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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 11.12.1900
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1900-12-11
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19001211018
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1900121101
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1900121101
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1900
-
Monat
1900-12
- Tag 1900-12-11
-
Monat
1900-12
-
Jahr
1900
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ÄmtsLlatt des Äönigtichsn Land- und Amtsgerichtes Leipzig, des Rathes nnd N-ttzei-Ämtes der Ltadt Leipzig. Dienstag den 11. December 1900. Anzeigen-Preis die 6 gespaltene Petitzeile LS H,' Rec la men unter dem RedactiouSstrich (-gespalten) 75 vor den Famtltemmch» richte» («gespalten) SO H Tabellarischer uud Ziffernsatz entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen und Offertenannahme LS H (excl. Porto). Extra lveilagen (gefalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbefürderung .4t 60.—, mit Postbesörderang .« 70.—, Äuuahmeschlnß fiir Anzeige»: Abend-AuSgabe: Vormittags 10 Uhr. Mo rg en »Ausgabe: Nachmittag- 4 Uhr. Bei den Filialen und Avuahmestellen je eine halbe Stund« f«h«r. Anzeigen sind stets an die Expedition zu richten. Die Expedition ist Wochentags ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis Abends 7 Uhr. Druck uud Verlag von E. Polz in Leipzig. 81. Jahrgang. Programmatische Kundgebung drS LandeSauSschuffeS der nationalltberalen Partei im Königreich Sachsen. Der auf Grund der neuen Satzungen einberufene Lande-« auSschuß der nationalliberalen Partei im Königreich Sachsen trat am Sonntag, den 9. d. M., zu einer ersten Sitzung in Leipzig zusammen, die sich zahlreichen Besuches zu erfreuen batte. Nach Eröffnung und Begrüßung der Versamm lung durch Herrn Iustizratb Vr. Gensel widmete dieser zunächst dem Herrn Geh. Rath Georgi-Mylau und vr. west. Lachmann-Auerbach, die der unerbittliche Tod leider allzu früh aus den Reihen der Partei abgerufen hat, ehrende Worte des Gedenkens, denen die Versammlung durch Erbeben von den Sitzen aus ganzem Herzen zustimmle. Sodann wurde der aus 21 Herren bestehende Vorstand neu gewählt und nach eingehender Berathung der folgenden pro grammatischen Kundgebung zugestimint: Wir stehen auf dem Boden der Verfassung und erwarte» von unsern Vertretern im Landtage eine freimütbige und rück haltlose Wahrung aller verfassungsmäßigen Volksrechte und der Rechte der einzelnen Staatsbürger. Nicht im Widerspruch damit steht es, wenn wir die Fortbildung der Verfassung gemäß den veränderten Verhältnissen nnd den Bedürfnissen der Zeit erstreben. Insbesondere erheischt die starke Ver schiebung in der Bedeutung von Stadt und Land, wie sie sich in den letzten dreißig Jahren unaufhaltsam heraus gebildet hat, eine Neuordnung der Vertreter und der Wahlkreise. Im Zusammenhänge damit wird auch daS Wahlgesetz von 1896, daS auS einer Art von Nothwehr gegen daS bedrohliche Ueberhandnehmeu der Socialdemokratie hervorgegangen war, einer besonnenen Nachprüfung zu unterziehen sein. Von dem Oberverwaltungsgerichte, das auf An regung und unter wesentlicher Mitwirkung unserer Vertreter geschaffen worden ist, erhofft» wir nicht nnr wirksamen Schutz der staatsbürgerlichen Rechte, sondern auch Kräfti gung deS staatsbürgerlichen SelbstbewußtseioS. Wir er warten, daß Wahlbeeiuflussungen durch Ver waltungsbehörden, als mit dem Geiste des darauf bezüglichen Gesetzes wie der Verfassung unverträglich, strengstens vermieden werden. Wir erwarten ferner, daß auch das dem