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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 02.11.1900
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1900-11-02
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19001102017
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1900110201
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1900110201
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1900
-
Monat
1900-11
- Tag 1900-11-02
-
Monat
1900-11
-
Jahr
1900
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Amtsblatt des königlichen Land- und Amtsgerichtes Leipzig, des Aathes «nd N-lizei-Nmtes der Ltadt Leipzig. Freitag den 2. November 1900. Anzeigen-Preis die 6gcspaltenc Petitzeile 25 H. Reklamen unter dem Redactionsstcich (»gespalten» 75 H, vor den Familiennach- richten (6 gespalten) 50 H. Tabellarischer und Zisserusatz entsprechend hober. — Gebühren für Nachweisungen und Osfertenannahine 25 H (excl. Porto). Krtra Beilagen (gesalzt), nur mit der Morgen Ausgabe, ohne Postbesörderung .äl 00.—, mit Postbesörderung 70. . Annaymeschluß für Anzeigen: Abend-Ausgabe: Bormittags 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittags 4 Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stunde früher. Anzeigen sind stets an die Expedition zu richten. Die Expedition ist Wochentags ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis Abends 7 Uhr. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. 84. Jahrgang. Der Rückgang -er Sociatdemokratie. In dem sechsten Berliner Wahlkreis hat am Dienstag die durch den Tod des Abgeordneten Liebknecht nothwcndig ge wordene Reichstagsersatzwahl stattgefunden. Socialdemo kratischer Candidat war der Schriftsteller Ledebour, der früher auch im „Vorwärts" thätig gewesen ist, dann seine Thätigkeit nach Sachsen verlegt und sich auf den letzten social demokratischen Parteitagen als einer der Unentwegtesten unter den Unentwegten bemerkbar gemacht hat. Sämmtliche Register ihrer Agitationen hatte die Socialdemokratie diesmal gezogen; sie hatte den Schatten des Führers Liebknecht beschworen und am Tage der Wahl noch das Hetzwort hinausgeschleudert: „Jede Stimme, die für den Candidaten des arbeitenden Volkes in die Urne gelegt wird, wiegt schwerer als Protest gegen Hunncnthum, Brodwucher und Arbeiterknebelung, als Protest gegen das be schämende Abhängigkeitsverhältniß, in dem die Regierung unter dem 12 000-<^i-Cours für die Scharfmacher, für die ärgsten Feinde des arbeitenden Volkes frohndet." Und nun liegt das Ergebnitz vor. Freilich hat die Social demokratie den Wahlkreis behauptet, den sie bereits seit 1884 unausgesetzt im Besitz hat, zumal eine ernsthafte Gegenarkxit von bürgerlicher Seite nicht geschehen ist. Aber wie? Um 12 000 war die Zahl der Wahlberechtigten größer als im Jahre 1898, und doch ist die Socialdemokratie um rund 5000 Stimmen Hinte'' '.<r Zahl von 1898 zurückgeblieben. Und das social- demoiratische Centralorgan? Es stellt sich hin und schreit: „Die China- und Weltpolitik sollte die Massen der nahen Leiden vergessen machen und zu phantastisch-fernen Hoffnungen ver führen. Doch vor dem sittlichen Ernst, der die im Befreiungs kämpfe streitende Arbeiterklasse beseelt, zerstob das Gaukelspiel und die Fratze der Uncultur und Volksfeindlichkeit ward ent larvt. Das arbeitende Volt hat ein vernichtendes Urtheil gefällt wider die Selbstsucht der herrschenden Classen und die Wahn vorstellungen einer ruhmsüchtigen Abenteurerpoiitik." Da alle diese Schändlichkeiten aber nicht nur seit erst gestern datiren, sondern nun schon, namentlich die China- und Weltpolitik, drei Jahre alt sind, so wollen wir uns nicht mit dieser einen Berliner Wahl begnügen, sondern jene rauschenden Phrasen an den That- sachen