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Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 21.01.1914
- Erscheinungsdatum
- 1914-01-21
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1666408611-191401215
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1666408611-19140121
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1666408611-19140121
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Riesaer Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1914
-
Monat
1914-01
- Tag 1914-01-21
-
Monat
1914-01
-
Jahr
1914
- Titel
- Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 21.01.1914
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Mittwoch, S1 Japuer 1614, abends. M° Beilage znm „Riesaer Tageblatt". RotattonSdruck und «»lag von Lang«, L «,«trr,l« ix Rlefa. — Mr di« Redaktion vewntivottll»! Arthur HIHnel in Rlesa. E 1H. Mittwack 21 ^7. JühpA. Deutscher Reichstag. ISS. Sitzung. Dien-tag, den SO. Januar, 1 Uhr. 'Präsident Dr. Saempf erhält die Ermächtigung, dem Kaiser zu seinem Geburtstage die Glückwünsche des Hauses zu überbringtn, K«r»e «»frage. Abg. Erzberger (Z.) weist in einer furzen Anfrage daran: daß der Berliner Polizeipräsident v. Jagow die Deret«tg«»g Berliner Sch«tzm»«»er, die zur Pflege königstreuer Gesinnung, der Kameradschaft und Geselligkeit gegründet wurde, verboten hat, obwohl die Behand lung politischer und dienstlicher Angelegenheiten satzungSgemüß grundsätzlich ausgeschlossen war. Der Vorsitzende wurde unter schwerer Schädigung seiner persönlichen Interessen gegen seinen Wunsch nach Zabrze versetzt. Was gedenkt der Reichskanzler zu tun, um der im Reichsvereinsgesetz auch den Berliner Schutz männern garantierten Vereinssreihett gegenüber dieser Maß nahme preußischer Behörden Geltung zu verschaffen? Geheimrat Lewald: Tie Angelegenheit gehört ihrer Natur nach nicht dem Vereins-, sondern' dein Beamtenrecht an. Ich verweise auf die Ausführungen des damaligen Staatssekretärs , des Innern, dem sich auch die ReiciMagskommission ««geschlossen hat. Unter diesen Umstände» liegt für den Reichskanzler kein Anlqß zum Einschreiten vor. Aba. Er, berger (Z., zur Ergänzung): ES ist ausdrück lich erklärt morden, daß auch die Beamten Vereinsfreiheit ge nießen sollen und daß Vereine, deren Zweck dem Wesen des Beamtentums entspricht, nicht verboten werden sollen. Ist der Reichskanzler gewillt, diesem Grundsatz Geltung zu verschaffen? Geheimrat Lewald empfiehlt, diese Frage im Nahmen der Etatsdebatte zur Sprache zu bringen. > Etat »es Reichsamts des Inner«. (Dritter Tag.) Abg. Kraetzig (Soz.): An dem Elend auf dem Lande sind die Junker schuld. Von sozialpolitischem Gefühl ist in Unternehmerkreisen nicht viel zu spüren. Sie denken etwa wie Oberst von Reuter in Zabern, der Schlimmeres verhüten Wollte und deshalb Gewalt anwendete. Die Revolution wird komme«, allerdings nicht die der rohen Gewalt, die die Massen vor die Maschinengewehre führt. Der Terrorismus der Scharfmacher übersteigt alle Grenzen. Der Arbeiter ist rechtlos. Gegen diese Gewissenlosigkeiten muß der Reichstag vorgehen. Die Junker sind ein fressendes Inventar unserer Volkswirtschaft. (Lachen.) Die Rechtsverhältnisse der Landarbeiter müssen geregelt werden. Jetzt ist ihr Recht begraben in 44 Gesindeordnungcn, von denen einzelne schon 200 Jahre alt sind. Die Sittlichkeit auf dem Lande läßt alles zu wünschen übrig. Die Arbeiter sind