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Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 18.06.1926
- Erscheinungsdatum
- 1926-06-18
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1666408611-192606180
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1666408611-19260618
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1666408611-19260618
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Riesaer Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1926
-
Monat
1926-06
- Tag 1926-06-18
-
Monat
1926-06
-
Jahr
1926
- Titel
- Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 18.06.1926
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Verwaltung-rechte Wer -t« Berufsschule« Le« Wirtschaft»» mtuifterium übertragen. ES ist fraglich, ob noch der jetzige Landtag, der bekannt lich schon nächsten Monat in die Serien geben und nur bet besonderem Anlatz vor seiner Auslösung noch einmal zusaw- mentreten wird, diesen Gesetzentwurf noch verabschieden kann. Eine so schnelle Erledigung dürste auch deshalb schwierig sein, weil in der Krage der Unterstellung der Be cusSfchulcn unter das Wirtschaft- oder das Volksbildung». Ministerium in allen beteiligten Kreisen, auch innerhalb -er einzelnen LandtagSfraktioncn selbst, grotze MeinnngSver» schiedenheite« bestehen. Möglicherweise wird die Vorlage Überhaupt erst dem neuen Landtage zugehrn Gerichtssaal. Landgericht Dresden. Prozeß Michaelis. Lae am Mittwoch kur» vor 10 Uhr abends abgebrochene Sitzung wurde am Donnerstag weitergefnhrt. Die umfangreiche Beweisaufnahme ergab ein wesentlich günsiigercs Bild als seinerzeit im erstinstanzlichen Termin und in der dann darauf folgenden Berufungsverhandlung. Festgestellt wurde, datz sich der Angeklagte Michaelis zu weit engagiert und vielleicht auch überschätzt hatte. Andererseits kam aber auch mit zum Ausdruck, datz cS ihm vielleicht doch möglich gewesen wäre, seine Verbindlichkeiten ohne Konkurs zu regeln und sein damals sehr hohes Wcchseloblign im Be trage von rund 1 300 000 «loldmark doch abzudccken. Der Verteidiger beantragte die Freisprechung seines Man danten. komme das Gericht jedoch zu einer Bestrafung, dann könne höchstens eine geringe Geldstrafe auSgeworfen werden: das ergangene erstinstanzliche Urteil sei viel zu hart. Staatsanwalt Tr. Bücking hielt den TchuldbeweiS für erbracht. Der Angeklagte habe sich nach 8 NN StGB, vergangen. DaS Delikt des Betruges sei voll erfüllt: vier Monate Gefängnis erachte er in Anbetracht des Ergeb nisses der anderweiten Beweiserhebung für eine angemrs sene Sühne. Vach langer Beratung kam das Gericht auch auf eine Verurteilung im Sinne des Antrages des Staats anwaltes zu und erkannte wegen Betrugs auf vier Monate Gefängnis, woraus die damals erlittene Untersuchungshaft von einem Monat voll in Anrechnung gebracht wird In der Begründung des Urteils wurde u. a. mit auSgcführt. der Angeklagte habe sich zu weit engagiert, zu arotzc Ver» pflichtungen übernommen. Er war dadurch in eine schwie rige Lage geraten, die aber auch ihre Ursache mit m den allgemein ungünstigen wirtschaftlichen Verhältnissen hatte. DaS Gericht verkündete weiter den Beschluß, datz Ange klagter noch Verbützung eines Monats Gefängnis für die noch restlichen zwei Monate eine dreijährige Bewährungs frist zugcbilliqt erhält. ?ic LknMr AiMmchni m 8Mi. vdz. Vor dem Grotzcn Schöffengericht in