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Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 15.02.1927
- Erscheinungsdatum
- 1927-02-15
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1666408611-192702152
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1666408611-19270215
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1666408611-19270215
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Riesaer Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1927
-
Monat
1927-02
- Tag 1927-02-15
-
Monat
1927-02
-
Jahr
1927
- Titel
- Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 15.02.1927
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er se, vo« »Wei deutschen Zivilisten beleidigt worden und -ab« diese dann verfolgt, um ihre Personal«, fest»»- steNen. Der Schutz sei beim Entladen seine» G«w«Ue, ^?Eaangen. Da« Urteil lautete auf 1 Monat Gefängnis mit Bewährungsfrist (i) wegen Bedrohung. Wegen der damit verbundenen Erregung eine» öffentlichen Aerger. nisfe« wurde er zu IS Tagen ohne Bewährungsfrist der- Die Attentatspläne «ine» Gchullnaben. Zn M-Aing bei Men hat ein Schüler versucht, wegen eine» schlechten Zeugnisse» die Schule in die Lust zu spren ge«. Er fertigte, so gut e» »eine Kenntnisse »»ließen, eine Bombe an, doch konnte da» Geschoß noch rechtzeitig in seinem Pulte aufgefunden werden. E» wurde festge- stellt, daß die Bombe nicht geeignet gewesen wäre, gro ßen Schaben zu stiften. Der Schüler hatte sich auch dar- auf vorbereitet, seinen Lehrer zu erschießen. Der Schü ler umtzte in gerichtlichen Gewahrsam genommen werden. Verhaftung an Bord eine» Ueberjee- Kampfers. Der von dem Untersuchungsrichter in Bonn verfolgte Justizobersekretär Karl A-, welcher beschuldigt ist, Dienstgelder unterschlagen und Urkunden gefälscht zu haben, wurde bei seiner Heimkehr aus Brasilien an Bord des Dampfers „Bayern" von Beamten der Hamburger Kriminalpolizei verhaftet. A. bestreitet die ihm zur Last gelegten Verfehlungen. Riesenbetrug ,n Stockholm. In Stockholm hat sich der Direktor der Eisenexportfirmä D. Dietrichson u. Co. namens Cederborg der Polizei gestellt, nachdem er ungeheure Schwindeleien verübt hatte. Die Unter suchung hat ergeben, daß Lederborg den Direktor einer Aktiengesellschaft namens Iohansse.i verleitete, Lagerscheine zu fälschen. Die Firma Johanssens erhielt z. B. von der Firma Cederborgs einen Lagerschein über 10000 Tonnen Erz und lietz daraus 110000 Tonnen entstehen. Es wurde also eine Erzmenge angegeben, die in Wirklich keit gar nicht lagerte. So geschah es in vielen Fällen. Auf diese Lagerscheine lieh sich Cederborg große Beträge bei Banken, Versicherungsgesellschaften, Genossenschaften und zahlreichen Privatpersonen. Er erhielt es unbedenk lich, weil seine Firma D. Dietrichson u. Co. in großem Ansehen stand, und weil er sehr Hohe Zinsen bot und bal dige Rückzahlung. So gelang es ihm, eine Summe von 6 Millionen Kronen aufzunehmen. Das Geld verwandte er, um die in Schwierigkeiten geratene Firma Dierrich- son über Wasser zu halten. Er kaufte für das Gew große Partien Eisen und Stahl aus und verkaufte sie, um den Rus der Firma zu stützen, zu Schleuderpreisen. Die beiden Direktoren sind in vollem Umfange geständig. Da Cedcr- borg seinen Gläubigern Kreditversicherungen übergab, die er mit Versicherungsgesellschaften abgeschlossen hatte, wer den diese Versicherungsgesellschalten den Riesenschadcn zu tragen haben. Die