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Beilage znm „Riesaer Tageblatt". »«F »b »«la, w» La»,« » AI«t«rtt» w Mas« - »ür »ü «rdactR» mmnümMch: Her«««, »»««»1 » »bas«. n Kreitag, St. Januar 1802, AveabS. 55. Jahr,. Vom Landtage. Nachdruck verboten. Bon »»Irrem eigenen Berichterstatter. )i( Ter zweiten Kammer lag in ihrer gestrigen L3. öffentlichen Sitzung das «esetz über die direkte» «teuer« und da« BermögrnSsteurrgefrtz zur Schlußberathung vor. Ter Berichterstatter der außerordentlichen Deputa tion, Abg. Höhnel°Kuppritz führte aus, daß eine neue Steuer in Zeiten »virthschaftlicher Tepresion immerr ettvas unangenehmes sei; sie lasse sich jedoch nicht umgehen. Tie Annahme der Vermögenssteuer würde die Entschließ ung für die Zukunft in keiner Weise binden. Wenn die Vermögenssteuervorlage adgelehnt werden sollte, so müßte man wieder auf allgemeine Zuschläge zurückkom men, deren Wirkling sich dadurch äußern würde, daß der Vermögensbesitz, das sundirte Einkommen, nicht mehr herangczogen wird, als das nichtfundirte. Auch die Ein kommensteuer würde selbst die steuerfreien Klassen zur Abgabe heranziehen. Es lvird sich also empfehlen, in günstigem Sinne an die Vorlage heranzutreten. Auch dürfe eine solche wichtige Vorlage von den herrschenden Verhältnissen nicht abhängig gemacht werden. Tie Vor lage wurde eingebracht, als eine wirthschaftliche Tepres- sion »roch nicht einmal in Sicht war, während sie ausge führt werden müsse mitten in dieser Depression. Ich kann also der hohen Kämmer nur torschkagen, dem einstimmigen Teputationsvvtum entsprechend den Paragraph 1 der Vor lage anzunehmen. Ueber die anderen Paragraphen ent halte ich mich weiterer Ausführungen. Abg. Richter-Großschönau ertlärt, daß er, entgegen seiner Haltung vor vier Jahren, heute für das Bermögens- steuergcsetz stimme, da er sich vor der Niothwendigkeit eines solchen Gesetzes beuge. Die Situation ist wesentlich anders als vor vier Jahren; damals ahnte kein Mensch, daß eine solche Depression eintretcn würde. Auch in diesen Verhältnissen ist ein ewiger Wechsel vorhanden, hoffentlich ist die Krisis bald vorüber. Ich halte jetzt die Vermögenssteuer für nöthig und ich richte an meine Freunde, die mit mir vor vier Jahren dagegen stimmten, heute die Bitte, von ihrer damaligen Stellung abzu weichen und mit mir für die Vorlage einzutreten, damit das Gesetz mit großer Majorität angenommen werde. Tas dürfte einen guten Eindruck machen nach außen, be sonders auch auf die hohe erste Kammer. (Heiter keit.) Er dankt zum Schluß der Regierung für das Ent gegenkommen, daß diese den Wünschen in dieser Rich tung gezeigt habe. Abg. Reidhardt- Reichenbach erklärt sich gegen das Vermögenssteuergesetz, daß nach seiner Meinung in die persönlichen Verhältnisse jedes Einzelnen ungeheuer ein greise. Abg. P re ibi sch-Reichenau motivirt ebenfalls seine Stellung gegen die Vorlage. Er betrachtet den einge schlagenen Weg zu steten Mitteln zu gelangen, als einen falschen. , j i > j j In längeren oft recht unklaren Ausführungen spricht sich dann auch Abg. Gräfe-Annaberg gegen die Vor lage aus. Vicepräsident Dr. Schill führt aus: Wenn der Abg. Neidhardt die Erhebung der Vermögenssteuer auf die un günstige Lage unseres Etats zurückführen will,! so ist er in einem historischen Jrrthum. Schon lange, ehe wir ahnen konnten, daß unser Etat jemals einen so tiefen Stand erreichen würde, war man an der Ausführung des Ge dankens, außer dem Vermögens-Einkommen, auch das Vermögen Lu besteuern. Ter Bermögensbesitz eignet sich vorzugsweise zu einer besonderen Heranziehung zur Steuer. (Sehr richtig!) Wie man das Vermögen heran zieht, darüber kann man verschiedener Meinung sein; die Vorschläge jedoch, die heute gemacht worden sind, kann man nicht verwenden. Ueberall in ganz Deutschland greift man nach der Vermögenssteuer. Ich wünsche, daß sich unsere Verhältnisse bessern mögen, damit wir weniger auf direkte Steuern angewiesen sind. Redner spricht sich sodann in sehr