Trier wird zurzeit der Prozetz wegen der Berncastler Wivzeruurnhe« verhandelt. Es handelt sich um die seinerzeit berichtete Erftiirmnnq des Finanzamts, der Finauzkasse und d«S Zollamts in Berncastel, wobei die Schranke zertrümmert, die Fenstericheiben zerschlagen, die Akten auf die Straße ge worfen und verbrannt und drei Beamte mißhandelt wor den waren. Angeklogt sind 26 Winzer aus verschiedenen Moselorten des Kreises Berncastel wegen Landsricdensbruch, Haus friedensbruch, Gewalttätigkeiten. Mißhandlung und Dach- -oschllbtgmr-, -«unter -ret als SttldelSftl-rer. Bor Ein tritt in die Verhandlung machte -er Vorsitzende die Ange klagten darauf aufmerksam, daß sie für daS «instehen möch ten, was sie getan'hätten, um dem Gericht die Möglichkeit zu geben, Milde walten zu lassen. Die Vernehmung der «»geklagte» ergab, datz eine An zahl von ihnen vom Finanzamt gepfändet worden war und mehrere sich das Geld leihen muhten, un, die rückständigen Steuern bezahlen zu können. Ein Verteidiger gab im Namen aller Angeklagten eine Erklärung ab, in der diesö feftftellcn, datz sie keine Kow- munistrn seien, und nichts mit solchen zu tun haben wollten: sie hätten auch mit dem kommunistischen Antrag im preutzt- - schen Landtag aus Niederschlagung des Verfahrens nichts zu tun. Dagegen würden sie eS begrüben, wenn durch rin be sonderes Reichsgeietz ihre Sache niedergeschlagen werde. Die seien auch keine Separatisten, sondern hätten im Gegen teil 1928 die Separatisten aus ihren Dörfern htnauSge- hauen. Auch mit einem in einer pfälzischen Bauernzcitung erschienenen Artikel, worin Unruhen nach dem Berncastler Muster als das einzige Mittel bezeichnet worden seien, womit den Winzern geholfen werben könne, hätten sie nicht» zu tun. Die drei Bürgermeister, zu deren Verwaltungsbezirk die Wohnorte der Angeklagten gehören, machten über Ruf und Führung der Angeklagten die allerbesten Aussagen. RegierungSrat Dr. Bogt, der Leiter des Berncastler Finanzamts, bekundete, datz von Anfang 1925 bis Februar 1926 im Bereich seines Amtes 186 Pfändungen vorgenom men worden seien. Die Zahl der Zensitcn des Finanzamts sei von clftmftend im Fahre 1924 auf viertausend im Jahre 1926 gefallest. Ein Zeuge bekundete, datz acht Tage vor Weihnachten ein Vollziehungsbeamter in Lösenich Leute mit Pfändungen bedroht habe, die auch durchgesührt worden wären, wenn nicht der Pfarrer den Leuten auSgcholfen hätte. ... Nach eingehender Erörterung darüber, ob daS Finanz amt bei den Stcuercintreibungen zu weit gegangen sei, äutzertc der Vorsitzende des Gerichts, dieses könne nicht unterstellen, -atz das Finanzamt mit zu großer Härte vor gegangen seil QberrcgicrungSrat Haag vom Landesfinanzamt Köln erklärte, datz er an der Art der Dtcücrcintrcibung des Fi nanzamts Berncastel nichts zu bemängeln habe. Dieses stehe hinsichtlich der Steuer-Eingänge von 39 Finanzämtern seines Bezirks an dreißigster Stelle. Am 1. Januar dS. Js. seien dort 9lVXt Posten rückständiger Steuern vorhanden ge wesen. Im Januar und Februar seien mit Hilfe von Böll- ziehungsbcamten 54 006 bzw. 47 066 Mark an Steuer ver einnahmt worden: im März. Avril und Mai. also nach den Unruhen, wurden nur 19 600, 9000 bzw. 10 066 Mark einge nommen. Der Zeuge Dr. Meyer aus Zeltingen gab seiner An sicht! dahin Ausdruck, daß cs sich bei dem Sturm auf dick staatlichen Gebäude um eine Art Masscn-Pinchose bei der Menge