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Dörfer: überall blühende Bäume in den Gärten, blühen- de Kinder auf den Straßen. Und als wir fast am Ziel waren, erklangen die Kirchenglocken, von drei, vier Dör fern, näher, ferner, zugleich: und dann nachher in der fremden Dorfkirche standen zwei große Pfingstmaien reOs und links neben dem Altar, die Orgel klang und die Gemeinde sang und der Pfarrer sprach vom Seist, der lebendig macht. Abend«, als wir spät nach Hause fuhren, grüßte uns aus dem Gebüsch das Lied der Nachtigall, noch au» dem Dunkel der Nacht ein seliges Singen vom Leben. „Es ist ja gar kein Leben mehr" — so stöhnt heute alle Welt. Wie Winteröde liegt's auf allen Völkern und Menschen. Es ist Mai — es ist Pfingsten: laßt uns glauben an den schaffenden Gott, glauben an den Geist, der da lebendig macht: glauben, d. h. das Herz ihm öffnen, daß er herein kann. Wenn ich in meiner Stube die Fenster nicht öffne, kann die wonnigste Maienluft nicht herein — wenn ich m«in ganzes Wesen nicht weit auf mache, kann der Geist nicht herein. Mach's nur auf, der Geist will herein — und du wirst es bald merken: der Ge'stistes.d-rlebendigmacht- Vie Vfinastbraut Von . SourihS-Mahle, Dora Volkner stand am Fenster und schaute mit trüben Augen hinaus m den Garten. Draußen auf der Straße gingen die Menschen mit Fliederbüschen und Birkenlaub im Arm vorüber — fast alle mit frohen, erwartungsvollen Gesichtern. Es war Pfingstsonnabend und jeder wollte wenigsten» ein paar Blüten, einen Maien- strauß zum Pfingstfest im Haufe haben. Dora Lolkner hatte den ganzen großen Garten, der ihre Billa umgab, voll blütenduftender Herrlichkeit, aber in ihrem Herzen war kein Abglanz von all dem Pfingst- zauber. Ihre Gedanken weilten in der Vergangenheit. Lor drei Jahren — ja, da war auch in ihr ein seliges Singen und. Klingen gewesen, damals, als sie die arme Dora Haller war, die das Gnadenbrot im Hause der reichen Verwandten aß und die doch so reich, so königlich reich gewesen war im Bewußtsein, geliebt zu werden von dem Manne) zu dem sie aüfsah in gläubigem Vertrauen. Sie wußte, er würde für sie und für sich ein sorgenloses Dasein schaffen, wenn auch in bescheidenen Verhältnissen. Und an jenem Pfingstfest vor drei Jahren, da war tete sie aus sein Kommen — auf seine Werbung bei ihren Verwandten. Aber er war nicht gekommen — vergeblich hatte sie gewartet. Und einige Tage später war sie ihm auf der Straße begegnet und er hatte kalt und förmlich den Hut gezogen und war wie ein Fremder an ihr vor- beigegangen. Bis ins Herz getroffen, war sie hcimgegan- gen, und da sagt« ihr die strenge, kaltherzige Tante: „Dok tor Hans Werder war da und hat sich verabschiedet, er hat sich einer Expedition nach Tibet angeschlossen." Damals war etwas in ihr gestorben, was nie wieder lebendig geworden war. Und dann kam ein stolzer Trotz über sie und sie verschloß sich nicht mehr dem dring lichen Zureden ihrer Tante, den reichen Privatgelehrten Doktor Volkner zu heiraten. Doktor Volkner war ein be rühmter Forscher, der jahrelang im Ausland gelebt hatte und nun ein geruhiges Leben an der Seite einer jungen Frau führen wollte. Kaum ein Jahr nach der Hochzeit zog es den Nimmer müden wieder hinaus in die Welt. Er unternahm «ine Forschungsreise nach Asien und ließ seine Frau allein. Dora wurde dadurch nicht schmerzlich