Prüfen, die die letzten drei Jahre, insbesondere aber das Jahr 1900,. gebracht haben. Unterscheiden wir zwei Zeiträume: die Zeit vor dem „Hunnen cours", das wäre von den letzten Hauptwahlen im Jahre 1898 bis zum 1. Juli dieses Jahres, und die Epoche des socialdemo- kraüschen Boxer- und Panamaspectakels in den letzten vier Monaten. Von den letzten Hauptwahlen an bis zum 1. Juli dieses Jahres haben insgesammt neunzehn Reichstagsersatzwahlen stattgefunden. In diesen neunzehn Wahlkreisen hat die Social demokratie 1898 rund 112 000 Stimmen aufgebracht. Nur in sechs vorwiegend industriellen Wahlkreisen ergab sich eine Zu nahme der Socialdemokratie um etwa W00 Stimmen, dagegen in dreizehn Wahlkreisen verringerte sich ihre Zahl um nahezu 9500 Stimmen. Noch auffallender setzt dieser Rück gang mit der zweiten Hälfte dieses Jahres ein, wie sich aus folgenden sechs Wahlen ergiebt, die seit dem 1. Juli d. I. stattgefunden und im Vergleich zu den ersten entsprechenden Wahlgängen im Jahre 1898 folgendes Bild des socialdemo kratischen Wähleraufmarsches gewähren: mäßig verschwindende Zunahme; in allen übrigen Wahlkreisen aber ein, und theilweise auffallender, Rückgang. Jns- gesammt wurden in diesen Wahlkreisen 1898 noch 94 981 Stimmen abgegeben; diesmal nur noch 82 407, so daß in der zweiten Hälfte dieses Jahres die Socialdemokratie, trotz ihrer Parteitage und ihrer mit allen Mitteln betriebenen Verhetzung, als Facit einen Verlust von genau 12566 Stimmen zu buchen hat. In anderen Worten: Trotz der in jenen sechs Wahlkreisen seit 1898 eingetretenen erheblichen Vermehrung der gesammten Wählerzahl ist der Socialdemokratie fast der siebente Theil ihrer früheren Stimmen in diesem letzten halben Jahre verloren gegangen. Wir wollen daraus noch keine verfrühten Schlußfolgerungen auf den umstrittenen Still stand der Umsturzbewegung ziehen, denn dies würde auch im Widerspruch stehen mit der Wildheit der Agitation, die gerade die letzten Monate kennzeichnet. Dagegen drängt sich um so auffallender der Gegensatz auf zwischen der socialdemokratischen Renommisterei und Radauphrase und den jetzt zu constatirenden Mißerfolgen, und damit erneut die Mahnung an die bürger liche Gesellschaft: die Vorbedingungen zu einer aussichtsvollen Bekämpfung der Socialdemokratie zu schaffen, das heißt, sich zwar bei der Beurtheilung öffentlicher Angelegenheiten frei- mllthig zu äußern und die nöthigen Rügen nicht der Social demokratie zu überlassen, aber auch eines Tones sich zu be fleißigen, der der von der Socialdemokratie betriebenen Hetze nicht Vorschub leistet; bei Streitigkeiten untereinander das Maß nicht zu überschreiten, das beobachtet werden muß, wenn bei Wahlen der Zusammenschluß der bürgerlichen Elemente möglich sein soll, und endlich alle diese Streitigkeiten zu begraben, wenn es sich um die Bekämpfung eines socialdemokratischen Gegners handelt. Nur daraus, daß diese Vorbedingungen außer Acht gelassen wurden, ist es zuzuschreiben, daß am Dienstag im sechsten Berliner Wahlkreise von rund 155 000 Wahlberechtigten rund 90 000 der Abstimmung sich enthielten. 1898 1900 Gegen 1898 Mülhausen . . . 13 610 7 680 — 5 922 Northeim. . . . 4159 3 626 — 533 Rinteln . . . . 2 762 1655 — 1107 Wanzleben . . . 6409 6045 — 364 Brandenburg . . 9263 9 505 -s- 242 Berlin 6 . . . . 