wider- standslos der Ausbeutung durch die Großgrundbesitzer aus gesetzt. Staatssekretär Dr. Delbrück: Als ich mich auf meinen Etat vorbereitete, habe ich 197 Einzelfragen behandelt. Der Vorwurf, als ob wir uns um die Wünsche des Reichstags nicht kümmern, ist also ungerecht. Tie Mittelstandspolitik werde ich in einer besonderen Rede behandeln. Jetzt stehen zwei Fragen im Vordergrund, nämlich: Was wird mit unserer Sozial politik? und: Was wird mit unserer Wirtschaftspolitik? Mit der Verabschiedung der Neichsversicherungsordnung sind wir in unserer sozialpolitischen Gesetzgebung zu einem gewissen Ab« schtuß gelangt. (Unruhe der Soz.) Wir haben bei der Aus dehnung der Krankenversicherung annähernd die Grenze des Möglichen erreicht. (Sehr richtig!) Es ist unrichtig, daß dieses Gesetz leichtfertig verabschiedet wurde. Es ist vielleicht noch nie ein Gesetz so sorgsam vorbereitet worden. Wir haben Kom missare in alle Gegenden geschickt, und der frühere Staatssekretär des Innern, der jetzige Reichskanzler, und ich haben selbst die preußischen Provinzen bereist und die einschlägigen Verhältnisse studiert und mit Sachverständigen besprochen. Daraus hat sich ergeben, daß die Zeit gekommen war, um die Krankenversicherung auch auf dem flachen Lande einzuführcn. Wir haben die großen Schwierigkeiten vo«ausgesehen, sind aber überzeugt, daß wir bei gutem Willen ihrer Herr werden können. Tatsächlich ist also die Frage der sozialpolitischen Versichert»«- zu einem gewissen Abschluß gelangt. (Zuruf der Soz.: Arbeitslosenversicherung!) Ihr stehen zur zeit unüberwindliche Schwierigkeiten entgegen. Im Reichsaint des Innern und in den Landesbehörden rst mit fabelhafter Hast gearbeitet worden, um alle Gesetze zu dem Zeitpunkt durchzu führen. den der Reichstag gewünscht hat. Mit der Einführung Das Geheimnis von Thalberg. Roman von F. Knntschner. S Freilich,ihm stand eine Irene und mächtige Helferin zur Seite: die Arbeit, während Hedwig in die enggezogeuen Gren zen ihrer kleinen Häuslichkeit gebannt war. Sie suchte auch keinen Anschluß an die Frauen der anderen Fabrikbeamten, deren Interessen freilich auch in ganz anderen Bahnen als derr von ihr gewohnten sich bewegten. Für Lektüre hatte die junge Fran nicht viel Sinn, auch ivar sie nicht musikalisch gebildet; es war daher nur natürlich, wenn sie nach Ver richtung der kleinen Hausarbeiten sich häufig langiveilte. Wen» der Gatte in der Fabrik war, die kleine Julie, die übrigens seit einiger Zeit leicht kränkelte, stundenlang schlief und alle häuslichen Arbeiten mit Hilfe der Magd, einem polnischen schlecht Deutsch sprechenden Mädchen, das sie erst anlernen mußte, erledigt waren, wußte sie mit ihrer Zeit nichts Rechtes anzufangen. Wie anders war das in der lieben fernen Heimat gewe sen, wo sie Weg und Steg kannte, Freunde und Bekannte hatte, mit der Blutter verkehrte und wo alles ringsum so licht und sonnig war, so traut und heimlich! Daran dachte sie auch heute, als sie mit verträumten Blicken in den rinnenden Regen, der die ganze Gegend in trostloses Grau hüllte, hinauSschaute und sie bemerkte zunächst auch gar nicht, daß das Kind mit der Puppe im Aermchen eingeschlafen war. Erst als die Magd eintrat, wandte sie sich ins Zimmer zurück und sah da« auf dem Teppich liegende schlummernde Kind. „Trage die Kleine ins Bett, Katinka, dann besorge das Nachtmahl!" sagte sie und begab sich ins Nebenzimmer, von wo auS sie