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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 06.11.1900
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1900-11-06
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19001106015
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1900110601
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1900110601
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1900
-
Monat
1900-11
- Tag 1900-11-06
-
Monat
1900-11
-
Jahr
1900
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Ämlsöi'att des Königlichen Land- nnd Amtsgerichtes Leipzig, des Rashes nnd Nolizei-Nmtes der Ltadt Leipzig. Dienstag den November 1900. Anzeige«-Preis die 6gespaltene Petitzeile L5 Ree lanien unter dem Rrdacnonsstrich (-gespalten» 7.'> vor den Familiennach- richten 0 gespalten) 50 ,5,. Tabellarischer und Ziffernsatz entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen und Ossertenannahme 25 (excl. Porto). Ertra Beilage» (gefalzt), nur mit der Morgen Ausgabe, ohne Postbesörderung 60.—, mit Postbesörderung ^0.—. ^nnaymeschluß für Anzeige»: Abend-Ausgabe: Vormittags 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittag- 4 Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stunde früher. Anzeigen sind stets an die Expedition zu richten. Die Expedition ist Wochentag- ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis Abends 7 Uhr Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. 9t. Jahrgang. Mar Miilier's Erinnerungen an die HolienMern. Max Müller'» Lebenserinnerungen werden unter dem Titel „Alte Zeiten, alte Freunde" Ende dieser Woche im Berlage von Fr. Andr. Perthes in Gotha erscheinen. Bei einem Gelehrten, wie es der jüngst verstorbene Oxforder Sprachforscher war, ist es natürlich, daß der Rückblick auf die Vergangenheit in erster Linie theils auf die überreiche Zahl von Denkern, Dichtern und Künstlern sich lenkt, zu denen Müller in Be ziehungen trat, theils auf seine „Freunde in Indien", die Philo sophen und socialen Vorkämpfer dieses weltgeschichtlichen Landes, mit denen Müller so lange und so eingehend sich beschäf tigt hat. Aber auch mit einer Reihe fürstlicher Personen ist Ntüller in Berührung gekommen, und was er davon erzählt, bietet für den Historiker manche werthvolle Ausbeute. Besonders interessant sind seine Aufzeichnungen über die H o h e n z o l l e r n, die er persönlich von Friedrich Wilhelm IV. an bis zum jetzt regierenden Kaiser kennen gelernt hat. In Uebcr- einftimmung mit allen kompetenten Bcurtheilern nennt Müller Friedrich Wilhelm IV. einen Mann von außerordent lichem Talent, wenn nicht sogar ein Genie; „man tonnte ihm nicht zuhören, ohne den Eindruck zu gewinnen, einem großen Geiste mit weitem Blick und hohen, edlen Zielen gegenüberzustehen". AnWilhelmI. rühmt Müller die soldatische Natur, den klaren Kopf, die Aufrichtigkeit des Herzens, das ehrliche Suchen und fleißige Arbeiten; wenn er aber hinzufügt, als König habe cr außer den Militärangelegenheiten alles Uebrige sehr weise den verantwortlichen Ministern „überlasten", so lehren Bismarck's „Gedanken und Erinnerungen" und Erich Marcks' durch psycho logische Vertiefung ausgezeichnete Wilhelm-Biographie, wie sehr Müller in diesem Stücke irrt. Mit Friedrich III. hat Müller sowohl in Deutschland, als auch in England wiederholt Begeg nungen gehabt. lieber den Besuch, den der Kronprinz 1879 zu sammen mit dem Prinzen Wilhelm in Oxford machte, berichtet Müller u. A. Folgendes: „Dem Sohne des Kronprinzen, dem jetzigen deutschen Kaiser, gefiel die Stadt Oxford, der Fleiß und das Leben der jungen Leute sehr. Er hätte gern ein oder zwei Semester