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Riesaer G Tageblatt und Anzeiger Mktlatt Md Altzti-n). rclrgramm-Adttlie HP» 4 5! 1* 4 4 Femsprrchstele r , ,b« IN 4 NLZ 4 4 4 so der König!. Amtshauptmannschaft Großenhain, des König!. Amtsgerichts und des Stadtraths zu Riesa. 163 Dienstag, 17. Inti 1884, Abends. 47. Jahrg. t'a» !>>i»mki > I^cviaii crM,«»« r-r- L«u .'wkNd) 'UN Ausnahme de, Lonn- uns Msilag«. Bieneijährlicher vezugsprris bei Abholung i» den Expeditionen in Rieja und Strehla, den Ausgabestelle«, w«n« am SMutiet der iaii<u. Pouanstalten t Mart 2ü Pf, durch die Träger »rei ins Haus I Mark SO Ps-, durch den Briefträger frei in» HauS 1 Mart SS Pf. Lazeigr»Amuihiin slr dir Nummer deS Ausgabetage« bis Borniittag 9 Uhr ohne Geivähr. Druck und Verlag von Langer tr Winterlich in Riesa. — Geschäftsstelle: Kastanienstraße VS. — Mr die Redaktion verantwortlich: Hern». Schmidt in Riesa. Donnerstag, den 19. Juli 1894, Norm. 1v Uhr sollen im Hotel zum „Kronprinz" hier 1 Tafelwagen, 7 Hobel, 1 Kutschgeschirr, 1 Hobel und 1 Schnitzebank, 1 Handwagen, 2 Paar Stiefeletten, 1 Bohrer, 2 Sophas, 1 Schreibtisch, 1 Bertico, 1 Kleiderschrank, 1 Sophatisch und 5 Centner Leim gegen sofortige Bezahlung meist bietend versteigert werden. Riesa, 10. Juli 1894. Der Ger.-Vollz. des König!. Amtsger. das. Sekr Eidam. Dem Fürsten Bismarck sind bei seiner gestrigen Reise durch Berlin wieder die Herz, lichsten Ovationen dargebracht worden. Der Fürst traf um 3 Uhr 50 Min. in seinem Salonwagen a t Stettiner Bahn- Hofe ein. Er wurde von Studenten in Wich« mit einer Ansprache und mit Hochrufen begrüßt, in welche das zahl« reich anwesende Publikum begeiste t einftimmte. Fürst Bis marck hielt vom Fenster seines Wagens aus eme kurze Erwiderungsrede mit Bezug auf seinen langsährigen Aufent halt in Berlin und schloß mit einem Hoch auf Berlin. Während des viertelstündigen Aufenthaltes war der Fürst Gegenstand unausgesetzter Huldigungen. Auch der Fürstin wurde ein Hoch gebracht. Die Fürstin mußte den Fürsten schließlich vom Fenster wegbringen, weil alle mit den Händen nach ihm langten, und der Fürst jeden Händedruck erwidern wollte. Zahlreiche Blumensträuße wurden dem Fürsten zu gereicht. Um 4 Uhr 6 Min. erfolgte die Weitcrfahrt. Der Fürst sah sehr wohl aus. Eine weitere Nachricht besagt: Nachdem unter Hoch- und Hurrahrufen der Salonwagen le» Fürsten Bismarck vor den bereitstehenden Zug geschoben war, ließ die Fürstin das letzte Fenster herunter und dankte für die Begrüßung. Bald darauf wurde der Fürst, welcher zuerst mit dem Ge sänge „Deutschland, Deutschland über Alles ' begrüßt war, sichtbar. Hierauf folgte die Begrüßungsrede eines Studirenden, die mit brausendem, dreimaligem Hoch ausgenommen wurde. Nach einem „Silentium für den Fürsten Bismarck!" schickte sich dieser, in dem er seine graue Mütz- abnahm, zu einer Erwiderung an. Nach cu ear kurzen, warmen Danke für die Hildigung sagte Bismarck, sich wieder bedeckend, er käme stets gern nach Berlin und freue sich immer, wenn er unter wegs unter den Begrüßenden auch Bürger der Universität erblicke, sei er doch selbst auch akademischer Bürger gewesen. Er sei überhaupt rigentlich fast Berliner; denn er sei schon mit sieben Jahren hierher gekommen, dann habe er als Student, als Referendar, und später als Minister in Ber- . lin gelebt. Seit jener Zeit, da er zuerst in