eine» Ausblick auf die an dem Fabrikgebäude vorüberführende Straße hatte. Auch da gab eS nicht viel zu sehen; die Arbeitsstunden waren noch nicht zu Ende und außer dm Arbeitern passierten — auch an schönen Tagen — nicht viel die Straße. Plötzlich zuckte die junge Frau leicht zusammen und flüchtige Röte huschte über ihr feines Antlitz: auf der andern Sette der nicht allzu breiten, teils von Wiesen, teils von eingeplankten Bauplätzen flankierten Straße ging, wäh rend leine Blicke über Joses'» Fettster.glitten al» suchten sie der VcrsicherungSämtcr hat die Selbstverwaltung in unserer Berwaltungsorganisation Bürgerrecht gewonnen. Wir besitzen jetzt einen Stab von Beamten, der viel mehr als bisher mit den sozialpolitischen Frage» vertraut ist. Jetzt muß eine Paus« i» der Gesetzgebung ci itretcn. Die zweite Beschwerde richtet sich darauf, daß nicht genug zum Schutze von Leben und Ge sundheit der Arbeiter getan werde. Jetzt sind aber die Landes zentralbehörden in der Lage, cinzugreise», wenn es der Bundes rat nicht tut, und jetzt können auch die OrtSpolizeibchörden ein greisen, wenn wegen der Verschiedenartigkeit der Verhältnisse die Landeszcntralbehörden nicht Verordnungen erlassen können. In Preußen lind -och nem'rdings die Gcwerbeaufsichts- beamten zu einem unmittelbaren polizeilichen Eingreifen befugt,' Es geschieht also für de» Sch«» vo« Lebe« und Gesundheit der Arbeiter unendlich viel. Was uns zu tun bleibt, ist Tetailarbeit des einzelnen Beamten und der Behörden. Auch in dieser Beziehung haben wir Fortschritte gemacht. Nun ist über die Bedeutung u. lerer sozialpolitischen Gesetzgebung in letzter Zeit auch ods( i:ig geurteilt worden, zu unrecht. Eine Denkschrift über die Wirkung der Sozialpolitik lvird in einiger Zeit erscheinen. Wenn wir augenblicklich in der Sozialpolitik nicht vorwärts drängen, so liegt das daran, daß sozialpolitische Probleme nicht vorliegen. Allerdings liegt die Frage des Koa- litionSrechtS vor. Die Organisation beherrscht unser ganzcS öffentliches Leben. Sie hat tatsächlich die wirtschaftlichen Grund lagen verschoben. An die Stelle der freien Konkurrenz der Unter nehmungen ist der Kampf einiger weniger großen Organisationen getreten. Ich habe mich über das Koaliüonsrecht der Arbeiter vor einem Jahre geäußert. Mein Rechtsstandvtlnkt ist im großen und ganzen nicht irgendwie widerlegt worden. Dasselbe gilt von der Frage des Nrbeiterrcchts. Es wurde gefragt, wie weit wir mit den i gesetzliche« Regelung«« des Rechtes der Tarifverträge wären. Hierfür haben wir noch keine feste Grundlage, da die Bcrussvercine eine eigentliche Rechtsfähigkeit noch mcht haben und nicht auf die Erfüllung der Verträge verklagt und haftbar gemacht werden können. Wir müßten erst eine Rechtsfähigkeit der BerufSvercine schaffen. Es erscheint zweifelhaft, ob dieses Ziel in absehbarer Zeit erreicht werden kann. Wir müssen aber versuchen, das Problem zu lösen. Die Berufsvereine müßten die Freiheit haben, die sie zur Erfüllung ihrer wirtschaftlichen und Tarifzwecke brauchen, aber der Staat müßte auch die Möglichkeit haben, einen Mißbrauch ihrer großen wirtschaftlichen und moralischen Kräfte zum Schaden der Gesamtheit und des einzelnen zu verhindern. Ein Reichseinigungsamt hätte unr einen Zweck, wenn wir einen Verhandlungszwang hätte» und die Möglichkeit, die Entscheidungen zu vollstrecken. Augenblicklich ist der jetzige Zustand zweckmäßig, nämlich