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thettt,nachdem er,an Kuhnert kurz vorher per Postanweisung au« Berlin 60 M. gesandt hatte. Breuschuch legte Berufung et« und bestritt, daß er in betrügerischer Absicht gehandelt habe. Die Berufungsinstanz de« K. Landgerichts Dresden sprach heute den Beschuldigten mangels ausreichenden Beweises frei. — Aus verschiedenen Gegenden wird berichtet, daß sich die befiedertcn Boten de» Frühlings, die Staare, wieder ein gestellt haben. — Sachsen» Brauereien haken im Jahre 1897 trotz de« naßkalten Sommers einen bedeutenden Umsatz gehabt, sodaß der Reingewinn wiederum die Höhe des Vorjahre« er« reicht. Bon nicht unwesentlichem Einflüsse auf den Consum der deutschen Biere war die politische Bewegung in Deutsch- Oesterreich und die damit im Zusammenhang stehende Boy- kottirung czechischer Biere. Der Import an ausländischem Bier ist da(er zurückgegangen, dachr ist aber das deutsche Bier, gebraut nach Pilsener Art, in hohe Ausnahme gekommen. Die Verluste, die also im vorigen Sammer die Ungunst der Witterung dem Braugewerbe zusügle, sind durch die politische Strömungin gewisser Beziehung wieder wett gemacht worden. Im ganzen Königreiche Sachsen waren im vorigen Jahre 686 Brauereien im Betriebe, welche tnSgesammt 4 379 001 Ist erzeugten. An Malzsteuer waren dafür 2 821727 Mk. zu entrichten. E« steht auch für die ferneren Zeiten zu Hessen, daß die deutschen Biere immer mehr in Ausnahme kommen, da sie den ausländischen an Geschmack und Bekömmlichkeit keineswegs nachstehen. Und daß damit unsere heimische In dustrie nur unterstützt wirb, ist ja schon oft genug ertönen worden. — Zu ß 5 des sächsischen BereinSgesetze-, nach welchem Versammlungen, deren Zweck es ist, Gesetzesübertretungen oder unsittliche Handlungen zu begehen, dazu aufzusordern oder dazu geneigt zu machen, verboten sind, hat da« Mi nisterium des Innern eine Verordnung erlassen, in welcher darauf hingewiesen wird, dap, bevor die Behörde eine Ver sammlung verbietet, in unzweideutiger und erkennbarer Weise -um Ausdruck gekommen oder mit Sicherheit anzunehmen sein muß, daß die Versammlung die bezeichneten Handlungen zum Zweck hat. Kann dies nicht ohne Weiteres angenommen «erden, so soll die Behörde die Versammlung zulasten aber thatkräftig einschreiten, wenn Aeußerungen gethan werden, welche den Strafgesetzen widersprechen oder eine Aufforderung oder Anreizung zu Gesetzesübertretungen oder unsittlichen Handlungen enthalten. Strehla. Von der Stadt ist die hiesige Cavillerei mit 8 Acker Land, sowie ein neben dem Schießhause gele gener Feldplan von 2 Ackern angekauft worden, um etwa vorhandenen Baulustigen Bauland zu cioilen Preisen über lasten zu können. Großenhain. Der vermißte Schreiberlehrling Paul Hommel aus Naundorf hat sich bereit» wieder gesunden. Er war zu Verwandten nach Liebenwerda gegangen, die ihn heute wieder zurück zu seinen Eltern brachten. Dresden. Vorgestern Abend ist gegen zwei Ma- thildenstraße 35 zusammen wohnende Damen ein Raudver- such unternommen worden. Um die bezeichnete Zeit hat in die Wohnung der Damen ein Unbekannter, unter dem Vor geben, er komme im Austrage des Bruders der beiden Damen, Einlaß begehrt, ohne Weiteres mit einem harten Gegenstände, vermuthlich mit einem Stocke, auf die ihm öffnende Dame losgeschlagen und ihr hierbei eine Wunde am Kopfe beige bracht. Durch das Geschrei der Angegriffenen ist der Bursche, ohne seinen Zweck erreicht zu haben, zur Flucht veranlaßt