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und Anreißer Mtblitl «ui Ayei-tt). der Tklegramm-Abreste .rageblatt", Rtrsa. Amtsötatt gemspnchstrll« Ar. » König!, «mtshauptmannschast Großenhain, des König!. Amtsgerichts und des Stadlraths zu Riesa. I- 17 Montag, 21. Januar 1895, Abends. 48. Jahrg Das Nieiaer Tageblatt «rtcheinl jeden Tag Abends mit Ausnahme aer Sonn- und Festtage. Bierteljährlicher Brzngspreis bei Abholung in den Lzpeditionen tn Riesa und Strehla, b« MoltzMWMg^ sowie am Schalter der taiierl. Pojtanslalten 1 Mart 25 Ps., durch die Träger frei ins Haus 1 Mark 50 Ps., durch den Briefträger frei tu» Hau» 1 Mart SS Pf. Saseige, Uaaihuer pr W» Mm»» deS Ausgabetages bis Bormittag 9 Uhr ohne Gewähr. » Druck und Verlag von Langer L Winterlich tn Riesa. — Geschäftsstelle: Kaitautrustrabe 5». — Für die Redoeti» nrrautwottllch: Her«. Gchmtbt t» Ateta. Zur Feier des Geburtstages Seiner Majestät des Kaisers soll Sonntag, den 27. Januar dieses Jahres von Nachmittags 5 Uhr ab in den Räumen der A. Bretschneider'schen Elbterrasse Hierselbst ein abgehalten werden. ) Alle patriotisch gesinnten Herren der Stadt und ihrer Umgegend werden zur Theilnahme an dieser Feier mit dem Ersuchen crgebenst einge laden, ihre Betheiligung bis zum 25. Januar in den auf der Rathskanzlei und im Festlvkal ausliegenden Listen einzutragen. Der Preis eines Gedeckes (einschl. Musik) ist auf 3,50 M. festgesetzt. Riesa, den 19. Januar 1895. Heldner, A.-G.-R. Klötzer, Bürgermeister. * Das unterzeichnete Amtsgericht hat am 14. Januar 1895 den Schuhmacher Herrn Bernhardt Clans in Langenberg als Ortsrichter und den Maurer Herrn Friedrich Eduard Junghanns daselbst als Gerichtsschöppen für diesen Ort in Pflicht genommen. » Riesa, am 17. Januar 1895. Königliches Amtsgericht. Heldner. Brehm Tasesgeschichte. Der „Figaro ' hat drei seiner Redacteure ins Elysee geschickt, um in der Umgebung Casimir - Periers nach den Gründen für dessen Demission zu forschen. Der Erste hat Folgendes erfahren: Casimir-Perier zieht sich zurück, »eil er außer Stande ist, eine seinen persönlichen Ansichten kon forme Politik zu verfolgen, da die Verfassung ihm kein Mittel giebt, zu regieren und die Entschließungen und Handlungen seiner Minister zu controlliren. Er ist durch die unaufhör lichen Angriffe gegen ihn „degoutirt" und hat in der Kammer nicht die Elemente zum Widerstand gegen die Verleumdungen und Injurien gefunden, deren Gegenstand er geworden. Er ist decouragirt und enitäuscht und dachte schon lange an seinen Rücktritt. Letzten Montag stand sein Entschluß fest, und Niemand konnte ihn mehr davon abbringen, selbst nicht seine Mutter, die auf ihn einen ungewöhnlichen Einfluß hat. Der zweite Redacteur: Aus Achtung gegen Carnot hatte Casimir- Perier das von diesem gebildete Cabinet beibehalten. Aber weit entfernt, dasselbe leiten zu können, war er vielmehr der Gefangene seiner Minister, deren jeder die absolute Führung seines Departements beanspruchte. Casimir-Perier gab seine Entlassung in der Hoffnung, zum zweitenmale zum Präsi denten der Republik gewählt zu werden und dadurch dem Ministerium gegenüber eine größere Autorität zu erhalten. Die dritte Lesart ist nach dem „Figaro": Casimir-Perier tritt zurück, weil er behauptet, daß die jetzige Verfassung jeder Regierung hinderlich ist und jeden Präsidenten der Republik, wer er auch sei, im Voraus paralysirt. Er wurde in all' seinen Handlungen, Plänen, Reformen und in dem Reinigungs problem gehindert, welches er zum Wohle des Landes erträumte. Hierfür liegen die merkwürdigsten Beweise vor. Bei dem großen Reinigungsprozesse der Presse und des Parlaments stieß der Staatschef auf Widerstände, die höher waren, als die Macht seiner