scharfen Worten gegen die übertrieben hohe Einkommensteuer aus. Tas VerMögonssteuergesetz muß gegeben werden, um. die Gerechtigkeit zur Geltung zu bringen. Er richtete an die Regierung die Bitte, ihre Autorität voll und ganz in die Waagschaale zu werfen, damit wir uns anderen Ländern gegenüber sehen lassen können. (Bravo!). Ministerialdirektor Geheimrath Tr. Diller führt aus, daß er aus den Reden, die bis jetzt gehalten ivor- den sind, gegen die Vorlage nichts Neues geschöpft habe. Es sei Alles schon vorgebracht, verbunden mit Verbesser ungsvorschlägen, die ihre vollste Widerlegung schon ge funden haben. Er ergreife das Wort, um nicht die Meinung aufkvmmen zu lassen, daß sich die Regierung selbst der Vorlage gegenüber kühl verhalte. Im Gegentheil erblicke sie in ihrer Verwirklichung den einzigen Ausweg zur Ord nung unserer Verhältnisse. Tie Regierung wird nicht übermäßig schroff vorgehen und alle möglichen Härten, die sich ergeben könnten, mit allen ihr zu Gebote stehen den Mitteln mildern. Redner bat die Herren, die gegen die Vorlage gesprochen hatten, ihre Bedenken fallen zu lassen. Abg. Grumbt - Loschwitz ist vor der Hand noch nicht für die Vorlage, da er sich von deren unbedingter Noth- wendigkeit noch nicht überzeugen kann. Unterdessen war ein Antrag etngegangen: Tte Kämmer wolle beschließen, die Berathung über die Ber- mögenssteuervorlage zu vertagen mit Rücksicht auf die noch so »venig geklärten Meinungen und mit Rücksicht auf die neu eingetretenen Abgeordneten/ denen es bei der Beschleunigung der Vorlage nicht möglich war, sich mit dem Material genügend vertraut zu Wachen. Präsident Dr. Mehnert wies entschieden zurück, daß die Vorlage beschleunigt worden sei und meinte, die Herren hätten Zeit genug gehabt, sich über die Vor lage zu orientiren. Es wird darauf in der Debatte weiter fortgcfahrcn. Es sprechen sich im Wesentlichen gegen die Vorlage aus die Herren Abgeordneten Matthes- Schönbach und Knobloch-Radeberg, während Abgeordneter Horst- Mulda dem Votum zustimmt. Vicepräsident Opitz-Treuen tritt in scharfen Aus führungen für die Vorlage ein, deren Abstimmung er mit Bangen entgegensieht. Er bittet alle Herren, reif lich zu überlegen, welche Folgen eine Ablehnung der Vorlage nach außen hin haben würde; er tveist darauf hin, daß übrigens die Opfer- die von den Betreffenden mit der Vermögenssteuer gebracht werden, nicht so erheblich sind, als daß sie nicht getragen werden könnten. Nach einer sachlichen Berichtigung des Referenten er klärt sich Abg. Reinecker-Chemnitz gegen die Vorlage; er empfiehlt vielmehr eine Heranziehung der Grund steuer, um Mittel zu erlangen. Unter großer Heiterkeit erklärt Abg. Müller- Leip zig, daß er sich wundere, daß gerade die reichsten Leute in der Kämmer gegen die Vorlage stimmten. Er ist ferner der Ansicht, daß, >venn wirklich die angedrohte Kapitalflucht eintreten sollte, die reichsten Leute in der nächsten Umgebung Sachsens lein passendes Unterkommen finden würden, denn überall sei die Vermögenssteuer schon in Kraft. Ferner ist er der Ansicht, daß die Kam mer nicht so lange über die Vorlage verhandeln würde, wenn in Sachsen ebenso coulant eingeschätzt würde, wie z. B. in Preußen. Er mache die Regierung für das, was ihre Beamten thun, verantwortlich. (Bravo!) Ce. Ercellenz Finanzminister von Watzdorf er tlärt, den Ausführungen der Redner, die sich für die Vor lage ausgesprochen, nichts mehr hinzufügen zu wollen. Es stünde natürlich außer allem Zweifel, daß die Regierung auf eine möglichst einstimmige Annahme der Vorlage den allergrößten Werth lege und es entschieden ablehnen müßte, die Verantwortung für die Folgen zu überneh men, die eine Verwerfung der Vorlage nach sich ziehen müßte. Tie Regierung sei gern bereit, in jeder Beziehung coulant bei der Einschätzung zu verfahren. Nachdem sich die Abgeordneten Tr. Vogel-Dresden und Kellner-Schönberg noch für die Vorlage erklärt und der Referent das Schlußtvort gesprochen hatte, schritt man zur Abstimmung