aä Koo unter Mit wirkung von Behörden des Reiches oder des Staates hi« Beteiligten zu einem paritätischen Schiedsgericht zu berufen. Wir werden solche Schiedsgerichte fördern. Es scheint ge lungen, im Wege der Verträge von Organisation zu Organisation eine Ausgabe zu lösen, bei der die Gesetzgebung bisher versagt hat. Das hat sich auch bei der Beilegung des Streites der Acrzte und Krankenkassen gezeigt. (Beifall.) Die «e«e« Ziel«, »1« avf sozialpolitischem Gebiet* emporwachsen, müssen wir selbstverständlich zu lösen versuchen. Aber wir dürfen uns auch nicht zu weit treiben lassen. Das ist kein Abbau unserer Sozialpolitik, im Gegenteil, ich bin mit dcm ganzen Reichstag darin einig, daß eine gebildete, gesellschaft lich und wirtschaftlich gut gestellte Arbeiterschaft eine der Säulen ist, auf der unsere Industrie und unser nationaler Wohlstand ruht. (Beifall.) Nur auf dieser Grundlage kann die Pflege der sittlichen und vaterländischen Ideale betätigt werden, die ein Volk beseelen müssen, wenn das Ganze nicht Schaden nehmen soll. Eine verständige Sozialpolitik ist eine der Kraftquellen für das Deutsche Reich. (Beifall.) Sie muß dem Arbeiter, aber auch dcm Arbeitgeber das nötige Matz wirt schaftlicher und moralischer Ellbogenfrcihcit geben. Sie muß in de» Grenzen des wirtschaftlich Möglichen bleiben. (Beifall.) Der Umfang der Betätigung auf sozialpolitischem Gebiet mutz in: Einklang stehen mit der allgemeinen Wirtschaftspolitik. (Bei fall. — Zuruf der Soz.: Phrasen!) Es kann doch jemand auch anderer Meinung sein als Sie, und es ist Pflicht der Negierung, die Dinge anders zu beurteilen als Sie, da die Regierung nicht die Interessen einer einzelnen Partei, sondern der Ge samtheit wahrnimmt. (Lebhafter Beifall. — Zuruf der Soz.: Knecht der Unternehmer!) Ihr Zuruf ist mir ganz gleichgültig, er wird mich nicht hindern, das zu tun, was ich für richtig halte. tLebbafter Beifall.) Unsere Sozialpolitik hat den Ar beitern große wirtschaftliche Vorteile gebracht. Der Staats sekretär weist zahlenmäßig nach, baß die wirtschaftlichen Ver hältnisse sich außerordentlich günstig entwickelt haben, sowohl der Außenhandel, als auch der innere Markt. Die Ernte hat erhebliche Mehrerträge gebracht, der Güterverkehr hat sich ver dreifacht. Die Förderung an Steinkohlen, Braunkohlen usw. hat beträchtlich zugenommcn. Die wirtschaftliche Entwicklung ist glänzend. Auch die Arbeiter habe» ihren Vorteil davon. , Da« Ei«kom«e« ist i« 20 Jahren «m 16 Prozent geNurchse«, während die Bevölkerung nur um 34 Prozent gewachsen ist. An dieser Einkommcnvcrmehrung ist auch die Arbeiterschaft er heblich beteiligt. Tie Veranlagung zur Vermögenssteuer in Preußen ergab 1895 ein Gesamtvermögeu von rund 64 Mil liarden Mark, im Jahre 1913 von 104 Milliarden. Unser* fiuänzielle Bereitschaft ist jetzt am Schlüsse von LV« Jahre» schwerer internationaler Krisen stärker als sie zu Anfang war, (Lebhafter Beifall.) DaS ist ein schlagender Beweis für die gute Situation Unserer gesamten Volkswirtschaft. Dafür müsse» manche unerfreuliche Nebenerscheinungen mit in Kauf genommen werden, auch die, daß manche Kapitalisten ihr Geld ins Aus land geschasst haben und es nicht mehr zurückholen werde». Dennoch werde» wir mit einer wesentlichen Erleichterung de» Geldmarktes rechnen können. Trotz aller Erschwernisse war auch der kleine Man» in Deutschland in der Lage, sein Vermöge» zu vermehren. Die