gebändelt habe. Die Leute seien wie Kinder ge wesen, die nicht als dcliktfähig zu betrachten seien. SIMM W SWMkl-PlW. vdz. Beilin. Im Spritschiebcr Prozeß stellte StaatS- anwaltschaftsrat Dr. Berliner solgendc Strafanträge: 1. Gegen den Angeklagten Peters wegen 14 selbständiger Handlungen, wie Bestechung, Beihilfe zum Betrug etc. unter Zubilligung mildernder Umstände auf insgesamt drei Jahre Gefll»,»tS »»tz taufe»- Mark «eltzskraf«. De« Angeklagten wer-en auf fünf Jahre -le bürgerlichen Ehrenrechte abge- sprbchen. Die Bestechun-Sgel-«r verfalle» dem Staat. Fetner wird -er Angeklagte »um Wertersatz -er der Mono- volverwaltunabt«ter»ogtznen Gpritmenge» im Gesamtwerte »»» 4 «all Üva Mark verurteilt. Der Haftbefehl tst auf,«, heben und -ie Untersuchungshaft voll ayzurechnen. 2. Gegen-en «««nagte» ve,er wegen Beihilfe »nm Betrug apf vier Monate, die Lurch die Untersuchungshaft als verbüßt anzusehe» sind. - 3. Gegen Len Angeklagte» Her»«»» Weber wegen Brandstiftung, wegen Betruges und zweier Urkundenfäl schungen _zu zweieinhalb Jahren Zuchtbau» und hundert tausend Mark Geldstrafe oder hundert «eiteren Tagen Zuchthaus und Sberkeunuug der bürgerlichen Ehrenrechte atzf fünf Jahre. Die Untersuchungshaft ist voll anzurechnen. Der Haftbefehl ist nicht aüszuheben, da Fluchtverdacht vor lieg». ' 4. Gegen Len Angeklagte» Heinrich Weber wegen Bei- Hilfe zum Betrüge und schwerer Urkundenfälschung ein Jahr Gefängnis. Die Strafe ist durch die Untersuchungs haft als verbüßt zu erachten, der Hastbefehl tst aufzuheben. b. Gegen die Brüder Stmke wegen Bestechung anstatt einer ap sich verwirkten Gefängnisstrafe von drei Monaten gegen jeden zehntausend Mark Geldstrafe. 6. Gegen Halfmau« wegen Bestechung anstatt einer an sich verwirkten Gefängnisstrafe von einem Monat tausend Mark vleldstrafc. 7. Gegen den Angeklagte« Dr. Zanttop wegen Be stechung Freispruch. Lum Schluß der Verhandlung weist der Vorsitzende, Landgerichtsdirektor Schulze, die Angeklagten noch darauf hin, datz er ihnen heute noch einmal Gelegenheit geben will, ihre bisherigen Angaben zu berichtigen, und ermahnt sie eindringlich zur Wahrheit. Ein klares Bekenntnis könne unter Umständen als strafmildernd in Betracht gezogen werden. Hierauf wurde die Verhandlung auf Freitag vertagt. Handel im- Volkswirtschaft. Die amtliche Grotzhaudelsrichtzahl vom 16. Juul ISS». Die auf den Stichtag des 16. Juni berechnete GrotzhandelS- ricktzahl des Statistischen Ncichsamts ist gegenüber dem 9. Juni um 9,4 v. H. auf 124,2 gestiegen. Bon den Haupt gruppen haben die Agrarerzeugnisse um 0,7 v. H. auf 124,5 angezogen, während die Jndustriestosfc um 0,2 v. H. aus 123,6 nachgegebcn haben. An der Berliner Börse war das Effektengeschäft am Donnerstag wider Erwarten gering bei vollkommen abge schwächter Tendenz. Am Rentenmarkt behauptete sich die sünfprozentige Reichöanleihc auf etwa 0Z95 Prozent. Etscn- bcchnaktien waren durchweg abgeschwächt, Schiffahrisakticn schwankten stark im Kurse. Durch erhebliche Rückkäufe in den späteren Börscnstunden konnten die anfänglichen Bcr lustc größtenteils, wieder cingeholt werden. Bankaktien waren durchweg abgeschwächt, ebenso die führenden Montan- vapierc. Köln-Neuessen büßte drei Prozent ein. BuderuS, Bochumer und Schlesische Zink je zwei Prozent. Elektro werte und auch die Chemischen Werte lagen durchweg schwach. Die bisher so begehrten Papiere der Farbenindu strie verloren dreieinhalb Prozent. Am Markt der Ma- schinenaktiek konnten sich nur Äutomobilwertc halten. Der Satz für tägliches Geld war 3)^ bis 5^, für Monatsgcld 5>.