über Paragraph 1; die Annahme desselben erfolgte mit 66 gegen 9 Stimmen. Hierauf wurde die Debatte über Paragraph 2 er öffnet, die ziemlich lange währte. Es wurden mehrere Anträge eingebracht, gegen die sich aber Abg. Stöckel- Dresden mit der Bitte um Ablehnung wandte. Es spra chen im Laufe der Debatte noch die Herren Abgeordneten Weigert - Löbtau, Eicke- Leipzig, Ministerialdirek tor Geh. Rath Tr. Diller, Leupvld-Dresden, Vice präsident Tr. Schill, Ritt berg er-Limbach, Dr. Kühlmorgen-Tresden, A n d r a e - Braunsdorf, Diet rich-Helfenberg, Rudelt-Teubcn und Hähnel-Kupp- ritz (Schlußwort). Tie darauf folgende Abstimmung ergab die Annahme des Paragraph 2 in der Fassung der Depu tation. Auch die übrigen Paragraphen 3—49, sowie das ganzeGesetz wurden angenommen, letzteres mit 6V gegen 7 Stimmen. Tic dazu cingcgangenen Petitionen beschloß die Kam mer auf sich beruhen zu lassen. Damit war das Ver mögenssteuergesetz verabschiedet. Man schritt nunmehr zur Berathung des Gesetze- L über die direkt « Steuer«. Abg. Rollfuß-Zittau stellte anfänglich einen Antrag in Form einer Resolution, zog diesen aber dann wieder zurück. Tie Abstimmung über die einzelnen Paragraphen ergab deren Annahme gegen mehr oder weniger Stim men. Tas ganze Gesetz wurde gegen vier Stimmen an genommen. Eine Petition der sächsischen Hausbesitzer« vereine in Chemnitz wurde durch die gefaßten Beschlüsse für erledigt erklärt. Tamii schloß die sieben Stunden dauernde höchst interessante Sitzung. Tic erste Kammer nahm in ihrer gestrigen sieb zehnten öffentlichen Sitzung, der Se. Königliche Hvlßit Prinz Georg und am Regierungstische Herr Staatsminister von Metzsch mit einigen Herren Regierungsvommissaren beiwohnten, unter Vorsitz des Landesältesten Herrn von Zetzschwitz den Bericht der ersten Deputation über das Königliche Dekret Nr. 9, den Entwurf eines Gesetzes, die Abü«de,u«g der Gesetz« über die Ausübung der Ju-d und die Schonzeit der jagdbaren Thiere in Ansehung der Die Gntfiiyrten. Roman von Arthur Dörnbach. 5 Da sich gar keine andere Erklärung finden ließ, kam man endlich zu der Annahme, die Franzosen hätten die Kinder gestohlen, nm ein großes Lviegeld für sie von den reichen Eltern zu erpressen. So unwahrscheinlich, ja wider sinnig dies auch war, ward doch demgemäß gehandelt und der Truppenabteilung nachgcseht. Ter General, dem die Meldung gemacht wurde, ordnete die strengste Untersuchung an; sie verlief vollständig ergebnislos, wie alle anderen Schritte, die zur Aufhellung der geheimnisvollen Begeben heit unternommen wurden. Die Kinder waren und blieben spurlos verschwunden. * -i- * Erst nach ein paar Tagen, nachdem alle Bemühungen, der Kinder wieder habhaft zu werden, sich als aussichts- los erwiesen, hatte der Amtmann Baum sich zu der Reise nach Thüringen entschloßen. Den Eltern durfte die Kunde des Geschehenen nicht länger vorenthalten werden. An ihnen war es jetzt, weitere Maßnahmen zu tref fen, um die Spur der Verlorenen aufzusuchen. Cs war eine schwere, eine entsetzliche Aufgabe, die dem unglücklichen Mann zu teil geworden. Obgleich er sich kei ner Schuld bewußt war, kam er sich doch vor, als trete er als schwerer Verbrecher vor das Angesicht der beraubten Eltern. Auch der Pfarrer, den er um feinen Beistand an ging, bebte davor zurück und doch mußte eS geschehen. So schwer, furchtbar schwer wie Amtmann Baum und Pfarrer Hauswald ihre Aufgabe sich auch vorgestellt, blieb diese Vorstellung doch weit hinter der Wirklichkeit zurück. Die Baronin verfiel in Krämpfe und das Leben des Ba- ronS stand in Gefahr. Aber die Angst und die Sorge, die der Zustand des einen dem andern einflößte, führte die Rettung herbei. Beide nahmen sich zusammen, sie mußten für einander leben und für die genieinsame Aufgabe, ihre i Kinder wieder zu finden. Trotz des AbmahUen» de» Arzte» und ihrer WirtSlente wurde die Abreise beschloßen. Unmöglich hier noch länger unthätig zu bleiben, zu viel der kostbaren Zeit war schon verloren gegangen. In