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— 180 I -Jetzt komm eudlich, Heinrich/* unterbrach Alfreds K« junge Vurdeleutnant in Zivil, den feine Urlaubs zeit »ach Haufe geführt hatte, „wir wollen die Pferde Probiere». SV« hast das andere doch mitgebracht?" „Ist, sie warten beide vorn. Die Stute ist exzellent; sie würde ein famoseS Reitpferd für Dich ab- Heben." Die Brüder entfernten sich, und Ursula ging 1» da? HauS. Fräulein Hartmann aber versprach beim Abschiednehmen, am nächsten Tage wiederzu- kommen, es gab noch vielerlei für das Dilettanten konzert zu bedenken, was sie veranstalten wollten. Ein paar Häuser armer Familien waren vor etwa Echt Tagen in der nahe bei Sorgens gelegenen Bor stadt abgebrannt. Es war ein Rat gehalten worden, wie den Obdachlosen am raschesten zu helfen sei, und bi« lebhafte Else und der ebenso feurige Alfred hatten bi« Idee eines Familienkonzerts angeregt, wozu die Eltern ihre Einwilligung nicht versagten. Ter Fürst selber, der von diesem Vorhaben gehört, hatte ihnen einen Violinkünstler zur Verfügung ge stellt, der sich zur Generalprobe rechtzeitig einstellen werde. Natürlich nahm Herr von Sorgen dankend an; Aber Alfred und Elfe waren tief entrüstet! In ihr Barhaben sollte ein Fremder gezogen werden! Wie konnte der Bater ihnen das antun! Erst schwer ließen sie f'ch überzeugen, daß jener für den Erfolg des Konzertes von einigem Werte sein könne. Als sie aber rrst zu dieser Auffassung hindurchgedrungen waren, schlug auch di« anfängliche Abneigmig in eine große Begeisterung um; er -ildete den Mittelpunkt des Ge spräches und schien ihnen jetzt unentbehrlich. Such feine Person spielte bald eine Roll«, und die Fragen ob er unbedeutend, oder talentvoll, hübsch, oder häßlich, langweilig oder unterhaltend fei, Wiederbolten sich alle Tage. — „Guten Lag, Onkel." sagte Fräulein Hartmann, in den Salon der Wohnung Herrn v. Marbachs tretend. — „Bist Du endlich da, Eva?" war die verdrießliche Entgegnung, „wo warst Du so lange?'* „Bei Sorgens. D« hast mich doch nicht vermißt, Onkel?" „Wie sollte ich Dich vermissen? LS kommt ja nicht Vorauf an, ob Du da bist, oder nicht," sagte er mürrisch; „aber ich will essen, wenn die Suppe durch die lange Verzögerung, die Du uns bereitest hast, nicht eiskalt geworden ist." «Ist er wirklich schon so spät, Johann?" fragte Uva etwa» ungläubig den eintretenden Diener. „LS schlägt geüld« zwei; uni» ich habe eben die Stppe »ufgetragen," v«s«tzte Johann mit lustigem Rügen zwinkern. „Gnädiger Herr, esist serviert." „Dann wolle» wir essen," donnerte Herr v. Marbach Ke« alten Menschen an; „und wen» ein andermal die Sappe nicht pünktlich auf der Lasel ist, so setzt es woS. Nichte, darf ich Dir meinen Arm anbieten?" lieb mit formeller Höflichkeit und in strammster Haltung führte er Lva in da» Eßzimmer. Schon im Anfang« »es kleinen Diners wurde die Laune des alten Herrn «sehend» eine mildere; feine Nichte leitet« ein unbe- kougenes Gespräch ei«, berichtete ihm von den Fort« schritten der Konzertvorbereitüngen und wußte ihn s- oortresslich zu unterhalten, daß ergänz heiter wurde, siE bea». HinauSgehen behutsam, in den Arm kniff und sagte: „Na, Nichte, Du hältst einem alten, vertrockneten Hagestolz schon etwa» zugute und nimmst seine Worte Richt zu genau, wenn er sie so rasch herauspoltert, MsW ko, Nichte «va?" „GEiß, Onkel Ich bckn gar nicht empfindlich." «Ja, ja, wir verstehen uns," sagte er befriedigt; «Wo» soll ich einmal anfangar, wenn Dw fortgehst, Sva?" «UM Wirtz vorauSfichtlich nie gescheh««," sagte sie stutz Vkwhte ihm eine Aevl bereitete Lasse Kass«. Ihre Hand Merkt so stark, daß der Teelöffel klirrte. Herr v. Marbach sah sie teilnehmend an; dadurch bekam sei» starres, eingeschvumpftes Gesicht ganz Weiche Linien. „Doch, Eva, Du wirst zu Deinem Manne zurück kehren," sagte er. Eie