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8 versetzte Chester kalt, ,)ob er freilich von dieser Erinne rung wird leben können, ist eine andere Frage, aber zum Glück ist dies ja nicht meine Sorge. Adieu einstweilen I" Sich leicht verbeugend, schritt Mary Chester dem nah-m Wäldchen zu, ihren Gegner in gerechtem Aerger zmücklassend. Drittes Kapitel. „Adele, willst Du nicht endlich einmal daS schreck liche Stricizeug aus der Hand legen? Es macht mich krank, das stete Klirren der Nadeln zu hören." Mary Chesters Stimme klang etwa wie die eines unartigen Kindes; sie lehnte in einem ebenso hübschen wie eleganten weißen Mrrgenkleid auf der Ottomane der Veranda und „fing Grillen", wie ihre Cousine ihr jetzt lachend sagte. Beim Frühstück, welches die beiden jungen Damen vor etlichen Stunden zusammen einge- nominen hatten, war Mary noch seelenvergnügt gewesen, als aber Frau York, dis Haushälterin, später erschien, um mit der jungen Herrin das Menu für den Mittags- tisch festzustellen, erklärte Mary verstimmt, wenn sie täglich in dieser Weise gequält tverden solle, wolle sie lieber fasten — Frau York möge auf den Tisch bringen, was ihr beliebe; worauf die Haushälterin sich auf seufzend entfernt hatte. Bald darauf bat der Berlvalter, Mß Mary möge die Bücher nachsehen, welcher Vorschlag indes auch nicht Marys Beifall hatte, und so ritt Herr Thorne aufs Vorwerk und brummte dabei vor sich hin: „Möchte wissen, was Miß Mary heute hat — «offenbar ist sie mit dem linken Fuß zuerst aufgestanden." Nachdem Mary auch am Klavierspiel keine Freude gefunden und de» neuesten Roman nach kaum zehn Minuten in die Erre geschleudert hatte, sagte Adele necrcnd: „Mary — bist Tu vielleicht heute schop unten am Wren gewesen und hast Du dir dort Deine Verstim mung geholt?" „Ach nein — ich war nicht wieder dort," antwortete Mary beschämt, „aber Du hast insofern recht, als mir noch jetzt die Galle steigt, wenn ich an de» unverschämten jungen Herrn denke! Weißt Du, daß er mich kindisch nannte?" „Wirklich? Tat er das?" frug Adele lachend, „nun. Du wirst dich wohl so benommen haben, daß er dich noch für ein Kind halten mußte." „Durchaus nicht — ich war sehr gesetzt und würde voll," rief Mary heftig. „Ci, wie hast Du denn das gemacht?" forschte Adele mit gutmütigem Spott. „Ach Adele — Du traust mir auch gar nichts zu," schmollte Mary. „Im Gegenteil, ich war nur überrascht durch Deine Behauptung, der Herr habe Dich kindisch genannt, ob gleich Du dich gesetzt und würdevoll benommen habest. Ucbrigcns, wie sah der Fremde denn aus, Mary?"' „Eigentlich sehr hübsch," mußte Mary zugeben, „er war groß und schlank, aber dabei kräftig gebaut, hatte braunes, loätges Haar, so etwa wie Deines, Adele, dunkle schöne Augen, eine schöne Nase und einen sehr hübschen Mund mit einem reizenden dunklen Schnurrbärtchen." „Na — im Notfall könntest Du seinen Steckbrief ab- sassen," bemerkte Adele lachend; „Tu scheinst Dir den Herrn sehr genau angesehen zu haben." „Las mußte ich doch auch," verteidigte sich Mary, „er trug braune, lange Strümpfe, Kniehosen, eine braune Lodenjoppe und ein kleines