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Riesaer G Tageblatt 47. Jahr, Freitag, 28. Dezember 1884, Abends 30« Das Riesaer Tageblatt erschein» jeden Lag Abends mit Ausnahme der Sonn- und Festtag«. Bierteljährlicher Bezugspreis bei Abholung tn den Expeditionen in Mesa und Strehla, den «iiIgatchMU sonst, am Schalter der laijerl. Pojtanstalten 1 Mark 25 Ps„ durch die Träger sre« in« HauS 1 Mark 50 Ps., durch den Briefträger frei in« Hau« 1 Mart «5 Pf. «»teigm-Annah«» für die «mm»» des Ausgabetages bis Bormittag 9 Uhr ohne Gewähr. Druck und Verlas von Langer L Winterlich in Riesa. — Geschäftsstelle: Kastantenftraste 5». — Für die Redaktion derantworLich^H«,» Gchmitzt l« Mol«. «rrd Anzeiger Metta« oud Aazelger). Amtsblatt der König!. Amtshanptmannfchast Großenhain, des König!. Amtsgerichts «nd des Stadtraths z« Riesa. KlarschlKg-Liefernng. - Zu>n Wegebau für 1895 werden von der Gemeinde Poppitz circa 883—35V vtrm Klarschlag gebraucht. Tas Material aus den Brüchen bei Meißen soll frei Elbqnai Riesa bis April, Mai zu liefern sein. Offerten mit Preisangabe bis.6. Januar 1895 an den Unterzeichneten einzureichen. Poppitz, am 27. Dezember 1894. I'rvNLtzl, G.-V. Die Denkschrift über Kamerun, die für den deutschen Reichstag bestimmt ist, entrollt ein all gemeines Bild von der wirthfchastlichen Entwickelung der Kolonie sowie von der Verwaltung und dem Verkehr daselbst. Der Handel sowie der Plantagenbau haben einen merk lichen Aufschwung gewonnen, so daß Ein- und Ausfuhr zu sammen die Höhe von rund 9 Vs Millionen Mark erreichten. Für die Zukunft der Kulturunternehmungen ist es von gro ßem Welch, daß die zur Klarstellung der Besitzvcrhältmsse erforderliche Grundbuchregulirung erheblich gefördert ist und nach Einrichtung einer eigenen Grundbuchbehörde für den Bezirk Viktoria noch rascher ihrem Abschluß eotgegeneilen wird. Das Ansehen des Gouvernements ist durch die Ex pedition gegen Niang in weitem Umkreise gefestigt worden. Der Dahomey A.sstand (unter Leist) bildet- zwar ein trau riges Blatt in diesem sonst io günstigen Berichtsjahr, aber die Tragweite dieses Ereignisses ragt örtlich nicht einen Kilo- Meter über den Sitz des Gouvernements hinaus und ver mochte dortie.dst nur für wenige Tage den gewohnten Gang der Geschäfte zu unterbrechen. Immerhin war das Ereigniß insofern von Bedeutung, als es zur Bildung einer kaiser lichen Schutziruppe in Kamerun den Anstoß abgab, wodurch dieses in eine neue Aera seiner Entwickelung treten wird. Auf die einzelnen Zweige der wirthschaftlichen Produktion ° des Schutzgebietes näher einzuzehen, io bleiben Palmöl, Palmkerne, Palmkeruöl, Kopra und Kautschuk die werth vollsten Erzeugnisse desselben. Um den Ptanragenbau zu fördern, hat die Regierung selbst Versuche mit der Anpflanzung und Pflege der lohnend sten tropischen Nutzpflanzen des ganzen Erdballes gemacht. Die hierbei gemachten Erfahrungen geben den Plantagen reiches Material für eine rationelle Kultur ihrerseits und setzen sie in den Ltand, die am besten sich eignenoen Pflänz linge und Samen von der Regierung zu beziehen. Beson dere Fortschritte machten Kakao und arabischer Kaffee. Von dem letzteren stehen jetzt 10000 Bäume in Kultur. Vanille entwickelt sich zur Zufriedenheit, wenngleich viele Stämme noch keine Blüihen angesetzt haben. Der Ingwer von Ja maika brachte im Januar und Februar