in Orford studirt; aber der Plan war unausführbar. Schon regte sich in Berlin die Furcht vor dem englischen Einfluß. Einige junge Damen fühlten sich berufen, dem Prinzen heftig zuzusetzen, doch in Oxford zu studiren. Er sagte darüber zu mir in unverfälschtem Studentendeutsch: „I n meinem Leben bin ich noch nicht so gekeilt worde n." Man weiß, wie herzliches Interesse der regierende deutsche Kaiser immer an den Erfolgen der Universität Oxford genommen hat, wie er seit vielen Jahren nicht versäumt hat, gelegentlich der Regatten Oxford sein Glückwunschtelegramm zu senden. Als der Kronprinz mit seinem Sohne und dem Prinzen von Wales nc-rr oolloxo mit ihrem Besuch zum Frühstück be ehrten, konnte ich ihnen altes Ale vorsetzen, das im eollexo ge braut und für das beste in Oxford gehalten wird, „süffig" und stark. Ich ergriff auch ein Glas und leerte es auf die Gesundheit „der drei Kaiser". Auf ein wiederholtes, erstauntes „Wieso?" des Kronprinzen mußte ich den eigenen Spruch erklären, ,,-zch trinke auf die Gesundheit des künftigen deutschen Kaisers", sagte ich, „auf den künftigen Kaiser von Indien und in weitester Ferne auf den dritten Kaiser von Deutschland." Der Kronprinz lächelte zwar, aber ein Ausdruck des Ernstes oder Unwillens glitt über sein Antlitz und verrieth mir, daß ich eine empfindliche Stelle berührt habe. Es war in ihm ein merkwürdiges Gemisch. Im Verkehr mit seinen Freunden liebte er es, zu vergessen, daß er ein Fürst sei; er sprach ganz ungezwungen und freimüthig und konnte über einen guten Witz herzlich lachen. Er gewährte den Freunden gern dieselbe Freiheit der Rede; und doch — sobald sie etwas sagten, was ihm nicht ganz gefiel, zog er sich auffallend zurück; und es dauerte dann immer einige Zeit, bis er sich wieder in der Gewalt hatte. Er war ein edler, loyaler Charakter. Er kannte Bismarck, kannte seine Stärke, aber auch seine schwache Seite; aber seine Dankbarkeit für das, was der alte Staatsmann für Preußen und Deutsch land gethan hatte, war so groß, daß ihm nie ein unfreundliches Wort gegen ihn auf die Lippe trat. Nach meiner Ueberzeugung hätte er sich nie von ihm getrennt, obgleich er die Gefahr eines rnnjor ckoinus (?) im Königreich Friedrich's des Großen vollkommen erkannte." Zum letzten Male sah Müller den damaligen Kronprinzen bei der Jubiläumsfeier der Königin Victoria 1887. „Er sah so imposant aus", erzählt Müller, „wie nur je, und in seinen Augen war dasselbe Licht, dieselbe Liebe und das Leben, aber seine Stimme war zu einem Flüstern geworden. Dessenungeachtet sprach er hoffnungsvoll, voll Vertrauen, und machte alle Festlich keiten heldenmüthig mit. Wer kann die schöne Erscheinung in dec weißen Uniform der preußischen Kürassiere unter den Söhnen und Schwiegersöhnen der Königin je vergessen! Ich sah den Kronprinzen noch einmal wieder in Windsor, einen Tag vor seiner Hein'.rcise nach Deutschland. Nach dem Diner kam er auf mich zu und sprach lange mit mir. Seine Stimme hatte wieder ihren alten Klang, und ich war, wie er selbst, fest davon überzeugt, daß er iu der Neconvalescenz sei. Als er aber eine halbe Stund: mit mir geredet hatte, trat einer seiner Adjutanten heran zu ihm uns sagte: „Kaiserliche Hoheit, nicht ein Wort mehr." Erreichte mir dir Hand, und ich sah noch einmal ganz hoffnungsvoll <u ihm auf; zum letzten Mal. Er selbst, glaube ich, hat die Hoff nung nie aufgegeben." Die Wirren in China. Krtetzen-hsffnun-en. AuS London, 3. November, wird unS geschrieben: Wie der Kabelcorresponvenz au- Sbang Hai unter dem l. No vember gekabelt wird, ist nunmehr die officielle Ernen nung der beiden Bicekönige Tschan-Tschi-Tung und Liu-Kuen-i zu