schüttelte mechanisch den KVpf. „Als Du damals zu mir kamst, zu mir, dem einzigen Verwandten Ekberts, patt zu denen, die Deinem Herzen am nächsten standen, da gefiel mir das," fuhr er fort, „es war richtig von Dir gehandelt; und als Du mir Deine Geschichte erzähltest, da sah ich, daß Eure Sache nicht verloren war, nicht verloren sein darf." „Er hat mich gehen heißen," sagte Eva tonlos. „Er hat es; aber er weiß, daß Du bei mir bist; ich Habs es ihm auf Deinen eigenen Wunsch mitgeteilt, wenn cn ' it der ausdrücklichen Bedingung an ihn, Dich hier n ciufzusuchen. Sagte ich ihm jedoch" — „Onkel, Du hast mir versprochen, ohne meine Ein willigung keinen Finger zu rühren," rief Eva erregt. „Beruhige Dich, Nichte, was ich versprochen, werde ich halten," versetzte Herr v. Marbach gelassen; „wie sollte ich auch dazu kommen? Mein Neffe Ekbert steht mir seit jener Jünglingszeit fremd gegenüber; er hat mich stets vernachlässigt; das hat an mir genagt, und' Du weißt es. Ich kenne ihn nicht. Und dennoch liebt ihn mein altes Herz und kann nicht von ihm lassen." LaS harte, verwelkte Gesicht war umgewandelt, es brüate di« tiefste Trauer aus. — „Lieber Onkel, er ist seitdem ein anderer geworden; er handelt nur gut und edel," rief Eva selbstvergessen mit glühenden Wangen. — Herr v. Marbach blickte über seine Brille scharf z« ihr hin. „So? Warum kehrst Du denn nicht zu ihm zurück?'* — „Ich kann nicht." — „Und wenn er kommt, Dich zu holen?" — „Tr kommt nicht," sagt« sie leise. — Die Züge des alten Herrn nahmen ihren gewöhnlichen, gleichgültigen Ausdruck an „ Du mußt natürlich denken und tun, wie Du eS für gut befindest," sagte er kurz und zog die Zeitung vor das Gesicht. Nach dem Kaffee zog sich der Onkel in sein Zimmer zurück, und Eva machte sich auf, eine der abgebrannten Familien zu besuchen, die am äußersten Ende her Vorstadt wohnte, und ihr ein Körbchen mit allerlei nützlichen Dingen zu bringen. Nachdem sie die Armen sehr getröstet verlassen hatte und in die köstliche Sommer lust hinausgetreten war, wandelte sie di« Lust an, ihren Spaziergang noch etwas auSzudehnen. Sie ver sank dann, weitergehend, so in ihre Gedanken, daß sie gar nicht aufsah, ms sie sich endlich zu ihrer eigenen Verwunderung einem Kirchhofe gegenüber befand. ES trieb sie ein Verlangen, hineinzugehen; daS Tor Wae unverschlossen, ringsum alles still; warm und zitternd' lag die Luft über dem Gottesacker. Eie schritt langsam zwischen den Hügelreihen hin, hier und da zerstreut eine Inschrift lesend. Ein paar weiß« Schmetterlinge flogen aus dem duftenden Flieder auf — die Suferstehungsprediger! Lva sah ihnen nach, solange die glänzenden Punkte am Himmel sichtbar blieben, sie kamen aber Sieder herab, schwebten hin und her Und ließen jich endlich auf einer schwankende» Trauerweide nieder, die ein sorgsam gepflegtes Grab be schattete. Lva trat behutsam näher; ihr Luge fiel auf das schwarze Kreuz zu Häupten des Hügels, und sie la den Namen, der in goldenen Lettern darauf stand: Magda von Sorgen. , Las Herz stand ihr fast still. Magda! Aber es gab ja mehr als eine Magda auf der Welt. — Cie trat näher, um das Datum zu entziffern. Da stand: Ge- boren den 26. Februar 1847, gestorben den 18. Mai 1865! Einundzwanzig Jahre waren verflossen, seitdem dies Kreuz hier errichtet War. Sie ging herum und las auf, der Rückseite: Selig sind, die da Leid tragen, denn sie sollen getröstet werde». L ra VS« 131 Die Buchdrucker«» von Peilung bestens empfohlen. verzeihen Sie, der Name ist mir ent- — „Fräulein Hartmann," sagte Eva scharf .Fräulein Hartmann kennt die Sonate ge- — Amtsblatt- Fernsprechstell« Nr. 20» Telegramm-Adreffe r Tageblatt Riesa. (T. Langer und H. Schmidt) NIS8K Goethestratze Nr. ä9 ält sich zur Anfertigung nach' „Eva singt? Und das höre ich jetzt? Ich erfahre doch rein nichts, Nichte; und