Firma Dietrichson, die inzwischen den Konkurs angemeldet hat, ist nach dem im Jahre 1919 erfolgten Tode ihres Inhabers auf dessen Witwe über gegangen, die das Geschäft vollkommen dem damaligen Prokuristen Cederborg überließ. Die Firma hatte infolge des Preissturzes für Eisenerz von 400 auf 100 Kronen die Tonne Millionenverluste erlitten. Cederborg wollte der Firma den Anschein voller Insolvenz geben. Persön lich erfreute er sich des besten Ansehens, und er genoß bei Banken und Finanzleuten volles Vertrauen. Unter den Geschädigten sind auch Privatleute, Finanzinstltute und Geschäftsleute, die ihre Leihgelder zu Wucherzinsen Akt»! M IM pIMWINWNkmt M WtzM « K» »M kH. geaeben haben, man spricht von 100 bt» 1S0 Prozent! W Polizei ist m fieberhafter Tätigkeit. Die Zeitungen bringen seitenlang« Berichte und nennen d«n Schwindel den größten, der jemals in Schwede« verübt worden ist. Schwer betroffen werden durch den Zusammenbruch d«S Unternehmen» die zahlreichen Angestellten, von deneu viele über ein Bterteljahrhundert im Dienste der Firma gestanden haben. 14S000 Mark unterschlage«. In Düsseldorf wurden zwei Kaufleute und eine Frau verhaftet, die im Jahre 1924 142 000 Mark unterschlagen hatten unter der Vorspiegelung, holländischen Sprtt be'chasfen zu können. Als Haupttäter kommt der Kaufmann Max Uhle in Frage. Eifersuchtsdrama in Hamburg. Auf dem Alten Steinweg kam cS m der vergangenen Nacht zu einem Eifersuchtsdrama, als der 31jährige Schlächter Friedewald, der mit der Wohnungsinhaberin, der 02- läbrigen Witwe Richter, Beziehungen unterhielt, be» der Rückkehr nach Hause nicht eingelassen wurde. Friedewald verschaffte sich gewaltsam Eingang und sand die Witwe in Gesellschaft eines 26 jährigen anderen Mieters namen» Oswald. ES entstand eins Prügelei, bet der alle drei Per sonen schwer verletzt wurden. Oswald ist im Kranken hause seinen Verlesungen erlegen. DaS Schicksal des Tierbändigers. Während einer Zirkusvorstellung m der Nähe von Avignon wurde der Tierbändiger von Tigern und Leoparden angefallen und schrecklich zugerichtet. Das verschwundene LoS der Roten Kreuz- Lotterie. Bei der Ziehung der Roten Kreuz-Lotterie in Frankfurt a. M. fiel ein Gewinn von 40000 Mark auf ein Los, dessen Inhaber sich bisoer nicht gemeldet hat. Der Gewinner »st ein Arbeiter gewesen, der kurz nach der Ziehung im Krankenhause verstarb und nicht mehr die Zeit fand, den Gewinn zu erheben. Merkwürdiger weise ist nun das bei seinen Effekten befindliche Los spurlos verschwunden und nunmehr bemühen sich die Erben, den Gewinn zu erhalten. Bismarcks Friseur gestorben. In Bergedorf starb im Alter von 73 Jahren der Friseur Friedrich Wil helm Röhrig. Der Entschlafene, eine stadtbekannte »nd geschätzte Persönlichkeit, war durch Jahre der Friseur des Altreichskanzlers in Fricdrichsruh. Der neue „Prolet-Tanz". Di« Frage, ob öffent liche Tänze in Rußland erlaubt sein sollen, beschäftigt die Sowjetbehörden seit längerer Zeit. Tanzen ist stets ein Hauptvergnügen der Rusten gewesen, und als Lenin Ende 1921 die straffen Zügel des Kommunismus locker lietz und den privaten Handel wieder zulietz, da begann sich mit dem aufblühenben Nachtleben auch die Tanzlust zu entwickeln, bis im Winter 1923 24 die Behörden einschritten und alle Moskauer Tanzlokale schlossen, mit Ausnahme einiger „Ka baretts". bi« nur für Fremde bestimmt waren, für Diplo maten, Kaufleute und Journalisten, an deren kapitalistischen