- bis 6tz Prozent. Der Privatdiskont blieb unverändert. mißfiel ihm gründlich. Sollte etwas Wahres an den Verdächtigungen sein, die auf der Börse unter dem Siegel der tiefsten Verschwiegenheit von Mund zu Mund gingen? Er wußte wohl, daß Zahlungsschwierigkeiten bestanden, aber daß das alte, hochangesehene Bankhaus wanken könne, eine solche Möglichkeit hatte er noch nicht in Be tracht gezogen. „Sie müssen Herrn Petzold wecken, Gabriel,* sagte er laut, „es handelt sich um eine sehr wichtige, unaufschieb bare Angelegenheit. Lord Moory ist hier und wünscht sein Depot zurück. Fragen Sie den Herrn, ob wir ihn im Empfangszimmer erwarten dürfen.* „Gut, Herr Howald, ich werde Ihren Auftrag aus richten.* Es wurde still zwischen den beiden Männern. Gegen seinen Willen drängte sich dem Engländer wieder und wieder ein süßes Mädchengesicht auf, Awei blaue Augen lachten ihn schelmisch an. Wie hatte Irmgard ihn doch bezaubert durch ihre sonnige Heiterkeit, durch ihr kindlich zutrauliches Wesen! Im Geiste sah er sie bereits durch die hohen, weiten Räume seines väterlichen Schlosses schreiten, und sein Herz hatte vor stolzem Glück höher geklopft, wenn er sich ver gegenwärtigte, wie man ihrer holden Schönheit huldigen, wie man ihn um sein kostbares Kleinod beneiden würde. Freilich hätte es mit den Vorurteilen des erlauchten Vaters, mit den Lieblingsideen seiner abgöttisch geliebten Mutter einen erbitterten Kampf gegeben. Aber mit welchem Eifer würde er gegen alle Hindernisse angerungen haben, und wie bald hätte sich wohl der Unwille seiner Eltern in hohe Befriedigung verwandelt! Das war nun alles vorbei, Irmgard selbst Halle all seine Träume, das Glück seiner Zukunft vernichtet. Mit einem tiefen Seufzer schreckte er aus seinen Be trachtungen auf und blickte verstört um sich. Es war tiefste Stille um ihn her. War er allein? Nein, dor tam Fenster stand der Buchhalter und blickte in den düsteren unwirtlichen Abend hinaus. , Wie lange Zeit war verstrichen? War es eine halb Stunde, waren es nur Minuten gewesen? Soeben wollte er seiner Ungeduld Ausdruck geben, als am Telephon die Klingel ertönte.... Gabriel hatte leise bei seinem Herrn angeklopst, da er ihn schlafend wähnte. Es wurde aber'sogleich geöffnet, und der Diener sah, daß sein Gebieter eiftig geschrieben hatte. Eine ganze Anzahl loser, eng beschriebener Blätter lag auf dem Arbeitstisch, Petzold» Äugen erschienen rot umrandet von der anstrengenden Arbeit. „Entschuldigen Sie, gnädiger Herr,* sagte der alte Diener flüsternd, „ich komme im Auftrage des Herrn Ho wald. Lord Moory ist unten und wünscht sein Depot zurückzunehmen — aber um Himmels willen —" „Keinen Lärm — hörst du — ?* Petzolds bleiche Lippen flüsterten es in versagendem Ton, seine schlanke Ge stalt taumelte, glitt in den nächsten Sessel und brach dort ohnmächtig zusammen. Als Gabriel den Ausruf tat, hatten die Züge de» Bankiers sich jäh verändert, Leichenbläsfe überzog sein Ge sicht, es war, als habe ihn ein vernichtender Schlag ge troffen. Der alte Diener war nicht umsonst im Dienst er graut. Er begriff sofort, daß hier viel auf dem Spiel stand und von seiner Ruhe und Besonnenheit abhing. - Er netzte die Schläfen des Ohnmächtigen mit kaltem Wasser und rieb seine Handflächen, trotzdem er sich selbe« kaum aufrecht halten konnte. Seine Pulse flogen, er befand sich in einem furchtbaren Aoyflikt.. Konnte er es verantworten, daß ^r hier allein mit dem Ohnmächtigen blieb? Wenn Ser Bankier unter seinen Händen starb, dann traf ihn, den Diener, die ganze Wucht des schweren Unglücks.