worden und hat da» Hau» in Begleitung eine» anderen Un bekannten, der auf der Treppe Posten gestanden zu haben scheint, verlassen. — Weiter wird von einem anderen Raub anfall berichtet: Am Dienstag Vormittag ist bei einer Tröd lerin auf der Schönfelderstraße Nr. 9 em junger Mensch er schienen und hat Stiefel kaufen wollen. Da er keine paffen- de« gefunden hat, ist er fortgegangen, um angeblich das Tröd lergeschäft von Richter, Kamenzer Straße, aufzusuchen. Ge gen r/,10 Uhr ist er jedoch wieder im ersteren Geschäfte er schienen und hat die allein anwesende Frau gebeten, sie solle nochmals nachsehen, ob er nicht etwa« Paffendes bekommen könnte. Die Krau hat, um zu suchen, sich gebückt und dem Menschen dabet den Rücken zugekehrt. Diese Situaiion har der Unbekannte benutzt und ihr mit einer daliegrnden Schau fel drei Schläge über den Kopf versetzt. Die Frau har nach ihrem Manne gerufen, darauf ist der Attcmäier emflohen. Zittau. Eine» Raubanfall verübte in Niederooerwitz ein HandwerkSbursche auf die 70 Jahre alte Wittwe Weber. Dieselbe hatte dem Menschen einen Pfennig gegeben, doch »ar ihm nicht entgangen, daß die Frau noch mehr Geld bei sich besaß. Die« forderte er nun von der Frau, und al» dieselbe sich weigerte, packte er sie und drückte sie gegen die Wand, Auf die lauten Hilferufe der Frau Weber cilre eine Stubennachbarin hinzu und der freche Räuber ergriff schleunigst die Flucht, wurde aber bald eingesangen und dem Amtsgericht Zittau zugeführt. Schirgiswalde. Bon einem tragischen Unfälle wurde hier ein Bräutigam betroffen. Dieser wollte feine Braut zur Kirche abholen, und der Hochzeitszug sollte sich per Schlitten rach der Kirche begebe«. Der Bräutigam hatte schon im Schlitten Platz genommen, al- einer der anderen Schlitten vorbeifuhr. In demselben Augenblicke schlug eins der Schlittenpferde nach der Seite aus in den Schlitten hinein, wo der Bräutigam saß und traf ihn so unglücklich an» Bei«, daß sofort eine klaffende Wunde entstand. Die LrauungSfeierichkcit konnte noch von statten gehen, obwohl dem Bräutigam der kurze Weg zur Kirche viel Mühe und Schmerzen verursachte. Crimmitschau, 23. Februar. Im benachbanen LeitelShain brach gestern Abend in der 10. Stunde im Fa- brÜ-Etablissement von Pfau u. Hcymer im Scheersaale ein Brand au». In dem Raume, in welchem das Feuer aus- gcbrochen war, lagerten gegen 100 Ballen Wolle, von denen 10 bereits von» Feuer ergriffen worden waren. Da- Feuer hatte bereit» eine Decke durchbrannt, konnte aber, ehe eS fich noch weiter verbreitete, durch Hineinschleudern größerer W«sser- «affeu rechtzeitig gelöscht werden. Der entstandene Schaden ist nicht unbeträchtlich. Waldheim. Unser neue«, schöne» Bolk-bad ist nun mehr vollendet und seit dem 18. d. M. der allgemeinen Be nutzung übergebe«. Da» Bad entspricht allen Anforderungen, die eine zeitgemäße Gesundheitspflege a« rin solche- Institut stellt. — Für unser neue» Rathhaus find die Zeichnungen für den engeren Wettbewerb von de« Herren Architekten Schilling und Giäbner in Dresden und Werdenbach in Leipzig fertiggestcllt worben. Mit dem Abbruch de» alt n Rath- Hauses, welches 1811 erbaut ist, wurde bereit« begonnen. In zwei Jahren hofft man den Neubau, dessen Kosten auf 200000 Mk. geschätzt sind, vollendet zu haben — Reichenbach, 23. Februar. Der Bau des neuen Webschulgcbäude-, eine Angelegenheit, die seit de« Jahre 1890 dir städtischen Behörden beschäftigt, ist gestern in der Stadtverordnetcnfitzung beschlossen