Verwaltungsgerichtsverfahren nicht unterstellte Vereins und Versammlungsrecht bei Behörden und Ständeversammlung den gesetzlichen Schutz finden werde und daß alle kleinlichen Maßregeln, die nur verbittern und da durch den Gegnern der staatlichen Ordnung zu Gute kommen, in Zukunft unterbleiben. Die neuerliche Wendung der bis vor Kurzem so günstigen Lage des Staatshaushalts fordert die ernste Wachsam keit und Sorgfalt der Regierung und der Ständekammern, wie strenge Befolgung der für de» Haushaltsplan auf dem Landtag 1876/77 von der Regierung selbst mit- getheilten und von beiden Kammern gebilligten Grund sätze. Die Ergänzung der Steuerversassuug durch stärkere Belastung de- Vermögens besitzes ist nachgerade zum unabweislichen Bedürf nis geworden; selbstverständlich werden auch hierbei die wirthschaftlich Schwachen zn schonen sein. Wird aus diese Weise das Staatseinkommen erhöht, so bleibt darum nicht minder die Nothwendigkeit weisen Sparens in den Ausgaben und gründlicher Prüfung jeder Forderung auf ihre Dringlich keit und ihren Werth für daS Land bestehen. Zm Zusammenhang mit der Reform der Staatssteuern wird auch die Schaffung einer festen gesetzlichen Grundlage für die Aufbringung der Bedürfnisse der Gemeinden und insbesondere für das Verhältniß zwischen Staats- und Gemeindesteuern ins Auge zu fassen sein. Die gemeindliche Selbstverwaltung, auf die wir den größten Werth legen, soll dadurch in keiner Weise beeinträchtigt, vielmehr erst recht sichergestckllt werden. Die- zu betonen, veranlasse» un- besonder- die Erfahrungen in Betreff der städtischen Straßenbahnen und die Miß achtung der Stellung der größeren Städte in dem veröffent lichten Entwurf eines Wassergesetzes. Da daS Aufblühen aller Zweige der VolkSwirthschaft in anserem Lande zu einem großen Theile dem engmaschigen Ausbau unseres Eisenbahnnetzes zu danken ist, so ist die weitere Entwickelung desselben zu befürworten, wenn auch die Wahrnehmung, daß die daraus erzielte Rente bedenklich gesunken ist, zu verständigem Maßbaltrn in der Zeit folge der Erfüllung weiterer Wünsche nöthigt. Solche- Maßhalten ist um so unerläßlicher, je mehr daS alle Er wartungen übersteigende WachSthum de- Verkehr- auf den Hauptlinien Neu- und Umbauten von Bahnhöfen und Ver besserungen in den Betriebsmitteln als ein unabweisbare-Gebot der Sicherheit de- Verkehr- erkennen läßt. Wir müssen aber verlangen, daß solche Bauten in den Grenzen ihres Zwecke gehalten werden und daß aller überflüssige Aufwand unter bleibe. Verständige Verkehrs-Erleichterungen werden durch die Rücksicht auf die nothwendige Sparsamkeit keines wegs ausgeschlossen, da sie erfahrung-mäßig auf die Dauer da- Erträgniß erhöhen. In der Förderung der so mannigfaltigen wirthschaftlichen Interessen der Landwirthfchast, deSHandelS uud der Gewerbe werden wir wie bisher so auch in Zukunft die Regierung gern unterstützen; wir sind un» dabei der schweren Pflicht bewußt, diese Interessen in den unvermeid lichen Fällen de» Widerstreit» gerecht gegen einander abzu wägen. Bor Allem liegt un» die Erhaltung eine» kräftigen Mittelstände» am Herze«, der, den festesten Rückhalt in sich selbst suchend, zielbewußt und rüstig vorwärt» strebt. Dazu hilft in erster Reihe der genossenschaftliche Zusammen schluß der Kräfte, denen Regierung und Standeversamm- lung durch Bereitstellung erheblicher Mittel förderlich die Wege bereitet haben. Al« eine« der wirksamsten Mittel betrachten wir die unablässige Hebung de« Volks unterrichte« im Geiste de» Bolk»schulgesetzeS von 1873, welche«, unter entscheidender Mitwirkung unserer Fraktion geschaffen, auf dem Gebiete