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dem! Tode seines Lehnsherrn als! Zeichen besonderer Loyalität, kam im 14. Jahrhundert aus und könnte erst im 17. durch strenge Maßregeln der Behörden beseitigt werden. Der Shintoismus gebietet, daß man jeden Todes fall sofort dem zuständigen Shintotempel anzeigt und dem Priester die Leitung des Zeremoniells überläßt. Ter Leichnam, dessen Gesicht mit einem Weißen Leinen oder Seidentuch bedeckt sein muß, wird vor dem Ehrenplatz des japanischen Zimmers gebettet und um ihn herum ein Wandschirm gestellt. Auf einem Tische, der acht Beine haben muß, bringt man dem Toten geioaschenen Reis, frisches Wasser, Salz usw. als Opfer dar. Nachts muß bei ihm eine Oellampe brennen, und die Ange hörigen halten Wache. Der Shintoismus, mit Ausnahme einiger Sekten, verbietet aus Gründen, über die die Meinungen ausein andergehen, das Baden des Leichnams, und gestattet den Verwandten nur, ihn mit einem Tuche abzuwischen. Bekleidet wird der Tote mit einem Lendenschurz, einem Hemd, einem Unterkleid und einem Oberkleid, die alle aus weißer Seide oder Leinwand sein müssen, einem Gürtel und Strümpfen; auch legt man ein Festgewand in den Sarg. Dieser ist entweder ein Liege- oder, besonders bei ärmeren Leuten, ein Sitzsarg. Die Lage des Toten soll keine gezwungene, sondern eine natürliche sein. Der Shintoismus kennt also das Hockergrab nicht, das seine Entstehung wohl der Furcht vor dem wiederkehrenden Toten verdankt. In den Sarg werden, außer daß der Raum zwischen Leiche und Sarg durch Matte ausgesüllt wird, auch Gegenstände gelegt, die dem Verstorbenen einst lieb waren. Nachdem der Sarg geschlossen ist, werden die Opfer erneuert. Tie nun folgende eigentliche Begräbnisfeier leitet der Moshu, der Hauptleidtragende, vor allem der Hauserbe. Seine Kleidung besteht aus einem dunklen Gewand — je dunkler, je näher der Verwandschaftsgrad ist — mit einem weißen Ueberwurf, aus Schuhen von grobem Stroh; beim Gehen bedient er sich eines Stabes aus grünem Bambns, als Zeichen dafür, daß die Trauer ihn so gebrochen habe, daß er ohne diese Hilfe nicht gehen könne. Er spricht auch das traditionelle Totengebet nach der Rückkehr des Leichenzuges in das Haus, das mit den Worten schließt: „Ich bitte dich in aller Ehrfurcht, höre in Ruhe an, wie wir, deine Verwandten, in Trauer und Wehklagen versammelt sind, um unter Darbringung verschiedenerlei Speiseopfer die Totenfeier abzuhalten." Am hundertsten Tage nach dem Tode wird der Grabpsahl entfernt und der Grabstein gesetzt. Nach den buddhisti schen Totengebräuchen soll der Kops des Verblichenen, wenn irgend möglich, nach Norden liegen, weil der Nor den unter den Himmelsrichtungen die traurige Seite ist; sein Gesicht muß nach Westen gekehrt sein, weil im Westen das buddhistische Paradies liegt. Tie Opfer, "die man dem Toten bringt, sind eine Teeschale mit reinem Wasser, ein flaches irdenes Gefäß mit Äsche, in dem Weihrauchstäbchen stecken, eine Schale mit aufgehäuftem gekochtem Reis, in den zwei Eßstäb chen senkrecht hineingesteckt werden, und sine Schüssel mit Rcisinchtllvßen. Tie Opfer sind rein vegetarisch. Auf dem Tisch steht dann noch eine Oellampe, die fünfzig Tage brennen soll, und eine Base mit einem Zweige des heiligen Baumes der Buddhisten, des Shikimibaumes, dessen Same von dem buddhistischen Priester Kanshin aus Indien nach Japan gebracht sein