Minister. Andererseits beklagte er sich, nicht darüber auf dem Laufenden erhalten zu werden, was in den Ministerien vorging. Verlangte er irgend eine Auskunft, so wurden tausend Mittel angewendet, um Zeit zu gewinnen. Erlaubte er sich irgend welchen Einwand, beispielsweise be treffs einer Ernennung, die er für unzweckmäßig hielt, so sand er dieselbe dennoch nach Verlauf von einigen Tagen in den Acten wieder, die man ihm zur Unterzeichnung unter breitete. Verlangre er eine Abberufung, wie z. B. diejenige des Präfectcn von Toulouse, auf die er seit den dortigen Wahlfälschungen vergeblich drang, so erhielt er zur Antwort, daß die „StaatSraison" diese Maßregel verbiete. UeberdieS waren ihm die fortwährenden Differenzen zwischen den einzelnen Mitgliedern seines EabinetS unangenehm. Zu seiner Mutter äußerte er: „Sie haben mich gezwungen, die oberste Staatsgewalt anzunehmen. Ich habe genug. Möge kommen, was wolle. — Ich gehe." Und so ging Casimir-Perier in der That, ohne auf dre Bitten seiner Umgebung zu hören. Die Auskünfte ergeben interessante Aufschlüsse über die Zu stände und Verhältnisse der freien Republik und die Stellung des Präsidenten erscheint in der Thät für einen charaktervollen Mann wenig beneidenswerth. Deutsche- Reich. Major v. Wißmann wird, wie verlautet, zunächst nicht nach Afrika zurückkehren, sondern in Berlin an der Centralstelle im kolonialen Dienst vorläufig beschäftigt werden. Eine Besteuerung der Eisenbahnfahrkarten soll bei Herrn Miquel für den Fall der Ablehnung der Tabaksteuervorlage wieder in Anregung gebracht sein, und zwar soll man nach dem „Hann. Cour." von bayrischer Seite bereits einen Ent wurf über diesen Gegenstand ausgearbeitet haben. Zur Börsenreform meldet die „B. H.-Z." unter Vorbe- hast, daß auf der beim Fürsten Hohenlohe stattgehabten parlamentarischen Soiree Persönlichkeiten, denen eine Kennt- niß der Verhältnisse beigemessen werden könne, sich dahin geäußert hätten, daß die Börsenreform-Vorlage vorläufig zurückgestellt sei, so daß auf eine Erledigung der Angelegen, heit in dieser Session nicht mehr zu rechnen wäre. Aus unterrichteten Kreisen erfährt die „Post" nun, daß dort von einer Zurückstellung der Börsenreform-Vorlage nichts be kannt ist. Von vier Burschen — socialdemokratischen „Genossen" — wurde eine am 8. Oktober v. I. in Neuwegendorf bei Nürnberg abgehaltene Bibelstunde in gemeiner Weise gestört und der Geistliche auf dem Heimwege in drohender Haltung begleitet, weshalb die Strafkammer des Landgerichts jetzt den frechsten der Cumpane zu einer Gefängnißstrafe von 1 Jahr und 3 Monaten, sowie zu 6 Wochen Haft, den zweiten zu 8 Monaten Gefängniß und 14 Tagen Haft, den dritten zu 4 Monaten Gefängniß Und 1 Woche Haft, den vierten zu 3 Monaten Gefängniß und 1 Woche Haft ver- hurteilte. In einzelnen Blättern ist es als auffällig hervorgehoben worden, daß der Reichstagsabgeordnete Graf Herbert Bismarck der ersten parlamentarischen Abendgesellschaft des Reichskanzlers Fürsten Hohenlohe fern geblieben ist. In Privatgesprächen wurden daraus sogar hier und da recht kühne Schlüsse in Bezug auf das Ergebniß des kürzlichen Besuches des Reichs- kanzlers beim Fürsten Bismarck gezogen. Die Abwesenheit des Grafen Bismarck bei jener Gelegenheit erklärt sich in- dessen ganz einfach daraus, daß er sich in tiefer Trauer be findet und Gesellschaften vorläufig überhaupt nicht besucht. Die erwähnten Schlußfolgerungen werden damit ohne Weiteres hinfällig. Durch den am 1. Januar d. I. erfolgten Beitritt der Kapkolonie zu dem Weltpostverein ist diese« großartige Werk zum vollständigen Abschlüsse gebracht worden. Bei Gründung des Vereins zu Bern im Jahre 1874 umfaßte derselbe 37 Millionen Quadratkilometer