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1. Beilage zum „Meiner Tageblatt". Rotationsdruck und «erlag von Langer t Winterlich In Ri« ja. — Für die Redaktion verantwortlich: Arthur HSHnel in Ricsa. F? 266 Mittwoch, IS. November 1611, abends. 64. Jahr«. WM« in »Mn Utcke. CK. Die spärlichen Nachrichten, die über Um wandlungen der britischen Marinebaupläne in die Öffentlichkeit dringen, verdienen gerade in diesen lagen eine besondere Aufmerksamkeit, weile neue Mel dungen erkennen lassen, daß für die neuen Dreadnought bauten Aenderungen von lveittragender Bedeutung im Gange sind. Bisher pflegten die für das einzelne Etats jahr vorgesehenen Schiffsneubauten erst gegen Ende des Jahres vergeben zu werden. Mit diesem Shstem hat man jetzt in der Stille radikal gebrochen; in diesen Tageri sind die großen Kciegsschifftverftcn von der Ad miralität aufgefordert worden, ihre Offerten für die neuen Dreadnoughts sofort einzureichen, und im Gegen satz zu der früheren Praxis sollen die für 1912 vorge sehenen Neubauten bereits im kommenden Januar auf Aiel gelegt iverden, sodaß die Panzer voraussichtlich, rund ein Jahr, mindestens aber zehn Monate früher' aktionsbereit sein werden, als ursprünglich in Aussicht genommen. Tie eingefordertcn Vorschläge der Werften erstrecken sich zunächst auf einen Uebcr-Treadnought von 26 000 Tons, der mit zehn 34,3 Zentimeter- und zehn 15,25 Zentimeter-Geschützen ausgerüstet sein wird. Tic früheren Treadnongths führten zur Abwehr von Torpedo- bootangriffcn 10,2 Zentimeter- und vom vergangenen Jahre ab 12 Zentimeter-Geschütze. Man begründet diese "icmerkenswertc Kalibcrsteigerung der Kleinartillerie mit Zweifeln, die man in die Wirksamkeit der früheren 10- und 12 Zentimeter-Geschütze gegen moderne Torpedo fahrzeuge setzt. Jedoch läßt sich schon jetzt feststcllcn, daß eS bei diesen 15,25 Zentimeter-Geschützen nicht blei ben wird und daß die kommenden Drcadnoughtbautcn der englischen Marine zielbewusst auf die Entwicklung einer sehr starken Mittclartillerie hindrängen, einer Mit- telartillcrie, die schon die Grenze der schweren Artil lerie hindrängen, einer Mittclartillerie, die schon die Grenze der schweren Artillerie erreicht. Tic Pläne für die Neubauten des Jahres 1912 sehen in der Tat neben >cn großen 34,3 Zentimeter-Geschützen eine Ausrüstung nit 34,4 Zentimeter-Geschützen vor. Schon früher ickerten Nachrichten durch, die von der Aufstellung von ner solcher 23,4 Zentimeter-Geschützen sprachen. Diese Meldungen sind hinter den Tatsachen zurückgeblieben; die neuen Pläne bemessen die zweite Artillerie der Dreadnoughts auf nicht weniger als acht dieser 23,4- Zentimeter-Geschützc, die in vier Doppeltürmen Auf stellung finden sollen. Mit der Ausführung dieser Ab richten würden die britischen Neubauten gegenüber den wutschen Dreadnoughts ein starkes artileristisches Ueber- zewicht erhalten. Unsere ersten Dreadnoughts sind be kanntlich mit zwölf 28 Zentimeter-Geschützen ausgerüstet nit einer Mittclartillerie von zwölf 15 Zentimeter- und nncr Kleinartilleric von sechzehn 8,8 Zentimeter-Ge schützen. Tie britischen Neubauten würden dem zehn oder zwölf 34,3 Zentimeter-Geschütze und an Mittelartillerie acht 23,4 Zentimeter-Geschütze cntgegenstellen können, so wie weitere zehn 15,25 Zentimeter-Geschütze. Wir sind bekanntlich erst bei unseren jüngsten Neubauten dazu übergegangcn, der englischen, französischen und amerika nischen Kalibersteigcrung wenigstens teilweise zu fol gen, indem wir unsere 28 Zentimeter-Geschütze mit den neuen 30,5 Zentimeter-Kanonen ersetzen. Interessant bleibt für uns auch die Tatsache, daß die neuesten, erheblich größeren Unterseeboote der englischjen Marine neben ihrer Torpedoarmierung mit einem, wahrschein lich aber mit mehreren Geschützen ausgerüstet werden sollen. Es handelt sich hierbei wohl um Versuche, die der Entwicklung der Zukunft vorauszueilen trachten, denn der mit der englischen Admiralität in Fühlung stehende Marinesachverständige Gerard Fienncs äußert sich in einem offenbar amtlich inspirierten Aufsätze über die Möglichkeiten, die Größenverhältnisse der Untersee boote so zu entwickeln, daß die