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Beilage znm „Riesaer Tageblatt". «otattonSdrnck «b ««!»« »an Lang«» » «lntertt« M «lala. - stlk dl, «adaktio» varaatwortl«»: Hermann Schmidt l» Rlala. S7S. Mittwoch, 24. R»»«aber IWS. abeadS. «2. Aadra. vom Landtag. Zweite Kammer. )-( 8« Fortsetzung der gestrige« Mitteilungen sei über die Dirnltag-Sitzung weiter berichtet: Abg. Schanz (Kons.) «klärt« »amen» sein« Partei im allgemeinen sein« Zu- stimmung zu dem Entwürfe betr. Anstellung der Nadel arbeit«», Koch- und Handarbeitslehrerinnen, beantragte je- doch zweck« «ingehender Erörterung dessen Verweisung an di« Gesetzgebungsdeputation. Abg. Seyiert (Natl.) sprach dm Wunsch au«, datz für die Au«btldung der Lehrerinnen «ehr Vlaa1«mittel bewilligt würden und datz der Staat die Pensionslasten übernehme. Finanzminister Dr. v. Rüg« betonte, datz di« Uebernahme der PenfionSlast durch den Staat unmöglich sei. Die Annahme dieser Forderung würde den Entwurf zum Scheitern bringen. Abg. Roth (Freis.) trat ebenfalls dafür ein, datz der Staat die Pen- stonSlasten übernehme. Abg. Mehnert (Soz.) führte an«, datz der Entwurf nur da« geringste biete, was er über haupt bteteu könne. Sachsen sei Überhaupt auf dem Ge- biete de« Schulwesen« von anderen Staaten schon überholt worden. Abg. Langhammer (Natl.) bedauerte lebhaft die Erklärung de« Finanzministers. Die Erklärung werde auf da« Hau« nicht den Eindruck machen, wie der Minister eS vielleicht voran«setze, nachdem er doch eben erst bei der Reichsfinanzreform im Vunde«rate umgefallen sei. Nach weiteren Bemerkungen der Abgeordneten Heymann (Kons.), Uhlig (So,.) und Spieß (Kons.) erklärte Kultusminister Dr. Beck, daß auch er der Uebernahme der Pensionslast auf den Staat nicht zustimmen könne. Hierauf wurde die Vor lage antragsgemäß zur Weiterberatung an die Gesetz- gebungSdeputation überwiesen. ES folgt die allgemeine Vorberatung deS Antrages Niethammer (Natl.) betr. die Aufhebung des auf den 6. Januar fallenden Epiphaniasfeste« und die Verlegung diese« Festes auf den folgenden Sonntag. Der Antrag, stell« begründet seinen Antrag ausführlich und weist vor allen Dingen auf die wirtschaftlichen Schädigungen hin, die die Industrie durch die Aufrechterhaltung dieses Festtage« erleidet. Diese Schädigungen seien umso größer, als Sachsen ringsum von Ländern umgeben sei, die diesen Feiertag nicht innehtelten. Redner beantragt schließlich, seinen Antrag nicht der Gesetzgebungsdeputation zu überweisen, sondern gleich heute in Schlußberatung zu nehmen. Dieser Antrag findet genügende Unterstützung. Minister deS Innern Graf Vitzthum v. Eckstädt erklärt, daß die Regierung nach wie vor auf dem Standpunkte stehe, in die Aushebung bezw. Verlegung deS EpiphaniaSfesteS nicht einwtlligen zu können und zwar aus Gründen, die sein Vorgänger Graf Höhen thal im vorigen Landtage bereit« dargelegt hab«. Abg. Spietz (Kons.) «klärt sich mit der geschäftltchen Behandlung de« Antrages sowie mit diesem selbst einverstanden. ES «ntspinnt sich hierauf eine länger« Debatte, an der sich sämtliche Parteien beteiligen und in der sich die Sozial demokraten gegen die Aufhebung de« Feste« erklären. Der Antrag Niethammer wird sodann mit 88 gegen 27 Stimmen angenommen. Dagegen stimmen die Sozialdemokraten und die drei konservativen Abgeordneten Hähnel, Kockel und Sobe. Tagesgeschichte. Der Kampf zwischen Oberhaus und Unterhaus in England gehört zweifello« zu den bemerkenswertesten Vorgängen, die sich gegenwärtig auf dem europäischen Theater abspielen. Nach den alten Gewohnheitsrechten, auf denen die englische Verfassung ausschließlich beruht, besitzt das Oberhaus keinen Einfluß in allen Fragen der Geldbeschaffung für die StaatSbedürfnifle. Darin