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Beilage z«m „Riesaer Tageklatt". «otatlvnSvatS «d »«tag va» Laag«, t Winterlich M Rlesa. - Mir die «edaMo» v«aMv>»rtlichr i. v.: Arthur Hähne! in Mai«. isi. D«merstag, IS. August 1S09, «be«»s. «2. Jahr,. AtW tze« Dresdner Gewervekammervericht. Ktü Zöre-dner GeiSerbekammer hat jetzt den ersten Lett ihre« Berichtes! auf das Jahr 1908 herauSgegeben, der den Geschäftsbetrieb und die äußere Tätigkeit der Kammer behandelt. SuS der umfangreichen Tätigkeit der Lämmer sei da- Hauptsächlichste den Bezirk Riesa speziell Betressende zusammengefaßt und im Auszuge hier wieder gegeben. Ter Bericht sagt unter anderem: Zu dem Vorschläge, der dahin geht, daß in Mesa Meister-Prüfungskommissio nen neu errichtet Werden mögen für die Gewerbe der Glaser sowie der Maler und Lackierer, ist die Kammer zunächst dadurch veranlaßt worden, daß sie die Bildung von Kommissionen für die nämlichen.Gewerbe in Meisten angeregt hatte. Dazu kommt, daß in Riesa während des letzten NmtszeitraumeS der Meister-PrüfungSkommissio- nen, nämlich im Jahre 1906, eine Maler-Innung ge- gründet Worden ist, sodaß die Bestellung Don Beisitzern, zumal auch eine Maler-Innung in Großenhain besteht, kein« Schwierigkeiten hat; eine Glaser-Fachinnung be steht wenigstens in Großenhain, ferner ist in Mesa >rnd in Lommatzsch das Glaserhandwerk in gemischten In- nungen vertreten, sodaß auch hier Snnungsmitglieder zu Beisitzern herangezogen werden können. Der Bezirk, der für die beiden neuen in Mesa zu errichtenden Prüfungskommissionen vorgeschlagen ist, ist derselbe, den die übrigen in Mesa bestehenden Kom missionen haben. Als im Berichtsjahre Bürgermeister Dr. Dehne in Mesa wegen Ausscheidens aus der Stadtverwaltung auch den Vorsitz der Meister - Prüfungskommissionen dort niedttlegte, wandte sich der Jnnungsausschuß zu Großen hain an das Ministerium des Innern Mit dem Gesuch, den Sitz der Meister-Prüfungskommissionen von Riesa nach Großenhain zu verlegen, da sich hier ein Innungs ausschuß gebildet habe, während in Riesa ein solcher nicht vorhanden sei. Das Gesuch Wurde vom Ministerium an die zuständige K'reishauptmannschaft abgegeben, und ton dieser wurde die Kammer zur Begutachtung nufge- fordert Sie konnte jedoch, als sie die Angelegenheit gleichzeitig mit der vorher behandelten Frage der Errich tung neuer Prüfungskommissionen beriet, nicht dazu ge langen, die Verlegung von Meister-Prüfungskommissio nen nach Großenhain zu befürworten, sondern mußto vielmehr darum ersuchen, das Gesuch des Jnnungsaus- schusses dort abzulehnen. Würde nämlich der Sitz der setzt in Mesa befindlichen Prüfungskommissionen nach Großenhain verlegt, so würden sich die Riesaer Hand werker dadurch beschwert fühlen, daß die Kommissionen oon Riesa genommen werden, trotzdem diese Stadt doch an Einwohnerzahl Großenhain übertrifft. — Tine in die ser Frage zwischen Riesa und Großenhain bestehende ge wisse Gegensätzlichkeit würde noch schlimmer in die Er scheinung treten. Kenn der Amtsgerichtsbezirk Lom matzsch von der nördlichen Prüfungskommission abge- ztöeigt und etwa den Meißener Kommissionen zugewiesen würde, da jetzt die Beisitzer aus Lommatzsch gewisser, maßen eine zwischen den Riesaer Md Großenhainer Bei sitzern vermittelnde Rolle spielen können. Dächte man nun etwa daran, die Prüfungskommissionen in Riesa be stehen zu lassen, aber in.Großenhain besondere Prüfungs kommissionen zu errichten, so hat Hie Kammer auch da gegen schwere Bedenken geäußert. In diesem Falle wür den die Beisitzer und Ersatzbeisitzer einer jeden Kommis sion sämtlich einer einzigen Innung entnommen werden müssen. Dabei wäre es sehr fraglich, ob alle Innungen, für deren Handwerk jetzt in Riesa Kommissionen bestehe», stark genug sind, um die nötige Anzahl wirklich geeigne ter Beisitzer aufzubringen. Aber