wenn mir das Hau» über dem Kopfe brennte» ich könnte elendiglich umkommen, ehe Du es mir sagst," rief der alte Herr aufgebracht. „Ich meinte, es sei timgekehrt," begann Else, um deren Mundwinkel es vor Lachlust zuckte. Aber Eva gab ihr einen Mink und sagte: „Doch, lieber Onkel, Dil weißt es, Du hast es nur vergessen, und Du kommst morgen ja auch mit; ich freue mich, gerade besonders für Dich zu singen. Mir müssen eS heute nur noch einmal probieren, darum verzeih', wenn ich jetzt gehe." „Schon gut, schon gut; lauf' nur und empfiehl mich bestens," brummte der besänftigte Onkel. „Meinen eigentlichen Grund wollte ich drinnen nicht sagen" begann Else atemlos, als sie auf der Straße gingen; „der geheimnisvolle Violinkünstler ist da. Er meinte, es sei besser, jetzt schon zu proben, und be sonders will er gern eine Violinsonatc von Rubinstein, die er mit Ihnen vortragen möchte, durchnehmen. Er scheint großes Mißtrauen in Ihre Fähigkeiten zu setzen, und obgleich wir ihm beteuerten, Sie könnten alles spielen, so behauptete er doch, es sei mehr als selten, daß eine Dame, eine Dilettantin, so fix sei." „Eine Rubinsteinsche Sonate?" wiederholte Lva gedankenvoll; „ich habe sie früher alle gespielt und denke, es wird gehen.'* — „Das sagte ich ihm auch. Und nun kommen Sie schnell; ich bin so neugierig, wie er Ihnen gefällt- Denken Sie, er ist wunderhübsch; aber ich wollte ja nichts verraten, nicht einmal seinen Namen, den wir als Komponisten schon ziemlich lange kennen." — Eva trat in den Saal, aus dem ihr lebhaftes Sprechen entgegenschallte, das aber jetzt sogleich ver- stummte. „Da ist ja unsere junge Freundin," sagte Herr von Sorgen, ihr herzlich die Hand reichend. „Glauben Sie, daß ich Sie mit unserem Mithelfer bekannt mache: Herr Marbeck, Fräulein Hartmann." — Ja, sie hatten sich erkannt, ehe die Namen ihnen zugerufen wurden, der alte vertraute Name und der neue, nie gehörte. Sie hatten sich in die Augen gesehen, und ihre Wangen waren blaß geworden. Eva war die Gefaßteste. „Ich sehe Herrn Marbeck nicht zum erstenmal," sagte sie; „wir kannten uns vor Jahren und spielten manchmal zusammen." — „Wir spielten manchmal zusammen," wiederholte Tassilo mechanisch und ließ seine Augen aas Eva ruhen. Das machte sie verlegen, sie schritt an ihm vorüber aus Frau von Sorgen zu und be- grüßte sie, dann trat sie zum Flügel und blätterte in den daraufliegenden Heften. — „Haben Sie schon einiges durchgenommen?" fragte sie. — „Rein, noch nicht," sagte Ursula. ,Lerr Marbeck möchte vor allem mit Ihnen die Rubinsteinsche Sonate durchnehmen, liebe Eva," „Gs wird nicht mehr nötig sein," fiel der junge Künstler hastig ein, „wenigstens nicht jetzig Fräulein fallen — betonend nau und versteht sie zu spielen." — „Nun, das muß man sagen, eine so zerstreute Künstlerseele, vergißt den Namen einer Dame, mit der er Rubinsteinsche Sonaten gespielt hat," lachte Herr von Sorgen. .Letzt aber, dck auch Heinrich angelangt ist, lassen Sie uns die gemein samen Sachen probieren." Sie nahmen die orchestrierte Ouvertüre zum Tannhäuser vor, die sehr geschickt mit Klavierbegleitung arrangiert war, sodaß bei selbst wenigen Streichinstrumenten das Ganz« einen orchesterartigen Lin- drucr machte. Tassilo und Else führten bei dem Konzert Pie erste Geige, Herr von Sorgen mit der Leinen Ali« die zweite, Heinrich und Karl spielten Lello, und Alfred bandkabte mit Erfolg eine Trompete. Alles Fehlende mußte durch den Flügel ersetzt werde«, auf.dem Lva und Ursula vierhändig begleitete«. (Fortsetzung wlAf Lange stand sie an der Trauerweide zu Füßen des Grabes gelehnt und laS immer wieder den Namen: Magda von Sorgen, der sich nun so verwirrend und leidvoll mit ihren Gedanken vermischte, daß ihre Blicke sich umflorten, und als sie das Tuch daraus gedrückt hatte und wieder klar sehen konnte, sah sie, daß