^ Ob er Irmgard rief? Aber wozu sie unnötigerweise beunruhigens Es konnte sich auch nur. um leichte Bewußt losigkeit, eine Folge der Ueberänstrengung, Händeln. In den zärtlichsten Tönen rief er den -kämen seines Herrn, und endlich schlug Petzold zu seiner großen Freuds die Augen auf. , Matt blickte er um sich, ohne Interesse, ohne sich zu regen.- t. „Gnädiger Herr, kommen Sie zu sich,* bat Gabriel unter Tränen. „Lord Moory wünscht Sie zu sprechen, aber, nicht wahr, Sie können ihn heute nicht mehr emp fangen. Ich werde ihn bitten, morgen wiederzukommen.* Der Name „Moory" schien den Bankier zu elektri sieren, eine fahle Röte überzog sein Gesicht. „Was wollte der Engländer?" fragte er leise, fast stammelnd, „fragte er nach meiner Tochter?" „Nein, gnädiger Herr, Moory ist mit Herrn Howald im Konferenzzimmer, es handelt sich, wie ich vorhin schon sagte, um die Herausgabe eines Depots." Sekundenlang starrte Petzold mit geisterhaftem Blick ins Leere. ... Dem Diener gingen kalte Schauer üher den Rücken. „Man erwartet eine Antwort von Ihnen, gnädiger Herr,* mahnte er zaghaft, halbtot vor Angst. Petzold strich mit zitternder Hand über die bleiche Stirn. „Wie spät ist es: Gabriel?* „Bald -alb neun, gnädiger Herr, die Bureau» sind längst dunkel." „Dann kann der Lord nicht verlangen, daß ich mich noch in eine geschäftliche Konferenz mit ihm einlasse. Sage, daß ich morgen vormittag um zehn für ihn zu sprechen bin. Howald möchte noch auf ein paar Minuten zu mir heraufkommen.* . Der Diener richtete den Auftrag aus. Moory konnte jedes Wort verstehen. Unmutig erhob er sich. „Ich kann Len Herrn Bank er nicht zwingen, sich mir gefällig zu erweisen. Es ist seine Schuld, wenn Differenzen zwischen uns entstehen." Howald entgegnete kein Wort. Mit ausgesuchter Höf lichkeit gab er Moory das Geleit. Frostig verabschiedeten < sich die beiden Herren. Dann fuhr der Wagen mit dem Engländer davon. Langsam kehrte der Buchhalter in da» Konferenzzimmer zurück, schwer lastete es auf seiner Seele. Doch er fand kein« Zeit, sich seinen Gedanken hinzu geben. Gabriel fragte durch» Telephon an, ob er bereit sei, zum Chef zu kommen. Howald bejahte und stieg die Treppe hinauf. Da» Herz war ihm schwer. Er wußte, daß Petzold mit Zahlungs schwierigkeiten zu kämpfen hätte. Ebenso war es ihm be kannt, daß der Lord der schönen Irmgard all jene zarten Aufmerksamkeiten erwiesen hatte, die auf ein tiefes, inniges Interesse schließen kaffen. Was war geschehen, daß der: Engländer plötzlich sein Devot zurückosrlangte und sich so steif und reserviert be nahm ? - Gabriel öffnete ihm die Tür zum Prioatkabinett seine» Chefs, der seinen Buchhalter stehend erwartete. Petzold lehnte am Schreibtisch, der Lampe den Stücken zugewendet, so daß der Einttetende nicht sogleich gewahren konnte, wie bleich und entstellt das Gesicht de» Bamters war. „Begreifen Eie da», Howald?