Lodenhütchen — außerdem rauchte er eine kürze Pfeife." „irr rauchte eine Pfeife — nun, da wäre ich gleich dattongelausen," rief Adele lebhaft; „gewiß war er ein Wilddieb — denke nur, wenn er Dich überfallen hätte." Fortfetzung folgt. .: ' - . fk. Ueber Männer und Frauen wird sehr verschieden geurteilt, aber es ist gewiß interessant, eine Anzahl solcher Aussprüche nebeneinander zu stellen: Wir Männer müssen die Wissenschaft «oder Kunst der wahren Liebe erst lernen, dem Weibe ist sie angeboren. . . (Leixner.) Der Mann fragt sich: „Ist sie meiner würdig? Kann sie mir genügen?" Tas Weib aber fragt: „Bin ich seiner würdig? Kann ich ihm genügen?" (Mantegszza.) Das Weib trifft das' Richtige, der Mann sinoet eS. (Sirius.) Tie Schönheit des ManneS besteht in seinem Geist, der Geist der Frau in ihrer Schönheit. (Lesage.) „Ter" Mann und „ein" Weib, daS ist eine Wahrheit der Gegenwart. (Seeger.) Ter Mann ist das Hirn, die Frau aber das Herz der Menschheit. (Samuel Smiles.) Die Männer philosophieren besser über das mensch liche Herz, aber die Frauen lesen besser darin. (Rousseau.) DaS Weib duldet, wenn eS leidet, der Mann leidet, wenn er duldet. M Haek.) Das Weib sieht tief, der Mann sieht weit. Dem Manne ist die Welt das Herz, dem Weibe ist daS Herz die Welt. " MabVe.) Zwischen Männern ist von Nawr bloß Gleichgültig keit; aber zwischen Weibern ist, schon von Natur Feind schaft. Schopenhauer.) Man macht den Frauen den Borwurf, sie seien ober» flächlich. Und dennoch gilt ihr« Liebe niM so sehr dem Aeußerlichen wie die des ManneS, (D. Haek.) In der Gesellschaft hören die Männer einander zu, die Frauen betrachten einander. (Chinesisch.) Tie Eitelkeit der Weiber, selbst wenn sie nicht größer als die deS Mannes sein sollte, hat das Schlimme, daß sie sich auf ganz materielle Tinge wirst, nämlich aus ihr« persönliche «Schönheit und nächstdem äks Flitter, Staah Pracht. '. (Schopenhauer.) Die Frau ist ein Juwel, der Man» Mutz sie imr zu schätzen wisse». , Meeh.), j Vieles kaufen, waS entbehrlich, Ist bedenklich, ja gefährlich Früher schrankenlos im Kaufen, Wirst du, wenn die Fonds verlastfen, Unentbehrliches vermissen. Und Wohl gar verkaufe« müssen. Men denen, die sich mit gewissen Dingen Mrirus Liebhaberei beschäftigen, ist mehr daran gelegen, daß st« etwas tun, als daß etwas, getan werke. Goethe, - * - Die zu große Hast, sein« Schild für eins Verbind lichkeit abzutragen, ist eine Art Undank. (Laüochefoucauld.) Rätselecke. Aufgabe. Welche Zahl ist um ebenso viel kleiner als ISO», wie ihr 82 fache- größer al- ISO- ist. * » Schlüffe! und Auflösung au- voriger Nummer: Setzt man statt der Zahlen der Thiffreschrift die entsprechenden Vokale, also » statt l, s statt 2 usm., dann statt jede» Konsonanten der Thiffreschrift den zweitfolgenden Konsonanten de» Alphabet«, so erhält man: U „Ein neue» Jahr — eine neue Zettl tzreurt euch, die ihr glücklich seid! , , . - Und M ihr trauert, vergeßt da» Lest!,, ... L,; > Ehl Hchritt nun weiter zur Ewigkeit! Druck und Verlag von Langer L Winterlich, Ries«. — Für di« Redaktion verantwortlich: Edwin Pla-nich Riesa. Mesa, b« 8 Jaaaar