Serien nichts mehr zu retten war. Man hat aber jetzt ein gesehen, daß diese völlige Unterdrückung der Tanzlust nicht gut tut, datz die Langeweile der Massen sie mürrisch macht ZMZWZMD man do» keineswegs die Tänze zulasten, au beneo sich da« „kapitalistische vür«rtum" erfreut. Da» Mitglied de» „Po. ttttsche« Büro»", TomSki, einer der Hauptführer d«r Ge- werkschaften. der kü, di« „Aufheiterung be, Arbeiterlebens" nachdrücklich «tntrat. hat sich kürzlich darüber auSgesvroche«: „Ntürltch können so unsittliche Tänze, wt« der Charleston Ä«r der bourgeois« Foxtrott, unmöglich gestattet wnden. «a, wir brauchen ist «in neuer Tanz. Diese neu«« Tänze müsse» für Euch geschaffen werden", sagte er zu den Ar beitern, „und »war entsprechend der Würbe der Arbeit und ohn« die Sentimentalität "^Zügellosigkeit des Bürger- tnmS: e» müffen anständig« rhMmisch« Tänze fein, btt'sich die keuschen Bewegungen derMaschinen tu unseren beliebten proletarischen Fabriken zum Muster nehm««." DI« Versuche, di« bisher für den neuen „Prulet-Tanz" unternommen wur- den. sind nicht sehr vielversprechend. Ein« Tanzlehrerin schuf «int« solche Tänze, von denen der ein« „Die Bereini gung der Bauern und Arbeiter symbolisiert und er» an derer den „Triumph der roten Arbeiter über da» westliche Europa" darstellt. Einer der tüchtigsten russischen Ballett meister. Nikolei Forreäger. hat fünf neue Tänze erfunden, di« in ihrem raschen Rhythmus an die Polka und an den Galopp erinnern. Diese Tänze sollen nun in dem neuer öffneten russischen Ballsaal eingeführt werden. Das beste Alter »um Heirat«». Meder einmal haben sich zwei amerikanifche Gelehrte mit der Frag« be schäftigt. welche» das idealste Heiratsaltrr sei — eine Frage, di« bekanntlich die Menschheit schon seit unvordenklichen Zetten beschäftigt. Auf Grund der statistischen Angaben des Standesamtes und der Eheberatungsstelle von Philadelphia find sie in der Lag«, immerhin intereffante Ergebnisse ihr«r Forschungen zu liefern. Sie sind zu dem Schluß gekommen, datz da» ideal« Heirat Kalter für den Mann 29 Jahre und für di« Frau 24 Jahr« beträgt. Bo» nicht allzu grober Wichtigkeit sind Abweichung«« um vier Jahre nach oben oder unten für den Mann oder um zwei Jahve für die Frau. Gefährlich aber sind Eben, in denen die Frau unter 21 Jah re» und der Mann unter 24 Jahr«n ist — und zwar falle« sie um so schlimmer aus, je jünger die Partner sind. Zehn- biS hundertmal leichter gehe« Eben, in denen beide Teil« 19 Jähre oder jünger sind, auseinander als solche, die ttu ideal«« Alter geschlossen wurden. Ebenso werten Ehen von Personen, die über 38 Jahre alt sind, zwei» bis fünfmal so leicht gesprengt. Alle dies« Folgerungen beruhen auf Be rechnungen, die von den beiden Forschern an über tausend wahllos herausgegrisfenen Fälle» in Philadelphia angestcllt wurden. Dabet hat sich HeranSgestellt, dass von Liesen zur Untersuchung stehenden Ehen nur 19 v. H. im idealen Alter geschlossen wurden. Bon diesen „idealen Eheleuten" suchten nur 5 v. H. Rat in ehelichen Nöten bei der Eheberatungs- stelle. Bon den anderen Ehen aber suchten 11 v. H. die Be ratungsstelle auf. Naturgemäß sind auch die Ehescheidungen bet Ehen, die nicht im idealen Alter geschlossen wurden, pro zentual viel zahlreicher als die zur rechten Zeit geschlossenen Ehebünduissc. In Philadelphia werden die meisten Ehen viel zu früh geschlossen. Da nämlich.die jungen Eheleute einer Erlaubnis der