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Riesaer G Tageblatt 48. Jahr« Donnerstag, A. Mai 188», AbcnSS .1° 107 Da» Rkjarr Tageblatt erscheint jeden Tag Abend« mtt Ausnahme der Sonn« und Festtage. Vierteljährlicher vegngsPrri» bei Abholung ln den LMdtttone» tn Riesa und Strehla, den Aulgadrstrüen, sowie am Schatt« der taljil. Postaustalteu 1 «art 2S Ps., durch die Trtlger frei in« Hau« I Mark 50 Pf-, durch den vriestttlger stmi in« Hau» 1 Mark « Pf. «azrigen-Aanahmr fstr di« Rnmm« de« Ausgabetage« bl« vormittag v Uhr ohne Gewähr. Dm« «nd «erlag vm L««g«, 4 «lnterttch in Riol». — VeschäMell«: «aflanienstra», — Mir die «ebactton »mmvoottNch: Her«. Schmidt in Riesa. Bekanntmachung, die Nonnenraupe betreffend. Auf Anordnung des Königlichen Ministeriums des Innern sollen auch in dem laufenden Jahre die durch die Generalvcrordnung der Königlichen Kreishauptmannschaft Dresden vom 16. Februar 1893 getroffenen Maßnahmen zur Bekämpfung der Nonne in Ausführung ge bracht werden; Es wird deshalb den Ortspolizeibehörden de- Bezirks der unterzeichneten Königlichen Amts hauptmannschaft hierdurch zur Pflicht gemacht, 1. Die waldbesitzenden Gemeindemitglieder behufs Entdeckung der Nonnenraupe und des Nonnenfalters anzuhalten, zunächst und ungesäumt mit Rücksicht auf die in den Monaten April/Mai aus den überwinterten Eiern auslaufenden und sodann einige Zeit lang in den sogenannten Raupenspiegeln zusammenlebenden Raupen ihre Waldbestände einer genaueren und öfteren Durchsicht zu unterziehen. 2. Anzeigen und bez. Fehlscheine einzureichen, ob sich Nonnenraupen und später Nonnen schmetterlinge in größerer Anzahl als sonst in den Waldungen gezeigt haben. Diese Anzeigen sind , . ' 'M marschiren und den Feind zu schlagen. Wir wissen, daß der s Lorbeer nickt auk der Ktrake wäcktt wo mon den «»bei Wenn man sich jetzt wundert, daß das Centrum in der Kommission der Vorlage einen anderen Stempel aufgedrückt hat, und da steht wie der betrübte Lohgerber (Heiterkeit), so zeugt das nur von geringer Staatsweisheit. Wie wollen jetzt nach der konservativen Erklärung die Mitglieder des Centrums die Manteuffel'sche Nuß knacken? (Heiterkeit.) Sie, meine Herren vom Centrum, sitzen jetzt im Fell. (Heiterkeit). Aber es kann eine andere Sonne scheinen. Im Interesse Ihres Selbsterhaltungstriebes, aus politischer Klugheit müssen Sie die schiefe Bahn verlassen. Der 8 111 ist auf das Eingehendste besprochen; er ist das Muster von juristischer Verschrobenheit, ein Kautschukparagraph. In der Kommission gingen die Meinungen über die Auslegung dieser Bestimmung auseinander. Man betonte das Vertrauen, daß der Richter das Richtige finden werde; dieses Vertrauen theilen wir nicht. (Beifall bei den Sozialdemokraten.) Ge wiß wird der Richter das Rechte ehrenhaft suchen, aber er kann mit solchen Bestimmungen nichts anfangen. Der Para graph könnte sogar Anwendung finden auf gewisse Erzählungen der Bibel und biblische Schulbücher. Redner verliest aus einem biblischen Schulbuche die Geschichte von der Opferung Isaaks und folgert, daß die Nacherzählung dieses Mordver suchs Abrahams (Heiterkeit) unter die Anpreisung von Ver brechen falle. (Große Heiterkeit und Widerspruch.) Mit Recht ist seitens des Abgeordneten