waren die beiden großen Parteien, die ja nach dem Ausfall der Wahlen zum Unterhaus« die Minister aus ihren Reihen stellen und die Regierung des Landes führen, bisher voll ständig einig. Such jetzt nimmt die große Mehrheit der Lord« im Oberhause unter Führung des Lord» of Lands- downe das Recht der Verwerfung der vom Unterhaus« angenommenen Finanzbill nicht unmittelbar in Anspruch. In der Tat würde e« ja auch mit dem Recht« deS Unter- Hauses, die Regierung aus seiner Majorität zu bilden, im Widerspruch stehen und, wie Lord Salisbury al« konser- vativer Führer gegen ein liberale« Kabinett im Johre 1894 ausdrücklich anerkannte, zu unhaltbaren Zuständen führen, wenn da« Oberhaus eine Finanzbtll ablehnen wollte, aber dieselbe Regierung an ihrem Platze lassen müßte. WaS die konservative Mehrheit deS Oberhauses jetzt beansprucht, ist die«, daß das Volk erst befragt werden soll, bevor da» Oberhaus die vom Unterhause beschlossene Finanzbill an- zunehmen braucht. GS läßt sich nicht leugnen, daß da« Oberhaus damit zwar nicht da» Recht der Verwerfung einer Finanzbill, aber ganz neue, bisher nur vom König ausgeübte Recht verlangt, die Auflösung de» Unterhauses zu erzwingen. DaS Ausland ist nur Zuschauer bei diesem inneren Kampfe Englands. Jedem Zuschauer ist «» er laubt, seine eigene Meinung zu haben. E» ist aber un klug, in einer fremden Streitsache blindlings und leiden- schaftlich Partei zu ergreifen. In liberalen deutschen Blättern ist von einem Staatsstreich der Adligen, von einer Revolution der konservativen Lords die Rede. Das I sind tendenziöse Uebertreibungen. Weder besteht die kon ¬ servative Partei in England vorwiegend au« Adligen, — die Kaufmannschaft in London, große Jndustriebezirke mit Einschluß eine« erheblichen Teil« der Arbeit« find konser vativ —, noch kann man von einer Revolution reden, wo es sich nur um einen heftigen Kampf der beiden «rotzen, sich von alter« her in der Leitung der Geschicke de« Lande« abwechselnden Parteien handelt. Niemand kann garan tieren, datz di« Konservativen nicht über kurz oder lang wieder ans Ruder kommen. Haben wir auch wirklich keinen Grund, die« vom Standpunkte der deutschen In- leressen au» zu wünschen, so wird doch eine übereifrige Parteinahme gegen die Konservativen in England diesen nichts schaden, unserm Verhältnis zu England aber für den Fall eine» Sieges der Konservativen nur nachteilig sein. —k— Deutsches «eich. Dem Französling Heinrich Wegelin (Mülhausen i. Els.) ist weder die Zurücknahme deS Ausweisungsbefehls noch die weitere Verlängerung der Frist zuteil geworden. Er ist am -0. November abgercist. Die elsaß-lothringische Regierung hat verfügt, das; bei Konzerten, die der be hördlichen Genehmigung unterliegen, die Marseillaise oder ähnliche Musikstücke, die zu Provokationen führen können, streng verboten sind. Dieses Verbot bestand allerdings forurell schon lange, wurde aber nie beachtet. Mit b eachtenswerter Schärfe verurteilt das christlich soziale „Reich" die englische Heuchelei in der Kongo frage, indem eS folgendes schreibt: „Eine Kirche, wie 6ie englische Hochkirche, die so lange um der Kongo neger witirn sich entrüstet, bis sie englisch geworden sind, aber ihrer Regierung durch dick und dünn folgt, wenn sie 15000 Vurenfraueu und Kinder in den Konzen- tationslagern umkommen läßt, hat doch wohl das Recht verwirkt, Führerin Europas in einer Humanitären und christlich-sitriichcn Frage zu sein. Haben die übertrie benen Anklagen auch nur einen Kern von Wahrheit, so ist die Kongofrage allerdings eine Frage der Christen heit; aber wir wenden uns hier dagegen, daß das Christentum als Deckmantel ganz gewöhnlicher britischer Machtgelüste mißbrauch, wird. Auf eine einfache