soll. Schließlich steht auf dem Tische die Tafel mit dem posthumen Namen des Verstorbenen. Tas ist eine ganz eigentümliche Sitte. Jeder Buddhist erhält nach seinem Tods einen Posthumen Namen und existiert dann für den Tempel und zum Teil auch für die Hinterbliebenen nur noch unter diesem Namen. Während wir von dem seligen N. N. sprechen, hat der vornehme Buddhist am Schlüsse seines Posthumen Namens das Wort Kiji, die vornehme Buddhistin daishi, der einfache Buddhist shinji, die ein fache Buddhistin shinnyo. Bei den Shintoisten gibt es diesen Brauch nicht, nur die regierenden Kaiser erhalten in der Regel noch einen posthumen Namen, so der Vor gänger des regierenden Kaisers, der im Leben Osahito hieß, den Namen Komei Tenno. Der Buddhismus ver bietet auch nicht das Baden des Verblichenen; bekleidet wird die Leiche mit einem Gewände aus weißer Baum wolle, seltener weißer Seide; die Naht muß nach außen liegen, die rechte Seite über der linken, entgegengesetzt der Sitte bei den Lebenden. Aus das Gewand schreiben die Hinterbliebenen bestimmte fromme Sprüche/ die die Sünden des Verstorbenen hinwegnehmen sollen. Aus den Kopf setzt man diesem eine Kappe, zieht ihm Stroh sandalen und Strümpfe an und hängt ihm nm den Hals einen Beutel mit 6 Geldstücken, die man heutzutage ost durch 6 Stücke Papier in Form der Münzen ersetzt. Am letzten Tage vor dem! Begräbnis betet der Priester die ganze Nacht hindurch am Kopfende des Toten. Zur Totenwäsche versammeln sich Verwandte und Freunde. Die Anwesenden werden mit Speise und Trank bewirtet,- und es soll dabei ost sehr lebhaft zugeyen. Bei den Geschäftsleuten in Tokio ist aus der Totenwache ein förm liches Gelage geworden. In den Sarg legt man zn dem Toten einen Stab, den er bei der Wanderung im! Jenseits benutzen soll- eine Puppe — vielleicht ein Ueberrest der Sitte des Lebendigbegrabens der Gefolgsleute —, das Haar, das ihm bei seiner Namengebung am siebenten Tage abgeschmitten ist, die ihm ausgefallenen Zähne und die Nabelschnur. Nach der Ankunft und Aufbahrung des Sarges im Tempel findet ein lithurgischier Gottes dienst statt mit Rezitation aus den heiligen Schriften und darauf folgender Zeremonie am Särge mit Geleitwort an den Toten. Nach den priesterlichen Zeremonien ver brennen dann der Moshu, die Hausangehörigen und die übrigen Verwandten/ daraus das weitere Trauergefolge in dem Räuchergefäß Weihrauch;' die Feier im Tempel hat ein Ende« der Sarg wird aus den Friedhof gebracht. Doch daneben wird in Japan die Verbrennung in gro ßem Maßstäbe geübt; in Tokio z. B. gibt es etwa ein halbes Dutzend Verbrennungsanstalten. Nach der Feier lichkeit findet dann noch eine Bewirtung deS Trauer gefolges/ in größerem Umfange freilich nur noch auf denn Lande, statt. Die Heimkehr von der Bestattung darf niemals auf demselben Wege erfolgen, weil sonst eine baldige Wiederholung einer Beerdigung kommen würde« Denk- und Sirmspriiche. Bei Unverträglichkeiten gedeiht kein Feuer im Hau«, Der eine bläst es an, der andere bläst es aus. Arbeit, Mühe, Schweiß und Frost Sind des Ruhmes und der Tugend Kost, Mit Müßiggang und Gemächlichkeit Man keinen Namen nicht bereit't; Aber von ernsthitzigem Fleiß Muß der Stahl schmilzen wie daS Ei». Kein Genuß der Gegenwart ist vollkommen, dem nicht Ti» innerung und Hoffnung zur Folie dienen. Jacob«. Im steten Werden liegt des Leben» Reiz allein. Mit ruhigem Sinn geh dem Schicksal