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Jahre sind vergangen »-> Heute erwartet Anita all ihre Lieden. Las schöne Pfingstfest naht. Tie Geschwister haben ihren Besuch in Aussicht gestellt, und auch F«lu von WerdetistStt hat versprochen, zu kommen. . Käthchen ist ei» großes. hübsches Mädchen von siebzehn Nähren geworden. Sie befindet sich in einem nahe liegt, sann sie ost zu Besuch kommen. Unter der Leitung ihrer Stiefmutter entwickelt sie sich zu einer tüchtigen Hausfrau. Seit das Brüderchen, der jetzt vierjährige Hans Wilhelm geboren ist, ist Käthe über- sü«ich .Mütterchen?" ruft der «untere Schelm, „Mütter chen", sagt paS Heranwachsende Rübchen, „Mütterchen" sagte auch der Mann, dessen Sonnenschein Anna gwüardea ist. i Und sie verdient diese« Name». Ist sie doch die Seele des Hanfes, die Behagen und Wärme um sich verbreitet- — Ebenso glücklich wie Dennwitz und Anna sind die beide, andern ^epuare- Eckern ist Rittmeister ge worden, Elle» blliht in fraulicher Lieblichkeit Eie bewohne» die frühere Werdcnftättsche Billa. Im Warten spiele» ihre beide» Kinder, der Keine Heinz und die niedliche Anna, das Patchen der Dante. Wem» die Manen an der Billa vorbeiziehen, steht Elle» »ft an der Gartentür, da» Töchterchen auf dem Arme, den Bnben zur Seite, der militärisch den Gruß de» Baters erwidert. Wen» Eckern Urlaub hat, ist die Familie in Roden feld und genießt das Landleben. Eie besuchen dann stet» das Grad der guten Laute Ernestine, die den Grundstein zu ihrem Lebensglück gelegt hat — Götz »ad Liselotte find »st mit den Eltern zu sammen. Am Sonntag trägt der Rheindampfer sie nach Wiesbaden, »der die Eltern besuche» sie in Koblenz. Man» Eräsuitz dann nicht lange von den Enkelchen getrennt sein, von Rüdiger «nd dem Heinen Alfred, den beiden munteren Söhnen Liselottes und Götz'. Dieser strebt danach^ die Kriegsakademie zu besuchen, und gedenkt. r»o»n mit Krau und Kindern nach Berlin überznsiedeln Trau von »erdenstält ist ganz vernarrt in die Enkel. Sie kommt oftmals zu Besuch und findet sich nach und «ach darein, all zu werden. Da» Leben »ei ihm« Bender befriedigt sie, und sie fühlt sich wohl in der große» Sticht . Werbenstätt» waren einige Lage in Berlin ge wesen. Eckern» und sie machten die Reise über Königs berg bi» »«Ahme, gemeinsam. Umü Uhr nachmittag» erwartete Anna ihre liebe« «äste Dennwitz war zur Station gefahren, um sie obGcholen Rmh einer wor gestern ganz überraschend in M-arkehmen eingetroffea, ein junger, schmucker See- offner, F«mz von «erdenstätt. Er wurde freudig begrüße Al» er Räche sah, erkannte er sie kaum „Donnerwetter," raunte er Anna zu, „die ist ja reizend geworden." Da» jnnge Rädchen errötete unter dem bcwun- dernde» Blicke. »Willkommen, herzlich willkommen!" begrüßte Anna Sie hob die Sinder aus dem Wagen. Ihr Patchen auf dem Arme, ging sie voran i« das Hau», das seine gastliche« Lore -Mete. AW die^ ganze frohe Gesellschaft unter der großen «Ude sich nm de» Raffeetisch versammelt hatte, als da» .Müitwch u" all chw Liede« um sich fist da wallte boWbar in ihr«« Herze« ans. Wie wunderbar hatte «oft ftegeftchft! Die Kinder waren pu Bett gebracht, di« Erwach- fena» faße« auf der große«, von wildem »ein nm- rausten Pewacha bet einer» Dfirsichbmvle. Da» war ein Fragen und Antworten; ein Berichten und Er zählen! Annas Augen ruhten sinnend auf Kranz und Käthchenr Ter junge Seeoffizier war unzertrennlich von dem hübschen jungen Mädchen. Auch Dennwitz bemerkte dies. Er hob fein Glas und nickte seiner Frau bedeu tungsvoll zu. Die Blumen dufteten, und der Mond