selbst für die am häufig- sten vertretenen Gewerbe, deren Angehörige sich in star ken Innungen zusammengeschlossen haben, würde ein auf den Amtsgerichtsbezirk Großenhain beschränkter Prüf- ungsbezirk zu klein werden; es würden die Prüfungen zu selten- stattfinden, als daß sich eine bei Prüfungen so ganz besonders wichtige Erfahrung bilden könnte. Die Kammer hat daher auch d en letzteren Weg nicht für gang- bar erachtet und es für das allein zweckmäßige gehalten, Sitz und Bezirk der Prüfungskommissionen in Riesa zu belassen wie bisher. Sie ist jedoch den . Wünschen der Großenhainer Handwerker dadurch entgegengekommen, daß sie die Stellen der Beisitzer bei den Prüfungskommis sionen in Mesa nach Möglichkeit zwischen Riesa und Gro ßenhain (und Lommatzsch) gleichmäßig zu verteilen sucht. Tie jkeishauptmannschaft hat dem Bericht der Kammer entsprechend das Gesuch des Jnnungsausschusses zu Großenhain abgelehnt. Von den 185 Handwerkern, die int Jahre 1908 bei der Kammer um Zulassung zur Meisterprüfung nach, gesucht haben, bestanden 149 die Prüfung; 6 dagegen nicht. Zwei Handwerker zogen ihr.Gesuch zurück; nicht vollständig Karen die Gesuche von 3 Handwerkern, auf zwei Gesuche erklärte sich die Kammer für unzuständig; 16 Gesuche konnten erst 1909 Erledigung finden. Vom 1. Dezember 1905 bis 30 November 1908 legten im gan zen 437 Handwerker die Meisterprüfung ab. Die Kammer faßte den wichtigen Beschluß, fortan nur selbständige Handwerker zur Führung des Meister titels für berechtigt zu erachten. Den Grund hierfür sieht sie daran, daß nach dem Sprachgebrauch der Gewerbe ordnung unter Handwerker nur selbständige Handwerker, nämlich Personen, die nicht nur Lehrlinge anleiten, son dern auch selbst Lehrlinge halten dürfen, zu verstehen sind. Am Schlüsse des I .cs 1908 bestanden im Bezirke der Gewerbekammer im ganzen 263 Handwerker-In nungen, von denen 170 freie und 93 Zwangsinnnngen waren. Der Rückgang gegen Ende 1907 erklärt sich aus der Verkleinerung des Kammerbezirks infolge Abtrennung der Amtshauptmannschaften Oschatz und GrimMa mit 83 Innungen. Tie SchneiderzKangsinnung in Großenhain hat sich Ende 1908 aufgelöst. Nus ein Ersuchen des Rates zu Dresden uM eine gutachtliche Aussprache darüber, ob die Durchführung einer Mindestruhezeit von neum Stunden an den Aus- natzmetagen vom Ladenschluß angängig ist, äußerte sich die Kammer dahin, daß sie eine solche Einführung für untunlich hält; denn an den AusNahmetägen muß vom Inhaber bis zum jüngsten Hilfsarbeiter"Unter Anspannung! aller Kräfte gearbeitet werden, um das Festgeschäft zu erledigen. Will man die Arbeitszeit beschränken, so müß ten die AusNahmetage vermehrt Werden. llebrigens ist auch seitens der Angestellten noch keine Beschwerde laut geworden. Gegen die Heraufsetzung der Unpfändbarkeitsgrenze für das Einkommen der Angestellten Md Arbeiter über 1500 Mark sprach sich die Kammer in Vertretung des Schutzes der oft ausgenutzten Handwerksarbeit aus. Dem vom Reichsamt des Innern.aufgestellten vor läufigen Entwurf eines Gesetzes zur Abänderung des Ge- seges zur Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbes stimmte die Kammer unter der Voraussetzung zu, daß der Entwurf keine Milderung erfährt. Nach Annahme des Antrages Spieß in der Zweiten Ständekammer auf Einführung einer Umsatzsteuer .für Kleinhandelsgroßbetriebe wurden die sächsischen Gewerbe- kammcrn um Meinungsäußerungen vom Ministerium d'eS Innern angegangen, worauf die Dresdner Kammer ant wortete, daß sie nach wie vor für eine solche Besteuerung eintreie. Tie Anwendung irgendwelcher Mittel zur Ver hinderung einer Abwälzung der Steuern vyn den Waren hausbesitzern ,auf deren Lieferanten erachte sie zwär kaum für möglich, jedoch agch nicht für unbedingt notwendig. Tie Vorschriften der Gemeindesteuerordnung der Stadt Chemnitz seien als