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Beilage zum „Riesaer Tageblatt". Druck und Verlag von Langer L Winterlich in Riesa. — Für die Redaktion verantwortlich: Hermann Schmidt in Riesa. 1S8 «ittwoch, S7. August 1S0S, «SendS. S». Jatzrg' Bestellungen aas «st Aufnahme der Sonn- und Festtage tllßttch Atzend» erscheinende „Riesaer Tageblatt«. Anzeiger" sür den Monat Septomder verd« roch von den Briefträgern, den Kaiserlichen Postanstatten, unserer Expedition und unsere» Austrägern angenommen; in Strehla von Herr» Eigarrensabrttant W. Feind. Bezugspreis: SS Pf. Wetterprognose drS kzl. meteorolog. JnstitutS^LHemuitz vom Tage. Börsenbericht jAuSzug der wichtigsten Papiere) vom Tag«. Neueste Nachrichten und Telegramm«. — cknrRgan — finde» durch daS „Riesaer Tageblatt", dir im Bezirk Riesa verbreitetste Zeitung, weite und vortheilhafte Verbreitung. Ries«. Die Geschäftsstelle. Die Cmser Depesche in französisches 77 ^Beleuchtung. )k( Die deutsch? Socialdemokratie behauptet bekanntlich, Fürst BiSmarck bobe am 13. Juli 187V durch die „Fälschung" der Emser Depesche de« Krieg mit Frankreich entfesselt. Schon ost ist diese socialdemokkatische Behauptung auf Grund von deut schem amlllchen Material als eine frivole Erfindung gebrand- markt worden. Jetzt wird sie auch durch amtliche französische Mitthrilungen tu das rechte Licht gestellt und zwar durch da» GeschichtSwerk über den Krieg 1870/7 l, da» in diesen Tagen von der geschichtlichen Abtheilung de» französischen Generalstabs herauSgrgeben worden ist. Endlich wird hier von sranzösiichrr Seite zugegeben, daß vom Tage von Könizgrätz an der Krieg zwischen Frankreich und Preußen unvermeidlich war. Wir solgen dem „Schwäbischen Merkur", indem wir folgendes auS dem französischen GenrralstabSwerke mitthrilen: Schoa wenige Monate nach der Schlacht bei Könizgrätz begann Napoleon mit Vorbereitungen zum Kriege; man schuf im Hinblick hieraus die Nationalgarde, die Infanterie wurde mit dem Hinterlader bewaffnet und vom Jahre 1868 an be- schästtgte sich der Generalstab mit Entwürfen von KriegSpläne», d!« alle den Einmarsch sranzöfischer Heer« nach Süddrutschland oder aus Berlin zum Ziele hatten. DaS Generalstabswerk giebt zu, daß der Krieg bald auSbrechen mußte und daß man nur aus einen Varwand wartet,-. Als die spanische Frage austauchte, war der Vorwand gesunden und der K ieg beschloss n, denn schon am 7. Juli, also noch lange bevor in EmS die Verhand lungen stattfanden, gab Napoleon den Befehl zur Ausstellung von drei Heeren unter dem Befehl der Marschälle Mac Mahon, Bazaine und Canrobrrt. Ec selbst behielt sich den Oberbeseh Die Sühne des Fischers. 12) Original-Erzählung von Ludwig Blümcke. Fortsetzung. Der Spitzbubeirkönig schickte sich an, zu gehen. Doch Jens packte ihn mit seiner kräftigen Faust an der Schulter und flehte: „Geh' nicht zu Outzen, Peter, ich will Alles thun, was Du von mir verlangst. Aber hab' Erbarmen und sprich zu Niemandem etwas von unserem Kartenspiel. Wenn Du es verräthst, so giebt es nur einen Ausweg für mich, ich stürzte mich ins Wasser. Auf Heller und Pfennig sollst Du Dein Geld haben, Tag und Nacht will ich arbei ten. Du wirst Dir das Reisegeld bei einem Anderen leihen können, habe Erbarmen." Cs schien dem Spitzbubenkönig eine gewisse Freude zu bereiten, den Mann mit dem gewaltigen Körperbau sich kläglich wie einen Wurm winden zu sehen. Er dachte vielleicht an jene Tracht Prügel, die ihm gerade an dieser Stelle vor Jahren geworden. Ein Lächeln der Genug- thuung umspielte seine Lippen. „Ich muß mein Geld haben," sagte er dann ganz kurz. „In drei Tagen, hast Du es mir zu beschaffen. Wie Du es auftreibst, ist mir gleichgiltig. Bekomme ich es über drei Tage um diese Zeit hier an dieser Stelle nicht, so gehe ich zu Ove Outzen. Hast Du kein Mitleid mit mir, so habe ich auch