ISS«. Der Erbstreit. Novelle von Horaz Beer. Autorisierte Urbersrtzung von A. Geisel. Nachdruck verboten. Erstes Kapitel. „Ach, es ist doch Herrlich, wieder daheim zu sein," ruft Mary Chester, hurtig aus dem Bett springend, in ihre» Schlafrock schlüpfend unbi bas Fenster öffnend; ,,h-ier isi'S doch Hundertwal herrlicher al« MderSwo, — io, wie habe ich das Reisen so satt!" Dio runden Arme auf da- Fensterbrett stützend, blickt Mary mit glänzende» Augen über die herrlichen Blumenbeete und die Bäume deS Park- hinweg zu den bläulich schimmernden Hügeln im Westen, und halb Unbewußt murmeln die Voten Lippen: „Mein lwbeS, alte- Chesters)», — jetzt bleiben wir dauernd bei sammen." Ungeduldig auf den Knopf der elektrische» Glock« brückend, setzt sich Mary Ehester wtü>er auf den Rand ihres Bettes; jetzt Pocht es leise, und gleich darauf er scheint die Zofe der junge« Lame mit einem Deebrett, auf welchem eine Schale dampfenden DeeS und ein Deller mit Toast und Butter stehen. „O, Sava,'— komme« Äs endlich, ist Mß Morden schon auf? RaM kleben Sie mich an," rief Miß Chester lebhaft. Sara, ei» rotbäckiges, jungeS Ding, letzte daS sil bern« Deebrett behutsam auf dm Tisch und knixte bann Kalb verlegen. . „«Huren Morgen, Miß Mary, — ja so, Mß Chester," stammelt» sie unsicher. „Mein Gott, Sara, Si« vergeßlich Sie sind," laMe Mary, „nun, ist Miß Morde«, schon auf?" „Ja, — wein, ich weiß es nichjt,Mitz M-> Miß Chester," versetzte Sara stockend. „Hm, — ich habe alfa die Wahl zwischen Ihre» drei Antworten, Cara," bemerkte Mary gleichmütig; ,,rs wird am sichersten sein, wem: ich selbst nach meiner Cochrus sehe; wenn ich auch nur wüßte, wie ich Ihrem Gedächtnis aushelfen könnte! Hält; jetzt hab' ich'S! Jedesmal, wenn «Die mich Miß Martz anstatt Miß Chester nennen, werde ich Ihnen eins Ihrer netten, klei nen, dunklen Löckchen abschneiden; was meinen Eie dazu, Sara?* , „Ach Gstk, ach Gott, Mß Martz — Wollte sagen Mb Chester, — dann bin ich Morgen kahl geschoren!" „Ich glaub'- selbst,'1 lachte Miß Chester lustig auf, „alfo ausgepaßt, Sara!"- * Zwei Stunden später saß Mary Chester Sm Schreib tisch ihres „ArbeitHimmers"; zahllose Bucher, Hefte, Konvplute mit Papieren und Rechnungen lagen um sie herum, und ihr von kastanienbraunem, locttgem Haar tunrahmtes Gesichtchen trug einen äußerst wichtigen Ausdruck. Ihr gegenüber saß ein alter, derber Mann, der langjährige Verwalter Von Chesterton; er war schon zu Zeiten Von Marys Großvater der Gutsverwalter gewesen und hing mit rührender Treue an seiner jungen Herrin. An dem Tage, da sie geboren worden, hatte ihre >orm^ junge Muster die Augen W« ewigsn Schlaf -ge- sG,j,en,«nd sWs Jahre später war Marytz Väter - Hä einem Hmzkerriit mit demHferdk gestürzt Md auf der Stelle tot geblieben, «seitdem warm fünfzehn Jahre verstrichen; direkt «ach des Vater- Dod hatten Marys CrMler an der Elbe. Bellet». «r-ttSseil-z« zu» „Mes«er T-reBkott". «I. s. Vormünder, ihr Onkel mütterlicherseits, Lord valnwr«, wtd ihr Onkel väterlicherseits, Morley Chester, der groß« Bankier in London, die kleine Waise einer wshHabm- dm, unverheirateten Dante, die