de« Fortbildung-Wesen« bahn brechend vorangegangen ist. Zu de» Ehrentiteln der Verwaltung unseres Landes gehört insbesondere die Förderung ver Erziehung für da- praktische Leben durch auSgiebige Fürsorge für die landwirthschaftlicyen, gewerblichen und kauf männischen Fachschulen. Ihr hierin zur Seite zu stehen, werden wir stets als eine unserer vornehmsten Aufgaben betrachten. Die bereit- in der vorjährigen Thronrede angetündigte Vorlage wegen der Wohnungsgeldzuschüsse für die Beamten werden wir einer wohlwollenden Prüfung unter- ziehen. Mit dem weitüberwiegende» Theile deS sächsischen Volkes sind wir von dem Wunsche beseelt, daß das friedliche Verhältniß zwischen den Anhängern der verschie denen religiösen Bekenntnisse, welches in unserem Lande seither, dank der Verfassung und dem ebenso feinfühligen und hochherzigen Verhalten unseres Königs, in so erfreulicher Weise bestanden hatte, vor ähnlichen Trübungen, wie sie in jüngster Zeit die Gemüther und die Gewissen bedrückt haben, in alle Zukunft bewahrt bleiben möge. Wir haben daher die in diesen Tagen von der Re gierung erlassene Erklärung, welche für Erfüllung dieses Wunsches Gewähr leistet, mit aufrichtiger Genugthuung be grüßt. Wir dürfen erwarten, daß sie auch das im Jahre 1876 nach einer fast dreißigjährigen Vorgeschichte auf ständischen Antrag erlassene Gesetz, bctr. das Oberaufsichtsrecht über die katholische Kirch e, gegen etwaige AbbrvckelungS- versuche schützen und daß sie ebenso bei ihren Abstimmungen im BundeSrathe gegenübe r den Gelüsten d es EentrumS fest auf dem Boden unserer Verfassung stehe» bleiben werde. DaS Wort der Verfassung vom „unzertrennlichen Wohl des Königs und Vaterlands" ist seit deren Errichtung mehr und mehr zu einer in den Herzen des Volkes lebendigen Wahrheit geworden. Möge das allezeit so bleiben' Die Wirren in China. Arie-eusverhan-lungeu; Stimmung am Hofe; die Gesandt schaftSgcbäude. * New Bork, 10. December. (Tel. Reuter'S Bur.) Aus .Peking wird vom 9. d. M. gemeldet: Alle Gesandten, mit Ausnahme des englischen, erhielten von ihren Re gierungen Instructionen, in denen der bei der letzten Zusammen kunft festgestellten gemeinsamen Note z »gestimmt wird. Wahrscheinlich werden die Gesandten am Dienstag wieder zusammentommen, und, falls bis dahin der englische Gesandte seine Instructionen erhalten hat, die gemeinsame Note unterzeichnen. Alsdann wird wohl sofort der Verkehr mit den chinesischen Bevollmächtigten eröffnet werden. Prinz Tsching hat geäußert, Kaiser Kwangsü sei bereit, nach Peking zurückzukommen, sobald es gewiß sei, daß die Verhandlungen ihm mit Würde und in Sicherheit dahin zurückzukehren gestatten. Die Entfernung Tungfu - siang' s vom Oberbefehl über die Truppen, die die Umgebung des Hofes bilden, wird von den Gesandten als ein be deutungsvoller Schritt angesehen, der den Wunsch der Regierung beweist, sich mit den Gesandten zu verständigen. Was die Frage der Gesandtschaftsgebäude angeht, so ist geplant, daß sie alle auf einem etwa eine englische Quadratmeile großen Gebiet westlich der Tatarenstadt errichtet werden sollen. Jedes Gebäude soll im Eigenthum der Regierung stehen, die es benutzt, das Ganze aber von einem Wallgraben mit Zugbrücken umgeben und von einer internatio nalen Wachmannschaft besetzt werden, die ausreicht, um Schutz gegen eine Wiederkehr der Angriffe zu gewähren. Außer den Clubs der Ausländer sollen sonst keine Gebäude innerhalb dieser Umwallung zugelassen werden. Militärische Operationen. * Berlin, 10. December. (Wolff'S Telegr. - Bureau.) Feldmarscball Graf Waldersee meldet unter dem 8. December: Thsiang ist am 