Volltext Seite (XML)
»Ja, das finden wir^auch." Bruno geschrieben, Mutter?" „vorige Woche. Wir waren lange ohne Nachricht; « hatte in einem Gefecht einen Streifschuß bekommen und lag im Lazarett.' „Nun, hoffentlich geht eS ihm jetzt gut." ,Lch sehne mich ost sehr nach ihm," sagte Frau Marie. —- srachdem LörSbachS abgereist waren, tro* ^»ries Wet ter ein. Die warmen FrühlingStoa- ".-lyten eisigen Ost winden Platz, und es sck?-"- Ivgar. „Trust, D>» yustest so arg," sagte die Majorin zu ihre« Sohne. „TS ist nichts, Mütterchen, es geht vorüber." Aber eS ging nicht vorüber. ES wurde eine böse Influenza daraus, die den ohnehin schwachen Körper befiel. MS Elfriede zur englischen Stunde in die Kaiser- Wilhelm-Straße kam, fieberte Ernst heftig und lag zu Bett. Emmy und ihre Mutter waren besorgt, und der Arzt konstatierte eine Lungenentzündung. Es ging schnell bergab mit dem Kranken. Elfriede sah die rotgeneinten Augen der Frauen, ein Gefühl ber bangen Sorge lag auf ihren Gesichtern. Ernst ahnte, daß er sterben mußte. Er hing nicht am Leben, e» hatte ihm viel Trauriges gebracht: einen siechen Körper, hatte Arbeit und das, waS wie ein verzehrendes Feuer an ihm nagte, jene ungestillte Sonnensehnsucht, von der er nur zu Elfriede gesprochen. Sie hatte ihn verstanden. Er wußte auch, daß sie seine keusch ver schwiegene Liebe zu ihm ahnte. Nun konnte sie ihr nicht mehr zu nahe treten, er nahm ste mit sich in sein stilles Grab. Nur den Gedanke on die Seinen machte ihm daS Scheiden schwer. Der Bruder trat ins Leben, be durfte seiner. Wie sollte es werden, wenn er nicht mehr da war? — Baron Schorn hörte durch Elfriede, wie krank Ludolfs war. Er besuchte den Sohn seines einstigen Regiments- kameraden. AkS -er tief erschüttert das Krankenzimmer verließ, hatte er Ernst versprochen, WM das Polytechnikum besuchen zu lassen und auch der Majorin ein- Jahrgeld zu geben. „Run kann ich ruhig sterben," dachte Ernst. „Der edle Mann wird sich -er Meinen annehmen, Gott segne Ihn dafür." Frau Ludolfs saß bei ihrem Sohne. Die Krankheit hatte in den letzten Tagen rasche Fortschritte gemacht; Trust sah verfallen und wie ein Sterbender aus. Seine heiße Hand legte sich auf die der Mutter. Er wollte sprechen, fing an und konnte nicht weiter. .Hast Du noch einen Wunsch, mein-Kind?" fragte die Majorin weinend. Er wischte ihr die TrLnen ab. „Weine nicht, mein Mütterchen", bat er leise. „Sieh, ich geh« Tuch voran in die sonnige Heimat. Hier war ich ein armer Krüppel und habe vielem entsagen müssen; e> ist gut, daß ich sterbe." Dann sagte er nach einer Weile verlegen: r,Du fragtest, ob ich noch einen Wunsch habe." „So sprich mein Kind, er soll erfüllt werden." ,Lch — ich möchte — sie noch einmal sehen — ?- Elfriede Schorn." „Sie kommt heute um fünf Nhr, sie hat sich alle Tage nach Dir erkundigt." Er lag sehr still da. Eine große Freude leuchtete in den übernatürlich groß gewordenen Augen. Elfriede hatte ihm Blumen mitgebracht, weiße Früh- KngSblüten: Narzissen und Maiglöckchen. An Emmys Ge sicht sah sie, wie schlecht es ging. »Er möchte Dich noch einmal sehen," sagte Emmy. Dann als Elfriede zustimmend dickte, führte sie sie in daS Zimmer des Bruders und schloß die Tür. Sie waren allein, all.