Unterlage nicht genügend. Dem Landes verbünde der Handwerkergenossenschaften waren Ende 1906 34 Genossenschaften angeschlossen, wovon 7 ihren Sitz im Bezirke der Gewerbekammer Dresden haben. Gerichtliche Entscheidungen haben die Verwendung von Kokosnuß statt Mandeln zu „Kaisermakronen" als Nahrungsmittelfälschung und als strafbar erklärt. Im reellen Handelsverkehr verstehe Man unter „Makronen" ein Gebäck nur aus Eiweiß, Zucker und Mandeln. Fälle, in denen Handwerker und Gewerbetreibende von Unfall oder anderen Privatversicherungsgesellschaften eine nach, tettige Behandlung, zum Beispiel durch sofortige Kündi gung nach dem ersten Unfall erfahren haben, bittet die Kammer, ihr unter genauer Darlegung.des Sachverhalts einzuberichten. Um bei der bevorstehenden Umwandlung und Neu- ordnung der Reichsversicherungsgesetzgcbung der Bewege ung, die sich gegen die Innungkrankenkassen richtet, er- folgreich Widerstand leisten zu können, wurde auf Ec- suchen des Deutschen Handwerks- und Gewerbekammer- tageS eine Umfrage bei sämtlichen Innungen des Be- zirkes veranstaltet. Trotz Belassung einer längeren Frist und ungeachtet schriftlicher Mahnung Kar eine Antwort von 14 Innungen nicht zu erlangen. Bei 248 Innungen bestanden am 1. April 1908 19 Jnnungskrankenkassen mit 11003 versicherten Personen. Auf Ersuchen des Stadtgemeinoerates zu Gottleuba! befürwortete die Kammer die an hie Ständeversamm lung gerichtete Eingabe auf Herstellung einer Eisenbahn verbindung mit Böhmen durch Wetterführung der Strecke Pirna—Gottleuba bis zur Landesgrenze, da dadurch das große Kohlenbecken bei Arbcsäu i. B aufgeschlossen und der Weg für die Zufuhr böhmischer Kohle nach Sachsen abgekürzt würde. Einige von der Kammer unterstützte Fahrplanverbesserungen auf sächsischen Strecken sani^n Berücksichtigung. Endlich schloß man sich dem Ersuchen mehrerer Stadt- und Landgemeinden um Erbauung einer elektrischen Straßenbahn Dresden—Pirna mit Abzweig ung von Miigeln nach Dohna M. Zur Kreta-Frage. Zwei Meldungen von größerer Wichtigkeit liegen heute vor. Die erste betrifft dieNiederholung der grie- chtschenFlagge. Diese Nachricht besagt: Kanea, 18. August. Dine au» Matrosen der Schutzmächte zusammengestellte Kompanie landete heut« morgen 5 Uhr, holte die auf der Festung am Ein gänge des Hafens wehende Fahne herunter und beseitigte den Flaggenmast. Nach Zurücklassung einer internationalen Schutzwache von 50 Mann auf der Bastion, wo die Fahne geweht hatte, kehrten die Truppen an Bord zurück. Die kretische Gendarmerie hielt die Ordnung in der Stadt aufrecht. Durch ihren Verzicht auf Widerstand gegen die inter- nationalen Truppen haben die Kreter, so erfährt das „L. Tgbl." von. angeblich offiziöser Berliner Seite, eine gewiße politische Reife gezeigt. Ihr Widerstand hätte Fehrbellin Historische Erzählung von Kurt Sühn». 21 (Nachdruck verboten) Mm Srr frei und leicht zu Sinne; endlich hatte er sich von der Seele gesprochen, was ihn so lange gequält und bedrückt hatte. Er hatte dieses Weib geliebt, geliebt mit der ganzen Kraft seiner Seele warum? Mußte sie Ihrem ganzen Wesen und ihre« ganzen Anschauung nach ihm nicht fremd sein? Und eben gerade darum vielleicht machte sie auf Hu solchen Eindruck. Wer entwirrt die ge heimen Fäden, die der Menschen Schicksäle lösen und btndor? Wer versteht die geheim waltenden Kräfte der Ntzhe? Ja, er hatte sie geliebt! Doch die Bande, die ihn zu ihr zogen, waren du« ch sie zu unwürdigen Fesseln ge wogen. Dies Gefllhl hatte in letzter Zeit ihn mehr Md mehr überkommen, es hatte ihn fast uneingestandenener- «aßm tief unglücklich gemacht, um so mehr, als er kein Nittel sah, diesen Fesseln zu entrinnen. Jetzt endlich hatte er den Mut gehabt, sich zu ermannen, sich loHu- rrktzen, aus einer solchen seiner unwürdigen Erniedri gung, und es war gut so. Er hatte sich