1. December ohne Widerstand besetzt worden, da die Chinesen zur rechten Zeit nach Südost abgezogen waren. Die Colonnen Rohrscheidt und Falkenbayn kebren nach Tientsin zurück. Die große Kälte macht die baldige Schließung der Rhede von Taku wahrscheinlich. (Wiederholt.) * Berlin, 10. December. (Tel.) Der bisherige deutsche Militär attache Major v. Lauenstein in Petersburg ist zum Stabe deS Oberstcommandirenden von China, des Feld- marschalls Graf Waldersee, commandirt und reist am II. December von Genua nach Ostasien ab. An seine Stelle tritt der bisherige Militärattache in London, Hauptmann Frhr. v. Lütt Witz. Dir Lage in -en Südprovinzcn. Die „Daily News" berichten au« Shanghai vom 9. De cember: Nach einer Mittheilung de« englischen Generalkonsul« bat Admiral Seymour in einer Unterredung mit dem Vicekönig Liukunje diesem Truppen angeboten, die zur Bestrafung der an den Mordthaten in Tusckmschau Schuldigen Hilfe leisten sollen. Der Vicekönig bat dies al« unnöthig bezeichnet und bemerkt, die Landung der Truppen werde Unruhen Hervorrufen. * Lon-on, 10. December. (Tel.) „Daily News" be richten aus Shanghai unter dem 9. December: In einem Ar tikel über die letzte Uangtse-Reise des Admiral- Seymour sagt der „Ost asiatische Lloyd", Admiral Seymour habe Tschang-tschi-tung keinen Zweifel darüber ge lassen, daß Deutschland und England zusammenwirkten, und ihre Interessen dieselben seien. Das Blatt, das früher den Be wegungen Admiral Seymour'» auf dem Uangtse mißtrauisch gegenüberstand, ist jetzt davon überzeugt, daß sein Mißtrauen unbegründet war. Wieder ein Zwischenfall. AuS London, 10. December, wird der „Voss. Ztg." drpeschirt: Eine Pekinger Drahtmeltung der „Morninz Post" besagt, der General Chaffee beschwerte sich schriftlich beim Grasen Waldersee über die Beseitigung der Instru mente von der Sternwarte durch die Deutschen und Franzosen. Der Brief wurde wegen feine« schroffen Tone- zurückgesandt. Zur Erklärung dieser Meldung sei bemerkt, daß eine Pekinger Meldung der „Times" behauptete, dir Deutschen und Franzosen hätten sich die schon wegen ihres Alters sehr werthvolle» astronomischen Werkzeuge der Pekinger Stern warte angeeignet und nach Paris und Berlin geschickt. WaS diese Behauptung auch auf sich haben mag, keinesfalls steht cs General Chaffee zu, einen schroffen Ton in einem Schreiben an den Obercommandirenden anzuschlagen. Der Krieg in Südafrika. Krüger un- -er Zar. Ter Haager Berichterstatter der „Times" telezrapbirt, er sei in der Lage, zu melden, daß Krüger am Freitag Abend eine Depesche deS Zaren empfing. Sie sei über aus freundlich abgesaßt, aber die Thatsache, daß ihre Existenz geheim gehalten wird, deute zur Genüge an, daß der Zar von irgendwelchen thätigen Schritte» in der Richtung einer freundlichen Einmischung abzustehcu beabsichtige. Der Zar schütze natürlich seine Krankheit als Grund vor, warum er Krüger nicht empfangen könne. Die „TuneS" meinen, die Weigerung deS Zaren, Krüger eine Unterredung zu ge währen, sei nicht minder bedeutsam, wie die Kaiser Wilhelm s. Präsiöcut Krüger im Haag. Haag, 6. December. Das reichliche Regenweiter der letzten Tage hatten gestern Vor mittag endlich nachgelassen, und selbst die Sonne wagte sich auf Augenblicke bescheiden hervor, als die Stunde der Ankunft des besiegten Präsidenten herannahte, den daS stammverwandte Volk mit ungeduldiger Theilnahme erwartete. Ja, sie waren unge duldig gestern, die lieben Haagener! Die Vereine und die Schul jugend, die vom Rheinbahnhof bis zum Hotel des Indes, wo Krüger sein Quartier aufschlägt, mit ihren Bannern das Spalier bildeten, hatten sich