-in zum letzten Male. Doch nein, am Bette stand der Tod und streckte gierig die Knochenhand nach dem jungen Leben aus. „Sie siich wirklich gekommen," sagte der Kranke, und ein verklärtes Gl''ckslächeln erhellte seine scharf gewor denen Züge. „Wst soll ich Ihnen danken?" Elfriede stand neben ihm. Sie war so ^-»oegt, daß sie keine Worte fand; sie hielt ih- oie weißen Blüten >M. Er ergreif» ».n oer kleinen Mädchenhand zu gleich und hält sie fest. Es ist lange still, still wie in einem Heiligtum. „Die Sonnensehnsucht," murmeln die bleichen Lippen, „ich werde sie nun bald nicht mehr fühlen. Sie haben meinen letzten Wunsch erfüllt. Sie sind wie ein Engel des Lichtes zu mir gekommen, — alles ist gut." Elfriede hatte sich auf einem Stuhl am Bette nieder gelassen. Sie weinte leise; da streichelt Ernst ihre Hand. - - „Nicht weinen," bittet er, „das tut mir weh. Er innern Sie sich jenes ersten Tages, vor bald einem Jahre, als wir uns kennen lernten?" „Ja, ich habe es nicht vergessen. Sie sprachen von den Schattenblumen, und daß in jedem Herzen die Sonnensehnsucht wohnt." „Es kommt wie ein Märchen über uns, eS erwacht etwas in uns, was besser zur Ruhe gehen müßte," flüsterten des Kranken Lippen. „Ich vermochte nicht, es niederzuzwingen! Es ist mein höchstes Glück ge wesen bei allem herben Leide! Wissen Sie, worauf ich anspiele, Baronesse?" Sie neigte zaghaft das Haupt. „Und Sie zürnen mir nicht?" fragte er, „zürnen dem elenden Krüppel nicht, daß er sich so hoch ver stiegen, den Asra zu spielen?" „Nein, — Ernst — mein armer Freund." „Nicht arm — reich —N So reich durch diese Worte, Elfriede!" Die trennende Schranke deS Standes ist gefallen. Mensch zu Mensch, so treten sie sich in dieser höchsten Weihestunde gegenüber. „Vergessen Sie mich nicht ganz, Elfriede," bittet er, „und wenn Sie einmal ein echtes, reines Glück finden, so denken Sie dazwischen gütig an einen, der Sie sehr lieb hatte." ES klopft. Emmy Littet die Freundin- herauszu kommen, es könne den Kranken angreifen- wenn sie länger bliebe. Einem Impuls folgend; beugt'Baronesse Schorn sich über das Bett und drückt ihre Lippen auf die Stirn Ernst Ludolffs. „Die Sonnensehnsucht ist gestillt." Leise wie «in Hauch kommt eS zu ihr hinüber. Ste weiß, daß sie ihren Freund nie mehr im Leben Am sichern Morgen starb Ernst Ludolfs. Er hielt die weißen Frühlingsblüten, die Elfriede ihm gebracht- in den Händen. Ein glücklicher Ausdruck lag auf des Toten Gesicht. Er hatte die Sonne gefunden. SS wurde Sommer. In den Straßen Berlin- brütete die Hitze. Nach Schluß der Schule zogen die meisten hinaus aus der Stadt an das Meer, in die Berge. Die minder Be güterten gingen nach den Bororten Berlins, wo sie ihre Lauben liehen hatten und die Gottesgabe frischer Luft genießen konnten. Auch dieses Jahr gingen Wests nach Deep. Der Oberlehrer war zur Beerdigung Ernsts nach Berlin gekommen, Margarete war eS nicht möglich gewesen, da sie den kleinen Reiner stillt. Sie trauerte sehr um den Bruder, der ihr im Alter am nächsten stand. Ueberhaupt fühlten alle, wieviel er ihnen in seiner stillen, sorgenden Art gewesen war: der Berater der Mutter,- der Erzieher der jüngeren Geschwister; die Die Buchdrucker«» oou Länger LVmterliek lT- Langer und H. Schmidt) nicsK Goelheftrabe Nr. öS hält sich zur Anfertigung nach stehender Drucksachen bet sauberer Ausführung und billigster Preis stellung besten» empfohlen. Avis» Svreß- und GcschLftS- karkeu BrieskSpfe, Briesletften Bestellzettel Broschüren, Billett Deklarationen TauksagnngS- uud Etuladungsbrtefe Einlaßkarten Etikette« aller Art Fakturen, Flugblätter Formulare tu diu. Sorten Frachtbriefe Gebrauchsanweisungen Frembenzettel Haus» und Fabrik» Ordnungen Geburtsanzeigen HochzettSetnladllngea »Zeitungen und »Gedichte Kastenschilder Kofteuauschläge Kataloge, Kontrakte Kontobücher Lohultftcu, Mahnbriefe Mitteilungen, MenuS Musterbücher, NotaS Plakate Programm« Prrtskuraote Postkarten. Quittungen Rabattmarken Rechnungen Speise»- und Weinkarten Statute», Tau,karten Stimm-, Theater» und Sackzettel Visiten- «ad BerlobungSkartcu Wechsel, Werke Zirkulare, Zeugnisse re. re. re. Massenauflagen