geflüchtet. Darauf hat die Besatzung von Ho - Hsi - Wu einen Streif zug gegen die Boxer unternommen. An dem hierbei tattgebabten Gefecht nahmen auf Seiten deS Feindes etwa 1000 Boxer Tbeil, die anfangs im Vortheil waren; dann aber wurden sie unter einem mörderischen Feuer zurück geschlagen. — Am 11. December hat darauf die Besatzung von Ho-Hsi-Wu in Gemeinschaft mit der von Matu die Boxer wiederum angegriffen und dabei gänzlich zerstreut. Mehrere Boxerdörfer wurden niedergcbraunt. — Man erwartet die Eröffnung der Eisenbahn von Tientsin nach Peking in spätestens zwei Tagen. * Berlin, 14. December. („Wolff's Telegr.-Bureau".) DaS Oberkommando meldet unter dem 13. December aus Pe king: Nach einem soeben eingegangenen Gesammt- berichte wurden von den Truppen der zweiten Brigade im November sechs größere und kleinere Expeditionen von Paotingfu in westlicher und nordwestlicher Richtung unter nommen, wobei auch dort die große Mauer erreicht worden ist. * Berlin, 14. December. (Tel.) Die „Nordd. Allgem. Ztg." berichtet: Der hiesige Botschafter der Vereinigten Staaten hat aus Weisung seiner Regierung in einem Schreiben an den Staatssekretär des Auswärtigen Amtes gebeten, dem der kaiserlichen Gesandtschaft in Peking attachirten Stabsarzt vr. Velde die aufrichtige Dank barkeit und tiefe Anerkennung der Regierung der Bereinigten Staaten für die Dienste auszudrücken, die er den amerikanischen Matrosen und Soldaten während der Belagerung der Gesandtschaften im Hospital in der britischen Gesandtschaft zu Peking geleistet hat. Der Krieg in Südafrika. -p. Endlich nack viele Monate langem Hin« und Her geschiebe und ewigen Plänkeleien auf dem Kriegsschauplätze, nach gegenseitigem Wegfangen von Proviantzügen, nach Be setzen und Wiederräumen zahlreicher Plätze cin Tieg der Boeren! Wir erhalten folgende höchst erfreuliche Nachricht: * VONdon, 14. December. (Tel.) Lord Kitchener meldet «ns Pretoria: Die Streitmacht des Generals Elements wurde bei Anbruch des Morgens am Ui. Tc- eember auf dem Magalies-Berg e bou den 2LV« Manu starken EommandosDelarey's und Beyer s, von letz terem von Warmbad aus, angegriffen. Elements zog sich nach He«paart »«rück. Fünf britische Lffi- rtere find getödtet worden. Andere Verluste find noch nicht gemeldet. Der Magalie-berg liegt westlich, Warmbad nördlich von Pretoria. Es ist charakteristisch, daß die Offensive diesmal von den Boeren ausgegangen ist und erfolgreich war. Nur selten waren sie bisher die Angreifenden, und wenn sie sich einmal zum Draufgehen entschlossen, richteten sie nicht viel aus. Jetzt scheint e- doch, daß das letzte Stadium des Ver zweiflungskampfes die Boeren zu energischer Initiative auf rüttelt und sie die bisher fast ausschließlich geübte allzugroße Rücksicht auf die eigene Person aufgeben läßt. Nur so können sie noch hoffen, Erfolge zu erzielen und das Kriegs- glück wieder an ihre Fahnen zu heften. Der Kampf muß ein sehr heftiger gewesen sein, da« zeigt der große Verlust der Engländer an Officieren und das Schweigen Kitchener'S, der seine Thätigkeit als Oberstcommandirender unter nicht gerade sehr erfreulichen Auspicien beginnt, über die sonstigen Verluste, die keine geringen sein dürften. Wir wünschen den tapferen Freiheitshelden baldige weitere Erfolge, die dann mdglicherweise nicht ohne Einfluß auf die Entschlüsse SaliS- bury'S und vielleicht auch auf die der anderen Eabinette bleiben. Bei Schluß der Reda tion geht noch folgende ergänzende Meldung ein: * Lonbon, 14. December. Lord Kitchener telegraphirt au« Pretoria von gestern: General Clement» wurde heute bei Tage-anbruch bei Novitgedacht am MagalteSbrrge von den Commando»derBorrenführer Delorey uud Beyer, inSgesammt 2bl>0 Mona, angegrifleu. Der erst, Angriff der Boeren wurde abgeschlagen. E« gelang den Boeren indessen, den Gipfel d«S MagalteSbergeS zu nehmen, der von vier Compagnien der Northumberland-Füsiliere vertheidigt war. Tie Boeren