frühzeitig an ihren Plätzen einfinden müssen, und da sie halbe Stunden und Stunden auf einer Stelle den Boden treten mußten, so machte die Ungeduld sich im Absingen des Transvaalliedes und in Hochrufen auf Krüger und die Boercn bereits -m Voraus kräftig Luft. Sie verstanden es nicht, ihr Pulver bis zum rechten Augenblick trocken zu halten. D^b sechste December ist der Nikolaustag. Er gilt nicht als religiöser Feiertag, aber in der Volksgewohnheit ist er der wichtigste Fest tag des Jahres, denn au ihm wird bescheert; jeder Holländer und jede Holländerin versendet zu diesem Tage ihre „Nikolas", ent weder mit offenem Visir oder anonym, letzteres besonders an die „intimen" Feinde. Wer es einrichten kann, macht am Nikolastag „blau", und die Aussicht, den heute schon sageumwobenen greisen Boerenhcrzog zu sehen, hatte aus Stadt und Land vom frühen Morgen ab Tausende und Tausende in die Residenz gelockt. Aus der dunklen Masse des Volkes leuchteten vielerorts fröhlich die glitzernden Haubenhalter aus eitel Silber und Gold hervor, welche die Scheveninger Fischerfrauen auf ihrem Kopfe trage». Leider greift die geschmacklose Unsitte immer weiter um sich, auf diesen schmucken Kopfputz noch einen billigen Bazarhut zu stülpen; das sieht dann aus, als ob man Uber ein Hirschgeweih ein Futteral zöge, oder als wenn man einein Apollo eine Angströhre auf die marmornen Locken drücken wollte. Es war schon eine Stunde vor der festgesetzten Ankunft des Extrazuges ein nicht leichtes Unternehmen, sich durch die Men schenmauern einen Weg zu bahnen. Der Bahnhof war ab gesperrt und nur für Geladene zugänglich; einen großen Theil des Perrons nähmen die 600 Sänger und Sängerinnen ein, die den eintreffenden Präsidenten mit einigen Psalmversen begrüßen sollten. Richard Hol führte den Dirigentenstab. Man hatte die Verse 6, 7 und 11 aus Psalm 72 ausgewählt, deren Inhalt der Leser selbst an Ort und Stelle nachschlagen möge. Auf Nieder ländisch heißt es darin: ,,t' behoeftig Volk, in Hunne nooden, In hun ellend' en pijn. Gansch hulpeloos tot Hem geoloden Zal Hij ten redder zijn." Nach langem Warten brauste gegen ein gewaltiges Hurrah durch den Bahnhof, und in den kleinen Königinnensalon hinein, der für den Gemeinderath und die anwesenden südafri kanischen Beamten reservirt war, und wo ich durch die Liebens würdigkeit eines der Letzteren Zugang gefunden hatte. Auch Pro fessor van Hamel und die Malerin Therese Schwartze warrn hier anwesend. Wir waren in zwei Reihen aufgestellt, und in dem schmalen Gange zwischen uns rückte jetzt vr. Blink, der Vor sitzende des Festcomites, einen Sessel für den Präsidenten zurecht. Gleich darauf erschien er, von dem Bürgermeister des Haags ge leitet und von den Herren Wolmarens, Fischer und vr. Leyds gefolgt; der letztere sieht sehr angegriffen aus. Ich habe über das Aeußere Krüger's der schönen Schilderung meines Pariser College» wenig hinzuzufügen. Nur das Eine möchte ich be tonen, daß der 76jährige Greis über einen mächtigen Knochenbau verfügt, daß er außergewöhnlich breit und eher groß als klein ist. Sein Kopf ist noch ziemlich mit Haaren bedeckt, denen man ihre einstige blonde Farbe noch anmerkt. Die merkwürdige Ein buchtung inmitten der Nase giebt dem Gesicht sein charakteristische Häßlichkeit. Krüger hört schwer, und vr. Leyds muß ihm die Namen der Personen, die er ihm vorstellt, ziemlich laut in die Ohren schreien. Nach den üblichen Ansprachen, in deren einer der Unabhängigkeitskampf der Boeren mit dem der Holländer und Oom Paul mit dem Schweizer und mit dem Prinzen Maurits verglichen wurde, ergriff der Alte selbst das Wort zu