sandte sein Silberlicht in den Garten. In den blühenden Büschen sangen die Nachtigallen. Nun find sie alle zur Ruhe gegangen. — In ihrer Ordnungsliebe hat Anna alles weggeräumt. Sie geht dann zu ihrem Manne, der, eine Zigarre rauchend, noch auf der Veranda steht. Leise schlingt sie den Arm um ihn. Ihr Herz ist so voll, voll von reinem Glücke. Dennwitz zieht sie in sein« Arme. „Mütterchen," sagte er nur, aber es liegt in dem Worte alles, was er fühlt. ' Und die taue Iun.inacht sink über Markchmen her nieder. Nevers Zehr. Roman von Baronin G. ». Schlippenbach (Herbert Rivulri). Nachdruck verbot«,. Olga von Heerbach Lothar Etzlmger Verlobte. Berlin, Mai 18W. Das elegante Büttenpapier trug die Anzeige m alle Welt hinaus. Es war an einem duftschweren, warmen Abend des Wonnemonats, als der qlte, lahme Postbote Kranz dem Burschen des Oberleutnants Waldemar von Klingen das längliche Kuvert und noch einen »rief überreichte. Der legte beides auf de« Schreibtisch seines Herrn, und bald darauf trat dieser in das Hans. Es war eine schlanke, markige Männergestalt Tie schlichte Jusanterieuniform saß auf einem kraftvollen, hohe« Körper, -er dunste Kopf mit den kurzen, mili tärisch geschorenen Haaren hatte eine edle Aorm, das leicht gebräunte Gesicht sah energisch, fast streng aus, aber in den braunen Augen lag eine große Weichheit, und die zarten Linien des Mundes standen im Gegensatz zu dem Sinn, das kräftig entwickelt war. — Heute war eine anstrengende KelddienstüLuug gewesen. Klinge» war um sechs llhr früh an der Spitze seiner Soldaten ausmarschiert; nmde, hungrig und verstaubt kehrte er heim.- „Sind Briefe angekommen^ Josef?" fragte er deu Burschen. ,Iä, Zwei — zu Befehl, Herr Leutnant." Waldemar von Klingen trat an den schlichten, großen Schreibtisch aus Hellem Birkenholz, den er von srineni Vater geerbt hatte, und blickte auf das vier eckige Kuvert, das ein Monogramm trug, K. und P. verschlungen, mit der siebenperligen Freiherrnkronc darüber. ,F), von Onkel Waldemar aus Karminten," sagte er halblaut. „Was mag das bedeuten? Wie zitterig die Handschrift ist!" Ter junge Offizier erbrach das Siegel unter dein Monogramm. Er lächelt«. „Ta hat der alte Sonderling der Poft uicht ge traut und oen Brief noch außer dem festverklebten Gummiverjchluß mit feinem Aappenring zugesiegelt. Ist doch ein sonderbarer Kauz, der Onkel!" .Fieber Junge," so las der Leutnant, am Schreibtisch stehend, ,cha meine Läge gezählt sind, und die alte Maschine niö^ mehr gehen will, habe ich mein Testament gemacht und Dich zum Universalerben eingesetzt, mit üebergehung meiner übrige« „teuren" Ver wandte«. die um «ich herum scharwenzelt sind. Du hast es nie getan, und da» hat mir an Tir Di« BuAVrnckrre« von Langer LMterliek WISSR Emtheftratz« Nr. 5» hält sich zur Anfertigung nach- stehendrr Drucksache» bei sauber« Ausführung und dilllgstrrPreis stellung besten» empfohlen kwu, Adretz- »nv StschSstS- karren Briefköpfe, vriefletftco Bestellzettel vroschüren, Billett Deklarationen Danksagon,»» nnd EialaVungSbriesk Einlaßkarte« Etiketten aller Art Faktur«,, Flugtlitt« Formulare in dw. Barten Frachtbrief» EebranchSanweisa»»«, 8r«nvr»zettel Han»- un» Fabrik» vrvnnnoen Sevnrtsanzei,«» Hochzeittetalavungen -Zeitungen nu» »Gedichte KaftenschUVer KoftenanfchlSge Kattloge, Kontrakte Kontobücher Lohnliste«, Motzubrlefe Mitteilungen, Renns Musterbücher, Nota» Plakate Programme Prettttrante Postkarte», Lnittuugru Nadottmarkni Rechnungen Speise»- nnd Weinkarten Statuten, Tanzkarte» Stimm-, Theater- nnd Sackzettel Visiten» nnd verlovungSttrteu