Löhne und damit die Lebenshaltung sind ganz erheblich gestiegen, selbst nach sozialdemokratischen Ur teilen. Auch die Landtvirtschaft weist steigende Zahlen auf. Die Einfuhrscheine sind keine Ausfuhrprämien, sondern lediglich eine Maßnahme wirtschaftlich geographischer Konsequenz. Unsere Wirtschaftspolitik hat sich durch««« bewährt und ermöglichte die Durchführung der Sozialpolitik. Wir haben keinen Anlaß, an ihr zu rütteln. Wir werden sie bei den neuen Verträgen aufrecht erhalten, namentlich den Zoll schutz der Landwirtschaft. (Lebhafter Beifall.) Unebenheiten werden selbstverständlich beseitigt werden, und die Entwicklung der Technik kann Ergänzungen im Zolltarisschema nötig machen. Aber im ganzen entspricht der Zolltarif den Bedürfnissen unserer Volkswirtschaft. Wir werden daher keine Novelle zum Zolltarif vorlegen. Wenn er uns gekündigt werden sollte, werden wir die Interessen Deutschlands nachdrücklich ver teidigen und Angriffe auf unseren handelspolitischen Besitz stand abwehren. DaS Material wird vorbereitet und andauernd ergänzt, so daß wir rechtzeitig auf dem Platze fein werden, (Lebhafter Beifall.) Abg. Chrysant (A) fordert mehr Rücksicht auf die Inter essen des Mittelstandes. Notwendig ist eine Regelung des Sub missionswesens. Das Prinzip des angemessenen Preises mutz mehr zur Geltung kommen. Eine Unterstützung des gewerb lichen Genossenschaftswesens ist notwendig, ebenso ein Verbot des heimlichen Warenhandels und der Handelsgeschäfte der Be- amtenvercine. Die Frage des Baumeistertitels muß endlich ge regelt werden. Ministerialdirektor Caspar teilt mit, daß auch vom Reiche aus eine Verordnung gegen den heimlichen Warenhandel der Beamten ergangen ist. ' Abg. Böhme (Bauernbund): Die erfreuliche Entwicklung der deutschen Viehzucht erfüllt uns mit Genugtuung. Die Futter mittelzölle haben die Entwicklung nicht gehemmt. Auch a» eine Aufhebung des Hafcrzolls können wir nicht denken. Die Grenzen gegen Rußland dürfe» nicht geöffnet werden, Di« Abschaff««- der Sinfuhrscheine würde die Landwirtschaft schwer schädigen. Notwendig ist eine kräftige innere Kolonisation. Leider arbeite» aber die Konser vativen dagegen. Sie machen alle Maßnahmen her Verwaltung zunichte, und in ihren Reihen dulden sie die schärfsten Gegner der inneren Kolonisation, wie Herrn vo» Oldenburg-Januschau, Mittwoch 1 Uhr: Weiterberatung. ' Schluß 6>/- Uhr, Kirchennachrichte». Gröba: Donnerstag, den 22. Januar, abends */,8 Uhr Bibel stunde in der Pfarre über 1. Kor. 6 k. Burkhardt. Älaubitz: Donnerstag, den 22. Januar, nachm. 3 Uhr, Schiffer kommunion. hinter den weißen Spitzeuvorhängen jemanden, ein in einen elegante»! Regenmantel gehüllter schlanker Herr, dessen Ge sicht der aufgespannte Schirin halb verdeckte. Entweder muß ten die Augen dieses Mannes sehr scharf sein)oder war die junge Frau doch etwas vorgetreten — genug, ein seltsames Lächeln huschte um seinen Mund und einen Moment den triefenden Schirm höher hebend, blieb er stehen und lüstete den Hut, worauf er rascher seines Weges weiterschritt. Hedwig aber blieb, als hätte sie gar nichts bemerkt, am Fenster stehen und trat erst dann, als sie Josef iin Vorgemachs nach ihr fragen Hörle, in das bereits ganz dunkle Zimmer zu rück. „Ah, Josef, welch ein Wetter!" empfing sie den Gatten, der suchend umherblickte. „Wo ist Julchen? Wie, sie schläft schon?" „Ja. Die arme Kleine! Sie hat ja so wenig Luft und