keins mit Dir. Unsere Freundschaft ist zu Ende." Peter Nielsen ging, und Jens stand wie besinnungs los an sein Schiff gelehnt« Die anderen Fischer kamen vorüber, sahen ihm, wünsch ten ihm einen guten Morgen und Wunderten sich, daß ei; heute ihren Gruß stumm und ganz mechanisch erwiderte, während er doch sonst für Jeden einige freundliche, scherzhafte Worte zu haben pflegte. Ihm war es gleichgiltig, was die Anderen dachten. Er hatte nur den einen Gedanken: Du bist verloren. „Wäre ich doch statt meiner wackeren Brüder in den Fluthen ertrunken," seufzte er. „Ach, dann hätte ich jetzt Ruhe und meinen Eltern würde das Herz nicht brechen Über einen ungerathenen Sohn." Dann Mete er seine vor und bestimmte zm» obersten GemralstabSches de» Stlegl- »knister L« Boeuf. Schon vom 7. biß 11. Juni wurden von Le Boeuf die erste» Maßregel« zur Feldaufstellung «iugAettrt, also zwei Tage bevor venedetti am S. Juli die erste Audienz beim König von Preußen hatte. Sm 11. Juli erhielten als« daun die französischen Generale de« Befehl, in bürgerlicher Kleidung ihr« Bezirk; zu bereise», um zu untersuchen, ob über« all die ElulerufungSschrrtben für die Reservisten bereit wärm. Ma« war also, ehe die Unterredungen in EmS stattgrfnndm hattm, zum Kriege vollständig rntschloffe», wril der fr-nzvfische Kriegsminister mit dem Kaiser der Ansicht war, daß «an deu Deutschen in der Frldrusstellung weit voran sei und sir unbe dingt überrennen könne. Erst am 13. Juli stellte Brnedetti in Em» di« unverschämte Forderung, daß der König von Preußen die Versicherung gebe» solle, daß er niemals wieder die Thron- kaudidatur de» Prinzen Leopold zulasten werde. Aber noch zwei Tage zuvor hatte Napoleon eine» GmeralstabS-Obersten »ach Algier entsandt, um dem Marschall Mac Mahon den Be fehl zu sofortiger Abreise zu senden und zur Einschiffung der algierischen Truppen »ach Marseille. Scho« im Januar hatte man dm Krieg in Aussicht genommen, dm« schon in diesem Monat wurden die Truppen in Algier bezeichnet, die im Fall« eine» Kriege» mit Deutschland verwendet werden sollten, und währmd mau sich in Deutschland tu voller Sicherheit fühlte, hatten un» die Franzosen schon dm Besuch der Tnrko» und Zuave« zugedacht. Dadurch, daß schon am 10. Juli ein Offizier au Mac Mahon gesandt wurde mit dem Beseh! für den Mar schall, drn Oberbefehl de» in Straßburg aufzustellendm, zum Einfall in Süddeutschland bestimmten Heeres zu übernehmen, ist unwiderlegbar dcr Beweis erbracht, daß man in Frankreich dm Krieg habm wollte und daß die Vorgänge in EmS für Napoleon lediglich drn Borwand abgabrn. So hat da» französische GenrralstabSwerk uns Deutschen einen großen Dienst erwiesen. ES hat dazu beigetragm, den wirklichen Störer de» Friedens zu entlarven, und dadurch sest- gestellt, daß un» der Krieg aufgrzwungrn wurde. Schämen aber wüsten sich die deutschen Zeitungen, dir drn großen Kanzler noch im Grabe zu verdächtigen suchen, als habe er dm Krieg durch eine Fälschung herausbrschworen. TageSzeschtchte. Der bevorstehende Besuch deS Kaiser- in Pose« giebt der großpolnischen Presse fortgesetzt Anlaß, ihre antideutsche Gesinnung zu bekunden und die Gegensätzlichkeit der dentschen und der polnisch sprechenden und suhlenden Bevölkerung nach Möglichkeit zu verschärfen. In dieser Absicht sucht die durch ihre wüthenden Ausfälle gegen daS Drutschthum bekannte „Praca" darauf Hinzualbelten, daß diejenigen Kreise der polnisch sprechen den Bewohnerschaft von Posen und Umgegend, deren Haltung während der Festlichkeiten noch ungewiß ist, ebenfalls an den Demonstrationen gegen daS Drutschthum und seine« obersten Vertreter sich bethetligrn. DaS genannte Blatt betont, daß daS „polnische Volk" mit preußischen Festtagen nichts zu thun habe, hätten doch die „Repräsentanten deS GroßherzogthumS" sich sür daS Fernbleiben entschieden