Begleitung des Amtmanns, dein, hochherzig genug, kein Vorwurf von den beraubten El- terngemacht wurde, traten sie in dem Reisewagen, indem die Baronin gekommen war, die Reise nach Klinken an. Obwohl die Gegend durch die sie kamen, jetzt nnr schwach mit Truppen belegt war und es an Postpferden nirgends mangelte, konnte die Reise bei der rauhen Jahreszeit, den schlechten Wegen und dem immer noch recht schwankenden Gesundheitszustände des Barons nur langsam von stat ten gehen; die Gatten verzehrten sich vor Ungeduld, erst an das Ziel ihre« Reise zu kommen, obwohl Baum ihnen vorstellte, daß ihre Anwesenheit in Klinke» nichts am Zu stande der Dinge zu ändern vermochte. Die umwohnen- den Gutsbesitzer hatten trotz der für alle so sehr schweren Zeiten die Sache des Barons zu der ihrigen gemacht und alles gethan, was sich in der traurigen Angelegenheit nur thun ließ. Noch von Burgroda aus hatte Baron v. Wilde einen Aufruf erlassen, durch den er für die Wiederbringnng der Kinder eine große Belohnung auSsctzte und selbst für jede Spur, die ibm nachgewiesen würde, eine ansehnlicheSumme bot. Während der ganzen Reise erschöpften die Gatten sich in Vermutungen, welcher Feind sie aus dem Hinterhalt so grausam getroffen haben könne, aber sie konnten niemand finden und neigten sich auch der Annahinezu, daß die Sache auf eine Erpressung hinauslaufen würde. Sie mußten auch diesen Gedanken bald aufgeben, denn wäre dies der Fall gewesen, hätte der Räuber doch mit Forderungen an sie herantreten müßen. ES meldete sich jedoch niemand, und auch der Aufruf, obgleich er mehr- mals in deutschen und ausländischen Zeitungen wiederholt ward, schien zunächst ganz wirkungslos zu verhallen. Baron von Wilde war e» außerdem nicht vergönnt gewesen, sogleich, wie er gewollt, thatkräftig einzugreifen. Kaum in Klinken angekommen, hatte ein Rückfall ihn auf da» Krankenlager geworfen und mehrere Wochen hatte er zwischen Leben und Tod geschwebt. Als er wieder her- gestellt, war die Baronin, die sich bis dahin mit bewun dernswertem Heldenmut aufrecht erhalten zusammenge brochen, und während des Barons sehr gute Natur seine Krankheit vollständig überwand, trug sie ein Siechtum für das ganze Leben davon. Monate vergingen unter den eifrigsten Nachforschun gen, ohne daß nur die geringste Spur von den Geraubten wieder zu Tage trat, und diesen Monaten reihten sich Jahre an. Große, welterschütternde Ereignisse vollzogen sich. DaS unglückliche Preußen und mit ihn« andere deutsche Länder seufzten unter der Herrschaft Napoleons, Oesterreich wurde in einem zweiten Kriege gedemütigt, das Herz der Köni gin Luise war unter der Wucht der Schickialsschläge ge brochen, dann war Napoleons Zua nach Rußland gekommen und endlich das Morgenrot der Befreiung heraufgezogen. Baron und Baronin von Wilde hatten den grötzten Teil dieser Zeit in dem alten Demnitzschen Palais in Zerbst verlebt. ES war der Baroninunmöglich, auf dem Gute zu bleiben, von wo man ihr die Kinder entführt, und ebenso wenig mochte sie nach Berlin zurückkehren, wo sie die er sten Jahre ihrer Ehe so sorglos verlebt hatte. Noch mehr, sie mochte auch nicht ein Stück von der Einrichtung be halten, die sie dort umgeben, die sie gar zu schmerzlich an das Besessene und Verlorene erinnerte. Sie war nach Klin- ken geschafft worden, deßen Schloß der Fuß der Herrin nicht wieder betreten hatte. 97,19 Im Hause ihrer Vorfahren, umgeben von deren Haus rat, hatte sie ein stilles, zurückgezogenes Leben geführt, reich an Kummer und reich an getäuschten Hoffnungen. In den ersten Jahren war der Aufruf noch regelmäßig wie derholt, waren die ausgesetzten Summen immer wieder erhöht worden, und es hatte nicht an Leuten gefehlt, di« sich den lockenden Preis erringen wollten. Bonden ver schiedensten Seiten waren dem Baron Anzeigen und Winke zugegangen, er war ihnen gefolgt, um mit tiefem Schmerz inne zu werden, daß er wissentlich oder unabsichtlich ge täuscht und auf eine falsche Fährte gelockt worden fei.