worden. Das Kollegium trat dem Rathsbeschlusse bei, wonach der Plan de» Herrn Baumeisters Otto Paul, der einen Kostenaufwand v. 115000 M. verursachen wird, Annahme sand. Die Staatsbethilfe zu dem Bau beträgt 15000 Mk., der Beitrag der Fabrikanten 20000 Mk., so daß die Stadt ein Opfer von 80000 Mk. bringt. Der Neubau kommt neben die neue zweite Bezirks schule zu stehen und benöthigt eine Fläche von 726 qirt. — Hochgradige Tollwuth hat Herr BezirkSthierarzt Möbiu« au» Plauen an dem kürzlich hier erschlagenen Hunde sestgestellt. E» wurde sofort Hundesperre angeordnet. Der tollwüthige Hund war von Waldenburg i. S. hierher gelaufen. Von den Gebissenen soll ein junger Mann au» einem hiesigen kaufmännischen Geschäft bereits erkrankt sein. Reichenbach i. V., 22. Febr. Wie verlautet, wird da» neue Amt«gericht GaSbeleuchtungScinrichtung erhalten- Für die Säle, die Verwaltvngsräume, Korridor» usw. de» AmtSgerichtSgebäude» ist die Einrichtung von rund 400 Flam - men, zum Theil mit Centralzündung, für das Gefangenenge bäude ziemlich die gleiche Anzahl Brenner vorgesehen, sodaß die Beleuchtungsanlage de» gelammten Neubau» nahezu 800 Flammen umfassen wird. Leipzig. „Hier wird einseitig verhandelt!" Diese Bemerkung machte der Privatier Kurt W. in einer Ver handlung, die gestern vor dem hiesigen Schöffengericht statt fand. Die Verhandlung, die eine Privatbeleidigung zum Gegenstand hatte, sollte vertagt werden und ein Zeuge, den der Privatbeklagte W. nochmals vorgeladcn haben wollte, wegen seiner auf die Anklage in gar keiner Beziehung stehen den Aussage nicht abermals g laden werden. Hierüber in Erregung versetzt, rief der Beklagte W. dem Gericht zu: „Hier wird einseitig verhandelt". Tine eintägige Haststrase, zu deren Verbüßung Herr W. sofort abgeführt wurde, war die Strafe für seine Ungebühr. Lu» dem Reiche. Ju Lauchstädt schoß der verheirathete 50 jährige Familrenoater Albert Schneider mit ihrer Zustimmung die 17 jährige Fabrikarbeiterin Luise Hentschel in dir Brust und dann sich selbst in den Mund. Beide find schwer verletzt. Die sUrjaches ist unglückliche, Liebe. — Ein im Herbsteen 1896 vom Schwurgerichte zu Frankfurt a. M. weg Raubansalls auf ein Mädchen zu sieben Jahren Zuchthaus verurthcilter Händler Namens Ringsdorf wurde vorläufig sreigelassen, da Zweifel an seiner Schuld entstanden find. Der Fall wird aufs neue das Schwurgericht beschäftigen. — In Neckarhausen bei Ladenburg wüthete ein großes Feuer. Zahlreiche Wohnhäuser nebst Scheunen und Stallungen find von den Flammen zerstört worden. — In Feuerbach wurde der 70 jährige Schuhmacher Fauser ermordet. Al- Thäter wurden sein Sohn und dessen Haushälterin verhaftet. — Der allgemeine Neun - Uhr - Ladenschluß wird vom 1. März er. ab in der Stadt Bielefeld zur Einführung gelangen. Bon diesem Tage ab find alle Läden um 9 Uhr zu schließe«, zu gleicher Zett hat auch die Beleuchtung der Schaufenster aufzuhören. Ausnahme« find gestattet für die Zigarrenläde«, die bi» 10 Uhr offen bleiben können. Für alle Geschäfte frrigegebe« find die Tage vor Sonn- und Feiertagen, je acht Tage vor Ostern urd Pfingsten, sowie der Ronat Dezember. Die Ueberwachung der Durchführung de» Beschlüsse» wurde dem Vorstände des Verein» übertragen. — In Gräfin«» bet Stadtilm warteten die OrtSeinwohner am vergangenen Sonntag vergeblich auf da» Läuten der Glocken. Die Läuter streikte«, da ihnen trotz wiederholter Eingaben eine Lohn erhöhung nicht gewährt worden war und sie sich mit dem