in «righsm lebte, -ne Erziehung ««vertraut, und während dieser ganz« Zeit war Mary nicht wieder nach Chesterton gekommen. Ttz letzten zwei Jahr e hatte die Dante mit ihr und eine« anderen Nichte, Adele Morden, auf dem Kontinmt zu- gebracht; «oele hatte jetzt die Cousine nach Chesterton begleitet, und Miß FerrerS, die Tante, war nach Brigh- hon heimgelchrt, nicht ohne Martz zu versprechen, sie werd« sie demnächst in Chesterton besuchen. Mary »ar ganz erfüllt von der Bedeutung und Wichtigkeit ihres neuen Stellung als Unumschränkte Herrin von Chester- ton; sie trug sich mit Plänen für Verböserungen und Neuerungen, und Mr. Thome, der Verwalter, Härte mit offenem Munde zu, dl» sie ihm jetzt auSeinander- setztk, waF sie alle- zu tun gedenke „Tank Ihrer Umsicht und Sparsamkeit, Mr. Thome," schloß sie ihren Vortrag, „kann ich meine sämtliche« Pläne baldigst in Ängrif, nehmen, und als Zeichen meiner Dankbarkeit für Ihre treue Verwaltung bitte ich Sie, dies in Z^Nnft"tragen zu wollen, Mr. Thorne* „Dies" war eine massiv goldene Uhr samt ehmsolche« Kette; der Verwalter strahlte vor Freude, sagte aber in seiner bescheidene« «äse: „Ta- ist viel zu viel, MD Mary, — ich habe doch nur meine Pflicht getan." „Gan- recht, Mr. Thorne, — wenn jeder auf Erden seine Pflityt täte, stände es besser um die.Menschheit,* antwortete Mary ernst; dann «ahm sie die alte silbern« Uhr des Verwalter» aus dessen Westentasche, .steckte di» nme an deren Stelle, befestigte die Sette au der Weste Md meinte dann lächelnd: „Es «acht sich Danz hübscht Mr Thorne, und nun wollen wir zu unseren Geschäftes zurückkehren. Hier ist ein Posten, dm ich nicht VSlliP verstehe, — was haben denn die Herren Chase, uw- Jvugley fÜe un- getan, daß wir ihnen so viel Geld' zahlen mußten? Hier sink einmal 300 Pfund Sterling- an die Firmen gezahlt Worden, dann 500 Pfund Ster il ng und zuletzt 430 Pfund Sterling, — da- sind zu sammen über 1200 Pfund Sterling in einem Iah«." „Ach ja. Miß Mary, — er ist der unselige Prozeß der all diese Beträge und noch mehr verschlungen hat. Hat nicht Ihr Onkel, Mr. Morley Chester, Ihne« ein mal von der Sache erzählt? Chester gegen Alto« geht'- seit vollen dreißig Jahren; als Sie geboren wurden;, hctte der Prozeß schon zehn Jahre gedauert." „Ach ja, — jetzt erinnere ich mich, daß Onkel Mor ley von dec Sache sprach," nickte Mary, „nicht wahr, Herr Alton »var ein widerwärtiger aller Mann, der Besitzungen aus dem andern Ufer des Wren hatte, und dem Großvater das Recht, im Wren zu fischen, streitig machte? Soviel ich weiß, handelte es sich auch um eine Brücke, die uns gehörte, was der alte Alton nicht zu geben wollte, — und diese uralle Geschichte spielt als» immer noch?" „Leider ja. Miß Mary, aber es dürste jetzt doch bald ein Ende nehme: mit dan-Prozeß.Wieich höre, geht'ö den Altons herzlich schlecht. Ter Großvater Alts» ist vor zek« Jahren gestvrb«, Md feine ENkeh zwei verwaiste Geschwister; können. sich kau« -mehr Kalten. JGe AeMÄWGrutchflSSe^sMechhs;-^ äetzts» Ccholle mit Hypotheken überlastet, und da sie nicht imstande sind, die Zinsen zU zahlen, werden die Hypothek«-