Mitgliedern der chinesischen Commission, die wegen de« Frieden- unterhandeln soll, durch ein kaiser liche« Edict vollzogen. E« verlautete bereit» vor mehreren Wochen, daß diese beiden Bicekönige, die zu den aufgeklärtesten und verständigsten unter den hohe» chinesischen Würden trägern gerechnet werden müssen, Li-Hung-Tschang als Mitarbeiter beigegeben werden sollten, und damals wurde dieser Vorschlag besonders englischerseits sehr sympathisch begrüßt, weil man der Ansicht war, daß der Ein fluß dieser beiden Männer ein wirksames Gegengewicht für gewisse rnssenfreundliche Regungen Li-Hung-Tschangs bilden würde. Bon den beiden Vicekönigen ist besonders der von Huan, Tschan-Tschi-Tung, europäischen Ansichten zugängig, und er hat durch ausgiebige Verwendung europäischer, ins besondere deutscher Militär-Znstructoren und Techniker gezeigt, daß cr den Werth urbaner Beziehungen zwischen dem Osten und dem Westen zu würdigen weiß. Daß er zu der Zeit, als von einer chinesisch japanischen Allianz viel die Rede war, als besonderer Förderer dieser Zdce bezeichnet wurde und auch in den letzten Zähren die europäischen Lehrer allmälig durch japanische zu er'etzen suchte, spricht allerdings dafür, daß cr eine zu intime Beiübrung mit den Fremdlingen weder sucht, noch dazu ermulhigt. Immerhin ist er von ganz anderem Schlage wie die nördlichen Vicetönige. Auch der Vicekönig von Hupeh, Liu-Kuen-i, ist ein ruhigerer Mann, und von seinem Wohnsitze Nanking aus bat er zu verschiedenen Malen den fremdenfcmdlichen Fanatismus der chinesischen Bevölkerung biS an die Küste hin im Zaum zu halten gewußt, was ibm in Sbanghai auch hoch genug angerechnet wird. Der Ein tritt dieser beiden Männer in die FriedenScommission kann als ein gutes Zeichen angesehen werden. Tie Helden van Peking. Das kleine Marinedetachement, welches die Sckreckenstage in Peking überstanden hat, ist glücklich in Tsingtau wieder eingetroffen und nach feierlichem Empfang in die Baracken des Höbenlagers geführt worden, wo ibm alle Pflege zu Tbeil wurde. Man merkt, der Hunger und die Strapazen, die unausgesctztcAufnicrksamkeit auf die Bewegungen eines Feindes, all die Nöthe und Schrecken der Belagerung sind nicht spurlos an den Männern vorübergegangen. Tie Solvaten sind müde, matt und abgemagert und bedürfen einer längeren Ruhe und Erholung. Znieressant sind die Erzählungen der Soldaten und gern lauscht man ihren Berichten. Gegen 7000 Patronen haben unsere Leute vcrsckosscn. Man mußte sparsam mit der Munition umgehen. Die Chinesen schossen im Allgemeinen zu hock, doch tbalen sich unter ihnen treffliche Schützen hervor. Die Lebensmittel reichten bis zuletzt. Alle Bückscnmilch wurde für die in der englischen Gesandtschaft einzeschlossenen Frauen und Kinder abgegeben. Die Brote in ihren täglichen Rationen wurden wobt immer kleiner und Maultbierfleisch in muffigem Reis gekocht war auch kein Leckerbissen, aber man litt doch nicht an den Qualen des Hungers. Zum G ück War Wasser genug vor handen. Im Garten der deutschen Gesandtschaft fand sich ein Brunnen. Später holte man besseres Wasser aus der an liegenden englischen Bank. — Der Tabak reichte bis zuletzt, man konnte sogar bei anderen Truppentheilen Tabak gegen andere Sachen umtauschen. Salz wurde so rar, daß man schließlich 1 Kilo Salz für l,50 bis 2 »L erstand. Aus den Läden wurden Lebensmittel requirirt und später beim Auszug aus Peking prompt bezahlt. Unsere Leue haben sich, als der Tag der Befreiung gekommen, nicht an der Plünderung betheiligt. Zeder Hal fick Andenken mitgenommen, wie man es am Wegs aufheben konnte: ein Boxerhemd, eine alte Fabne oder einen Götzen, den seine Verehrer