es spät geworden war, und noch lag der Weg nach Hause vor ihr. Hastig verließ sie den stillen Ruheort der Toten und eilte auf die Straße hinaus. Nachdem sie erst wenige Schritte zurückgelegt hatte, kam ihr vor: der Stadt aus ein Reiter entgegen. Es war Heinrich Sorgen. Er grüßte tief, hielt sein Pferd an und sprang hinunter. „Aber was tun Sie denn so spät noch auf der Landstraße, gnädiges Fräulein, und ganz allein?" rief er, zu ihr tretend. „Ich machte einen Spaziergang, Herr von Sorgen, und es ist allerdings dabei später geworden, als ich wünschte. Doch fürchte ich mich nicht," fügte sie hin zu, denn er war schon umgekehrt und schritt nun neben ihr her; „Sie müssen sich meinetwegen nicht be unruhigen." „Glauben Sie, daß ich Sie den Weg zur Stadt allein machen ließe, gnädiges Fräulein? Sie werden mir er lauben, Sie zu begleiten." „Aber ich möchte Sie nicht bemühen." „Es wird mir die größte Freude machen, Fräulein Hartmann," sagte er ernsthaft. „Herr von Sorgen," begann sie nach einer Pause stockend, „können Sie mir s agen,. zu welchem Orte der Kirchhof gehört, der an dieser Straße liegt?" „Wie sollte ich nicht, gnädiges Fräulein? Er gehört zu meinem Gute, zu Amsee. Waren Sie dort?'* „Ich war da. Er liegt sehr schön. Sind — Ange hörige von Ihnen auf dem Kirchhofe begraben?'* „Meiner Schwester Grab ist dort, Sie haben ihren Namen vielleicht gefunden. Sie ist schon lange tot, Wohl mehr als zwanzig Jahre, ich war damals ein kleiner Knabe. — Wollen Sie mir einen Gefallen tun, Fräulein Hartmann?" „Welchen?" fragt« sie zerstreut. Er sah sie scharf an. „Bin ich ihr denn ganz gleichgültig?" dachte er ungeduldig. „Nach dem Konzerte wird meine Familie einmal nach Amsee herauskommen," sagte er, „wollen Sie sie begleiten? Ich wünschte so, Ihnen einmal mein Heim zu zeigen, und Sie waren nie -ort. Wollen Sie?" bat er dringend. „Sehr gern, Herr von Sorgen, es wird mir eine Freude machen, Ihren Wohnsitz kennen zu lernen," sagte sie ruhig. Ein Schatten flog üher sein gebräuntes Gesicht. „Ich danke Ihnen," entgegnete er, sich höflich verbeugend. Eie besprachen dann noch einige Einzelheiten zu dem Konzert und trennten sich erst an der Tür von Herrn v. Marbachs Wohnung. VU. Aw Nachmittage des Tages, M dem die General probe stattfinden sollte, kam Else in das Zimmer, wo Eva und ihr Onkel den Kaffee einnahmen. Eva sah sehr müde und bleich aus. „Bitte, liebes Fräulein Hartmann, Sie müssen jetzt gleich mit mir kommen! Wir haben noch eisige Sachen durchzuspielen, und Mutter läßt dringend bitten. Nicht wahr, Herr von Marbach, Sie erlauben es?" „Alle Wetter auch, dies Konzert macht einen zum toten Mann!" rief der Onkel rücksichtslos. „Wann hört denn die Geschichte endlich einmal auf?'* „Morgen, Herr von Marbach; morgen ist das Konzert, und wir hoffen, daß es ein schöner, lorbeerreicher Abend wird. Sie kommen doch sicherlich auch, Herr v. Marbach?" „Denke nicht daran! Das fehlte noch, daß ich mir den Lärm in der Nähe besähe!" „Aber Ihre Nichte wird singen, und Sie hören doch picht» so. gern Wie sie, Herr von Marbach?** Avis« Adreß- und Geschäfts karten BrlefkSpfe, Brtefleiften Bestellzettel vraschüreu, Billett Deklarationen DaUksagungS- nab Etnladungsbriefe Einlaßkarten Etikette« aller Art Fakturen, Flugblätter Formulare tu bin. Corte« Frachtbriefe Gebrauchsanweisungen Fremdenzettel -aus- und Fabrik- Ordnungen Geburtsanzeige« HochzeUSeiuladuuge« -Zeitungen »ub »Gedicht« Kasteuschilder Kofteuaufchläge Kataloge, Soutratte Kontobücher Lohnlisten, Mahnbriefe Mitteilungen, MenuS Musterbücher, Rota» Plakat« Pro,raun«« PrrtSkuraute Postkarte«, Quittungen Rabattmarken Rechuuage« Speise«- «ad Weinkarten Statute«, Tauzkarte« Stimm-, Theater- und Catzettel Visite«- «N» BerlobuugS karte« Wechsel, Werke zirkuläre, Zeugnis» re. re. re. Massenauflage« für Rotationsdruck.