Formel reduziert, heißt cs für uns: Soll England nebst seinen guten Freunden Afrika weiter aufteilen, oder können wir unter allen Umständen auch die Berücksichtigung unserer Interessen verlangen?" Untersuchungen über einen Riesendiebstahl auf. den fiskalischen Möllerschächten haben eine überraschende Wendung genommen. Vorgestern wurde von dem Ber liner Kriminalpolizcikommissar v. T'reskow II ein höherer vmpffskll slek rui» VMPIWNlk SIVN IUP IMK MkKIMKI* LükrtiMtz von klMgrgMkn MMMW MM sllsi» äntsn unü jvüen Lrössv in vokriiglieksler äusMpung. unck Ki»ui>n»n «8kl» m»n mssnlinknt Rittsnsstiinttk Klnäsrslifnskmvn uni! kk-uppvn «Skis MSN mvglieksl liis stlillsgsslunljkn. Vefgi-össsnungsn unü dunlv Silüvi» Kitts svkon jslrt sn mlvk gvlsngvn ru Isssvn. s Srvttv» Lzxor voll Lrdwvll. s «vvllur- kerusprvvdvr Sir» 8L 81 MÜlOAIAM 21V Der Schatz von Boscoreale. 3j Humoristische Novelle von M. O. Talberg. „Luits Uü-e. Li^nori, witts Uirs," antwortete der Bauer auf die Frage Wendeborns. „Tausend Lire?" rief Wendeborn. „Hören Sie mal, Doktor, das ist ein Spottpreis. Ich glaube die Sachen sind das zwanzigfache wert. Was meinen Sie, sollen wir das Geschäft zusammen machen?" „Ich danke" lachte Holberg, „dafür bin ich zu wenig Kunstkenner. Aber bieten Sie ihm doch mal den fünften Teil seiner Forderung. Nach meinen bisherigen Erfahrungen in Italien wird er wahrscheinlich auch zu diesem Preise Ihnen die Sachen ablassen." ,,0o, impossibüs, 8!gnon, impossibils!" rief der Bauer aus, als Wendeborn ihm zweihundert Lire bot. „Tausend Lire, keinen Centesime billiger." Aber Wendeborn war doch durch die Bemerkungen Hol- bergs etwas zweifelhaft geworden und nach längerem Hin- undherfeilfchen bat er dm Besitzer der ausgegrabenen Schatze, ihm diese zum Preise von tausend Lire auf drei Tage an Hand zu lassen, was ihm das Bäuerlein nach einigem Be sinnen auch versprach. „Aber jetzt ist e» die höchste Zeit," mahnte Holberg, „wmn wir noch dm Zug in Torre dell' Annunziata erreichen wollen." „^ääio, Ligvor! rvvoäsroi, Signor!, a rsvscksro!.'* Der Bauer packte seine Altertümer wieder sorgfältig in den Korb und die beiden Freunde schlugen den Rückweg nach der eine halbe Stunde entwrnten Station ein. „Nehmen wir diesen Fußpfad rechts am Bahngeleise ent- lang" sagte Holberg. „Der muß uns in einer kleinen halben Stunde zur Bahnstatton führen. Da man bei den italienischen Bahnen immer mit mindestens einer Viertelstunde Verspätung rechnen kann, werden nur jedenfalls den Vieruhr-Zug noch erreichen, sind um fünf in Neapel, können noch schnell etwas Toilette machen und — —" „Und dann versuchen, in die Nähe deS Schatzes zu ge langen, der Ihnen lieber Doktor, augenscheinlich mehr am Herzen liegt, als sämtliche unter der Lava deS Vesuvs verarabmen Schätze deS Altertum»," gab Wcndeborn lachend ,u«ch indem er sich dem rüstig voranschreitendm Holberg anschlob. Sie mochten ungefähr eine Viertelstunde gewandert sein, als sich ihnen bei einer Biegung des Weges ein eigentümliches Schauspiel bot. Einige hundert Schritte vor ihnen bemerkten Ne einen Haufen von Bettlern, etwa zwanzig bis dreißig an der Zahl, alte Weiber, junge Mädchen, halbwüchsige Burschen und Kinder, die sich mit großem Geschrei um zwei Damen drängten und diese augenscheinlich mit zudringlichen Betteleien belästigten. „Na, die Bande wollen wir mal auf den Trab bringen," meinte Wendeborn und beide beschleunigten ihre Schritte. Plötzlich rief Holberg, in den Laufschntt übergehend: „Schnell, schnell, lieber Freund i Wenn ick; mich nicht irre, sind es die beiden amerikanischen Damen, die von der Bande dort belästigt werden." In wenigen Sekunden waren die beiden an: Ziele an gelangt; aber die Bettler hatten sie bereits von