Barth auf die friedliche Entwickelung der Sozialdemokratie hingewiesen worden. Für die anarchistische Literatur übernehmen wir keine Verant wortung; sie rst übrigens wenig gefährlich. Wir wissen wohl, wir können sie viel mehr ärgern, wenn wir uns innerhalb der gesetzlichen Schranken halten, als wenn wir uns im Auf ruhr vor die Achtmillimeter. Gewehre stellen. (Beifall bei den Sozialdemokraten. Wide spruch rechts.) Aber wir werden ihnen diesen Gefallen nicht thun. Als Redner, zur Rechten gewendet, die Aeußerung gebraucht: „Sie wünschen, daß Blut fließe", wird er vom Präsidenten zur Ordnung ge- rufen. Redner schließt mit einem Appell, die Vorlage ab zulehnen. Kriegsminister Bronsart von Schellendorf: Der Vorredner bemerkte, die Sozialdemokraten würden sich nicht vor die Gewehre stellen, und erweckte den Anschein, daß wir dies wünschten. Demgegenüber erkläre ich: die Armee be trachtet es als ihre vornehmste Aufgabe, an die Grenze zu i ' . " - " . I Lorbeer nicht auf der Straße wächst, wo man den Pöbel zusammentreibt. Wir überlassen die- der Polizei und der- Feuerwehr. (Große Heiterkeit.) Abg. v. Kardorsf (Reichsp.) giebt Namen- seiner Partei eine Erklärung dahin ab, daß dieselbe nur für den jenigen Theil der Vorlage stimmen werde, welcher sich auf da- Militärstrafgesetz und auf die Aufforderung an Soldaten zum Ungehorsam (Str.-G^B. 8 "2) bezieht, da die Vor lage einerseits solche Bestimmungen, wie seine Partei sie wünsche, nicht enthalte, andererseits durch die Kommission so abgeändert sei, daß die öffentliche Meinungsäußerung und die Freiheit der Wissenschaft beschränkt werde. Auch erscheine ihm die Aufhebung des Kanzelparagraphen ganz unnöthiz. Uebrigens werde sich die Reichspartei an der Diskussion in der zweiten Lesung nicht betheiligen. Abg. Dr. Enneccerus (natl.) wendet sich entschieden gegen die Vorlage in der Kommissionsfassung, da diese durch Der Umsturzvorlage wurden gestern im Reichstag die Grabreden, aber wenig ehrende, gehalten. Außer den Klerikalen stimmte Niemand dem Gesetzentwurf, wie er nach der Kommissionsberathung vorligt, zu. Es war ein Jammer, resumirt die „T. R." mit anhören zu müssen, was Alles über die unvergeßliche Todte gesagt wurde. Alles, nur nichts Gutes. Keiner war es gewesen und Keiner hatte es gethan. Die Vorlage wurde nicht nur jetzt von allen Seiten für schlecht und verderblich befunden, nein, sie war auch ste S von allen den theueren Reichstagsabgeordneten für eine ganz unglückliche gesetz geberische Mißgeburt gehalten worden und nach jeder Rede wurde es dem Lauschenden klarer, daß nur ein gesetzgeberischer Kobold Regierung und Volk so lange mit diesem Schreckge spenst genarrt habe. Vor Beginn der Debatte legt Reichskanzler Fürst zu Hohenlohe die Motive der Regierungsvorlage dar. Die Hoffnung auf eine erfolgreiche Berathung ist nicht erfüllt worden. In der Kommission sind Anträge gestellt, welche den Außenstehenden erschreckten und einen ungünstigen Ein druck hervorriefen. Es wurde der Vorwurf erhoben, daß die Geistesfreiheit des deutschen Volkes beschränkt würde, wäh rend doch nur Ausschreitungen getroffen werden sollten. Die Entrüstungsversammlungen verstehe ich nicht (Zustimmung); ich habe eine zu hohe Meinung von dem Volke