Berlin ge wesen, habe Berlin erheblich gewonnen. Es sei erheblich größer geworden. Damals habe es noch kein- Trottoirs und von der Behrenstraße bis zur Kochstraße nicht einen einzigen Laden gegeben. Damals 1836/37, habe er auch noch so Bescheid gewußt in Berlin, daß er hätte Droschkenkutscher werden können (Heiterkeit). Jetzt sei ihm Berlin über den Kopf gewachsen, räumlich, wirthschaftlich und politisch, und wenn er auch mit den Berlinern etwas auseinander ge- kommen sei (Widerspruch), so befalle ihn doch stets ein gewisses HeimathSgefühl, sobald er Berlin betrete. Deshalb wünsche er der Stadt Berlin ferneres Gedeihen und bitte einzu stimmen in den Ruf: „Berlin Hoch!" — Nachdem diesem Wunsche jubelnd entsprochen worden war, überreichte man dem Fürsten zahlreiche Rosen, Bouquets. Unausgesetzt war Bismarck damit beschäftigt, dankend die sich ihm entgegen streckenden Hände zu schütteln und Bouquets entgegenzu nehmen. DaS Händeschütteln wurde schließlich so arg, daß die Fürstin ihren Gatten liebevoll vom Fenster abdrängte. Auch drinnen im Wagen wurden reiche Bouquetspenden dargeboten. Inzwischen sang die akademische Jugend Strophen von „Deutschland, Deutschland über Alles" und brachte der Gattin des Fürsten auch eine Huldigung dar. Als der Fürst sich später nochmals hinausneigte, bemerkte er bei einigen der in Wichs paradirenden Studenten Korbschläger und sprach darüber seine Verwunderung aus. Er knüpfte alsdann an die einige Paradeschläger schmückende Farhen „roth und weiß" historische Bemerkungen über die Entstehung der deutschen Reichsfarben „schwarz, weiß, roth" aus den preußischen Farben „schwarz-weiß" und den alten kurbranden burgischen „roth, weiß." Als der Zug sich um 4 Uhr 6 Minuten in Bewegung setzte, klang es jubelnd durch ein ander: „Glückliche Reise! Gute Reise! Auf Wiedersehen! Hurrah! Hoch!" rages-efchicht«. Deutsches Reich. Aus Hofkreisen verlautet, daß Kaiser Wilhelm auch in diesem Jahre wieder eine Einladung des Erzherzogs Albrecht von Oesterreich-Ungarn zur The.l» nähme an den während der ersten Septembertage in den Bellyer Forsten stattfindenden Hirschjagden erhalten und an genommen habe. Die bevorstehenden großen Herbstmanöoer der deutschen Flotte werden bezüglich der Ausdehnung, sowie der Zahl der betheiligten Schiffe und Fahrzeuge nicht hinter den vorjährigen zurückstchen. Ein ganz b sonderes Interesse bringt man in den Fachkreisen dem geplanten Scheinangriffe der Manöver flotte auf die Insel Helgoland entgegen, die von der Marine artillerie vertheidigt werden wird und bei welcher Gelegenheit verschiedene bemerkenSwerthe Neuerungen erprobt werden soll n. Erzherzog Karl Stephan von Oesterreich, der bekannt, lich L In suits der deutschen Kriegsmarine geführt wird und in der österreichisch-ungarischen Marine den Rang eines Contreadrmrals bekleidet, wird auf besondere Einladung des deutschen Kaisers den Flottenmanövern in der Nordsee bei wohnen. Zur Frage der Verstärkung der Pionierbataillone ver lautet, daß schon seit geraumer Zeit in Militärkreisen die Ansicht vorherrscht, daß eine Verstärkung der Pionierbataillone von vier auf fünf Compagnien eine Nothwendigkeit sei, die schließlich nicht länger mehr umgangen werden könne. Die deutsche Armee besitzt gegenwärtig 20 Pionierbataillone, von denen nur das Gardcpionierba'aillon und die beiden bayrischen Pionierbataillone