weiten: bemerkt nnd waren auseinander gestoben. Die beiden amerikanischen Damen, — Holberg hatte sich nicht geirrt — standen hoch aufatmend auf der Straße, sichtlich erfreut, auf so prompt« Weise von der Zudringlichkeit der Bande befreit worden zu sein. Sie erschöpften sich, nachdem sich beide Herren m gebrochenem Englisch vorgestellt hatten, in lebhaften Dankcs- worten und zwar in tadellosestem Deutsch. „Da Sie nach Ihren Schmissen zu schließen Deutsche sind," begann die ältere Dame, „so wollen wir uns lieber in unserer gemeinschaftlichen Muttersprache unterhalten. Mein Schützling, Fräulein Buchwald, ist zwar von Geburt Amerikanerin, aber ihre Eltern waren Deutsche und sie ist in Milwaukee, der deutschesten Stadt Amerikas, vollständig deutsch erzogen worden. W:r sind also Landsleute und nun empfangen Sie nochmals unfern besten Dank für Ihre Hilfe." „Auch ich danke Ihnen herzlich, meine Herren," sagte die jüngere Dame, Holberg einen warmen Blick aus ihren großen Augen zuwerfend. „Wir müssen jeden Dank ablehnen, meine Damen. Wenn eS unS vergönnt war, durch unsere Dazwischenkunft Sie aus einer Verlegenheit zn reißen, so sind wrr dafür einem glück lichen Zufall zu Tank verpflichtet, der unS gerade diesen Weg führte," erwiderte Holberg. „Ich nehme an, daß Sie ebenfalls nach Neapel zurück wollen und wir würden uns glücklich schätzen, wenn Sie sich unserem Schutze anvcrtrauen wollten." „Ihre Voraussetzung ist richtig und wir nehmen Ihr liebenswürdiges Anerbieten gen« an." Da der Weg zu schmal war. um vier Personen Platz zu gewähren, ging Wendeborn mit der Gesellschafterin voraus und war mit dieser bald in einer angeregten Unterhaltung über Italien und seine Kunstfchätze begriffen, während Doktor Holberg an der Seite der jüngeren Dame euuge Schritte zurückblieb. „Es ist das vierte Mal, mein gnädiges Fräulein, daß ich das Glück habe. Ihnen zu begegnen und rch suhle mich doppelt glücklich, daß mrr heute der Zufall Gelegenheit gegeben hat. Ihnen näher zu treten." „DaS vierte Mal?" fragte seine Begleiterin mit einem schelmischen Lächeln. „Ja, einmal in Florenz, das zweite Mak in Rom, heute morgen in der Villa Nazionale und jetzt hier." „Dann darf ich ja von mehr Glück sprechen. Ich habe Sie schon öfter gesehen, Herr Doktor I" „Oester?" fragte Hotberg, überrascht aufsehend. „Jawohl, und zwar in Begleitung iner Dame, der Sie die grüßten Aufmerksamkeiten erwiesen und die Sie jedenfalls schwärmerisch verehrten!" „In Begleitung einer Dame? Sollte das nicht auf einer Verwechselung beruhen, mein gnädigstes Fräulein?" „O nein. Erinnern Sie sich nur. Es war vor ungefähr drei Wochen in Antibes, wo ich Sie mehrere Male mit einer Dame gesehen habe. Sie hatten nur Augen für sie, die ganze übrige Welt schien für Sie nicht vorhanden zu sein!" meinte das Mädchen. „Ach, mein liebe, gute Mutter! Ganz richtig. Ich habe sie nach der Riviera begleitet. Sie will dort bei einer be kannten Familie verweilen, während ich durch Italien schweife. Später wollen wir dann zusammen nach Berlin zurückfahren." „Sehen Sie, daß mein Auge mich nicht getäuscht hat. Sie kamen häufig an der Villa vorüber, wo ich mit meiner Gesellschafter:» wohnte, nnd ich freute mich immer, wenn ich sah, m:t welch kindlicher Liebe Sie um Ihre Mutter besorgt waren. Ausrichtig gestanden, mich überfiel immer ein Gefühl des Neides, das Sie begreifen werden, wenn ich Ihnen sage, daß mein Vater bereits gestorben ist, als ich noch ein kleines Kind war, und daß ich auch meine gute Mutter vor vier Jahren verloren habe." „Sie Acrmste!" sagte Doktor Holberg in aufwallendem Mitleid und drückte teilnehmend die kleine Hand, die ihm seine Begleiterin mit leifein Erröten überlassen hätte. Fortsetzung folgt.