Wechsel, Werke Zirttla«, Zeugnisse »e. re. re. Mafsenanfttgen für Notttiarttbrnck. Kierser Tsgedktt I » — Amtsblatt — Fernsprechstell« Nr. 20. Telegramm-Adreffe r Dagedlatt Ries«. D imponiert. Darum will ich, daß Du einst Herr in meinem geliebten Karminten sein sollst, und auch mein Vermögen soll Dir gehören." Der Leutnant ließ das Papierblatt sinken, Ueber sein ernstes Gesicht breitete es sich wie heller Sonnenschein. Er schaute zum klaren Himmel empor. Tie Schwalben schossen zwitschernd, pfeilgeschwino vvr- Wer, ein blühender Fliederbaum sandte betäubende Tuft- wcllen durchs offene Fenster in das einfache, sehr an spruchslos möblierte Zimmer. Es war Lenz draußen. Lenzeshoffnung zog auch durch des jungen Mannes Seele; Er hatte die Mütze auf den Schreibtisch geworfen; sie verdeckte das Kuvert mit der Verlobungsanzeige. Klingen setzte sich auf den Stuhl am Fenster und ttieb eine Weik regungslos, dann las er weiter: „Daß ich Dich mit der Zulage von 10 Mark monatlich knapp hielt , war meine Erziehungs- Methode: Du solltest sparen lernen. Du magst wohl den alten Onkel für geizig gehalten haben, mein Junge; ich bin ja Dein Pate «nd der Vetter Deines Baters .. Wenn es Dir schien, als kümmere ich mich nicht mn Dich, so irrst Du. Ich habe mich gut orientiert und habe mich über Dein Leben unter richtet, weiß, daß Tu solide bist, im Jnfanterierock in der kleinen Stadt Deine Pflicht als braver Soldat tust, keine Schulden hast, kurz: ein Mensch nach meinem Sinne bist. Ich knüpfe «brr eine Be- dingung an mein Testament zu Deinen Gunsten. Ich wünsche, daß Du Dich in ein Garde-Kavallerie- Regiment versetzen lässrst. Wir Klingens sind von jeher ein Reitergeschlecht gewesen. Die Probezeit im schlichten Rocke des Infanteristen hast Tu zu meiner Zufriedenheit bestanden, ich hoffe, Du machst unserem Namen weiter in der Uniform eines deutschen Garde- Kavallerie-Regiments Ehre. Ra, Junge, ich denke, diese Bedingung wird Tir nicht schwer falben. Ich möchte, daß Du noch einige Jahre unserem geliebten Kaiser dienst, dann magst Du Tich »ach Karminten als Landedelmann zurückziehen. Natürlich mußt Du bald ein« ebenbürtige Frau wählen. Unser Geschlecht soll durch Tich sortgepslanzt werden, schöne, gesunde Kinder sollen auf dem alten Herrensitz am Ufer der Ostsee wachsen." Waldemar lächelte glückselig zu diesen Worten. Mit der Bitt«, chatt) nach dem Onkel sehe» zu wollen, schloß der Brief. Eine Weile saß der Leutnant stumm da. Er hatte die Hände gefaltet wie zum Pillen Gebet, seine Lippe» formten ein: „Mein Gott, ich danke dir!" Ter Abend nahte. Rotglühend versank die Sonne, und die Vögel sangen halb träumend im Fliedcrbusch. Elastisch sprang Waldemar von Klingen auf. .Hbsef, Josef!" Ter strohblonde, struppige Kopf des Bursche» streckte sich durch die Tür. --Josef, die Litewka, Stiefel abziehen, Waschwasser, Lampe!" befahl Klingen, „und dann hole zwei Flaschen Bier, Wurst, Käser, Eier, Brot! Habe einen Wolfs hunger! Wollen heute wie die Fürsten leben! Und da schenke ich Dir zwei Mark, alter Kerl! Na, dalli, dalli, vorwärts!" Es fehlte nicht viel, so hätte Klingen seinen Burschen umarmt, so übervoll war sein Herz von wonnigem Glück. Der brave Pommer Josef Müllejans sah seinen sonst so ernsten, wortkargen Herrn von der Sette an. Was war denn nur passiert? So leuchtend schienen die Augen, so fröhlich lachte der Mund unter dem dunklen Schnurrbart. Während Klingen sich vom Staube des heiße» Tages säuberte uud umkleidete, steckte Josef die Petroleumlampe auf dem Schreibtisch an. In dem Krähwinkel in