Fahrzeuge in den Stand kommen, in ihren Türmen ein modernes Geschütz schwer sten Kalibers aufnehmen und abfeuern zu können. Ain letzten Freitag sprach Admiral Lord Charles Beresford in Portsmouth vor einer Anzahl von Märinefreunden und überraschte seine Hörer mit der Erklärung, wäh rend der letzten Krisis habe sich die britische Kriegs flotte in einem solche» Zustande mangelhafter Bereit schaft gesunden, daß er lieber über dieses Thema nicht ausführlich sprechen möchte. Diese Behauptung Beres fords hat begreiflicherweise lebhafte Beunruhigung und Bestürzung hervorgerufen, aber die Presse vermeidet es, sich näher mit dieser Aussage des Admirals zu be schäftigen, um die Gemüter nicht noch mehr zu erregen. D« Sriq Me» Me« sid in Mei. Der Korrespondent des Corriere della sera Luigi Bar- zini hat an sein Blatt eine längere Depesche gerichtet, in der er als Ehrenmann, als gewissenhafter Journalist und als Italiener gegen die Angriffe auswärtiger Blätter protestiert- in welchen den italienischen Soldaten Grausamkeiten vorgeworfen werden. Barzini gibt eine Beschreibung des unvermuteten lleberfallcs, den die Araber am 23. Oktober in der Oase auf die Ber- saglieri in verräterischer Weise unternommen hätten. Die Araber hätten Verwundete niedergemetzelt und ärzt- liehe Stationen angegriffen. Tie Leichen seien ausge plündert, von Dolchstichen bedeckt und entsetzlich vcr- stümmelt gefunden worden. Die Säuberung der Oase sei eine Lebensfrage gewesen. General Caneva habe an geordnet, alle mit der Waffe in der Hand angctroffcnen Araber zu erschießen und eine entsprechende Proklama tion erlassen. Tic Soldaten hätten aber nicht gehorcht, sondern nur die kämpfend angctroffcnen Araber er schossen, und hätten ganze Karawanen von Arabern, die man mit der Waffe in der Hand angetrossen hatte, als Gefangene in die Stadt geschickt. Tie Gefangenen seien gut behandelt worden und, nachdem ein Excmpcl statuiert worden war, habe man die Bestrafungen aus gesetzt. Trotzdem hätten die Araber am 25. Oktober und während des Kampfes am 26. Oktober von neuem die Flügel der italienischen Truppen angegriffen. In der Oase hätten die Araber noch am 27. Oktober Widerstand geleistet. Man habe Häuser gefunden, die wahre Waffen arsenale darstellten. Tie Bewohner der Oase seien je doch mit aller Schonung in die Stadt geschafft worden, da man die italienischen Verteidigungs linien nicht einem hinterhältigen Angriff der Araber aussetzcn konnte. Tie bei den Rebellen gefundenen Wert sachen seien in der Bant von Rom deponiert worden. Ein Akt der Plünderung sei nicht vorgekommen. Man tue durchaus unrecht, das Kriegsgericht in Anspruch zu nehmen, wo eS sich um Leute handle, die kein Recht als Kriegführende anerkennen. Barzini bezeichnet sogar die ergriffenen Repressionsmaßnahmen als ungenügend, da immer noch Gewehrschüsse aus der Oase abgegeben und Telegraphendrähte von unbekannter Hand zerschnit ten würden. Der italienische Soldat sei gutmütig und unfähig zur Grausamkeit. Ter einzige Fehler der Ita liener sei ihre Vertrauensseligkeit gewesen. Tie Agcnzia Stefani meldet aus Tripolis: In der Nacht zum 13. November gab die feindliche Artillerie einige Schüsse gegen Sidi Messri ab. Die Italiener er widerten das Feuer. Ein nächtlicher Angriff des Fein des blieb aber aus. Am 13. November kurz nach Mit tag kam es au derselben Stelle zu einem Feucrgefecht, bei welchem auf italienischer Seite zwei Manu verwun det wurden. In Benghafi, Terna, Tobruk und Homs ist die Lage unverändert. Der Frankfurter Zeitung wird aus Rom gemeldet, das italienische Geschwader habe den Befehl erhalten, aus dem Aegäischcn Meer in das Mittelländische Meer zu rückzukehren. Wenn dieser Befehl tatsächlich ergangen ist, würde dies bedeuten, daß der Plan, den Kriegsschau platz auf andere türkische Besitzungen als Tripolis aus zudehnen, vorläufig aufgegeben ist. Ter Gedanke liegt nahe, daß Vorstellungen anderer Mächte dieser Gegen order zugrunde liegen. Der Aufstand in China. Tie Mandschurei hat sich autonom er klärt. In Mukdcni Kirin und Zizikar ist die Gewalt tatsächlich an die beratenden Komitees übergcgangen. Zur Aufrechterhaltung