alten Lohnsätze von vier Pfennigen nicht begnügen «ollen. Der Kirchendiener hat infolge dessen drei andere genügsamere Läuter angestellt. — Die Münchener find glücklich. Di». Sigl berichtet mit Begeisterung: Da» heurige Märzen bier des HofbräuhauseS ist vorzüglich gerathe«. Alle» ist de- süßen Biere» und seine» Lobe» voll. E» ist beinahe lebens gefährlich, sich «inen Stuhl oder Krng zu erobern, so un geheuer ist der Andrang. — Außerordentlich hohe Geldstrafen hat da« Landgericht Trier verhängt. E» verurtheilte den Wein- und Sprithändler Fiedler we-en Zolldefraude zu 123,094 Mk., 20,636 Mk. und 22,528 Ml., de« Mitan- vertagten Gastwirt und Küfer Konrad Koch wegen Be günstigung der Spiritusdefraudation in eine« Kalle, zu 30,774 Mk. und 22,374 Mk. (Werthersatz), ferner ebenfalls wegen Begünstigung den Gastwirt Johann Hrrckel in KönigS- machern zu 10,607 Mk. und 7660 Mark Werthersatz). Die Gefahren Sibiriens. In Ei» und Schnee fast uwgekommen, wären zwei Europäer im Norden Sibirien-, die sich auf der Jagd so weit nordwärts gewagt hatten. Der Norden der Riesencolonie Rußlands ist eine Gumpfsteppe, die auf viele Meilen ost kein Obdach, kein menschliches Wesen aufweist. Die Fremden hatten, mit der Gegend unbekannt, sich verirrt und find, vor Kälte und Entbehrungen halbtodt, von jakutischen Jägern aufgesunden worden, die sie in Pflege und nach bewohnten Gegenden Mitnahmen. Die Namen der Gerettete« kennt «an nicht. Die Nachricht von ihrer Auffindung ist aber de« Generalgouvrrneur der Provinz mitgethellt worden. HauS- und LandwirthschaftlicheS. Sind kalte oder warme Wiener besser zur Vernichtung von Insektenlarven? Man sollte meine«, diese Frage sei selbstverständlich dahin zu beantworten, daß die kalten Wüster den Insektenlarven schädlicher sind, al« die warmen, aber die Landwirthe find, gestützt auf lange Er fahrung, anderer Ansicht. Sie sagen, ein warmer Winter, in dem nur hin und wieder einmal eine kalte Periode ver kommt — was ja schließlich wohl in j s m warmen Wmtcr der Fall ist — sei wirksamer. Exicte Bcochachtungen de» englischen Naturforschers 8. O. Howard bestätigen die Richtig keit der Ansicht der Landleute. Die Erklärung für diese allerdings paradox erscheinende Thatsache liegt in Folgendem I« Beginn des Winters graben sich die Larvcn so tief in: tue Erde ein, daß sie auch gegen den stärksten Frost geschützt sind. Wird nun aber die Temperatur gelinder, so kommen dre Larven mehr an die Oberfläche, und wenn nunmehr auch nur kurzer Frost einsetzt, so können, dem die Larvcn nicht «ehr widerstehen, denn bis in geringe Tiefen dringt ja die Kälte noch ein; sie sterben also in weit größerer Anzahl, al» wenn sie bei dauerndem Frost tief in der Erde geblieben wären — und so kommt es, daß in der That gelinde Winter mit kalten Intervallen sür die Insektenlarven die gefähr lichsten sind. KmAk Dchrlchtm M SkleMk-Lr vom 24 Februar 1828. 8 Berlin. Der Kaiser hat sich bei einem gestern un ternommenen Spaziergang eine starke Erkältung zugezogen. Er sühlte sich schon bet de« am Dienstag im Schloß abge haltenen Fastnachtsball unpäßlich, uxd batte gestern mit hef tiger Heiserkeit zu kämpfen, so daß er sich kurze Zeit Schonung auserlegen muß. — Nach einer Meldung aus KrtedrichSruh sind gestern Abend Graf Herbert Bismarck und Graf Henkel v. Donnersmarck dort eingetroffen. Das Befinden des Für sten darf als im Ganzen zufriedenstellend bezeichnet werden, doch macht das Gehen noch immer Beschwerden. Berlin. Nach der Abendtafel hatte der Kaiser gestern eine Besprechung mit dem Staatssekretär de» Auswärtigen Bülow. Der Kronprinz hat in den letzten Tagen in Plön das Fähnrichcxamen bestanden. 