beherrschten somit das britische Lager und General Clements zog sich nach Heckpoort zurück und nahm aus einem Berge mitten im Flußthale Stellung. Der Kampf war sehr heftig. Ein Oberst und drei Hauptleute wurden getödtet. Verstärkungen sind sofort von Pretoria abgegangen. Die Brigade Broadwood stand im Norden deS MagalieSberges, sieben Meilen westlich von der Position des Generals Clements. — Nach einem weiteren Telegramnr Les Lords Kitchener haben die Boeren die Orte Lichtenburg, Betleheni, Vrede und Bryheid angegriffen, ohne indessen Erfolge zu erringen. Vor Lichteuburg wurde der Boeren» general Limmer getödet. Krügcr im Haag. * Haag, 14. December. (Tel.) Die Königin lu d h e u t e den Präsidenten Krüger und I)r. Leyds zum Diner ein, das in kleinem Kreise im Palais eingenommen wurde. — Das Centralcomitö der niederländi schen Friedensliga hat eine Adresse an die Königin ge richtet mit dem Wunsche, die niederländische Regierung möge die Initiative ergreifen, damit die Mächte in Ucbercinstimmung mit der Friedensconferenz dem Kriege in einem den Republiken günstigen Sinne ein Ende zu machen versuchen. Deutsches Reich, X. Berlin, 14. December. (KreuzzeitungS- und Cartellpolitik.) Die „Kreuzztg." will cS nicht gelten lassen, daß eS bemerkenswert!) sei, wenn sie die sächsischen Conservativen anläßlich des conservativen VereinSjubiläumS deswegen besonders beglückwünscht hat, weil sie an der Cartellpolitik festgehalten hätten: grundsätzliche Gegnerin der Cartellpolitik sei sie niemals gewesen, habe vielmehr das Cartell nur darum bekämpft, weil die preußischen National liberalen aus dein Cartell ein Sprungbrett für die Wieder erlangung ihres einst maßgebenden Einflusses gemacht hätten. Diese Behauptung widerspricht so sehr den Thatsacken einer noch nicht lange hinter uns liegenden Vergangenheit,daß sierichtig- gestellt werden muß. Wollte man aus der Fülle des urkundlich vorliegenden BeweismaterialS auch nur einigermaßen er schöpfende Reproduktionen geben, so müßten viele Druckspalten damit gefüllt werden. Es genügt aber beute, nur zwei vor nehmlich in Betracht kommende Artikel der „Kreuzztg." hcran- zuziehen. Am 20. September 1889 schrieb daS genannte Blatt: „Die Conservativen werden sich am besten stehen, wenn sie zwei Eisen im Feuer behalten". — Am 26. Sep tember 1889 entrollte die „Krenzztg." „das alte historische Banner des wahren conservativen RoyaliSmus" und bekämpfte die „Mischmaschpelitik" u. A. mit den Worten: „Erst handelte es sich um Verminderung des besonderen Charakters der drei verbündeten Parteien; dann kommt die Aufsaugung jeglicher Individualität, die Vernichtung aller selbstständigen Regungen, völlige Uniforinirung." — Wenn hierin keine grundsätz liche Gegnerschaft gegen die Cartellpolitik enthalten sein soll, dann wissen wir nicht, wie jene Gegnerschaft überhaupt beschaffen sein könnte. DaS Gewand freilich, mit dem die „Kreuzztg." die grundsätzliche Gegnerschaft gegen das Cartell zu verdecken suchte, war die Sorge um die Machtstellung der Krone. Erfolg aber hat die „Kreuzztg." damals durch die Anlegung der royalistischen Maske nickt gehabt. Im Gegentheil erklärte am 2. October 1889 der „Reichsanzeiger", daß der Kaiser „in dem Cartell eine den Grundsätzen seiner Regierung entsprechende politische Gestaltung sehe und die Mittel, mit denen die „Kreuzztg." dasselbe angreife, mit der Achtung vor der allerhöchsten Person und von unseren verfassungsmäßigen Institutionen nicht in Einklang zu bringen vermöge." — Einen Tag zuvor hatte auch die „Conservative Correspondenz" Ver wahrung eingelegt gegen einen „Gebrauch deS alten Banners des wahren conservativen RoyaliSmus", den sie nicht für legitim kalten könne. Damit hat daS conservative Partei organ seinerseits eingestanden, daß die „Kreuzztg." daS Cartell als grundsätzliche Gegnerin vom Parteistandpuncte aus bekämpfte. * Bcrlt», 14. December. Gegen eine stärkere Be lastung der