58 778 53 896 — 4 882 Nur in einem einzigen Wahlkreise zeigt sich eine Procent- England und die Dorren. Unter Bezugnahme auf da» „Leipziger Tageblatt", Abend. Ausgabe vom Sonnabend, schrieb unser Mitbürger I. G. Findel folgenden Brief an den Herauigeber des „ Morning Leader" in London: Al» Sie den Artikel vom 27. Oktober schrieben, worin Sir über die englische Kriegführung gegen die Boeren sich so frei- müthig aussprachen, konnten Sie kaum ahnen, welch tiefen Ein druck derselbe im Auslande machen würde. Lausende werden mit mir aufathmen in dem Bewußtsein, daß da» Gefühl für Ge ¬ rechtigkeit und Menschlichkeit im englischen Volke doch noch nicht völlig erloschen ist, daß es noch Männer giebt, die auf die Be zeichnung Gentleman noch Anspruch erheben können, und daß in England, das ehedem das feste Bollwerk der Freiheit in Ge danken und in der politischen Praxis war, bas Wort freier Männer noch eine Macht ist. Schreiber dieser Zeilen, der die geistigen Leuchten Ihres Lan des in der Literatur kennt und ehrt und der in England Freunde hat, erinnert sich noch gern der Zeit seiner Jugend, wo er mit Sympathie zu einem Lande aufgcschaut, das hoch erhaben war über die schnöde Polizeiwirthschaft und die Unterbindung jeder freien Regung und über alle damit zusammenhängenden Uebel, unter denen früher Deutschland schamerfüllt seufzte. Aber — was ist gegenwärtig unter einem Ministerium, das mit Waffen verkäufen u. dergl. seine Taschen füllt, aus England geworden? Von Ihrer dem Spotte der Welt verfallenen Armee ganz zu geschweigen, glauben Sie im Ernst, daß Ihre Flotte, letzt noch Ihr Stolz und Ihre Zuversicht, dereinst die Probe wird aus halten? Und halten Sie den Preis für die Unterdrückung eines kleinen, aber wackeren Volkes, den Ihr Volk zahlt, nämlich den Gegenwerth des Hasses und der sittlichen Empörung der ganzen gebildeten Welt, neben den ungeheuren Kriegskosten für einen entsprechenden Gewinn? Fürchten Sie nicht, daß die Nemesis der Weltgeschichte Ihr so stolzes und einst edles Volk für die Greuelthaten des letzten Jahres Heimsuchen und strafen wird, Ihr Volk, das den Colonialtruppen, die für das Mutterland ihre Haut zu Markte getragen, zum Dank dafür nicht einmal den ausbedungencn Sold zahlt und dessen tiefgesunkene Presse schamlos den allverehrten, alten und unglücklichen Präsidenten Krüger höhnt und mit Schmutz bewirft, welche die Verwüster und Mordbrenner der Freistaaten, diese modernen Attilas wie Helden preist, obgleich nicht ihr Genie, sondern die zehnfache Uebermacht über die Gegner die Siege erfocht? Gewiß, kommen wird der Tag, wo die heilige Ilios hinsinkt, und zu spät wird das englische Volk erkennen, daß es keine schlimmeren Feinde und Volksverderber hatte, als die Rhodes und Chamberlain, die Roberts und Kitchener und deren ver blendeten Anhang, der über den Meuchelmord an Cordua sein verzücktes Halleluja anstimmt. Und wo blieben denn beim Ausbruch des ungerechten Krieges und bei dem barbarischen Treiben der Farmen niederbrennenden und Frauen austreibenden Sieger und bei der Verletzung des Völkerrechtes die englischen Freimaurer? Soll ihrer hohen Tendenz gemäß die Freimaurerei die Trägerin der Cultur und aller edlen Bestrebungen, die Be schützerin der Unterdrückten, der sittliche Regulator und das Ge wissen der Völker sein, dann darf man mit Recht fragen: Wo blieben die Freimaurer? Ist der Sinn für Gerechtigkeit, für Freiheit und Humanität bei ihnen erstorben, daß sie vor den eindringlichen Zurufen der niederländischen Brüder ihr Ohr ver schlossen und ihr Gewissen einschläferten, und kein machtvolles Wort der Abwehr und der Versöhnung fanden? Kein Wort der Empörung über die lügenhaften Berichte vom Kriegsschauplätze, die das englische Volk erniedrigten und das Füllhorn der Schande über dasselbe ausgossen? Kein Wort der Mißbilligung über die fluchwürdige Behandlung der eigenen Soldaten und Landeskinder, die man wie Hunde transportirte, dem Hunger preisgab und in den Lazarethen elend verkommen ließ? Stellen sie durch ihr Verhalten, das sie zu Mitschuldigen der Leiden auf beiden Seiten macht, nicht oas heuchlerische Maulchristenthum, das in einem Athem betet und die größten Scheußlichkeiten billigt, an den