Elsaß-Lothringen gab es erst in wenig Häusern Gas oder elektrische Beleuchtung, selbst Li« schmalen, winkligen Straßen «ft dem schlechte« Pkwster waren mangelhaft nach alter Art erhellt. Wenn im Ka lender Mondschein st«ü>, wurden die Lampen nicht au- gesteckt, einerlei ob Wollen das Gesicht des Nachtge stirns verhüllten, oder ob ein Silberschein sich ver schonend über die niederen Hauser und die kleine Kirche ergoß. Josef Müllejans war das Ideal eines Offiziers burschen. Lr kochte einen vorzüglichen Kaffee, nähte abgerissene Knöpfe an, war ehrlich und treu und pflegte seinen geliebten Herrn, wie „eine Mütter ihr Kind" — sagte er stolz und zufrieden. Lein Offizier hatte so gut gebürstete Uniformen, so blank gewichste Stiesel, s» strahlend geputzte Suöpfe und so gut gewaschene Hand stiche. Waldemar erkannte diese Borzüge an und hielt viel von seinem Getreuen, der nie trank, die zwei Stuben in musterhafter Ordnung hielt und alles billig und preiswert einkauste. „Was mag dem Herrn Baron heute sein?'" dachte der Bursche „So reichlich soll ich einkaufen, und sonst kostet das Abendessen doch nur 30 Pfennige! Bier soll ich holen - und gleich zwei Flaschen aus einmal, wo der Herr Leutnant sonst doch nur den düunep Tee trinkt." Geräuschlos deckte Josef den runden Lisch vor dem harten Ledersofa. Messer , Gabel nnd Lössel waren von schwerem Silber und trugen das Wappen der Freiherren von Klingen, -en springenden Hirsch. Die Bestecke stammten noch aus dem Elternhaus« Walde mars, die einfachen Deller, das GlaS und die Butter dose stachen dagegen ab und waren von billigster Art. — Wohlgefällig musterte Josef den einladend gedeckte« Tisch Er nahm die Mütze von der Mappe. Tabei be merkt« er das zweite Kuvert und legte es auf den Platz seines Leutnants. Der trat eben, ein munteres Liedchen pfeifend, aus dem Schlafzimmer. „Ra, Josef, sieht ja famos aus!" rief Klingen ver gnügt. „Wie nett Du das gemacht hast! Ich vergeh« fast vor Hunger! Nimm die eine Flasche Bier und triule auf meine Gesundheit, alter Junge!" Josef dankte und verfügte sich in sein Stübchen. Nach einer halben Stunde schellte der Leutnant, und als der Bursche inS Zimmer trat, saß Klingen wie gebrochen auf dem Sofa, in seiner Hand hielt er das elegante Büttenpapier geöffnet. „Herr Leutnant befehlen?" fragte der Bursche „Nimm das Essen weg", klang cs leise zwischen den erblaßten Lippen Waldemars hervor. - „Aber der Herr Leutnant haben noch gar nicht» gegessen," meinte Josef. „Ich mag nicht. " „Sind der Herr Leutnant krank?" fragte besorgt der treue Diener. Schwer erhob sich Klingen. Er antwortete nicht und ging ans Fenster, sich weit hinauslehnend, gvsef räumte alles fort und stellte die A»npe auf den Schreibtisch, wie er eS jeden Abend tat, weil Klingen noch bis spät M arbeiten pflegte. Auf dem Tische stan- bas Bilo einer jungen Dame. ES war ein wunder schönes Gesicht, das unter einer Fülle blonder, lockiger Haare mit schwärmerischen Augen in die Well schaute. Und über dem Schreibtische hingen die Bilder von Waldemars verstorbenen Eltern, die er als Knabe ver loren hatte. »Lösche di« Lampe," befahl der Leutnant- Die markige Stimme klang seltsam, so heiser und und wie ein Instrument, dem eine Saite gesprungen ist. Josef gehorchte. Bei sich dachte er: „Da steckt eine Frau dahinter. Die Frauen sind an allem Unglück schuld! Tie schöne junge Dame auf dem Schreibtisch ist wohl seine Liebst^ Na, ich sage es, alle Weiber taugen nichts, sind falsch und — und " Joses schloß seine Swbentür ärgerlich. Und mm ist Klingen allein 1« der weichen Dunkel»