Bundesstaaten für'ReichSzwecke, der bei den EtatSdebatlen im Reichstage von mehreren Seiten, sogar vom Centrum daS Wort geredet worden ist, erheben die „Berl. Polit. Nackr." erfreulickerweise Einspruch. Schon jetzt, wo von einem regelmäßigen erheblichen Ueberschusse der Ueberweisungen über die Matricularumlagen nicht mehr die Rede ist, müsse der weitaus größte Tbeil des Ausfalls an Einnahmen aus eigenen Mitteln Preußens gedeckt werden, und eS wäre daher zweifellos unbillig, wenn außerdem noch «in beträchtlicher Betrag auS Landesmitteln zur Deckung der eigenen Ausgaben deS Reichs gefordert werden sollte. Un günstiger sn noch die finanzielle Lage vieler anderer Bundesstaaten. „Schon in den Verhandlungen deSsReichStogeS ist von einem badischen Abgeordneten mit Rücksicht auf die Finanzlage seines engeren Vaterland«« mit großem Nachdruck Verwahrung gegen eine stärkere Belastung der Bundesstaaten sür Reichszwrcke eingelegt worden. Es unterliegt keinem Zweifel, daß er durchaus auch im Sinne der württembergischen Abgeordneten im Reichstage gesprochen hat. Die Verhandlungen des bayerischen und deS sächsischen Landtage« lassen ferner keinen Zweifel darüber, daß da« Gleichgewicht in dem Staat«hau«halte dieser beiden König reiche durch eine starke Inanspruchnahme für Reich-zwecke ernstlich bedroht werden könnte. Ungleich ungünstiger als di« finanzielle Lage dieser größeren Bundesstaaten sind die Finanzverhältnisse der kleineren Staaten, welche über die Ueberschüsse von Eisenbahnen und anderen Staatsbetrieben nicht zu verfügen habe», vielmehr zur Deckung der Be dürfnisse de- Staate« in der Hauptsache aus die Eteuerkraft ihrer Bürger angewiesen sind. Ja allen diesen Ländern würde »ine er heblich« Belastung mit Beiträgen zur ReichScaffr sehr drückend empfunden werden, mithin nicht« weniger al« im Kinne der Festigung und Stärkung de« Rrich«gedanken« wirken können." Die augenscheinlich au« dem preußischen Finanzministerium inspirirte Darlegung schließt: Wenn daher im Reiche das Bedürfniß einer Vermehrung seiner ordentlichen Einnahmen hervorlreten sollte, so erscheint der allein richtige Weg zur Befriedigung dieses Bedürfnisses derjenige, welcher aus der Initiative des Reichstages heraus bei der Beschaffung der Deckungsmittel zur Flottenverstärkung eingeschlagen worden ist: Man muß dann eben zu einer Vermehrung der eigenen Einnahmen deS Reiches schreiten, nicht aber das zwar äußerlich bequeme, aber vom Standpunkte einer kräftigen, inneren Reickspolitik durchaus ungeeignete Mittel der Mehrbelastung der Bundesstaaten mit Matricular- beiträgen wählen. * Berlin, 14. December. (Tel.) Der „Reichsanzeiger" veröffentlicht eine Verfügung des Handelsministers, betreffend die Beschäftigung jugendlicher Arbeiter und Arbeiterinnen in Werkstätten mit Motorbetrieb. * Berlin, 14. December. (Tel.) In der Stadt Kiau- tsckan ist ein deutsches Postamt erricktet worden. Seine Tbätigkeit erstreckt sich auf den Briespost-, Zeitungs- und Postanweisungsdienst, auf den Austausch von Packeten mir und ohne Werthangabe, sowie mit oder ohne Nachnahme, ferner von Briefen und Kästchen mit Werthangabe. Es wird vom Staatssekretär des Reichs-Postamts besonders darauf aufmerksam gemacht, daß die Stadt Kiautschau außerhalb des deutschen Schutzgebiets Kiautschau liegt und daß daher Briefsendungen nach dieser Stadt nicht den für die Schutz gebiete gellenden ermäßigten Taxen, sondern den Portosätzen des Weltpostvereins unterliegen, lieber die Taxen und Ver sendungsbedingungen für die übrigen Gegenstände geben die Postanstalten auf Verlangen Auskunft. * Berlin, 14. December. (Tel.) Die am Sonntag Nach mittag aus Wilhelmshaven hier eintreffenden heimge kehrten Chinakrieger marschiren vom Lehrter Bahnhofe durch das Brandenburger Thor nach dem Zeughause. Am Empfange betheiligen sich auf An regung Sr. Maj. des Kaisers auch Oberbürgermeister Kirsch ner und Bürgermeister Brinkmann mit einer Abordnung des Magistrats. . — Die Canalisirung der Mosel in die erweiterte Canalvorlage hineinzuziehen, ist der Zweck von Ver handlungen, die gegenwärtig in der Bauabtheilung des Ministeriums der öffentlichen Arbeiten im Gange sind. Diese mehrfach verbreitete Meldung wird von der „Rhein.