beiderseitigen Ettern bedürfen, so machen sie, um das zu umgehen, einfach einen kurzen Aus flug nach Elkton in Maryland. Hier können sie ohn« wei teres getraut werden. Auf diese Weise kommt es, Saß in den seltensten Fällen Eheleute im idealen Heiratsalter sich in Philadelphia zum Bund« fürs Leben zusammeniun. sie sprechen sollte. Gewiß war etwas von beginnendem Wahnsinn in alledem, was die Kranke sagte, aber es war darin zugleich eine so zuversichtliche, beinahe heitere Ruhe, daß eine wundersain tröstliche Wirkung von ihren Worten ausging — eine Wirkung, die es Hilde unmöglich gemacht hätte, das trügerisch holde Wahngebilde zu zerstören, auch wenn sie grausam genug gewesen wäre, es zu wollen. „Und was war es, das du geträumt — Las du im Traume erlebt hast. Liebste?" Ellen zog den schönen Kopf der Schwägerin noch näher zu sich heran und flüsterte: „Ich sage dir doch, daß es kein Traum gewesen ist. Ich war vollständig wach, als es geschah, wenn ich auch mit geschlossenen Augen dalag wie eine Schlafende. Wäre es nur ein Traum gewesen, ich hätte ja zu neuem Gram und zu neuer Verzweiflung erwachen müssen, wie schon so oft vorher, wenn ich tm Schlummer gewähnt hatte, in seinen Armen zu ruhen und seine gesiebten Lippen zu küssen. Diesmal aber war es ganz, ganz anders. Ich weiß, daß Arnold seine Seele ausgesandt hat, mich zu trösten, weil feindliche Gewalten seinen Körper noch ver hindern, zu mir zurückzukehren. Und du sollst mir nicht antworten, daß dergleichen nicht in eines Menschen Macht gegeben sei. Die Liebe vermag alles." So feierlich, mit dem Ausdruck einer so innigen Gläubigkeit hatte sie es gesprochen, daß Hilde wohl fühlen mußte, alle Beredsamkeit der Wett würde nicht imstande sein, ihre heilige Ueberzeugung zu erschüttern. Sie begnügte sich darum, die schmale, noch immer allzu heiße Rechte der Kranken zwischen ihre beiden Hände zu nehmen und liebevoll zu drücken. Das mochte die junge Frau als eine schweigende Zustimmung deuten, denn sie sah mit einem dankbaren Blick in das über sie geneigte, schöne Mädchengesicht. „Wie ich ihn gesehen habe, möchtest du wissen," - sprach sie weiter. „O, du wirst überrascht sein, wenn du es erfährst. Denn er kam nicht etwa hierher zu mir, sondern ich war bei ihm. Und es war nicht in einem Zimmer, sondern in einem Wagen — ich glaube, in einem Auto mobil. Er war nicht allein, sondern es waren noch zwei Personen bei ihm; aber die vermochte ich nur ganz unbe stimmt zu sehen — wie Schatten, die austauchten und wieder zerflossen — und ich habe keine greifbare Vorstellung von ihnen behalten. — Mein Gott, liebste Hilde, was ist dir? Deine Hände zittern ja, und sie werden mit einem Male eiskalt!" Hilde hatte wohl ihre Gesichtszüge in der Gewalt be halten und hatte den Ausschrei der Ueberraschung unter- drücken können, der sich ihr unwiderstehlich, auf die Lippen drängen wollte — den Funktionen ihre» Herzen» aber hatte sie nicht gebieten können, und so hatte sie wider Willen der Kranken die gewaltige Wirkung ihrer Worte verraten. Daß diese Wirkung eine fast überwältigende sein mußte, war nach dem, was sie soeben durch Hubert von Lexow erfahren, gewiß begreiflich genug. Sie wußte sich frei von allem Aberglauben, und sie hatte immer nur ein mitleidiges Lächeln gehabt für die Geschichten, in denen das zweite Gesicht oder hellseherische Ahnungen eine Rolle spielten. Ihr klarer, scharfer Verstand sagte ihr auch jetzt, daß