der Denker, als daß die Arbeit der deutschen Philosophen und der Fort- schritt der Menschheit durch gesetzliche Bestimmungen ge- hemmt würden. (Zustimmung.) Zu den Mißverständnissen hat beigetragen, daß die Kommission fremde Materien in das Gesetz hineingezogen hat. Während die Vorlage die Stär kung der Staatsgewalt im Auge hat, erstrecken sich die Kommissionsvorschläge auf Religion und Sitte, und die neuen Vorschläge haben die alten in den Hintergrund gedrängt. Die Kommission hat Einzelnes sogar abgeschwächt, und tch danke dem Abg. v. Levetzow für seinen Antrag, der die Re gierungsvorlage theilweise an die Stelle der Kommissions vorschläge setzt. Ich hoffe, daß der Reichstag uns die Mittel in die Hand geben wird, gewaltsamen Tendenzen mehr als bisher begegnen zu können. (Beifall rechts.) In der Debatte über 8 m spricht Abg. Dr. Barth (fr. Bgg.): Der Reichskanzler hat ein Resumö gegeben, das von meinem Standpunkte au- ja erfreulich ist. Hoffentlich verzichtet die Regierung nunmehr auf das Gesetz. Seit Ein bringung der Vorlage ist ein großer Umschwung eingetreten in der ganzen Beurtheilung, selbst bei den Nationalliveralen. Für den 8 m in der Kommissions- oder Regierungsfassung liegt ein Bedürfniß nicht vor; nur dreißig Fälle kommen jährlich zur Aburtheilung, wo eine Aufforderung zu Ver brechen vorliegt. Die Bestimmungen über das Anreizen bieten sodann bedeutende kriminalistische Schwierigkeiten. Ueber das Verhältniß des Anpreisen- zum Anreizen ist keine übereinstimmende Interpretation vorhanden. Der Antrag Levetzow schlägt eine kautschukartige Fassung vor ; alle» bleibt dem Ermessen des Richters überlassen. Mein Antrag be zweckt, diese Bedenken zu beseitigen. Selbstredend wird aber auch nach Annahme meines Antrages der ganze 8 111 für uns nicht annehmbar. Der Redner geht darauf aus die Ge fahren ein, welche unserer Litteratur. Kritik und insbesondere . der dramatischen Poesie durch diesen Paragraphen drohen. Selbst die Aufführung gewisser Szenen des Schillerschen „Tell" könnte unter die Strafbestimmungen des Anpreisens fallen. Es wird in Zukunft nicht mehr gestattet sein, bei spielsweise die Fuchsmühler Bauern so in Schutz zu nehuwn, wie es fast die ganze Presse gethan hat. Jede Entschuldigung ihres an sich verwerflichen Vorgehens wäre strafbar, obgleich doch sogar das Begnadigungsrecht auf solcher Entschuldigung einer strafbaren Thal beruht. Die Regierungsvorlage wollte sich freilich gegen revolutionäre und ähnliche Dinge richten; sie trifft aber auch anderes. Die Gefährlichkeit der anar chistischen Bestrebungen wird weit überschätzt; erst diese Vor lage giebt ihnen ein Relief. Selbst die Mostsche „Freiheit" macht in Deutschland mit ihren brutalen Uebertreibungen keinen Eindruck. Die sozialdemokratische Agitation ist von revolutionären Uebertreibungen im Laufe der Jahre mehr und mehr zurückgekommen. Diesen Gang der Entwickelung der Sozialdemokratie aus einer revolutionären zu einer Reformpartei dürfen wir nicht mit neuen Strafbestimmungen unterbrechen; strafgesetzliche Angstgesetzgebung bewirkt das Gegentheil. Ich will Ihnen rathen, die gesammte Vorlage abzulehnen. (Beifall links.) Abg. Frhr. v. Manteuffel (kons.) wendet sich gegen die Ausführungen des