-Westf. Ztg." bestätigt mit dem Zusatz: Obgleich die vollen Arbeiten für die Canalisirung der Mosel von früher her vorhanden sind, wird damit unleugbar die Einbringung der ganzen Canalvorlage verzögert. Es wird somit immer mehr unwahrscheinlich, daß die Canalvorlage noch im Laufe der nächsten Landtagssession eingebracht werden wird. * Kiel, 14. December. (Tel.) Die zurückgekehrten China krieger sind heute Mittag nach Wilhelmshaven abgefahren, um gemeinsam mit den dort verbliebenen Mannschaften vom Transport des Dampfers „Köln" nachBerlinzu fahren. * Hannover, 14. December. (Tel.) Der Kaiser hörte beute früh 9 Uhr im königlichen Schlosse während des Früh stücks mit dem Gefolge die Vorträge des Hannoverschen Mannergesangvereins. Unter anderen wurde das Lied „Der Reiter und sein Lieb" gesungen. Nach Beendigung der Vor träge dankte der Kaiser den Sängern und erwähnte, er beabsichtige wiederum einen Gesangswettstreit zu veranstalten, wahrscheinlich auch diesmal in Cassel. Kurz vor 10 Uhr fuhr der Kaiser nach der Wohnung der Gräfin Waldersee und begab sich von hier nach der Kaserne des KönigS- Ulanen - Regiments am KönigSwertberplatz. Der Kaiser schritt dort die Front deS in zwei Gliedern aufgestellten Regiments ab und begab sich sodann in das OfficierS- Casino zum Frühstück, an dem auch Prinz Rupprecht von Bayern theilnahm. Um 1 Uhr fuhr der Kaiser zum Bahn hof, wo kurz zuvor der Kronprinz aus Potsdam eingetroffen war. Nach herzlicher Begrüßung bestiegen der Kaiser und der Kronprinz den Zug nach Springe. Hier traf der Kaiser mit seinen Jagdgästen um 1^« Uhr ein und fuhr ohne Aufenthalt nach dem Revier HallermundSkopf weiter, wo ein eingestelltes Jagen mit Findermeute auf Sauen stattfindet. An fürstlichen Jagdgästen sind zugegen: Prinz Friedrich Wilhelm von Preußen, Prinz Rupprecht von Bayern, der Fürst sowie der Prinz Adolf von Schaumburg-Lippe, Herzog Friedrich Ferdinand und Prinz Albert zu SckleSwig-Holstem- Sonderburg-Glücksburg. Das Wetter ist mild. tk. Weimar, 14. December. In Etzelbach ist da« von der Thüringer Landesversicherungsanstalt errichtete Inva lidenheim nach feierlicher Einweihung eröffnet worden. Der Vorstand der Landesversicherungsanstalt, Geh. RegierungS- rath Elle, hielt dabei eine Ansprache. Im Anschluß an das Invalidenheim wird cin Genesungsheim erbaut. w. Äretz, 13. December. Der Fürst hat zu Abgeordneten deS fürstlichen Hauses im Landtag den Staatsanwalt Stein häuser wieder und den Landrath Liebe neu ernannt. Der am Montag zusammentretende Landtag setzt sich auS folgenden Mitgliedern zusammen: die beiden Obengenannten, Commissar Kupfer, Kammerpräsident v. Geldern-KriSpendorf, Rittergut«- bescher Völkel, Fabrikbesitzer Albert, Fabrikbesitzer Otto, Redacteur Feustel, OrtSrichter Reinhold, Rentier Reinhold, Bankbirector Jahn, Pfarrer Spörel. Frankreich. Die Amnestie. * Part«, 14. December. (Tel.) Die radikalen Blätter sprechen ihre Befriedigung über den Verlauf der gestrigen Amnestie-Debatte aus, die eine Genugthuung für das öffentliche Gewissen bilde. Die Amnestie-Borlage, die an und für sich ein Fehler sei, habe den Republikanern wenigstens Ge legenheit gegeben, GeneralMercier und Genossen andrn Pranger zu st eilen und zu zeigen, welch« klägliche Rolle Mölinr in der DreyfuS-Sache gespielt hab«. Die nationa listischen Blätter fordern die regierungsfeindlichen Depu- tirten, die gegen 8 1 der Vorlage gestimmt haben, auf, auch gegen die ganze Vorlage zu st im men, da die gestrige Debatte gezeigt habe, wie wenig e« den Drehfuststen um ein» Beruhigung und Versöhnung »u thun sei.
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