auf die Straße geworfen, da er in der Stunde der Notb nicht geholfen . . „Hunnenbriefc." Die socialdemokratischen Blätter veröffentlichen augenblick lich mit Vorliebe sogenannte Hunnenbriefe, d. h. Briefe von An gehörigen der ostasiatischen Truppentheile, in denen von angeb lichen Rohheiten und Unmenschlichkeiten der Kriegführung die Rede ist. Diese Briefe scheiden sich in zwei Categorien, je nach dem die erwähnten Details mit einem gewissen Behagen oder im Ton des Bedauerns, ja, zuweilen sogar des Abscheus erzählt weiden Die erstere Categorie ist erfreulicher Weise nur durch sehr wenige Exemplare vertreten, und was sie enthalten, ist, so bald man d'.e üblichen Uebertreibungen solcher Briefe in Rechnung und Abzug bringt, nicht schlimm; anders steht es mit den Aus lassungen der zweiten Art. Hiervon sind speciell in den letzten Togen zwei Exemplare zur Veröffentlichung gelangt, die leider den Zweck ihrer Verbreiter, Abscheu gegen die China-Politik des Neick>e> zu erregen, lebhaft zu fördern geeignet sind, wenigstens wenn man sie nur oberflächlich liest. Sieht man genauer zu, so findet man freilich, daß sie unmöglich beide wahrheitsgetreue Berichte enthalten können, weil sie einander widersprechen. In beiden ist von einer Abtheilung von etwa 70 Chinesen die Rede, die am 26. August gefangen genommen worden sei, nachdem sie eine deutsche Patrouille erschossen hatte. Nun erzählt der eine Briefschreiber: „Die anderen 68 Stück wurden erschossen, wozu auch ich commandirt war. Zwölf bis fünfzehn Schritt mußten wir uns aufstellen, vier Mann vor einen Chinesen, und auf Legt an!, war Alles ein Gewinsel um Gnade. Aber da kam das „Feuer!" Da war Alles aus. Wir hörten nur noch ein Stöhnen und Aechzen.denn Jeder war von vier Kugeln durch bohrt worden, und sie fielen rückwärts ins Grab, das sie vorher selber graben mußten. So endeten die 68 Chinesen." Der Andere schreibt: „Alles wird erschossen oder, um die Patronen zu sparen, sogar erstochen. Am Sonntag Nachmittag haben wir 74 Ge fangene mit dem Bajonett erstechen müssen. Letztere hatten eine Patrouille von uns erschossen, worauf das ganze Bataillon zur Verfolgung alarmirt wurde, bei der uns besagte 74 Mann lebend in die Hände fielen." In dem ersten Brief ist dann noch von einer besonderen Roh heit beim Transport der Gefangenen die Rede, die allerdings nicht etwa einem Befehl der Vorgesetzten, sondern der persönlichen Gemüthsverfassung einiger deutscher Soldaten zur Last gelegt wird. Wir nehmen ausnahmsweise von diesen Dingen Notiz, weil wir der Ansicht sind, daß eine amtliche Erklärung darüber er folgen muß. Wir sind mit dem „Hamb. Corr." überzeugt, daß sich die deutsche Art der Kriegführung vor jedem Einsichtigen rechtfertigen läßt. Ein nationale« Interesse erfordert aber eben deshalb, daß der vergiftenden Wirkung dieser Art von Bericht erstattung rechtzeitig entgegengetreten werde. Teutsch - französische KamcraSscha ft. Das in Shanghai erscheinende französische „Echo de Chine" schreibt: Wie leicht hätte es zu Reibungen zwischen den fremden Truppen, welche hier garnisoniren, kommen können, — zwischen den französischen Seesoldaten und der deutschen Infanterie! Nun wohl, nichts dergleichen ist passirt. Seit der Ankunft der Truppen sympathisirt man, die deutschen Ilnterofficiere als die regen machten den französischen Unterofficiere» ihren Besuch, und man brauchte nicht lange in den beiden Lagern zu suchen, um Dol metscher der Gefühle zu finden; die französischen Unterofficiere erwiderten den Besuch und luden die Deutschen zu einer Er frischung im „Club der Freiwilligen und der Feuerwehr" ein. Heute ist es nicht mehr selten, in