es sich bei der wundersamen Uebereinstimmuna zwischen dem visionären Traumbild der jungen Krau und oer von Lexow ermittelten Wirklichkeit lediglich um eine Mauna de» Zufall» handeln könne. Aber auch ein stärkerer und skeptischerer Geist al« der ihre würde sich »ahrscheinUch »ergebens mtt allen Dernunstaründen gegen de» Mndimck vieler an da« Uebernatürltwe streifende» V. Kapitel. Der riesenhast, Italiener ging bei Hildes Eintritt mit unruhigen Schritten in dem kleinen Logierzimmer auf und nieder, während Mrs. Longwood todestraurig am Tische faß, mit auf die Brust herabgesunkenem Haupte, und da« tränennasse Taschentuch in den Händen. Al« Hilde de-, hutfam die Derbindungstür hinter sich zugezogen hatte, sagte sie im Flüsterton: „Wir müssen leise sprechen, denn Ellen ist «ingeschlasen. Und e« wird darum auch aut sein, Herr Dalbelli, wenn Sie die Freundlichkeit habe«, Ihre Wanderung einzustellen.- Er blickte überrascht aut. denn lo befehlend hatte sie Bestätigung gewehrt haben. Sie hätte nichk dfe lebhafte Einbildungskraft des Weibes haben müssen, um über Ellens Worte wie über das leere Geschwätz einer über reizten Kranken hinweggehen zu können. Uno so bemühte sie sich denn auch nicht länger, ihre mächtige Erregung zu verbergen. „Ich kann wohl nicht unbewegt bleiben, liebste« Herz, wenn ich solche Dinge höre. Und du mußt mir alles erzählen, was du gesehen hast. Sagtest du nicht, du habest mit Arnold gesprochen?" Die junge Frau nickte. „So deutlich habe ich seine Stimme gehört, als wenn er leibhaftig hier neben mir gestanden hätte. Und mit ge schlossenen Augen würde ich ihn an seiner Stimme er kannt haben, obwohl sie ganz anders klang als sonst — schwach und müde — ach, so müde!" „Und was war es, das er zu dir sprach?" - Wie zu angestrengtem Nachdenken zog die Gefragte die Brauen zusammen. „Es ist merkwürdig," murmelte sie. „Aber ich kann mich an die Worte nicht mehr erinnern, obwohl ich noch eben ganz sicher war, daß ich sie nie in meinem Leben vergessen würde. Aber ich weiß, daß er mir Mut zu sprach und daß er mich mit der Gewißheit eines nahen Wiedersehens tröstete. Eines Wiedersehens hier auf Erden, Hilde! Und es ist doch unmöglich, daß er mich mit falschen Hoffnungen getäuscht haben sollte — nicht wahr, es ist un- „Wenn es seine Seele war, die bei dir geweilt hat, so hat sie dich gewiß nicht belogen, meine geliebte Ellen l Laß uns denn daran glauben, daß alles sich glücklich er füllen werde, was sie dir verheißen." Sie neigte sich vollends herab, um die leise Lächelnde zu küssen. Und während ihr Mund die bleichen Lippen des schwergeprüften jungen Weibes berührte, sah sie, daß sich langsam die lang bewimperten Lider senkten, und daß sich die visionär» Spannung in Ellens Zügen mählich zu lösen begann. Eine tiefe, aber wohltätige Mattigkeit schien über di« Krank« gekommen zu sein. Sie sprach nicht mehr und nur wenig« Sekunden vergingen noch, bis sie völlig in das stille, dunkle Reich des Schlummers hinübergeglitten war. Ihr Schlaf war sanft und ruhig, wie der eines un schuldigen Kindes, nicht mehr von nervösen Zuckungen und leisem Aechzen unterbrochen, wie die beängstigenden Schlafzustände der letzten Tage. Ein paar Minuten lang lauschte Hilde noch auf die kaum vernehmlichen, gleich, mäßigen Atemzüge ihrer armen Schwägerin; dann erhob sie sich geräuschlos von ihrem Stuhl. Sie vernahm au» dem Nebenzimmer den gedämpften Klang einer wohl- bekannten, liefen