entgegen Und glaub nicht, es ändre sich deinetwegen. Badenstedt. So wie die Flamme des Lichts auch umgewendet hinaufstrahlh So, vom Schicksal gebeugt, strebet das Gute empor. Herder. Güter sind uns gegeben, des Lebens Last'zu erleichtern, Nicht das Leben, um uns schwer zu beladen mit Gut. Herder. Kurz ist das Leben und kürzer die Jugend, am kürzesten ab«« sind die Momente des Glücks, dir das Schicksal uns gönnt zu genießen. Hamerling. Druck und Verlag von Langer L Winterlich, Riesa. — Für die Redaktion verantwortlich: Hermann Schmidt, Riesa. Erzähler an der Elbe. Belletr. Gratisbeilage zum „Riesaer Tageblatt". 1« >e» 2S. «,rtl 1911 »t. Z-Hr«. Zwei Kirschen an einem Stengel. Roman von A. von Liliencron. Fortsetzung. Er hatte schon die Antwort bereit, aber die grelle Pfeise am Bruche, die zur Arbeit ries, und die Käme- roden, die seitwärts gelagert hatten und jetzt vorbei kamen, das alles zusammengenommen hinderte ihn an. der Aussprache. Es war ja etwas recht Zärtliches gewesen, das er hatte sagen wollen, und dazu erschien ihm jetzt der Augenblick nicht geeignet. Er griff nach seinem Hute, schwang sich auf und ries ihr nur noch zu: „Uf an ander Mal, Kathi, uf an ander Mal!" Sie nickte ihm flüchtig zu? aber es tvar doch gar so herzig gewesen, dachte er bei sich und ging froh gemut an die Arbeit. Sein blondes Schätzchen wanderte mit leerem Körb chen — denn das hatte er ausgefuttert — doch mit einem Herzen voll Jubel, leichten Schrittes heim. Sie sang dabei fröhlich wie eine Lerche, nur hin und wieder Unterbrach sie sich und drückte ihr kostbares Geschenk an die Lippen. Unter allerhand eifrigen Vorbereitungen für den Besuch kam der Nachmittag schnell heran. Ter Kaffee brodelte auf dem Herd, auf dem sauber gedeckten Tische prangten Striezel und Napfkuchen und in der Mitte der Heidebkumenstrauß, der, so hatte Kathi es sich aus gedacht/ die braune Kanne etwas verdecken sollte, die ihr nun doch einmal ein Dorn im Auge war. Das Mädchen stand vor der Wre, sie konnte von dort aus die Dorfstraße übersehen und spähte eifrig nach ihren Gästen aus. ' -,Mutter, se kumme!" rief sie jetzt freudig erregt in das offene Fenster hinein. Frau Amrum fuhr noch einmal glättend mit der Hand über das blaugewürfelte Tuch, das sie zur Feier des Tags über den Kaffeetisch gebreitet hatte- und blickte sich prüfend im Stübchen unk, ob auch alles in Ordnung sei. Obgleich fie diese Inspizierung heute schon wiederholt vorgenommen hätte- so fand sie es doch durchaus nötig- daS in diesem Augenblicke noch ein mal zu tun. --Se kumme in a richtige Glaskutsch," telegra phierte Kathi hinein- j,Jochens Albert und Karline jopen Hinterdrin l O, und nu kümme noch mehr Hinter drin. Ja- so wat sähe se ok nit alle Tag!" Wirklich, in einer Glaskutsche war noch keiner der Kirmesgäste nach Hennigbach gekommen, und daß dies von der Torffugend bewunderte und umjubelte Gefährt seine Insassen in ihr kleines Häuschen bringen sollte- das erfüllte nicht nur das Mädchen, sondern auch die Mutter mit Stolz. Auch sie trat vor die Tür, als die beiden lebens prüden Braunen unter Peitschenknall und Hü und Hott die kleine Anhöhe zu dem Hause der Witwe herauftrabten. -Möschen! Liebe Schwester!" Frau Amrum rief es ganz bewegt. Es dauerte aber eine kleine Weile- ehe ihre aus- gestreckte Hand die der Schwester ergreifen konnte. Das zarte Röschen hatte sich in eine recht umfang