Sonne hier, wie kann sie da gedeihen?" Josef zuckte etwas ungeduldig die Achseln; erkannte diese ewigen Klagelieder schon und legte ihnen auch weiter keine Be deutung bei; er meinte nur, daß man in dieser Jahreszeit ja kaum mehr viel Sonne erwarten könne und fügte, als es uni den Mund der jungen Frau »vie von mühsam verhaltenen Träne» zuckte, trösteud'hiuzu, es werde ja nicht ewig regnen. „Ja, beinahe hätte ich vergessen, Heddy," sagte er, am Tische Platz nehmend, „ich habe für heute eine Einladung be kommen und —" „Du gehst noch einmal fort, Josef? Wohin denn?'' „Herr von Randolin ist mir begegnet —" „Der?" wiederholte Hedivig unmutig. „Warum „der"?" lachte Josef. „Du »nagst ihn nicht?" „Nein, er ist mir uusympcttinsch," entgegnete sie, dunkle Röte auf S'.irnund Wangen; „Dn solltest »licht mit ihm ver kehren, Josef." Betroffen schaute Josef auf; so erregt hatte er ja seine „kleine Heddy" noch nie gesehen ? Was^vußte sie vo»» Herrn von Randolin? „Aber, liebes Herz — ich verstehe Dich nicht. Herr von Randosin ist doch ein höchst angenehmer, feiner Mann. ES ist eine AuSzeichnnng für mich, den armen Bnchhalter, von ihm «ingeladen zu werde»»." „Er spielt," stieß Hedivig hervor „Na ja, so laß ihn spielen! Sein Vermögen erlaubt ihm diese. Art von Zerstreuung; er ist ja auch klug genug, sich »richt allzu sehr zu engagieren." „Wenn er aber auch Dich zum Spiele verleitet?" „Sei doch kein Kind! Di» weißt ja, daß ich noch niemals eine Karte in die Hand genommen habe." „So gehst Dn wirklich, Josef?" „Gewiß; nachdem ich angenommen, muß ich auch Wort halten. Es handelt sich um eine Geburtstagsfeier. Sei nicht böse, mein Herz! Ich weide ja »sicht lange bleiben." Znm ersten Mal seit sie hier waren, ging Josef ohne fl* abends auS. Sie spielte und tändelte eine Weile mit dem Kind, gab ihm seine Abendsuppe und blieb, als eS eingeschlafe» mar, den Kopf in die Hände stützend, noch sinnend am Bettcheir sitzen. Nein, sie mochte diesen Randolin, ohne ihn näher zu ken nen, nun einmal nicht, obioohl man ihm durchaus nichts Schlechtes nachsagen konnte. ' Ungeheuer reich, ohne Familie und völlig unabhängig, konnte er sich das Lebe»» ganz nach seinen» Geschmack einrich ten. Obwohl er in Czernowitz selbst ein prächtiges HauS be saß, »veilte er nur vorübergehend hier und war meistens auf Reisen oder in vornehmen Badeorten. Josef hatte ihr damals lachend erzählt, wie er mit Randolin bekannt geworden. Die ser hatte seinen gewöhnlichen Spazierritt außerhalb der Stadt gemacht, als ein Windstoß ihn» den Hut vom Kopfe riß und gerade dem des Weges kommenden Josef vor die Füße trieb. Lachend hob dieser den Flüchtling auf und überbrachte ihn dessen Eigentümer. Ein Wort gab das andere, die beide»» noch jungen Männer schienen Gefallen aneinander zu finden und im Verlaufe des Gespräches stellte sich heraus, daß Randolin von Geburt Wiener fei und nur aus Pietät gegen seine ver storbenen Elter» das HauS in Czernowitz behalte. Von da ab hatten Josef und Randolin sich öfters getroffen und, als Josef heute die Fabrik verließ, fand er Raudolin im strömende» Regen seiner wartend, um ihn für den Abend zu einen» „kleinen Souper" einzuladen, da er seinen Geburtstag habe und nicht allein sein wolle. Josef hielt dies für eine Laune des reichen ManneS und nahm, da er überdies keinen triftige»» Abfagegrund zur Hand batte, an 217,ST
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