betroffen, sie wurde nur dadurch, daß auch ibr Gatte nach dem kremden Erd ¬ tell ging, wieder recht deutlich an Hans Werder erlnnerr, der ja den gleichen Weg gegangen war. Still und zurückgezogen lebte sie in der schönen gro ßen Villa ihres Gatten. Am zweiten Jahrestag ihrer Hoch zeit bekam sie ein Telegramm von seinem Diener, daß sein Herr bei einem Unfall ums Leben gekommen sei. Dora war erschüttert, aber nicht ins Herz getroffen durch diese Nachricht. Sie betrauerte in ihrem Gatten einen vorneh men, gütigen Menschen, aber keinen, den sie geliebt hatte. An alles dies dachte Dora, als sie mit trüben Augen in den blühenden Pfingstzauber starrte. Müde wandte sie sich endlich ab vom Fenster und nahm ein Buch, das sie von ihren trüben Gedanken ablenken sollte. Etwa eine halbe Stunde hatte sie so gelesen, als ihr der Diener einen Besuch meldete. Er reichte ihr die Karte, die.dieser abgegeben. Gleichgültig griff sie danach und sah darauf nieder — da durchzuckte sie ein heißes Erschrecken. Äffte sie ein Spuk — oder stand da wirklich der Name, der noch immer alles in ihr aufrührte? Dr. Hans Werder! Sie sah den Diener an wie eine Erscheinung. Und dieser verneigte sich und sagte halblaut: „Es ist einer von den deutschen Herren, die unseren hochseligen Herrn Doktor damals retteten." Dora rang mit ihrer Erschütterung und sagte heiser: „Führen Sie den Herrn Doktor in das Empfangszimmer." Wenige Augenblicke später stand sie vor Hans Wer der. „Was verschafft mir die Ehre, Herr Doktor?" Er richtete sich auf, als werfe er eine Last von sich. „Ich komme im Auftrag Ihres verstorbenen Herrn Gemahls. Sie wissen, daß ich in Tibet mit ihm zusammentraf?" „Ich erfuhr es eben erst von unserem Diener — Ihren Namen hatte er mir nicht genannt. Sie waren unter den Rettern meines Mannes?" — „Ja, leider konn ten wir sein Leben nicht erhalten. Er — er starb in meinen Armen und bat mich, Ihnen seine letzten Grüße zu bringen, wenn ich in die Heimat zurückkehren würde." Sie lud ihn zum Sitzen ein. „Ich danke Ihnen, Herr Doktor," sagte sie mit einer fremden, kalten Stimme. Auch sie nahm Platz. Eine Weile blieb es still zwischen ihnen, dann sagte Hans Werder plötzlich heiser: „Dora — sagen Sie mir eins — waren Sie glücklich an der Seite Ihres Gatten?," Sie schrak zusammen und wurde totenbleich. Ihre Augen sahen ihn seltsam leidvoll an. Statt aller Antwort fragte sie mit zitternder Stimme: „Weshalb sind Sie da mals fortgegangen — ohne Abschied — weshalb gingen Sie auf der Straße mit kaltem Gruß an mir vorüber, nach allem, was zwischen uns lag?" Er umkrampfte die Sessellehne. „Warum? Wissen Sie das nicht?" — „Nein." — „Nein? So sprach Ihre Tante nicht in Ihrem Auftrag?" Betroffen sah sie ihn an. „Ich verstehe Sie nicht." „Nun, Ihre Tante sagte mir an jenem Pfingstsonn- .rbend, daß ich Ihrem Glück im Wege stehe, daß es ge wissenlos von mir sei. Sie festzuhalten. Ich würde Sie mit ins Unglück reißen und Ihnen eine reiche Zukunft zerstören, wenn ich nicht von Ihnen ablassen würde. Sie selbst seien nur zu zaghaft, mir das zu sagen." Dora fuhr auf und stand hochaufgerichtet vor ihm. „Das also war es — deshalb gingen Sie fort und ließen mich allein mit der Qual meines Herzens, das an ver ratene Liebe glaubte? Und ich nahm im Trotz die Be ¬ werbung meines Gatten an, weil ich mich von Ihnen ver raten