mit 350 Millionen Einwohnern; zu Ende des verflossenen Jahre- war sein Umfang auf rund 99 Millionen Quadratkllometer mit über 1000 Millionen Einwohnern gestiegen und er hat nunmehr durch den Anschluß KaplandS einen Zuwachs von 576050 Quadratkilometer mit 1527000 Einwohnern erfahren. Die Zahl der Postanstalten in der Kapkolonie betrug nach dem letzten vorliegenden, aus dem Jahre 1893 stammenden Berichte 863, die Zahl der beförderten Briefsendungen 22 245000, der Postanweisungen ' 247385 und der Postpackrte 166049. Die Nachricht, betreffend die Einrichtung einer Reichs* lotterie, ist der „Boss. Ztg." zufolge unbegrÄcket und wahr scheinlich darauf zurückzuführen, daß vor einiger Zett Be- raihungen von Vertretern derjenigen Bundesstaaten, die Staatslotterien haben, über die Festsetzung einheiüicher Grundsätze für das StaatSlottericwesen stattgefunden haben. Der Reichstagsbau-Ausschuß hat beschlossen, auf der Vorderfront des RcichStagsgebäudes die Inschrift: „Dem deutschen Reiche" anbringen zu lassen. Wie aus Breslau gemeldet wird, haben sich i» Aus- trage des Zentralkomitss zur Vorbereitung einer Huldigungs fahrt der Schlesier zum Fürsten Bismarck die Herren Kauf mann Arthur Otto Stentzel und Partikulier M. Matthias nach Friedrichsruh begeben und daselbst mit Dr. Crysander verhandelt. Hierbei ist, wie der „Schief. Ztg." telegraphisch mitgetheilt wird, die Ausführung der Huldigungsfahrt für den Monat Mai in Aussicht genommen »orden. Vom Reichstag. Am Sonnabend schloß die erste Lesung der Novelle zur Strafprozeßordnung und zum Gr- richtsverfassungSgesetz ab. Der Abgeordnete Freiherr von Gültlingen (Reichsp.) begrüßte insbesondere die Einführung der Entschädigung unschuldig Berurtheilter mit Freuden. In seiner württembergischen Heimath wäre die Entschädigung schon im Jahre 1868 eingeführt worden, und man habe es dort sehr ungern gesehen, daß diese gesetzliche Einrichtung durch die Strafprozeßordnung aufgehoben wurde, die Ent schädigung sei indessen aus freien Stücken auch in der Folge zeit gewährt worden. Abgeordneter Griüenberger (Soz.): Die Klagen gegen die Strafprozeßordnung seien sehr alt,, die Vorlage sei nur durch diese Klagen hervorgerufen worden. Ein solches Entgegenkommen der Regierung sei ungewöhnlich aber erfreulich. Die Berufung gegen die Urtheile der Straf kammern sei indessen leider mit allzuviel Formelbeiwerk be lastet, und ein reaktionärer Grundzug zeige sich bei dem Ent wurf nicht blos in der Erschwerung der Berufung, sondern auch in anderen Einzelheiten. Wenn die Vorlage nicht dieser bedenklichen Bestimmungen entkleidet werde,ßkönne die sozial demokratische Fraktion nicht dafür stimmen. Abgeordneter Werner (deutsch-soziale Reformp.) sprach sich insbesondere für eine Herabsetzung der Gerichtskosten aus. An deutschen Ge richten müßte nur von deutschen Richtern deutsches Recht ge sprochen werden. Abgeordneter Freiherr von Buol-Beren- brrg (Zentrum) hielt die Berufung in der vorgeschlaaenen Form nicht für annehmbar, denn sie würde nur auf Kosten des Vorverfahrens gewährt werden. Abgeordneter ». Mar- quardsen (nationalliberal) erklärte sich gleichfalls gegen die Berufung. Die meisten Freunde der Berufung seien nur darin einig, daß sie dieses Rechtsmittel wollen, aber wenn es sich darum handle, in welcher Weise die Berufung einge führt werden soll, gingen ihre Meinungen auseinander. Ab geordneter Lerno (Zentrum) wünschte die Berufung, aber nur ohne Einschränkung der RrchtSgarantien. Abgeordneter Hil pert (bayr. Bauernbund) will bei dem Bagatellverfahren statt des Eides den Handschlag eingeführt wissen. Abge ordneter von CzarlinSki (Pole) verlangte, daß den Zeugen der Eid in ihrer Muttersprache abzenommen werden möge,