Vorredners über den Einfluß der Most'schen „Freiheit" auf die Entwickelung der Sozialdemo kratie. Die Gefahr ist bei der ruhigen Agitation der Sozial demokratie jedenfalls sehr gestiegen. Vor dem Anarchismus in Deutschland bewahrte uns bisher die Liebe des deutschen Volkes zu Gott und unsere Armee. Die meisten Bedenken des Vorredners haben zur Grundlage den Gedanken, daß der deutsche Richter nicht das Recht zu finden weiß. Das ist unbegründet. Ich bitte unfern Antrag zu 8 m anzu nehmen. Ich erkläre namens meiner Freunde: falls unser Antrag abgelehnt wird, sind wir nicht in der Lage, für den 8 111 zu stimmen und dann auch nicht für das ganze Ge setz. (Hört! hört! bei den Sozialdemokraten.) Die Vorlage hat das Gute, daß sie zeigt, daß auf dem Boden des ge meinen Rechtes Ausreichendes geschaffen werden kann. Ein klerikal-konservatives Bündniß hat bei den Verhandlungen über diese Vorlage nicht bestanden. Wir wenden uns aber gerade gegen die Kommisfionsfassung. Bei dem Kampf gegen die Vorlage haben sich die Versammlungen aus Un- kenntniß gegen da» bestehende Strafgesetz gewandt. (Sehr richtig!) Die Versammlung in Berlin endete mit einem Bankett und glich mehr einem solchen. Wir wollen der Re gierung das Erforderliche bewilligen und bitten um Annahme unseres Antrages. (Beifall rechts.) Abg. Auer (Soz.): Die früheren lautesten Schreier nach Verschärfung des Strafgesetzes weisen jetzt die Vorlage als Wechselbalg zurück. (Heiterkeit.) Die Konservativen wünschen lieber ein Ausnahmegesetz. Auch wir unterzeichnen den Satz, den der Reichskanzler gesprochen: Der Geist des Fortschrittes kann durch Gesetze nicht gehemmt werden. Was soll aber dann diese Vorlage? (Sehr richtig! links.) Man kann den Geist des Fortschritts nicht aufhaltrn, aber man kann seine Förderer mißhandeln. (Zustimmung bet den So zialdemokraten.) An der Protestbewegung gegen die Vorlage betheiligte sich eine sehr gemischte Gesellschaft. (Sehr richtig bei den Sozialdemokraten.) Wir stehen dieser ganzen Be wegung auch mtt gemischten Gefühlen gegenüber. (Heiter keit.) Die Vorlage ist ein Produkt der Furcht. Der Deutsche fürchtet nur Gott und die Sozialdemokratin. (Heiterkeit.) n«d Anzeiger (SlttUsll nß L-stign). Amtsblatt der König!, Amtshauptmannschaft Großenhain, des Königl. Amtsgerichts und des StadirathS zu Ries«. 3 bezüglich der Rannenraupen sofort nach Entdeckung derselben und bez Fehlscheine bis spästeteuS den 2V. Mai d. I. d. bezüglich der Ronnenfalter, sobald diese fliege«, (Jnli/August) und Fehl scheine bis spätestens zum 10. September d. I. anher einzureichen. Die Herren Gutsvorsteher haben den vorstehenden Anordnungen rücksichtlich der im Gutsbezirke vorhandenen Waldungen gleichfalls nachzugeben und die verlangten Anzeigen uner innert und rechtzeitig anher zu erstatten. Großenhain, am 8. Mai 1895. Die Königliche Amtshauptmannschaft. 1413 L. v. Wilucki. Mke. Die Entvahme ves TpülichtS, der Abfälle und »oochen aus den 4 Küchen der IV. Abtheilung 3. Keld-Artillerie-Regiments Nr. 32 soll vom 1. Juni 1895 ab ver geben werden. Angebote sind bis zum 15. dss. Mts. bei vorgenannter Abtheilung Kaserne IV Stabs gebäude einzureichen, woselbst auch das Nähere wegen der Menge, Abfuhrbedingungen usw. zu erfragen ist.