glaubte. Sie wollen wissen, ob ich glücklich gewor den bin, Hans Werder? — Nein — nein — tausendmcll nein, mein Herz schrie nach Ihnen, alle Zeit, obwohl ich Sie meiner unwert wähnte." Auch er war aufgesprungen. Ihre Hände in die seinen fassend, sagte er erregt: „Wie das meine nach dir, Dora. Man hat sich an uns versündigt. Ich liebe dich, wie ich dich immer geliebt habe, ich konnte dich nicht vergessen. Dora — vor drei Jahren wollte ich dich fragen, ob du de» armen Hans Werders Gattin werden wolltest — so frage ich dich heute nach drei Jahren —, Nebst du mich noch?" Sie sah ihn an mit einem Blick, der ihm ihre ganze heiße Liebe verriet. Er riß sie in seine Arme und preßte feine Lippen auf die ihren. „Meine Dora— endlich mein — fühlst du es, daß wir glücklich sein können — du, meine holde Pfingst- braut? Nun doch noch mein." Und sie hielten einander fest und sahen sich in di« Augen und vergaßen alles über ihrer großen Liebe. Vflngsthymne Von Arthur Gil-erglelk vu hast dich unsrer SHnung lang verschlösset» And schienst geflüchtet zu der Sterne Lauf. Aufbraust du wieder pfingstlich ausgegossen And brichst aus jedem Snospenwunder auf. And erbst die Stimmen sanfter Frühlingswindt And zwitscherst süß aus jungem Amfelruf, Und wandelst Traum um Traum zum Gotteskinde, Der uns ein Abbild deiner Schönheit schuf. Dich rauscheu aller Wipfel Vawpropheken, And alle Silberborne singen dich. Die Veilchen preisen dich in Hauchgebeten, Dich grüßt der Fiedler schlanker Bogenstrich Uralte Orgel donnert dir im Dome, Du schlichtest ihren Llangregisterstreik, Und über alle blaffen Traumphantome Glüht deine farbenvolle Wirklichkeit. Wer horte dich nicht rufen, rauschen, raunen Im Wechselspiel von Zqchir und von Sturm?, Wen ließ nicht deine Erzmusik erstaunen. Du ewiger Glöckner in der Menschheit TurmL Mit psalmeastarkem klöppelschwunge lade Uns in dein blaues Wolkenhochzeitshaus Und gieß' die Jubelströme deiner Gnade Au unfern ewigen Seelenpfingsken ausl -Dlk öftl (ÄdüMt Von Hans-Ioachim Ahr. von Reihensieist Es war einmal ein König. Der hatte keinen männ lichen Erben, sondern nur drei Töchter. Die waren sehr schön. Aber sie brachten ihm nur wenig Freude. Denn sie waren eigenwillig und eisig stolz. Je älter der König wurde, um so mehr sorgte er sich, wer wohl einmal sein Land erben und mit glücklicher Hand regieren würde. Schließlich hatte er einen Einfall.- Er verheiratete seine stolzen Töchter an drei Männer ganz verschiedenen Standes, die sich gerade eifrig um sie bewarben. An einem atlasblauen Pfingstmorgen, als die Glocken über das ganze Land läuteten, wurde mit großem Pomp die dreifache Hochzeit gefeiert. Und als sie vorüber wap, da rief der König»seine drei Eidame zu sich in sein aller geheimstes Geheimkabinett. „Ihr könnt nun schalten und walten, wie ihr mögt," sprach er. „Aber Pfingsten übers Jahr, wenn die Glocken wieder rufen, dann sollt ihr hier vor mir erscheinen, mA euren Frauen. Und dann werdet ihr mir Rechenschaft geben über das, was ihr inzwischen getan habt. — Nutzet die Zeit; denn der Würdigste soll mein Reich erben." Der eine war ein Königssohn aus einem benachbar ten Reich. Der war zufrieden, daß er seine schöne jung« Frau bekommen hatte, und zog mit ihr in einen tiefen Wald, wo er keinen Menschen traf. Am Rande eine» stillen Sees schien es ihm endlich einsam und heimlich