längerer freier Rede, die er mit einem etwas rauhem, kräftigen Organ und fast ohne Handbewegungen herausbrachte. Er begann mit einer «aptatio denavolantiav für sich als Redner; er habe nie eine Schule besucht, wenig Unterricht genossen, und wisse deshalb nicht immer, ob die Worte männlich oder „fraulich" seien. Er wolle nicht sagen, daß er „onsxoleerck" sei, doch wäre er „onso- letterä". Darauf schilderte er die Sache der Boeren. die Ent stehung des Krieges. Nach ihm besteht kein Zweifel daran, daß die Engländer von Anfang an die Eroberung der Republiken er strebt, und daß sie den Krieg herbeigezwungen haben, obgleich Krüger in der Stimmrechtsfrage nachgegeben habe. Auch Holland habe in seinem achtzigjährigen Kriege gegen einen übermächtigen Feind zu kämpfen gehabt; der gegenwärtige Krieg sei aber der eines Kindes gegen einen Riesen. Die ganze Rede des Präsidenten war Wit Ausdrücken drS Gottvrrtrauens durchsetzt, denen man ihre Aufrichtigkeit anmerken mußte. Von der Voltsstimmung in Frankreich und Belgien sprach er mit Begeisterung. Uebec Deutschland sagte er nichts, doch ließ er im Laufe des Abends durch seine Umgebung verbreiten, daß ihm die großartige Aufnahme, die er in der Gegend Deutschlands, die er durch reiste, gefunden hat, ganz besonders gerührt habe. Dieses Ein treten der Völker zu Gunsten Transvaal und des Oranjestaats erklärte er als Gottes Werk. Die Völker fürchten den Ewigen und wünschen den Sieg des Rechtes. In Gottes Händen ruhe die Entscheidung und auf ihn müsse man vertrauen! Lord Roberts habe sich gegen ihn persönlich und seine Familie ritlei lich benommen, aber der Krieg sei mit Unmenschlichkeit geführt und Häuser und Höfe niedergcbrannt worden. Nach Europa wäre er gekommen, um mit Hilfe der gebildeten Menschheit ans ein Ende des furchtbaren Krieges hinzuwirken! „Leve Oom Paul! Leve Oom Paul!" hallte es durch den Saal, als Krüger geendet hatte. Daun bestieg er einen offenen Wagen, und von einer Cavalkade von Freiwilligen, von denen die meisten im Kriege mitgefochten, geleitet, fuhr er in die Stadl hinein, in ein Meer von brausender, tosender Begeisterung! Als wir am frühen Abend das von Kranzspenden aus Deutschland und Holland völlig gefüllte Vestibül des Hotels des Indes betraten, erzählte man uns, daß der Präsident bereits schliefe, und daß er die Menge draußen um Ruhe habe bitten lassen. Dennoch aber wurden immer wieder von Zeit zu Zeit das „Transvaallied", der „Wilhelmus" und „Niederländisch Blut" gesungen, und in den entfernteren Straßen machte sich sogar die zügellose Lustigkeit Luft, ohne die es bei den Holländern an Festtagen nun einmal nicht gehl, selbst wenn sie so gar nicht am Platze ist, wie am gestrigen Abend. (Frist Ztg.) In einer Unterredung, die der Korrespondent der „Frist Ztg." mit vr. Leyds hatte, theilte dieser Folgendes mit: Die Reise nach Rußland sei weder von ihm noch vom Präsidenten Krüger in Aussicht genommen gewesen. Sie blieben vorläufig in Holland. Auch der Gesundheitszustand des Zaren würde die Reise nach Livadia jetzt nicht gestatten. Das Archiv der Republik sei größtentheils, wenn auch nicht vollständig, gerettet.. Sen sationelle Enthüllungen über die Vorgeschichte des Krieges seien von seiner Seite nicht zu erwarten; dieselbe sei genügend bekannt. Mit Dewet und Botha seien sie außer Beziehung; selten dringe eine Botschaft durch. Der Präsident sei von der brüderlichen Aufnahme des deutschen Volkes begeistert: ihm selbst mache es Muth, daß alle Ausländer, die aus Afrika heimkehrten, überzeugt seien, daß die Engländer es nicht dauernd halten könnten. * Haag, 9. December. Aus bester