fünf Compagnien stark sind. Bei den üb:i- gen Bataillonen werden zwar auch jetzt öfter fünf Compagnien .ormirt, der Zuschuß ist aber nicht ständig, sondern nur die Folge der in kurzen Zwischenräumen gesiegten Einziehung von Reservisten. Gerade bet den Genietruppen, deren in einem Ernstfälle die schwierigsten Aufgaben harren, beamtet eine nicht genügend zahlreiche Mannschaft, wenn sie auch noch so gut ausgebildet ist, einen ungeheueren Nachtheil. Der Deutsche Tabakvercin hat seinen Mitgliedern die Nachricht zugehcn lassen, daß seilens des Vorstandes eingehende Berathungen über die rom Reichsschatzamte angeordneten Erhebungen bezüglich der deutschen Tadakfabrikation veran laßt seien. Ihr Ergebniß werde sofort den Vernnsmitgliedcrn mitgetheilt werden. Infolge dieser Benachrichtigung haben es bereits verschiedene Fabrikanten abgelehnt, die vom Reichs- schatzsckretär gestellten Fragen u beantworten; sie ziehen cs vor, zunächst die in Aussicht gestellten weiteren Mittheilungen des Veremsvorstaudes abzuwarten. Der Ende August bevorstehende Katholikentag in Köln scheint wieder einmal die Festigkeit des Zentrumsthurmes auf harte Proben zu stellen. Denn schon jetzt tobt in der rheini ch- westfälischen Zentrumspresse ein heiser Kampf für und wider — Herrn v. Schorlcmer-Alst. Dieser ist nämlich aufgefor- derr worden, bei der Generalversammlung eine Rede zu halten, und das hat die „Wests. Volksztg." sehr übel vermerkt. Denn noch ist es He rn v. Schorlemer unvergessen, daß er vor dem im Zentrum sich breit machenden Radikalismus sich nicht gebeugt und namentlich Herrn Dr. Lieber seiner Zeit in Würzburg nicht gehuldigt hat. In der jetzigen Preßfehde spielt auch der berühmte Herr Fusangcl wieder eine Rolle, indem er jetzt in der „Westdeutsch. Volksztg." eifrig für Herrn v. Schorlemer eintritt. Wenn es schon längst schwierig war, die klaffenden Risse in der Partei zu verbergen, so scheint es jetzt, nachdem Dr. Lieber von seinem politisch.« Sterbebett noch einmal in das frische, fröhliche Leben zurückgekehrt ist, immer schlimmer zu werden. Folgender Erlaß der württembergischen Regierung wird in den Blättern veröffentlicht: „Bei dem Anwachsen der Sozialdemokratie ist es dringend nothwendig, daß, abgesehen von den polizeilichen Represstvmaßregeln, aus die innere Be- kämpfung der Sozialdemokratie hingewirkt wird. Bezüglich der hierfür in Betracht kommenden Mittel und Wege wird auf Nachstehendes aufmerksam gemacht. Zur innerlichen Ueberwindung der Sozialdemokratie bedarf es des gusammen- wirkens und der andauernden planmäßigen Thätigkeit der Wohlgesinnten aus allen Kreisen der Bevölkerung. Diese Thätigkeit ist thunlichst anzuregen und zu fördern. Dabei wird vor Allem ins Auge zu fassen sein, daß diejenigen »reise, welche der sozialdemokratischen Verführung vornehm, lich ausgesetzt sind, die wirthschaftlich Schwachen, namentlich, di- Arbeiter aller Gattungen, aber auch die unteren Ange stellten in privaten und öffentlichen Diensten vor den Ein flüssen der Sozialdemokratie bewahrt oder zur Abkehr von derselben bestimmt werden. Hierfür ist die unerläßliche Voraussetzung, daß Diejenigen, zu denen sie im Abhängig, keitsverhältnisse stehen, die Arbeitgeber, Vorgesetzten, Prinzi pale, neben der Fürsorge für ihre Untergebenen auch die Pflege persönlicher Beziehungen und der Erkenntniß der ge meinsamen Interessen