reiche Ernte. Ein halber Hektar ist damit bestellt worden. Weniger günstig sind die Resultate, die die Kautschukpflanzung ergeben hat. Der schwarze Pfeffer entw ckelt sich üppig und hat reichhal tige Fruchlähren angesetzr. Die größte Plantage ist die der Kameruner Land- und Plantagengesellschast mir 226 Hektar Areal, die Kakao, Kassie und Feldfrüchte pflanzt. Der muth« maßliche Ertrag wird für die nächste Ernte von 2500 Sack Kakao und 20 Sack Kaffee geschätzt. Die zweitgrößte Plan tage ist die der TabakSbaugescüschaft in Bilundi. Das dort erzeugte Deckblatt ist von feinster Struktur, sehr elastisch und von äußerst zarten Rippen, jedoch ist das Produkt noch sehr der Vervollkommnung fähig. Die dritte Plantage ist dem Anbau von Kakao gewidmet. Dieses von einem Schweden geleitete Etablissement wird noch größeren Kulturarbeiten unterzogen werden müssen, um den Erfolg des Unternehmens zu sichern. In naher Beziehung zu den Plantagen steht die Arbeiter- srage. Die ursprüngliche Abneigung der DuallaS gegen Handarbeit hat sich sehr gelegt, nur gegen Bodenarbeit und das Tragen vo.i Lasten herrscht noch Widerwillen. Dagegen giebt cs Maurer, Ziegelarbeiter, Zimmerleute im Ucberfluß unter den Eingeborenen, nur Schmiede fehlen noch. Das Gouvernement und die ihm unterstehenden Bezirksämter und Stationen beschäftigen eine Menge voll einheimischen Arb.itern aus den verschiedenste» Stämmen des Schutzge bietes, ebenso zum Theil die Plantagen. Das Angebot von Arbeitern ist größer als der Bedarf. Mehrfach haben auch im Binnenland d-a Schwarzen den Gouverneur bei seinen Reisen aiigesprocheü und gefragt, ob er keine Arbeiter brauche. Ueber die Sklavenfrage spricht sich der Bericht dahin aus, daß nach allen Wahrnehmungen cas Band, das den Sklaven an seinen Herrn fesselt, zum großen Verdruß des letzteren sich von Jahr zu Jahr mehr lockert. Die Sklaven ver klagen ihre Herren vor Gericht, sie entlaufen ihnen und ver dingen sich, ohne ihren Herren Arbeitslohn abzuliefern. Die im Schutzgebiet bestehenden beiden Regierungs schulen können sich, dank dem Eifer und der Erfahrung ihrer Lehrer, mit allen entsprechenden Anstalten der Westküste messen. Der Umfang der Schullokale, sowie die Leistungs fähigkeit je eines einzigen Lehrers machen es unmöglich, dem vollen Andrang zu den Regierungsschulen zu entsprechen. Der Drang zum Lernen ist bei vielen Eingeborenen sehr ausgegrägt, das beweist der weite Schulweg, den gerade die regelmäßigen Schulbesucher zu machen habe». Die vier im Schutzgebiet wirkenden Missionen haben auch im letzten Jahre eine rege Thätigkeit entwickelt. An dem Handel des Schutzgebietes haben Eingeborene als Importeure oder Exporteure nur in geringem Maße Antheil, das Hauptgeschäft liegt in den Händen von acht englischen, sechs deutschen und einer schwedischen Firma. Die Ausfuhr des Jahres 1893/94 bewerthcte sich auf 4774154 Mk., die Einfuhr aus 4642627 Mk. Der geringere Werth der Einfuhr des letzten Jahres ist nur ein scheinbarer, that- sächlich hat sie sich gleich der Ausfuhr nicht unwesentlich ver größert. Die Bauthätigkeit ebenso wie der Wegebau ist im ver flossenen Jahre eine ;chr rege gewesen und eifrig gefördert worden. Bauten von Kasernen, Unteroffizier- und Beamten wohnungen sind theils vollendet, theils in Angriff genommen. Daneben beanspruchten die Hafenbauten einen starken Auf