Männerstimme, «nd er war ihr darum zu tun, Herrn Ettore Dalbelli noch an diesem Abend zu sprechen. bisher nie zu tym gesprochen; aver er gehorchte sofort und ließ sich, nachdem auch sie neben Mrs. Longwood Platz genommen hatte, an der anderen Seite des schmalen Tisches nieder. Ein lauernder, mißtrauischer Ausdruck war kn seinen Zügen, and noch in keinem Augenblick ihrer kurzen Bekanntschaft war dem jungen Mädchen dies scharf- geschnittene, gelbliche Gesicht so unsympathisch, ja, geradezu widerwärtig erschienen als eben jetzt. Sie schwieg, und auch Ettore Dalbelli war offenbar im ungewissen über die Art, wie er das durch ihren Ein tritt unterbrochene Gespräch wieder aufnehmen solle. Mrs. Longwood aber überhob ihn alles weiteren Nachdenkens, indem sie in ihrer klagenden Weise sagte: „Sie mögen sich von Fräulein Hilde die Wahrheit meiner Erzählung bestätigen lassen, Herr Dalbelli! Ich habe während der letzten Minuten da drinnen das Fürch terlichste durchlebt, was einer Mutter beschieden sein kann. Und ich kann nur noch beten, daß der allgütige Gott mein unglückliches Kind vor den Schrecknissen des Wahnsinns bewahren möge." Die stechenden Augen des Italieners ruhten fragend aus Hildes Antlitz, sie aber begegnete ihnen mit festem -und ruhigem Blick. » „Wir haben, wie ich denke, nicht den mindesten Grund, so entsetzliche Befürchtungen zu hegen," erwiderte sie. „Ellen mag noch ein wenig unter dem Einfluß eines be- ^nders lebhaften Traumes gestanden haben. Aber ihr Verstand ist nach meiner Ueberzeugung durchaus klar. Und vielleicht hat sie recht, wenn sie für mehr als einen bloßen Traum hält, was sie im Geiste gesehen." „Für mehr als einen bloßen Traum?" fragte Dalbelli. „Wie ist dos zu verstehen, Fräulein Brüning?" „Ich kann es Ihnen nicht erklären. Aber warum sollte es zwischen zwei menschlichen Seelen, die aus das innigste mit einander verbunden sind, nicht gewisse geheim nisvolle Beziehungen geben, für die unser begrenztes Er kennen vorläufig noch keine Erklärung hat?" Die Mundwinkel des Italieners verzogen sich wie in leiser Ironie. „Ah, gnädiges Fräulein sind Spiritistin? Oder Sie glauben an die Möglichkeit eines magnetischen Rapports ?" „Es kommt hier sehr wenig auf das an, was ich glaube oder nicht glaube. Meine Aeußerung bezog sich nur auf die Tatsache, datz Ellen im Traume oder in einer hellseherischen Vision Dinge erschaut hat, die sich aller Wahr scheinlichkeit nach genau so wirklich zugetragen haben." „Davon hat Mrs. Longwood mir nichts erzählt. Und es würde mich sehr interessieren, etwas Genaueres zu hören." „Sie sak im Traum ihren Satten, wie er mit zwei anderen Personen in einem Wagen fuhr. Und sie wußte sogar, daß dieser Wagen ein Automobil gewesen war." Dalbelli Halle sich so weit in seinen Stuhl zurück gelehnt, daß sein Gesicht faß ganz in den Schatten gerückt war. Und er schwieg, wie wenn er noch auf eine Fest setzung des Berichtes warte. Mrs. Longwood aber nahm statt seiner das Wort: „Darin ist doch nichts Wunderbare». E» ist eben ein Traum gewesen wie jeder andere. Und ich sehe keinen Grund für die Wahrscheinlichkeit, daß er em Abbild der Wirklichkeit gewesen sei." Da» jung« Mädchen zauderte noch «inen Augenblick. Aber st« erinnert« sich an die letzten Worte des Detektivs, und sie war innerlich froh, von der Verpflichtung de» Schwelgens entbunden zu sein. Uivrtwuuua iialat.1
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