Pranger? Bekennen sie dadurch nicht sich zu einer Religion der sittlichen Entartung, die zum Himmel stinkt? Wahrlich, wie reines Gold hebt sich die schlichte und tapfere Frömmigkeit der Boeren ab von dem rostigen Blech der christlichen Civilisation Englands, das um schnöden Geldes willen den Fluch eines unterjochten Volkes und der ganzen gebildeten Welt auf sich geladen. Aber die Strafe wird nicht ausbleiben: Gottes Mühlen mahlen langsam, aber sicher. Zum Schluß nur noch ein Wort an Sie, ein Wort des Dankes für Ihren freimüthigen Artikel. Aber freilich, Ihr Voll ist so berauscht und verderbt, daß es seine wahren Freunde und seine bittersten Feinde nicht mehr von einander unterscheiden kann. Möge ihm bessere Einsicht kommen, ehe es zu spät ist. Mit vorzüglicher Hochachtung Ihr J.G. Findel. Die Wirren in China. Gestern ist, wie das „Reuter'scke Bureau" au» Washington berichtet, Vie Antwort Amerikas auf die Noten ver öffentlicht worden, in denen Mittheilung von dem deutsch-englischen Abkommen gemacht worden war. Die Veröffentlichung besagt, daß der Staatssekretär Hay am 29. October an den englischen Botschafter, sowie an den deutschen Geschäftsträger Noten gerichtet habe. Darin bestätigt der Staatssekretär zunächst den Empfang der Note, führt die beiden ersten Artikel de» Abkommen» au» und betont, Amerika hätte bereit» zu erkennen gegeben, daß r» darin die nirdergelegten Grundsätze angenommen habe. Im vorigen Jahre habe die Regierung Amerika» die in China betheiligten Mächte eingeladen, sich einer Aussprache ihrer Ansichten und Ziele m der Richtung auf den gleich berechtigten Handel mit China anzuschließen. Sie habe von allen Mächten dahin lautende, befriedigend« Ver sicherungen erhalten. Am 3. Juli habe die Regierung der Vereinigten Staaten nochmal« ihre Politik betreff» de« gleich berechtigten Handel« mit Cbina und eine» unversehrten Bestandes China» bekanntgeaeben und die Genugthuung erfahren, daß alle Machte ähnliche Anschauungen hegten. Seither habe bezüglich der zu verfolgenden Ziele zwischen allen betheiligten Nationen eine erfreuliche Harmonie gewaltet, und nur wenig Meinung«vrrschieben- heit über die Einzelheiten de« rinzuschlagrnden Wege« geherrscht. Sodann fährt Hay fort: „Mit großer Genugthuung weist mich daher der Präsident an, Sie von der vollen Uebereinstimmung der ameri kanischen Regierung mit der englischen und der deutschen Regierung über die in jenen Artikeln niedergelegten Grund sätze in Kenntniß zu setzen." Bezüglich de- dritten Artikel» fügt der Staatssekretär hinzu: ,Wa» diese« wechsel- seitige Abkommen zwischen beiden hohen vertragschließenden Mächten belrifft, so hält fick» die Regierung der Vereinigten Staaten nicht für berufen, ihre Meinung über diesen Artikel auszusprechen." „WolsfS Telegr. Bureau" berichtet aus Paris: In ihrer Antwortnote spricht die hiesige Regierung ihre Uebereinstimmung mit den in Artikel 1 und 2 deS deutsch englischen Abkommens dargelegten Grundsätzen aus und betont, daß sic diese auch bisher bei jeder sich bietenden Ge legenheit anerkannt habe. Hinsichtlich der im Artikel 3 behandelten Eventualität behält sich die französische Regierung freie Hand vor. Weitere Meldungen. * Tientsin, 31. October. In den Tanschan-Werksiätten der nordchinesischen Staatsbahn ivird unter russischer Leitung Eisenbahnmaterial hergestellt. Zwischen Tanschan und Tongku ist der Bahnkörper auf 45 üm gänzlich zerstört. Der Shanghai- kwan.Niutschwang.Linie konnten nach einer Meldung englischer Ingenieure kleine Transporte rollenden Materials zugesiihrt werden. * Petersburg, 1. November. (Telegramm.) Das bei der Beschießung der Forts von Taku beschädigte russische Kanonen boot „Giljak", daS in Port Arthur ausgebessert worden ist, hat sich dem Stillen