der Straße eine Gruppe russi scher Matrosen und französischer und deutscher Soldaten zu sammen zu finden. Wenn Abends, da die Mahlzeit vertheilt wird, ein Deutscher sich verspätet und Furcht hat, nach der Rationsvertheilung zu kommen, braucht er sich nur bis zu einem französischen Lager zu begeben, man stößt sich ein wenig rechts, ein wenig links, nm Platz für den Ankömmling zu schaffen, und die zukünftigen Genossen gemeinsamer Gefahr trinken auf ihr gegenseitiges Wohl. Weitere Meldungen. * London, 5. November. (Telegramm.) „Ncutcr'S Bureau" berichtet aus Peking über Taku vom 3. November: Ein neues kaiserliches Edict ist veröffentlicht worden, das tiefe Be- kummerniß über die Ermordung des deutschen Gesandten Freiherrn v. Ketteler ausspricht und erklärt, das begangene Verbrechen spreche der kaiserlichen Absicht Hohn. Man glaubt, dieses Edict sei durch die Besorgn-ß, die Verbündeten könnten Regressiv maßregeln, wie sie sie in Paotingfu angewandt haben, auch ferner- hin anwenden. Feldmarschall Graf Waldersee hat die Todes urt hei le, die gegen die in Paotingfu verhafteten chinesischen Beamten ausgesprochen worden sind, bestätigt. Man glaubt, daß die rnd- giltigen Verhandlungen noch vor dem Abläufe des Monats beginnen. * Berlin, 5. November. (Telegramm.) Das Armee-Lber- commando telegraphier aus Peking unter dem 2. November: Tas zweite Bataillon des dritten Regiments geht von Paotingfu aus über Wan, einen Hauptstiitzpunct der Boxer, nach Tlangs. Eine russische Thorwache bei Tientsin wurde von 70 Boxern angegriffen. — Zwei kleine russische Colonnen sind von Tientsin und Pangtsun auf Pantischin zu einem Strafzuge vor gegangen. (Wolfs's Telegr.-Bur.) * Berlin, 5. November. (Telegramm.) Vom Chef des Kreuzergeschwadcrs ist unter dem 2. November gemeldet worden: Es ist ein Dampfboot für den Wachtdienst angckauft und armirt worden. Das Boot heißt „Shamien". Wie das Kanonen boot „Luchs" meldet, hat „Shamien" am 2. November Piraten bei der Plünderung eines chinesischen Passagierbootes betroffen. Der Führer Les „Shamien", Oberleutnant Reymann, hat mit Entschlossenheit die Verfolgung der Piraten ausgenommen und ist hinter ihnen gelandet, wobei Schüsse gewechselt wurden. Ein Pirat wurde gefangen. Man beabsichtigt, diesen so lange zu behalten bis er den chinesischen Behörden zur Vollstreckung der Strafe am Orte der That überliefert werden kann. * Hongksiig, 5. November. („Reuter") Nach Berichten aus Canton sollen die Aufständischen in dem Gebiete Les Ost flusses flußaufwärts gezogen sein. Zwischen Poklo und Huitschou fahren wieder Passagierdanipser. Der Ausstand geht wahricheinlich langsam zu Ende. Die Reformer geben zu, daß die Erhebung ver früht war und daß ihre Waffen unzureichend sind. * Petersburg, .0. November. Die Zeitung „Rossija" berichtet aus Wladiwostok unter dem 2. November: Der Oberingenieur Jngowitsch hat alle zur Wiederausnahme der Arbeiten auf der Eisenbahnlinie Cbailar-Pogranitjchnaga nötdigen Maß- nahmen getroffen. Gegenwärtig arbeiten an der Ausbesserung der Bahnlinie in der Mandschurei etwa 17 000 Mann. Stellenweise hindert Mangel an Material die rasche Fortsührung der Arbeiten. Der Krieg in Südafrika. Die neue Polizeitrupde, welche bereits seit Wochen in Pretoria in der Bildung begriffen ist, und die die fernere „Pacification" in den occupirten Landes- theilen vornehmen soll, wird unter Umständen und Bedingungen aufgestellt, die bezeichnend sind für die gefährlichen Aufgaben, welche dieser Polizisten-Kohorte warten. Die Gehälter für Officiere und Mannschaften sind derartig hoch, wie sie wohl noch niemals irgend einer Militärtruppe gezahlt worden sind: der Oberst