und so die national« Würde ge wahrt. Bon der allgemeinen Befolgung dieser Taktik sollen auch diejenigen Polen nicht ausgenommen sein, die sich in amtlichen Stellen befinden oder sonstwie mit dem Staate in Beziehungen stehen, und zwar wird die Forderung mit folgendem Passus be- gründet, der mit erschreckender Deutlichkeit zeigt, wie dis groß- Hände zu einem aus tiefen Herzen kommenden Gebet um Rettung aus der Noth, in der er sich befand. „Hilf mir, Du ewiger Gott," flehte er, „vergieb mir. Ich weiß kein Mittel und keinen Ausweg, erbarme Du Dich meiner." „Wenn ich den Eltern unter Thronen der Reue nun Alles beichtete," sagte er dann zu sich selber, „würden sie mir nicht verzeihen? Sollte mein Vater nicht helfen können? Doch nein, nein, er kann nicht, er ist ohnehin so leidend, er würde gewiß vor Kummer sterben, und mein Gewissen wäre noch mehr beschwerte Aber trotz dieser Erkenntniß, daß keine Hilfe für ihn wäre, marterte und quälte Jens sein Hirn doch bei der Arbeit immerfort ab, um ein Mittel zu finden. Peter würde ihm keine Ruhe lassen, das war ihn: sonnenklar, der Elende würde ohne Bedenken zu Outzcn gehen und nun Mles verrathen: Was Peter da von Onkel Steffen sagte, fiel dem rath losen Fischer jetzt wieder ein: Zweifellos hatte Jener ge meint, er solle die hundertundfünfzig Kronen stehlen und nachher wieder stillschweigend an Ort und Stelle legen. War denn das eine so vortreffliche Idee? Steffen war alt und altersschwach, er wußte gewiß nicht ganz genau, wie viel Geld er in seiner Kiste hatte. Vielleicht zählte er es garnicht. Schwer war es für Jens nicht, ganz unvermerkt den Deckel zu öffnen und einen Griff in den Schatz zu thun. Das konnte man ja, wo er sich in so bitterer Noch befand und den festen Vorsatz hatte, das Geld zurückzu zahlen, keinen Diebstahl nennen. Das Mes überlegte der junge Fischer. Nicht nur jetzt auf der See überlegte er es, den ganzen Tag und die ganze Nacht that er es auch, Und so kam er denn zu dem festen Entschluß, dieses einzige, gefährliche Mittel zu wagen. — Gegen Abend des dritten Tages begab sich Jens mit Fischen ins Gehölz zu Onkel Steffen, um das schwere, schwer« Werk zu vollführen. Der Alte hieß ihn herzlich willkommen, kaufte ihm Fische ab und nöthigte ihn, ein Stündchen zu bleiben. Jens willigte laut klopfenden Herzens ein. Nachdem bejde eine Meile miteinander geplaudert polnische Preffe da» Hrtzgrschäst verstrht u»d betreibt. E» heißt da: „Die Zeit« des Probt cru» und d«S HrrvmtastenI inr Finstern find vorüber; heute muß «an endlich standhaft sei» und nur einen Weg und «in Ziel vor Augen haben Und nicht mehr koiettirru! Wir habe» voch schon genug Gelegen heft ge habt, uug zu überzeugen, daß jedwede Orden, daß da» aller höchst« Lächeln und daß die kaiserlichen und königliche» Schwell« «in Spielzeug sür kindisch geworden« Gemeinschaften find, aber keine Kost sür eia Volk, daß der Zukunft entgegen schreitet . . . Laß« un» zu Hause bleiben im Kreise unserer Familie. Wenn sich die Preußen aus den Straßen vergnügt hatten werden, dann laßt un» zu Hause «inen Eid für die Zukunft ablegen und «ine« nationalen Gottesdienst abhalteu. Laßt un» dl« Kinder auf de» Schooß nehmen und sie lehren, lehren! Arbeiten wir während der preußischen Feiertage sür unser Volk " So wird systematisch in der polnisch sprechenden Bevölkerung der Glaube erhalten und gesteigert, daß die Polen »och immer eine einheitlich« Ration bilden, rin eigenes, lebensfähige» BollSthum besitzen und daß di« Wiederherstellung der ehemaligen Bedeutung Polens nur rin« Frage der Zeit sei. Deutsche» «eich. ! Kaiser Wilhelm wird, wie der Berliner Korrespondent de» „Daily Telegraph" ersährt, zwei bi» drei Tage vor dem 9. November, dem Geburtstag König Eduard», in England einu treffen. Außer dem KriegSminlstrr vrodrick, dem Generalissi mus Lord Roberts