8 Kassel. Bei einem Zusammenstoß zweier Züge auf der westfälischen Bahn, hinter Warburg, sind 18 Wagen zer trümmert worden. Menschen sind nicht zu Schaden gekommen. 8 Hamburg. Die „Hamb. Nachr." veröffentlichen unter der Ueberschrift „Schutz 'der ReichSverfaffung" einen ersichtlich vom Fürsten Brsmarck herrührenden Artikel, welcher daran anknüpft, daß die socialdemokratischen Abgeordneten nach eigenem Geftänbniß Diäten bezögen, wodurch die Reichs verfassung verletzt werde. Die Untersagung des Bezug» jedweder Entschädigung habe bei Herstellung der Verfassung das Aequivalent sür das allgemeine und geheime Wahlrecht gebildet. Ls sei nun die Frage, ob ein Reichstag, welcher in der Verfassung nicht conform, bercchtgt sei, die Reichstags functionen auszuüben, und ob die verbündeten Regierungen berechtigt seien, den Verkehr mit einem solchen Reichstag ab zulehnen. Die nächste Aufgabe der Regierung würde sei«, sich die Gewißheit zu verschaffen, welche Mitglieder des Reichs tag- Diäten beziehen, und dadurch ihr Anrecht auf Theil« nähme am Reichtag verlieren. Man habe Grund zu der Frage, ob es nicht angezeigt sei, daß der Kaiser eine Botschaft an den Reichstag richte, worin er zu strikter Ausführung der ReichSverfaffung auffordert. § Bozen. Seit gestern herrscht in Südtirol wieder volles Winterwetter. Au» allen Gegenden werden Schnee fälle gemeldet und der Verkehr ist überall gehemmt; eit herrscht auch großer Wassermangel. 8 Brüssel. Mehrere Abgeordnete haben einen Ge setzentwurf in der Kammer eingebracht, in welchem die Dienst zen bei der Infanterie auf 15 Monate herabgesetzt wird. 8 PariS. Al» gestern im Zolaprozeß die Geschworene« sich zur Berathung zurückgezogen hatten, herrschte im Saale eine unbeschreibliche Erregung. Nach dem Wiedereintritt der Geschworenen verlas der Obmann den Wahrspruch. Gegen Zola und den Herausgeber der „Aurore" wurde auf schuldig mit Stimmenmehrheit erkannt. Der Präsident verlas da» Urtheil. Emil Zola erhielt 1 Jahr Gefangniß und 3000 Fr». Geldstrafe, der Herausgeber der „Aurore" 4 Monate Gesängniß und 3000 Fr». Geldstrafe. Der Gerichtshof hatte zur Berathung de» Urtheil» nur 10 Minuten gebraucht. Nach Verlesung de» Urtheil« brach i» Saale großer Jubel au», welcher fetten» der O'ficiere uud ihre» Anhänge» keine Grenzen kannte. Zola schien wenig erregt zu sein, machte aber seiner Verachtung in de« Ausdruck Luft: „Diese Kani- balen." Zola» Bertheidiger werden innerhalb der drei vor geschriebenen Tage ein Cassationsgesuch einreiche«. Die Ent scheidung hierüber dürste erst nach mehreren Monaten zu erwarten sein. Die Nachricht von der Verurtheilung erregte insofern allgemeine Erregung, al» ein etwaiger Freispruch blutige Scenen im Gefolge gehabt haben würde. -f Paris. Die Strafe Zola» ist die höchste zulässige. Da» Publikum im Saale, auf den Gängen und vor dem Justizpalaste wurde wie vom Taumel ergriffen; stürmische Hochrufe am die Armee wechselten mit den Rufen: „Nieder mit Zola! Tod den Juden!" Zwischen den Anhängern beider Parteien ersolten Prügeleien; zwei Verhaftungen wurden vor genommen. Um 7 Uhr 50 Mtn. verließ Zola den Justiz palast; ein gewaltiges Getöse entstand, man wollte hinter dem Wagen herlauft». Ein großes Polizeiaufgebot schützte Zola. Die Wohnung Zola» ist durch Polizei geschützt. Die