erhält 25 000 <-/<, der Oberstleutnant 20 000, der Major 15000, der Hauptmann 12000 proJahr.währendder Oberleutnant 25 <^k, der Unterleutnant 20, und der Inspektor 15 pro Tag erhält. Die Löhnung des Sergeanten beträgt 10 c^, des Corporals 7^2 <^, Gefreiten 7 und des Gemeinen 6 cL pro Tag, wobei noch in Betracht kommt, daß Unterofficiere und Mannschaften natürlich Uniformen und Lebensunterhalt geliefert bekommen. (Die Officiere den letzteren natürlich ebenfalls.) Das wird eine kostbare Polizei. Niemand anders als der Generalstabs-Chef des Feldmarschalls Roberts, der gefürchtete und wegen seiner Rücksichtslosigkeit ziem lich allseitig gehaßte Lord Kitchener, hat in einer Ansprache an die nach Hause zuruckkehrenden australischen Freiwilligen constatirt, das „für die britische Armee in Südafrika leider noch sehr viel Arbeit vorliege". — DaS lautet allerdings ganz anders, al- die fort- währenden Betheuerungen der Regierungsorgane und selbst des famosen Lord Roberts, der doch bekanntlich schon vor Wochen wenigstens auf dem Papier den ganzen Transvaal zu Füßen Ihrer großbritannischen Majestät der Königin Victoria nieder- :egte. Es sieht auch absolut nicht darnach aus, als ob der Feld- >ug überhaupt nur in absehbarer Zeit von den Engländern zu dem erwünschten Ende gebracht werden könnte, da sonst Roberts ganz gewiß nicht die ersehnte Rückkehr nach Old-England immer wieder um einen ferneren Monat hinausschieben würde. Ter Wechsel im britischen KricgSamt. Auö London, 3. November, wird uns geschrieben: Die Versetzung Les Lord Lansdown vom Kriegsamt ins Aus wärlige Amt steht im ursächlichen Zusammenhang mit ver Ersetzung Les Lord Roberts Lurch Lord Kitchener. Noch vor wenigen Tagen schwankte man in London, ob nicht doch Lord Roberts noch einige Monate in Südafrika bleiben sollte, und gerade Lord Lansdown widersetzte sich ziemlich heftig der Ernennung Kitchener's zum Oberbefehlshaber in Südafrika. Es machten sich jedoch sehr starke Einflüsse der leitenden Finanzkrcise geltend, welche schon längst Kitchener als Len „Mann der Thal" mit der „Pacificirung der Doeren- länder" betraut sehen wollten. Der neue Kriegsminisier Brobrick wird nunmehr Kitchener die weitestgehenden Boll machten zur völligen Unterdrückung deS Widerstandes der Boercn einräumen, was nach dem Eingeständniß der meisten Engländer selbst gleichbedeutend mit der völligen AuS rottung der Boeren ist. Der Wechsel wird sich jedoch auch noch in zwei ankeren Punkten sehr schnell fühlbar macken. Tie englische Regierung wird erstens noch vor Ein treffen der „Gelderland" in Marseille die Einverleibung der beiden Boerenrepubiiken in daS britische Reich amtlich den übrigen Mächten bekannt geben, und andererseits soll gerichtlich die Beschlagnahme alles auffindbaren EigenthumS der Transvaal regierung angestrebt werden. DaS erste Object wird hierbei die Kaufsumme für den TranSvaal-Pavillcn der Pariser Ausstellung sein, welcher für Holland angekaust wurde. * Loudon, ü. November. (Telegramm.) Die „Times" berichten aus Brüssel: Fischer, das Haupt der außerordentlichen Boerengesandtschast, bestätigt die Meldung über eine ernste Er krankung Krüger's, der an zunehmender Erschöpfung leide. Ter Zustand des Präsidenten flöße große Besorgnisse rin und werde ihn wahrscheinlich nöthigen, auf alle diplomatischen Schritte zu verzichten und sich eine lange Ruhe zu gönnen. Der große Rath von Boercnwiirdenträgern werde in Marseille nach der An kunft Krüger'S abgehalten werden. (Magdeb. Ztg.) Deutsches Reich A Berlin, 5. November. (Die Vorgänge im Wahl kreise Meseritz-Boni st.) Zn einer gut besuchten Ver sammlung der Berliner Ortsgruppe des „Ostmarken- vereinö", die durch einen interessanten Vortrag des Herrn I)r. Wegener über die Einwanderung der Deutschen in die Ostmarkcn eingeleitet wurde, brachte der Vorsitzende, kaiser licher Gesandter z. D. Naschdau, die Rede auf die Vor gänge im Wahlkreise Meseritz Bomst. Man müsse weit zurückgchen in den Ereignissen der Zahre, nm einem ähnlichen B>weise undeutschcn Empfindens zu begegnen, wie ihn das in der Presse veröffentlichte Schreiben des Neickstagsabgeordneten I)r. Stephan, Mitglied des Een- trums, an den Vorsitzenden des polnischen Wablcomit^S des Krcises Meseritz Probst SobeSki liefere. Or. Stephan sei selbst einmal Candidat in dem Wahlkreise gewesen, er wisse also genau, nm was es sich dort handelt; er wisse, wie sehr das Deutschthum in jenen Gegenden bedroht sei und wie ein Uebergang der dortigen deutschen Katholiken in da« pol nische Lager zu einem dauernden Verluste des Wahlkreises führen müsse. Er wisse aber auch, welches die Ziele der polnischen Dolkspartei seien, deren Eandidaten er den deutschen Landsleuten in so angelegentlicher Weise empfiehlt. Man brauche nur irgend eine Zeitung des agitatorischen Pvlenthums einsehen, um die Größe der Gefahren zu erkennen, welche dem Reiche nnd Preußen von dieser Seite her drohten. Und trotz dem räth ein „Deutscher" seinen Landsleuten an, sich mit den „braven polnischen Katholiken" zu verbünden gegenüber „unseren politischen und religiösen Gegnern", mit welcher Bezeichnung der Briesschrciber seine Landsleute beehrt. Wem falle hier nicht daS häßliche Wort auS unserer vaterlandS- losen Zeit ein: Wenn der Herrgott die Deutschen verderben will, so wählt er sich Deutsche dazu! Der Vorsitzende meinte, er würde dem Briese an sich keine so große Bedeutung bei messen, wenn e« sich dabei nur um Herrn vr. Stephan handelte, denn er kenne genug Mitglieder der Centrums partei, die ein solches Schreiben nicht billigen. Aber der Vorgang gewinne dadurch an Wichtigkeit, daß ter Verfasser „im Einverstandniß mit unserem ver ehrten CentrumSfübrer 11r. Lieber" zu handeln behauptet. Wenn hier nicht ein Mißverständniß vorliegt — Herr Lieber befindet sich zur Zeit als ReconvaleScent an der Riviera —, so lasse sich dessen Stellungnahme nur au« einer bedauer lichen Unkenntniß der Verhältnisse im Osten erklären. Herr Lieber habe sich in einer Reihe wichtiger Fragen der letzten Zeit auf den nationalen Boden gestellt; in der Flotten-, in der Colonial-Frage u. s. w. sei seine Haltung entscheidend gewesen. Es liege «in logischer Widerspruch darin, auf der einen Seite die Größe und Ausdehnung de- Reichs zu wünschen und auf der anderen Zustände vorzubereiten, die zu einer schweren Schädigung de« Baterlande- an seiner verwundbarsten Stelle führen müßten. Der Redner glaube daher vor der Hand nickt an da- behauptete Ein- verständniß de« CentrumSfübrer«. Jedenfalls aber müsse der Ostmarkenverein zu dieser Action, die den Wahlkreis in bobem Maße gefährde, Stellung nehmen. Der Verein ver halte sich durchaus paritätisch, in politischer wie in eon- fessioueller Beziehung, eS komme für ihn nur daS Interesse deS DeutschthumS in Betracht. Bon diesem Standpuncte au« müsse er auf die deutschen Katholiken eiuwirken, sich dem politischen Helotenthnm zu entziehen, in das man sie gegenüber dem Polentbum ketten wolle. E« sei eine Beleidigung, die unseren deutschen Landsleuten angethan werde, wenn von ihnen gesagt werde, daß sie auf Grund ihre« katholischen Glaubensbekenntnisse- in- polnische Lager ge hörten. Nock bestehe die Hoffnung, daß die Deutscken io, Wahlkreis Meseritz mit Unwillen di« Aufforderung de-
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