für Rotationsdruck. Messer legedlstt — Amtsblatt — Fernsprechstelle Nr. 20. Telegramm-Adresse r Tageblatt Riesa. Seele deS Hauses. Wieviel Liebe mrd Achtung der Verewigte genossen, bewies das große Gefolge, das ihn zur letzten Ruhe geleitete. Die Herren Schrader und Comp. und das Bureaupersonal fanden sich voll zählig ein. Reiche Blumenspenden schmückten den Sarg. Auch Schorns waren gekommen und hatten Ludolfs das letzte Geleit gegeben. All die Leidtragen den umstanden die Gruft, und eine war dabei, die ihm den Sonnenstrahl gegeben, nach dem er sein ganzes Leben lang heiße Sehnsucht gefühlt. Nur iHv gegen über hatte er davon gesprochen, und kurz vor seinem Tode, da hatte er gesagt: „Die Sonnensehnsucht, nun ist sie gestillt." Daran dachte Elfriede von Schorn, Sie sagte sich: , „Es ist gut, daß du dahin gegangen bist, mein armer Freund." Auch heute legte sie einen Strauß weißer Blumen auf das Grab, und ihre Tränen fielen darauf. Nie sollte jemand ahnen, was er ihr gewesen in seiner edlen Herzensgüte und stillen Verehrung; sie wollte ihm ein gutes Andenken bewahren. Als die Majorin nach der Bestattung einsam in ihrem öden Zimmer saß — Emmy war als Lehrerin beschäftigt und Willi ausgegangen —, ließ sich der Chef der Firma Schrader u. Comp. melden. Er war ein grauhaariger, ehrwürdig aussehender Sechziger, von dem Ernst ost mit großer Hochachtung gesprochen hatte. „Ich komme. Ihnen noch persönlich mein Beileid zu Ihrem großen Verlust auszusprechen, Frau Majorin," begann er, „Sie haben Unersetzliches verloren, einen so treuen, guten Sohn." Weinend barg Frau Ludolfs die Augen in der Hand. >,Aber auch wir, ich besonders, werden die Lücke in unserem Bureau schmerzlich fühlen. Einen so tüch tigen, gewissenhaften Arbeiter und liebenswürdigen Kollegen finden wir nicht leicht." Der alte Herr hielt inne. Boll aufrichtigen Nttt- leidS blickte er auf die Tiefgebeugte; dann fuhr er fort: >,ES ist mir im Andenken an meinen jungen Freund Herzenssache, Ihnen ein Jahrgeld auszusetzen. Sehen Ne eS an, wie es geboten wird. Unsere Firma schuldet Ihrem Sohne viel, ich trage nur einen kleinen Teil dessen ab, was er uns geleistet. Es ist mir ein lieber GÄanke, für die Mutter eines Sohnes etwas tun zu können, die in Herrn Ernst Ludolfs einen so Pflicht treuen, guten Menschen erzog." (Fortsetzung folgt- Deutsch-Ostafrika. II. Budee, am 1. Februar 1911. Liebe Kinder! Heute sollt Ihr einiges über Land und Leute von Budee hören. Wenn ich Euch von Moschi erzählte, so hörtet Ihr von hohen Bergen und weiten, weiten Ebenen, die sich zu ihren Füßen ausbreiten. Da war's Euch wohl zumute, als gingt Ihr in ein Wunderland spa zieren, weil Ihr noch nie etwas Aehnliches gesehen habt. Wenn ich aber nun von Budee berichte, so wird Euch vieles verständlicher Vorkommen, und manches von Euch wird fröhlich rufen: „Ei, das kann ich mir gut denken, so ähnlich war's da oder dort, so war's in der säch sischen Schweiz!" Es waren doch schon viele von Euch dort, nicht wahr? Das Paregebirge, in dessen südlichen Teil Budee als zuletzt gegründete Missionsstation liegt, hat in seinen Bergkämmen, einzelnen Bergen und lieb lichen Talern manchmal sehr vieles, was an die deut schen Mittelgebirge erinnert, aber freilich-es liegt viel höher über dem Meeresspiegel als diese und hat, weil es nahe am Aequator liegt, andere Jahreszeiten, andere Tier- und Pflanzenwelt. So hohe stolze Berg« aber, wie der Kilimanjaro i>r und Schnee und Eis, wie droben auf dem Kibo funkelt, das gibt's im Paregebirge nirgends. Cs ist auch lange nicht so fruchtbar wie die Abhänge jenes größten aller deutschen Berge. Bananen gedeihen in Budee fast garnicht, aber wohl in