Ocean-Geschwader wieder anges chlossen. (Wdhlt.) * Berlin, 1. November. (Telegramm.) Das Kriegsministerium theilt über die Fahrt der Truppentransportschiffe mit: Der Dampfer „Arcadia" ist am 30. October in Taku eingetroffen. An Bord ist Alles wohl. Ltimmnngsbildcr ans Peking Der „Standard" veröffentlicht wieder einen Brief seines Correspondenten in Tientsin vom 7. September, in welchem es unter Anderem heißt: Russen, Franzosen, und in der letzten Zeit sogar Japaner, machen sich ein besonderes Vergnügen daraus, unS ostentativ auf die Hacken zu treten und lachen unS offen wegen unserer Schlapp heit aus. Täglich erzählt man sich neue Geschichten von Rücksichtslosigkeiten, die man gegen englische Rechte begangen hat, die englischen Fahnen werden einfach heruntergeholt und andere an ihre Stelle gesetzt und man schiebt uns überall einfach bei Seite. Nun soll man ja nicht alle diese Erzählungen für baare Münze nehmen, aber das, was man täglich sieht, genügt vollständig. Fran zösische Soldaten grüßen ihre eigenen, sowie die russischen, und deutschen Ossiciere sehr schneidig, aber kümmern sich um die englischen Ossiciere nicht im Geringsten. DaS ist natürlich eigentlich nicht der Rede werlh, aber cS zeigt doch, welche Gefühle man uns entgegenbringt, und der Unterschied, mit welchem unsere Ossiciere behandelt werden, sowie sie mit französischen Soldaten zu thun haben, ist doch zu symtomatisch. Die Japaner fangen jetzt auch an ihre Ueberraschung über die geringe Nolle, die wir bei den Actionen spielen, auszu drücken, und machen sich offen über uns lustig. Neun Zehntel aller Häuser und Läden in Peking haben Flaggen, viele auch Placate mit Inschriften in einer west lichen Sprache ausgehängt. Manche dieser Inschriften sind recht ulkig. Jeder copirt die feines Nachbars und so sieht man häufig in einer Straße über jeder Thür dieselbe Legende. In einer der Straßen des russischen Viertels steht auf einem großen Calicot-Placat „Bitte Officier, schöner, hier gute Leute". Eine Reihe anderer Häuser legitimirt sich mit den Worten „Gott, Christenthum, Mann", und auf einem steht „Gehört Japan". Die Japaner haben reiche Beute gemacht, unter Anderem 7 Millionen Dollars Gold und 3 Millionen Dollars Silber, wodurch sie schon ein Guttheil ihrer Kosten gedeckt haben. Ob sie an diese Summen bei ihrer späteren Schadenersatz- rechnung erinnert werden, ist zweifelhaft; es liegt nun einmal in der menschlichen Natur, gewisse Kleinigkeiten zu vergessen. Die Japaner wußten beim Marsch auf Peking mehr vom Lande und der Stadt, als wahrscheinlich alle anderen Nationen znsammengenommen. Als sie Peking erreichten, wußten sie ganz genau, wo was zu holen war und machten natürlich schnell besten Gebrauch von ihrem Wissen. Amüsant und erheiternd ist die Geschichte der inzwischen weltberühmt gewordenen „Internationalen Kanone", in Peking besser bekannt unter dem Namen „Our Betsey." Ein amerikanischer Artillerist, Namens Mitchell, der zur Ge sandtschaftswache gehörte, versprach, auS einer alten Pumpe, die im Hofe der englischen Gesandtschaft verkümmerte, eine Kanone zu machen. Sofort ging eine Anzahl Marinesoldaten mit einigen chinesischen Christen, die in der Gesandtschaft Zuflucht gefunden hatten, auS, „Einkäufe", besonders an Werk zeugen und sonstigem Material, zu machen. Ueber die Grenz linien deS belagerten Distrikts konnten sie natürlich nicht hin- auSgeben, aber in den verlassenen Läden innerhalb ihres Be zirkes fanden sie nicht nur, was sie brauchten, sondern entdeckten sogar zu ihrer allergrößten Ueberraschung in einer verlassenen Schmiede eine alte chinesische Kanone, die nun natürlich schleunigst in die Gesandtschaft tranSportirt und renovirt wurde. Jetzt bandelte es sich darum Munition zu finden. Als die