*, rief er ihm entgegen, „heute vormittag sprach der Lord noch in der freund schaftlichsten Weise bei uns vor. Ich sah, daß er meiner , Tochter" prachtvolle «uuuen gebracht hat. Er hat mir mehrfach die Versicherung gegeben, daß ihm alles daran gelegen sei, mein Wohlwollen und Irmgards Huld sich zu »werben.; wie soll ich mir demgegenüber sein jetziges Ber- halten erklären, das nahezu an Feindseligkeit grenzt?" Alfreds Gesicht war noch ernster geworden. Was er da hörte, entsprach seinen eigenen Beobachtungen. E» war für ihn längst kein Geheimnis mehr gewesen, daß der reiche, vornehme Engländer sich um Irmgard bewarb. „Des Lords verändertes Wesen läßt nur eine Deutung zu,* sagte er zögernd. In demselben Moment blitzte auch in Petzold die Ahnung dessen auf, was geschehen war. Er wurde asch- fahl. „Sie glauben, daß Moory meiner Tochter einen Antrag gemacht hat und zurückgewiesen worden ist?* meinte er mit stockendem Atem. „Ganz recht, Herr Petzold, und meine Vermutung wird wohl zutreffen, denn ich sah den Lord am Vormittag, als er aus dem Wägen stieg, er hatte den Mantel schon ab- geworfen und erschien im Frack und weißer Weste mit der feierlichen Miene eines Menschen, dessen Schicksal von der Nächsten Stunde abhängt. Ja, ja, je länger ich nachdenke, umso klarer wird es mir, daß Lord Moory sich heute einen Korb geholt hat. Denn er war nicht lange hier, und als er das Haus wieder verließ, verrieten seine Bewegungen Zorn und heftige Erregung." Es fiel Petzold nicht auf, daß sein sonst so schweigsamer Buchhalter mit auffallender Lebhaftigkeit sprach, und daß er des reichen Engländers Kommen und Gehen mit be sonderem Interesse beobachtet hätte. Der Bankier war vernichtet. Ihn traf die Erkenntnis, Laß die reiche Heirat, die er für seine Tochter mit jeder Fiber erstzhnt hatte, nun zur Unmöglichkeit geworden war, wie ein tödlicher Schlag. Wie bittere Vorwürfe machte er sich nun darüber, daß er es versäumt hätte, zur rechten Zeit zu handeln. Irm- gqrd war ihm stets eine zärtliche, liebevolle Tochter ge wesen ; wenn er sie gebeten hätte, die Werbung des Lords ayzunehmen, so hätte sie es sicher getan, selbst wenn der Engländer ihr gleichgültig war. Hätte er sie wenigstens nicht fortgeschickt, so wäre wohl noch eine Verständigung mit dem beleidigten Lord möglich gewesen» wie über Vie Dinge nun lagen, konnte er nichts, gqr nichts unternehmen, und doch konnte, wollte er nicht daran glauben, daß alles verloren sei. „Sie haben recht, Howald," sagte er endlich, da» lastende Schweigen unterbrechend, „es wird zu einer Er- klarüng zwischen den jungen Leuten gekommen sein, und meine Tochter war wohl töricht genug, ohne mich zu fragen, ein großes Glück von sich zu weisen. Ich hoffe Lard Moory davon zu überzeugen, daß nur Mädchen- lamten schuld daran sind, daß Irmgard nicht sogleich die ihr zugedachte Ehre zu schätzen wußte. Ich werde den Ldrd morgen selbst empfangen und alles tun, um die Versöhnung zwischen ihm und der kleinen Widerspenstigen herbeizuführen." Howald erschrak. Wollte der Bankier seine einzige Tochter zwingen, den Engländer zu heiraten ? Fast schien es so. Denn freiwillig würde Irmgard in diese Heirat nicht willigen, dessen war er sicher. Irmgard gehört« zu den ursprünglichen Frauennaturen, die entweder, ohne sich lange bitten zu lassen, dem Geliebten ihr Sein anv«r- trauen, oder gelassen auf Rang und Reichtum verzichten, um nur da» eigene Herz vor bitteren Enttäuschungen zn detpahren. ' ^Fortsetzung.)
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