wand von Arbeitskräften. Die Zahl der Postagenturen des Schutzgebietes beträgt vier. Die Zahl der eingelieferten Postanweisungen belief sich auf 484 Stück, sechs verschiedene Zeitungen und Zeitschriften wurden von drei Personen be zogen. Zur Aufgabe in Kamerun gelangten 486 Telegramme, eingelausen sind im Ganzen 298 Stück. Den Dienst am Telegraphen-Apparat hatten im verflossenen Jahre zwei schwarze Telegraphisten aus Aecra und Sierra Leone wahr genommen. Da diese Schwarzen häufig Fieberanfälle hatten, mußte noch ein Dritter aus Sierra Leone eingestellt werden. Außerdem ist jetzt der Versuch gemacht worden, Duallajungen zum Post- und Telegraphendrenst auszubilden, und bereits ist ein solcher bei der Postanstalt in Kamerun thätig. Tagesgeschichtr. Deutsche- Reich. Die Kolonialabtheilung des Aus wärtigen Amtes hatte an verschiedene deutsche Handels- und Gewerbekammern die Anfrage gerichtet, ob sie die Einführung des deutschen Maß- und Gewichtssystems in Deutsch Ostafrika für zweckmäßig und vortheilhaft ansehen würden. Wie die „Berl. N. N." hören, sprechen sich die meisten der einge gangenen Gutachten gegen eine solche Maßregel aus. Es ist wohl dabei der Gesichtspunkt maßgebend, auf den insbe sondere die Aeltesten der Kaufmannschaft zu Berlin hinge wiesen haben, indem sie an die Schwierigkeit erinnerten, der die Einführung des neuen Systems bei dem Klemverkehr schon im zivilisirten Deutschen Reich begegnet sei. Eine Neu-Iorker Drahtnachricht des „R. B." enthält folgende Mittheuung: Von Samoa cingctroffene Nachrichten melden, daß die Aufständischen erklärt haben, der Regierung bewaffneten Widerstand leisten zu wollen. Ernste Kämpfe werden erwartet. König Malietoa beabsichtigt sich mit der Tochter eines Häuptlings zu verheirathen. Der Kaiser hat für die durch das Erdbeben in Sizilien und Kalabrien Verunglückten und Beschädigten die Summe von 10,000 Mark bewilligt. Die „Berl. Reuest. Nachr." bestätigen, daß Graf Herbert Bismarck bei der Rückkehr von Varzin dem Reichskanzler Fürsten v. Hohenlohe einen Besuch abstattete. Der Besuch habe den Zweck gehabt, dem Reichskanzler den Dank des Fürsten Bismarck für die der Familie erwiesene Theilnahme auszusprechen. Der Berliner Bierboykott naht sich nun doch, wie es scheint, seinem Ende. Es ist zu neuen Verhandlungen zwischen dem Verein der Brauereien Berlins und der Umgegend und der Boykottpartei gekommen, als deren Abschluß zunächst ein Protokoll, in welchem die einzelnen Bedingungen festgesetzt sind, unterzeichnet worden ist. Die Berliner Abendblätter besprechen mehrfach die neuen Ausgleichsverhandlungen. Die „Kreuz-Ztg." meint, das Abkommen bedeute den socialdemo- kratischen Sieg, denn bei diesen Zugeständnissen seitens der Brauereien hätten die Arbeiter schon vor einem halben Jahr Frieden geschlossen. — Die „Voss. Zig/' schreibt: Der Frieden ist unter Umständen vereinbart, die für keine der streitenden Parteien eine offene Demüthigung enthalten. Wir hoffen deshalb, daß der Friede endgiltig und dauernd werde. Frankreich. Der Hochverrathsprozeß Dreyfus wird noch immer erörtert und äußern sich die Pariser Blätter übereinstimmend dahin, daß der Spruch des Kriegsgerichts alle Zweifel beseitige. Dreyfis sei von sieben Offizieren verurtheilt, folglich sei er schuldig. Der Ausdruck der Ver achtung ist allgemein, so schreibt beispielsweise das „Journal": „Man zeige uns den Verräther, damit wir ihm ins Gesicht speien." Der „Gaulois" sagt: „Dreyfus hat sich durch sein Verbrechen aus der Menschheit gestrichen." Vielfach wird bedauert, daß die Gesetze dem Kriegsgericht es nicht ermög licht haben, die Todesstrafe auszusprechen, und es wird eine sofortige Abänderung der Gesetze in diesem Sinne verlangt. Rochefort höhnt: Dreyfus werde von deutscher Seite beschützt, binnen drei Monaten begnadigt werden u. dgl. Die Extremen beglückwünschen den Kriegsminister zu der Festigkeit, mit der er die Angelegenheit trotz des versuchten Zwanges geführt habe. Der „Figaro" tadelt den Kriegsminister, der die Staatsraison außer Acht gelassen habe und verlangt einen von den Parlamentariern unabhängigen Generalmajor als obersten Armeechef. Die deutsche Botschaft in Paris hält aufs Bestimmteste ihre früheren Dementis aufrecht, welche besagen, daß niemals ein Mitglied der Botschaft Beziehungen zu Dreyfus unterhalten habe. Rußland. Durch eine Verfügung des Kaisers Nikolaus vom 25. December ist der bisherige Botschafter in Berlin, Graf Schuwalow, zum Generalgouv-rneur in Warschau und Kommandirendcn des Warschauer Militärbeznks ernannt worden. Wie der „N. Fr. Pr." aus Petersburg gemeldet wird, richtete Kaiser Wilhelm einen Brief an den Zaren, um ihn zur Belassung Schuwalows in Berlin zu bestimmen. Der Zar bedauerte lebhaft, diesem Wunsche nicht Folge leisten zu können, besonders weil seinerzeit Kaiser Wilhelm bereit, willigst dem Wunsche des Kaisers Alexander III. nachkam und den General Werder zum deutschen Botschafter in Petersburg ernannte. Schuwalow sei nämlich der Warschauer Posten bereits in bindender Form zugesagt gewesen. General- gouverneur in Warschau zu werden, sei schon seit lange das Ziel aller Wünsche Schuwalows gewesen, und er empfinde es als das größte Glück, zu Gurkos Nachfolger ausersehen zu sein. Ihm zu Liebe sei auch auf die ursprüngliche Absicht verzichtet worden, das Amt des Höchstkommandirenden des Warschauer Militärbezirkes von dem des Generalgouverneurs zu trennen. Die Auseinandersetzungen, die das Handschreiben Kaiser Wilhelms im Gefolge hatte, hätten die Veröffentlichung der Ernennung Schuwalows verzögert. — General Gurko ist mit seiner Familie bereits ins Ausland abgereist. Die Behörden, sowie eine Abtheilung Militär gaben ihm das Geleit zum Bahnhofe. Japan. Das japanische Parlament ist am Mittwoch mit einer Thronrede eröffnet worden, in welcher auf die von den japanischen Truppen errungenen Siege hingewiesen und hervorgehoben wird, daß die Truppen unaufhaltsam in des Fei ides Land vordringen. Ungeachtet der herrschenden Kälte und der den Truppen auferlegten Entbehrungen sei ihre Haltung vorzüglicher denn zuvor. Die Beziehungen der neutralen Mächte zu Japan seien so freundschaftliche wie niemals früher. Die Durchsicht der Verträge, den Wünschen Japans entsprechend, sei mit mehreren Staaten bereits zum Abschluß gebracht; die Revision der Verträge mit anderen Ländern mache bedeutende Fortschritte. Die Thronrede schließt mit dem Rath, das Parlament möge die innere und äußere Lage des Landes in Erwägung ziehen und dadurch die voll- ständige Uebcreinstimmung zwischen der Regierung und dem Volke sicherstellen. Kenner der ostasiatischrn Verhältnisse halten sich über- zeugt, daß der jetzige Krieg zwischen Japan und China auch