wtedergefunden. Sch« Brust atmete frei und leicht. Küher akS Liebe steht dem Manne Selbstachtung und Ihre. Gr hatte nicht Lust, der Bediente seiner Frau zu werden, Heu sie im Gründ ihrer Seele mißachtete. Er kouutt nicht anders handeln, als er gehandelt hatte. Dieser Abschnitt in Erwins Leben war beendet, und rin neuer begann. Wie immer an einem solchen Wende- Punkte de» Schicksal» «erschlich ihn ein eigenes Gefühl, «blickte nicht zurück. Ruhigen Auges sah er In die Zu- omft, die grau und undurchdringlich wie die tm fahlen Morgenlichte dämmernde Landschaft vor ihm lag — nichts klar drt deutlich vorgezeichnete Weg ver lief sich in unklaren Rissen. Nun, mochte kommen, was da wollte, —< er kannte sich eines momentanen Grauens vor der Leere vor ihm, der Leere seines Lebensweges nicht erwehren, — ihm konnte es gleich sein. Ta klcmg Hufschlag, und im Nebel tauchte ein Retter aus, der eilig heranjagte; es war Erwins alter Freund, der Postretter. „Herr!" rie er schon f von weitem, sie kommen ! Ein Regiment Dragoner, von Ruppin her!" Mit einem Satze sprang Erwin von der Schanze und eilt« über die Brücke in die Stadt, seine Mannschaften zu alarmieren. Im Umsehen wurde es auf der Straße lebendig. Tie Nachtwächter bliesen Feuer, und die Trommeln ras selten dumpf. Nach kurzer Zeit rückten die Verteidiger über die Brücke und nahmen in der geräumigen Schanze Auf- stellung. Tie wenigen Musketiere besetzten die obere Böschung, die nur mit Hieb- und Stoßwaffen Versehenen blieben in der Deckung. Auf Rat des wackeren Fehrbelliner Bür germeisters wurden einige Wagenladungen Pflastersteine in die Schanze gefahren, um als primitive Wurfgeschosse zu dienen. Tas Abladen und Bert« eilen derselben hielt die Mannschaft in Atem und lie ßdie gespannte Erwartung, die einen jeden beherrschte, nicht zur Angst ausarten. Jetzt flüchteten die Meldereiter, die das Vorgelände aufgeklärt hatten, in die Schanze und ritten über die Brücke in die Stadt, wo die übrigen Reiter unter Führung des alten Jürgen in Reserve Aufstellung genommen hatten. Eine gute Stunde verging, und der Verteidiger be gann sich bereit- eine lebhafte Unruhe zu bemächtigen. Ta hörte inan fernes Pferdegetrappel, und im ruhigen Schritt kam ein kleiner Trupp schwedischer Dragoner den schnurgeraden Tamm herab. Sowie man ihrer ansichtig wurde, krachten zehn, zwölf Schüsse von der Schanze, obwohl die Feinde noch weit weit außer Schußweite waren. . „Ruhig, KerlS!" rief Erwin, „spart Eure Patronen, ihr braucht sie noch nötig genug. Kein Schuß fällt vor läufig!"^ Tie Dragoner stutzten, ein Teil galoppierte zurück, ein anderer trabte dicht an den Gräben, im Schutze der Baumreihen rettend, vorwärts zur AufÄärung. Wieder verging ein« halbe Stunde in völlige« Ruhe. Zähneknirschend, mit klopfenden Herzens standen die Ver teidiger, jeder feine Waffe Hefter packend. Da wurde es hinten auf dem Damm lebendig ; einige Schwadronen galoppierten in eng aufgeschlossener Marsch kolonne heran. Außer Schußweite machten sie Halt und saßen ab. Die damaligen Dragoner galten als reitende Infanterie und fochten vorwiegend zu Fuß. Sie suchten sich seitlich der Straße zu ziehen und durch die Wiesen vorzudringen. Doch der weiche Sumpf boden gestattete dies nicht. Bis zu den Knien sanken die Soldaten ein, einigen blieben die langen Rrtterftiefel stecken. „Halt Jug man keen' SnuMenI" schrie ein Spaß vogel unter den Verteidigern, die jetzt vollzählig auf ihrer Schanze standen, unter lautem Gelächter seine« Kame raden. Tie Dragoner formierten sich jetzt auf den Damvk zu einer geschlossenen Gturmkolonne und rückten, un bekümmert um das schwache Md unsichere Feuer der Ver teidiger, unter dem Schmettern ihrer Hörner bis auf 150 Schritt gegen die Schanze vor. Tann machten sie Halt und eröffneten ein knatternde» Pelotonfeue« gegen die feindliche Stellung,