Quelle verlautet, daß Königin Wilhelm ina iu der gestrigen kurzen Unterredung mit Krüger die Unmöglichkeit einer Intervention in diesem Augenblicke betonte; in Folge dessen giebt Leyds endgiltig die Reise nach Livadia auf. Morgen empfängt Krüger eine Abordnung des Alldeutschen Verbandes, am Mittwoch reist er nach Amsterdam, wo er zwei Tage verbleibt. — Ter Abbruch der Beziehungen zwischen Hollaud und Portugal ist zwar noch nicht formell- ober doch thotsächlich; mit dem formellen Abbruch wird blos bis zum Eintreffen des Consuls Pott hier gewartet. Tie Behan-lung -er gefangenen vaerenfraue» in Port Elisabeth spottet jeglicher Beschreibung. Ein protestanti scher Geistlicher schreibt: „Im Frauenlager, das sich bei der Renn bahn, ungefähr zwei Stunden von der Stadt entfernt, befindet, kamen amSonnabend (13. October) wieder über 200 Boeren- frauen an, worunter mehrere lranle Greisinnen und einige Säug linge. Augenblicklich sind zwischen 3—400 Frauen von Jagers- fontein und Fauresmith im Lager. Bon Kronstadt müssen noch 200 folgen. Einzelne von ihnen sind in kleinen eisernen Hütten untergebracht, die meisten jedoch liegen in dünnen Leinwandzelten zusammengepfercht, deren Boden, in Folge des anhaltenden Regen Wetters, einem Morast gleicht. Die Masern herrschen so, daß man in jedem Zelte wenigstens ein krankes Kind findet. Es darf, um für die Kranken etwas zu wärmen, keine Spiritus- oder Paraffinlampe benutzt werden, sondern nur Kerzenlicht, da mau Feuersgefahr befürchtet. In einem Zelte, das ich im strömenden Regen besuchte, fand ich eine Frau im letzten Stadium der Schwindsucht; neben ihr lag ein typhuskrankes Kind. Auch die Kinder von Frau Malherbe, der Gattin des Pfarrers von Jagersfontein, fand ich an den Masern erkrankt. Aerztliche Hilfe wird nicht genügend geleistet, und die Lebens mittel sind theilweise verdorben. Trotzdem herrscht ein guter Geist unter den armen Frauen. Eine von ihnen fragte in meiner Gegenwart einen englischen Officier: „Wie lange muß ich mit meinen Kindern noch hier bleiben?" Und als dieser antwortete: „So lange, bis alle Boeren die Waffen niedergelegt haben", sagte sie resignirt: „dann muß ich hier bis zu meinem Tode beten." Deutsches Reich u. l.'. Berlin, 10. December. (Statistik der Reich«- tag-wahlen.) Entsprechend einem im Frübjabr 1897 im Reichstage geäußerten Wunsche bringt da- Statistische Amt im t. Vierteljahr-beste zur Statistik des Deutschen Reich« al- Nachtrag zu der seinerzeit veröffentlichten Statistik der ReichStagSwahlen von l898 eine Urberstcht über die im Laufe der X. Legislaturperiode bisher erfolgten 30 Ersatzwahlen. Um «in richtige- Bild von der Wablbewegung zu geben, ist da« ganze Material zunächst nach Größenclasse« der Orte in den einzelnen Wahlkreisen zerlegt; die Ort-größenclaffe » ist aus Gemeinden gebildet, zu denen nach der 1895er Volks zählung kein Wohnplatz von 2000 Einwohnern nnd darüber gehörte (da« sogenannte „platte Land"), die Ortsgrößen- classe d auS den Orten bi- zu 10 000, die OrtSgrößen- classe o au- den Orten mit mehr al« 10 000 Ein wohnern; die Gemeinden der letzteren Kategorie» stad übrigen- einzeln nackgewieseu. Außerdem finden sich in einem besonderen Vrrzeichniß die Namen der gewählten Abgeordneten und ihrer sämmtliche» Gegenkandidaten Meter Angabe de« Stande«, de« Wohnsitze«, der Parteistellnug »ud der erhaltenen Etimmenzahl zusammengestellt. Die in zwei weiteren Wahlkreisen — Minden 4 (Paderborn-Büren und Aachen Stadt Aachen) — nothwendig gewordenen Ersatz wahlen standen bei Drucklegung der Znsammeastelluag »och
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