sowie der ethischen Seite des gegen seitigen Verhältnisses sich angelegen sein lassen. Auf solchem Boden werden die Aufklärung und Belehrung Erfolg ver sprechen, deren es wie den vorerwähnten, so auch den übrigen Volkskreisen gegenüber bedarf, auf welche die Agitation ber Sozialdemokratie sich erstreckt, insbesondere bei den kleinen Grundbesitzern, Handwerkern und Gewerbetreibenden. Zu diesem Zweck werden die Mittel anzuwenden sein, durch deren Mißbrauch die Sozialdemokratie hauptsächlich ihre Erfolge erzielt, die Bildung von Vereinen, die Veranlassung von Versammlungen, in denen Borträge und Besprechungen ge halten werden, und die ausgiebige Benutzung der Presse, Verbreitung guter Druckschriften, Flugblätter, Zeitungen, Volksbibliotheken. Ferner ist dahin zu streben, daß der sozial demokratischen'Agitation im persönlichen Verkehr, namentlich in den Werkstätten und auf den Arbeitsplätzen, durch besonders dazu geeignete Albeiter entgegengewirkt wird. Ueberhaupt ist das Ziel zu verfolgen, daß die Betheiligten selbst die sozialdemokratische Agitation von sich und den Ihrigen mit Entschiedenheit abwehren, zumal vielfach versucht wird, die weibliche Bevölkerung und jugendliche Kreise für die sozial» demokratischen Lehren zu gewinnen. 'Zur Erreichung jenes Zieles ist erforderlich, daß nicht nur seitens der Behörden gegen sozialdemokratische Angriffe und Anfeindungen jeder mögliche Schutz gewährt, sondern daß auch bei jeder geeig neten Gelegenheit auf die Belebung de« Bewußtseins von der Nothwenvigkcit und Gewichtigkeit der Abwehr und der Zuversicht des Gelingens hingewirkt wird. Das Sch iltheißen- amt wird beauftragt, sich mir geeigneten maßgebenden Per sönlichkeiten in der Gemeinde ins Benehmen zu setzen und gem infam mit denselben nach den vorstehenden Gesichtspunkten dem Anbringen der Sozialdemokratie entgegenzuwirken." Gegenüber der von verschiedenen Blättern gebrachten Mittheilung, daß die Heeresverwaltung die Absicht habe, eine eigene Aluminiumfabrik für den Armeebedarf anzulegen, ist der „Neichsanz." in der Lage, zu erklären, daß diese Mit- theilunz auf Erfindung ber ht. Der Reichstagsabgeordnete Ahlwardt hat den Chef redakteur der „Dresdener Nachrichter" Dr. Max Lohan wegen verleu iberischer Beleidigung verklagt. Die Sache wird, wie wir hören, erst nach den Gerichtsferien zur Ver handlung gelangen, da beide Parteien zahlreiche Zeugen in Verschlag gebracht haben, deren Vernehmung nock> nicht be endet i:>. Bisher sind über 30 Personen zu der Angelegen heit, die mit dem sogenannten „Ahlwardt-Fonds" in Verbindung stehen soll, kommissarisch vernommen werden. Oesterreich. Eine erfreuliche Nachricht kommt au» Böhmen. Dort hat sich der von allen Nationalgesinnten längst ersehnte Zusammenschluß aller Deutschnationalen in einen großen „Bund der Deutschen in Böhmen" endlich voll zogen. Damit ist dem gefährdeten Deutschthum ein kräftiger Schutzwall gegen die slavische Hochfluth entstandcn, der unseren bedrohten Volksgenossen eine bessere Wehr sein wird, als die schwächlichen Schutzmauern der deutschliberalen Politiker. Der Bund setzt sich die Aufgabe, „die geistige und wirth- schaftliche Wohlfahrt dr» deutschen DolkSstamme» in Böhmen zu fördern", und glaubt dieses Ziel am besten zu erreichen, wenn er auf die Mitarbeit aller Nichtdeutschen, also in erster Linie der Juden, völlig verzichtet, z