der Ordnung sind strenge Maß nahmen ergriffen worden. DaS Komitee erhielt von verschiedenen Organisationen und einzelnen Per sonen zahlreiche Glückwünsche zu dem Umschwung. Der Vorkämpfer der Konstitutionellen Liantsitschao ist hier eingetroffen. Unter seinem Vorsitze fand eine Beratung der Delegierten der Konstitutionspartei über die Maß nahmen zur Aufhebung der Revolution ohne Blutver gießen und zum Schutze der Dynastie statt. Man nimmt an, daß Liantsitschao schließlich aw die Spitze der Regie rung treten und Duanschikai ersetzen werde. lieber den Einzug Auanschikais in Peking telegraphiert der dortige Vertreter der Daily Mail, daß aller erdenklicher Pomp dabei entwickelt wurde. Nicht weniger als vier Eisenbahnzügc begleiteten ibn auf der Fahrt von Hankau nach Peking. Nuanschikai begrüßte zuerst die Europäer lächelnd. Gr trug die gelbe Jacke das Symbol der höchsten militärischen Auszeichnung, die Chinesen erhalten können, und die dem Bescher das Recht über Leben und Tod verleiht.., Dicht neben ihm standen sechs Henker von riesiger Gestalt', von denen jeder ein mächtiges Richtschwert trng. Ter Wagen, in welchem Buanschikai in die Stadt fuhr, wurde von einer starken Slbteilung Soldaten eskortiert. Tausende und aber Tausende standen in den Straßen, um den große» Staatsmann zu begrüßen, auf den sich jetzt aller Augen richten, als auf den letzten Helfer in der größten Not. Tie Lage in K anto n ist, wie der „Ncwyark Herold" zu berichten weiß, äußerst ernst. Während der beiden letzten Tage sind dort viele tausende Piraten angckom- mcn, die zum Schrecke» der Einwohner der Stadt unter ihren Führern Luk-Lun-Ehing und Li-Tang-Tonng in der Stadt sengend und plündernd umherzichen- Tie Pi raten drohen die Stadt Sionlnan am Pckiang anzu greifen. Tie Konsuln haben den Fremden in der Um gebung der Stadt den dringenden Rat gegeben, sich um- gehend in Sicherheit zn bringen. In Honnan und Jutschou kam es aus bisher noch unbekannten Gründen zwischen großen Abteilungen der Rebellen zu ernsten Kämpfen, in denen es auf beiden Seiten zahlreiche Tote und Verwundete gab. 1500 kaiserliche Soldaten aus Amman sind acht Meilen vom englischen Gebiete angekommcn. Auf ihrer Flucht haben sie geradezu fürchterlich gewütet. Alle Dörfer und Niederlassungen haben sie in Brand gesteckt, nachdem sic sic vorher ausgeplündcrt hatten. Frauen und Kinder ohne Unter schied des Alters wurden nicdcrgemetzelt und auf das gräßlichste verstümmelt. Tie Revolutionäre sind mit die sen Soldaten zusammengcstoßen, wobei es zu einem sehr blntigcn Kampf gekommen ist. Es gelang den kai- scrlichcn Truppen zn entfliehen. — In Tschinkian herrscht große Aufregung. Tie revolutionären Soldaten griffen,- als sic von den Mandschngrcncln in Nanting hörte», die Mandschntruppcn an. Alle gefangenen Mandschns wurden getötet. — Ter Tatarcngeneral in Futschau, der die republikanische Flagge gehißt und dann eine sich nähernde Rebellenabtcilung verräterisch angriff, wurde von den revolutionären Studenten gefangen genommen und enthauptet. Ter Vizctönig von Futschau entleibte sich selbst. - - Ta-esgeschichte. Die Seste von Agadir. Der Korrespondent des' Mali» in London will die Wahrheit wissen über das, was im Juli zwischen Eng land und Deutschland vorgefallen ist. Er erzählt: -,Ms im Juli der Panther nach Agadir gegangen war, stieß der deutsche Botschafter Graf Wolff-Metternich bei Sir Edward Grey aus eine Haltung, die er nicht erwartet hätte. England, als treuer Freund Frankreichs, verhehlte nicht, wie sehr es die Geste von Agadir tadle und er klärte, daß es den befreundeten Staat im Notfall mit seiner ganzen Macht unterstützen werde. Graf Wolff- Metternich, der an eine so drohende Haltung der eng lischen Regierung nicht recht glauben wollte, kehrte noch einmal zu Sir E. Grey zurück, erhielt aber dieselbe Antwort. .Auf diese zweimalige Erklärung des englischen Ministers antwortete Deutschland nicht, und so würde die Situation von Tag zu Tag gespannter. In diesem Augenblick — und das soll absolut verbürgt sein — griff dec Zar ein und schrieb an den deutschen Kaiser Illd. öruvo Sssss. — Leks Losiks- Uva SedlltrsvLlrsssö.