reiche Klatschrose verwandelt, die die Fülle ihrer Reize nicht so schnell aus der etwas schmalen Wagentür entwickeln konnte. Zum Ueberslusse schwankte auf Frau Rosas wohlfrisiertem Haupt ein mächtiger runder Hut, der, trotz alles rechts und links Biegens ihres Kopfes, durchaus keine Lust zu verspüren schien, sich dem er staunten Publikum draugcn näher zu zeigen, denn er schob sich beharrlich in den Wagen zurück bei den Ver suchen seiner Trägerin, auszusteigen. „Tas ist ja ein netter Assenlasten, in dem wir von der Bahn hierher- gerötert sind," schalt diese und vergaß darüber die Be grüßung. Aber endlich lvar cs ihr mit einem energischen Rucke gelungen, sich samt ihrer Kopfbedeckung aus der unfreiwilligen Gefangenschaft zu befielen, nur der Vogel auf ihrem Kopse hatte dabei eine bedenkliche Stellung bekommen. „Kiek mol, de hätt a Piepmatz up de Kopp," rief Jochens Albert, und seine Schwester Karline jubelte, „he wüll all wegsliege! Jk sperr cm in min Käfig, wann ik det Pievmatz sauge duh!" Sie machte dabei vor Vergnügen einen Lustjprung, und die Kinderschar, die dem Wagen gefolgt war und ihn neugierig um stand, wieherte vor Lachen. Frau Rosa Grützner, die stolze Gastwirtin, warf ihnen einen empörten Blick zu und einige nicht gerade schmeichelhafte Worte, die aber untcrgingcn in dem allgemeinen Stimmengcwirrc. Kathi wußte nicht recht, was sie aus der Sache machen sollte, teils kam ihr das Lachen an, teils ärgerte sie sich Dem schwarzhaarigen Jüngling, der leichtfüßig aus dem Wagen gesprungen war, hatte sie keine Beachtung geschenkt. Die Tante, oder richtiger gesagt, deren statiöser Anzug interessierte sie mehr. DaS glänzende Seidenkleid, die breiten Spitzen an dem Um hang und der bebänderte Sonnenschirm, das alles dünkte ihr doch sehr „großartig", und selbst der verlachte Hut mit dem reichen Blumenschmuck« in dem das Bögelchen saß, erregte ihre staunende Bewunderung. Frau Rosa hatte jetzt endlich Zeit für die Schwester gesunden, sie strich ihr in herablassend wohlwollender Weise über die Backen. „Du bist spitz geworden, Jette, mußt Dich besser hrraussuttern. Na, Du willst uns bei Dir unterbringen? Laß nun mal sehen, ob es auch geht. Kutscher, warten Sie, bis ich Ihnen Bescheid gebe!" befahl sie diesem. Dabei fiel ihr Blick auf Kathi, die den gestickten Pompadour aufhob, der ihr entfallen war. Rasch trat sie an das Mädchen heran, und diese fühlte erglühend, wie ein scharf prüfender Blick ihre ganze Gestalt ins Auge faßte. Das Resultat mußte ein sehr befriedigendes sein, denn Fran Rosa nahm plötzlich Kathis lockigen Blondkopf in beide Hände, küßte sie herzhaft auf den Mund und erklärte ihr lachend, aber im halblauten Tone:. „Kind, Du bist viÄ zu schade für das Tors, gerade so, wie ich es war." Tann wandte sie sich mit demselben wohlwollend« Lächeln an die Schvester. „Aus das Mädchen darfst Du stolz sein, ich könnte sie, weiß Gott, für meine Tochter ausgeben. Sie hat ganz das krause Blondhaar von mir und die braunen Augen?" Frau Amrum war erfreut. Ja, Röschen- ich hab- uftmals dacht, se sieht ut wie Du, als Tu jung wärst." „Mn, ich meine, die Aehnlichkeit ist auch jetzt nicht zu verkennen," wurde ihr geantwortet, und der Schwester voran ging Frau Rosa in das Haus. Kathi verzog ein klein wenig das Mäulchen bei dieser letzten Bemerkung der Tante, aber es schmeichelte ihr doch, daß diese sie zu schade für das Torf gesund«