und General Kelly-Kenny werden Lord LorSdal« und gegen 20 britische Osfizirre drn Kaisermanövern in Deutschland beiwohnen. — Die „Daily Mail" ersährt an» Berlin, der Kreuzer „Prinz Heinrich" und da» Torpedoboot „Sleipnrr" hätten Beseh! erhalten, am 5. November seeklar zu sein, um die „Hohenzollern" mit Kaiser Wilhelm an Bord nach England zu geleiten. Di« amtliche Einladung zur Bethelligung Deutschland» au der Ausstellung in St. Louis ist zwar seitens der amerikanischen Regierung hier noch nicht «rsolgt, aber rS ist hier bekannt, wie großen Werth diese aus eine Betheiligung Deutschland» legt und e» besteht deshalb die Geneigtheit, eine solche hrrbrizusühren und beim Reichstag eine Geldbewilligung dafür zu beantragen. * Bei der, wie in der ganzrn Welt, so auch in Deutschland herr schenden AuSstrllungSmüdigkeit, kann von einer umsaflrnden deut schen Ausstellung in St. Lon'S allerdings keine Rede sein; die Industrie würde zu einer solchen, zumal unter drn jetzige» wlrth- schastl'.chkn Verhältnissen und im Hinblick aus di« Erschwerung jeden industriellen Absatzes in den Vereinigten Staaten durch die dortige Zollpolitik, nicht zu bewegen sein. EL wird aber beabsichtigt, eventuell der Bereitwilligkeit Deutschlands zu einem Entgegenkommen sür die amerikanischen Wünsche durch eine Ausstellung von Kunstwerken, vo» knnstgewerblichrn Erzeugnissen, vielleicht auch vcn bildlichen Darstellungen der Ergebniffe der deutschen Sozialpolitik und dergleichen, Ausdruck zu geben. Kürzlich ist von verschiedenen Blättern mitgethetlt worden, daß verschiedene OifizterSkaffinnS sich geweigert haben, ihr« Be stände an Schaumwein für die Nachsteuer berrit zu stellen. Sie haben, vielmehr diese Bestände drn einzelne» Offi zieren als Mitglieder drS Kasinos bi» zu je 30 Flaschen auf ihr Konto geschrieben und für diese Mengen di« Befreiung von der Nachsteuer beansprucht. Die auSsührenden Steuerbehörden haben diese Fälle dem Finanzminister zur Entscheidung unter breitet und rS ist gezenwärtiz von letzterem die folgende authcn- tische Auslegung getroffen: AIS HauiholtungSvorstand deS 8 1b der Nachffeuerordnung ist jeder Osfizirr anzusehen, der eine von hatten, erhob sich Steffen schwerfällig und sagte: „Will doch ein Glas Erdbeerwein heraufholen, das wird Dir gut schmecken. Tie Marie ist eine Meisterin in solchen Dingen, sie hat den Wein nach einem uralten Rezept bereitet." i Steffen ging. Jens hörte, wie er langsam die Treppe hinab in den! Keller stieg. Das war eine günstige Gelegenheit! > Mit zitternden Händen zog er die schwere Kiste unter! dem Bett hervor, drückte auf den Kops des einen Nagels und der Deckel sprang auf. Wohlgeordnet lag das viels Geld in den einzelnen Fächern. Jens griff in das Fachs mit dem Goldgeld. Das mußte stimmen, ja, das Waren genau 150 Kronen^ Es war gar nicht zu merken, daß die Handvoll Gold gelb fehlte; nein, wenn Steffen es nicht zrchlte, so konnte ihm der Verlust nicht auffallen. Schnell verschloß Jens die Kiste wieder und schob sie an ihren Platz. Als der Alte mit dem Wein heraufkam und ihm wohl- > meinend ein großes Glas voll einschenkte, da zitterte des jungen Fischers Hand so, daß er das Glas nur mit großer Mühe zum Munde zu führen vermochte. Wäre Steffen nicht so sehr kurzsichtig gewesen, so wäre ihm zweifellos > seines Gastes Erregtheit nicht entgangene Nachdem Jens den Wein getrunken und ihn ganzj mechanisch sehr gelobt hatte, ging er mit wankender^ Kntsew : heim und dachte mit Entsetzen an die Folgen, die dieses : neue Verbrechen haben konnte. * * i r. n Peter Nielsen war pünktlich zur Stelle. ' l „Es ist mir gelungen, das Geld aufzutreiben," sagt«! > Jens, ihm die hundertundfünfzig Kronen in die bärget : botene Hand zählend. „So, so, Freund, es ist Dir also ganz ohne Müh» i gelungen, joviel Held hu bekmmep. Ei jietz nuh tW Wllg