Russen ihr GcsandtschaftSgebäude in mehr oder weniger Panik verließen,besaßen sie noch einige Bomben, die sie, da sie kein Geschütz hatten, in den Brunnen versenkten, damit sie den Chinesen nicht in die Hände fielen. Diese Bomben wurden von Mitchell und seinen Freunden wieder berausgefischt und mit viel Genie für die alte chinesische Donner büchse zurecht gemacht. Andere Munition wurde auS zinnernen Leuchtern und Tempelbecken jeder Art, die au» einem Tempel innerhalb der „Linie" requirirt wurden, gemacht. Da» Fabriciren der Munition besorgte eia englischer Marineartillerist, montirt war „Brtsey" auf einer italienischen Lafette, chinesische» Pulver bildete die Ladung, russische Bomben wurden verfeuert und der amerikanische Kanonier Mitchell richtete da« Geschütz und feuerte e« ab. Obwohl „Betsey" nun Alle» andere, al« eine ge fährliche Waffe ist, so ließ doch die kolossale Detonation, die sie bei zedem Schüsse zuwege brachte, jedeSmal die Herzen der Chinesen in Furcht und Schrecken er zittern, und sie räumten unweigerlich jede Position, wenn „Betsey" auf sie loSgeschosien wurde. Vielleicht glaubten sie auch, die Fremden hätten beimlich Verstärkungen durch Artillerie erhalten, besonders, als zu Anfang der Belagerung von den Eingeschlosscuen so gut wie gar keine Artillerie ver wendet wurde, und weil „Betsey" fortwährend von einem bedrängten Puncr nach dem anderen gebracht wurde. Als in einer Nacht die französische Gesandtschaft hart bedrängt war, brauchte „Betfey", die man schleunigst an Ort und Stelle brachte, nur einen Schuß mit dem üblichen Getöse von sich zu geben, um die Angreifer nach allen Himmelsrichtungen davonstieben zu machen. Ihren Eigennamen hat die internationale Kanone nach Lady Mc Donald, der Frau deS englischen Gesandten, erhalten, die Elizabeth beißt. Als weiteres Curiosum erzählt der „Standard"-Corre- spondent noch, daß an den Häusern Pekings heute, d. h. am 5. September, noch Anschläge hängen, in denen osficiell, und zwar von der NegierungSgendaruicrie, für die Köpfe von Fremden folgende Belohnungen ausgesetzt werten: Männer 40 Taels, Frauen 20 TaelS, Kinder 10 Taels. Der Krieg in Südafrika. Eine Reorganisation der Boeren-Armee Das Amsterdamer „Handelsblad" hat aus einer Extra-Aus gabe des „Staatscourant" der südafrikanischen Re publik eine Verordnung abgedruckt, welche eine völlige Reor - ganisationderBoeren-Armee zum Gegenstände hat. Die Verordnung ist aus Nelspruit, 4. September datirt, also einen Tag später erlassen, nachdem die Engländer die süd afrikanische Republik durch Proklamation beseitigt haben. Die Verordnung bestimmt, daß jedes Commando oder jede Comman- dantschaft aus nicht weniger als 200 und nicht mehr als 500 Mann bestehen soll. Jede Cominandantschafr wird in Feld- cornetschaften von 100 bis 200 Mann eingetheilt, und diese wieder in Corporalschaften von höchstens 15 Mann. Eine wich tige Neuerung ist nun die, daß dieOfsiciere nicht mehr, wie bisher, von den Bürgern gewählt, sondern fortan von ihren Vor gesetzten ernannt werden sollen. Alle Generäle und Komman danten werden vom Gencralcommandanten ernannt, alle Feld cornete ernennt der Kommandant, vorbehaltlich der Zustimmung des Generalcommandanten, und die Korporale ernennt der Feld- cornet, vorbehaltlich der Zustimmung des Kommandanten und des Generalcommandanten. Alle Ernennungen von Officieren müssen auch vom Staatspräsidenten bestätigt werden. Ein zweires wichtiges Capitel der Verordnung handelt von den Pflichten der Ossiciere und bezweckt eine Verschärfung der Disciplin. Jede Corporalschaft muß „als Ganzes" zum activen Dienste commau- dirt werden, und jeder Korporal muß seine Leute „bereit zum Dienst" zur Stelle bringen. Jeden Morgen muß der Korporal einen Appell abhalten, und er