einigen andren Landschaften von Pare. In den Bergen von Nordpare haust noch häufig der Leopard, und steigt man von da aus hinab in die Steppe, so begegnet einem wohl, wenn man Unglück hat, ein wilder Büffel oder König Löwe, der um das Paregebirge her übrigens überall in dec Steppe zu treffen ist. Der Jäger freilich nennt solch eine Begegnung Glück. Der Leopard bricht auch in Südpare hie und da in die Viehherden ein, und des nachts streicht mit heiserem Schrei die Hyäne umher, in den Maispflanzungen der Schwarzen aber wühlt das Wildschwein, und dann und wann richtet es die, welche in den Pflanzungen Wacht halten, übel zu. So war neulich in Gonja, das 6 Stunden von hier entfernt ist- eine Frau von solch einem vier beinigen Räuber an den Beinen schrecklich zerkratzt und zerbissen worden. Das Wildschwein selbst war in furcht barer Wut gewesen, >cil es, wahrscheinlich von einem Löwen, schwer verletzt worden war und stark blutete. Aber solche llnglücksfälle sind zum Glück recht selten. Auch der andre Feind, der hier deS öfteren austaucht, die Riesenschlange, hat nock wenig Gefahr gebracht. Sie kann allerdings mit Dichtigkeit die Mensc^n töten, in dem sie sie mit ihrem gewaltigen Körper, der oft 7—10 Meter läng wird, umschlingt, erdrückt und dann mit Stumpf und Stiel oder sagen wir, mit Haut und Haaren, hinunterwürgt. Zweimal schon wurden wir von den Schwarzen gerufen; der blvana (so wird der weiße Herr genannt) sollte schnell mit dem Gewehr kommen, es liege eine Riesenschlange (itara) im Gebüsch, aber die Auf regung endete noch jedesmal mit fröhlichem Gelächter; denn einmal stellte sichs heraus, daß die Jungens einen dicken alten Baunyramm für das Ungeheuer gehalten hatten, und das -weite Mal war's nur ein noch sehr junges Tier, das allerdings schon etwa 1»/s Meter lang und so dick wie Euer Arm etwa war. Das Tier war hellgrün und hatte auf dem Rücken dunkle Zeichnung. Auch in der blauen, sonnigen Lust regt sich das Leben. In weiten Kreisen schwebt der Hühnerhabicht über den Hütten der Eingeborenen, um daun herab zu stoßen und blitzschnell eins der lustig gackernden Hühner zn er fassen und in sein Nest emporzutragen. Aber auch harmlose Vögel, Freunde der Menschen, sind da: die schöne Papageitaube, die nach ihrem bunten Gefieder, grün; Brust, rote Flügeldecken, ihren Namen hat, und allerhand Singvögel nisren und jubilieren in den Bäumen und über die Wiese stolziert die Krähe in ihrem blau schwarzen Rock mit breitem weißem Halsstreifen. Sie alle begegnen uns auf unsrem Wege über Berg und Tal, wenn wir durch Südpare nach Budee wandern. Kommt man von Nordosten her, so steht man plötzlich auf einer Bergeshöhe, von der man in ein Tal hineinsieht, das von allen Seiten kreisförmig von Bergen eingeschlossen ist. Sie bilden eine einzige, festgefügte Kette. Man nennt solch ein Tal einen Kessel. Der von Budee hat nur eine kleine Oeffnung und Aussicht auf die Steppe nach Süd westen zu, sodaß die Abendsonne etwas schief herein lacht, ehe sie zu Bette geht, und ihre roten Vorhänge vor den Kessel hängt. Am Tage steht sie mitten über dem Tal. An den Abhängen rings umher wohnen die Einge borenen von Budee, die Badee genannt, und mitten drin auf dem ebenen Boden des Talkessels, stehen die Häuser, die zur Missionsstation gehören, und in deren einem wir wohnen. Es ist mit seinen drei lustigen Zimmern, hohen Glasfenstern (viele Häuser in Afrika haben als Fenster nur Oeffnungen, die mit Hellem Stoff über spannt sind, so die Kirche in dem vier Stunden ent fernten Mbaga) und der nach Südwesten gelegnen, brei ten Veranda das stattlichste, obgleich es nur mit Schilf gedeckt ist. Diese Dächer halten die Häuser kühler als