ist für das Erscheinen seiner Leute verantwortlich. Jede Woche muß der Korporal dem Feldcornet darüber berichten, in welcher Zahl die Leute beim Appell er schienen sind, und der Feldcornet muß den Bericht unverzüglich — dem Zahlmeister übersenden. Was der Zahlmeister hierbei zu thun hat, geht aus einigen besonderen Paragraphen dieses Kapitels hervor, die bestimmen, daß in Folge der langen Dauer des Krieges es nöthig geworden ist, die noch im Felde befindlichen Bürger zu besolden. Jeder Bürger, der activ am Kampfe theilnimmt, erhält 5 Schilling pro Tag, von diesem Solde wird aber nur etwas über die Hälfte, nämlich der Betrag von 3 Pfund Sterling 10 Schillingen, monatlich am Ende des zweiten Monats ausbezahlt, der Restbetrag gelangt erst nach Beendigung des Krieges zur Auszahlung. Die Officicre erhalten folgende Be soldung: der Corpora! 7 Schillinge 6 Pence pro Tag, der Feld cornet 10 Schillinge, der Kommandant 12 Schillinge, der kämpfende General 15 Schillinge, der assistirende Gcneralcom- mandant 17 Schillinge 6 Pence, und der Gcneralcommandant 1 Pfund Sterling. Jeder Bürger, der an einem Tage nicht beim Morgen-Appell erscheint, verliert seinen Sold für den Tag. Alle anderen Vergehen werden durch Kriegsgericht ab- geurtheilt. Ein Kriegsgericht kann Geldstrafe bis zu 500 Pfund Sterling und Gefängnisstrafe mit oder ohne harte Arbeit bis zu einem Jahre verhängen. Es kann an Stelle dessen auch jede andere, bei civilisirten Nationen gebräuchliche Strafe verhängen. Wie ein „Mene Tekel" kam am Montag Nachmittag die telegraphische Nachricht von Pretoria in den wüsten, alle Grenzen des Anstandes überschreitenden Siegesrausch Londons, daß der Enkel der alten Königin Victoria, der allgemein beliebte Prinz Christian Victor von Schleswig-Holstein, nach vierzehntägiger Krankheit dem enterischen Fieber im 34. Lebensjahre erlegen ist. Dieser aufs Höchste bedauerliche Todesfall ist ein ungemein harter Schlag für die königliche Familie und für die englische Nation, die sich längst daran ge wöhnt hatte, in diesem Prinzen, trotz seiner deutschen Ab stammung und seines deutschen Namens, eine der militärischen Hoffnungen des Landes zu personificiren. Prinz Christian Viktor war der älteste Sohn des Prinzen und der Prinzessin Christian und gehörte der altberühmten Schlltzenbrigade, deren Ehrenoberst bereits zu seiner Zeit der Gemahl der Königin, der Prinz-Konsort Albert, war, als Major an. Er hat in Südafrika ohne Rücksichtnahme auf seine fürst liche Stellung theils im Generalstabe, theils bei der Truppe sich allen und jeden Strapazen und Gefahren ausgesetzt und sich häufig genug freiwillig für besonders riskante Missionen zur Verfügung gestellt, für welche er jedoch auf höheren Befehl gewöhnlich nicht ausgewählt wurde. Es war ihm leider nicht vergönnt, den schöneren Soldatentod auf dem Schlachtfelde zu finden, sondern das heimtückische Fieber, das der britischen Armee mehr Verluste zufügt, als Büchsen und Kanonen der Boeren, raffte ihn in der Blüthe seiner Jahre dahin, und be raubte so das englische Heer und die englische Nation «ine» wirklich tüchtigen Soldaten und eines Mannes von mehr al- alltäglicher Intelligenz und Thatkraft. Es war dies nicht das erste Mal, daß Prinz Christian Viktor für England ins Feld zog, denn schon im Jahre 1895 betheikigte er sich an dem Aschanti-Kriege, an welchem er ge meinschaftlich mit dem Prinzen Heinrich von Battenberg theil- nahm, der damals leider ebenfalls an der Malaria während des Vormarsches an Kumassi erkrankte und später starb. Ferner war er in Egypten unter Kitschen» als Hauptmann thätig und nahm auch an der Schlacht bei Omdhurrman theil, wofür er unter Anderem vom Kaiser Wilhelm mit dem Rothen
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