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L22 DarLck? Professor Engel trat nun mit seiner Iran -erkiu, Anstedts folgten ihm, und die Heine Gesellschaft »«sammelte sich um! den Lettisch. Eva saß neben -e» Präsidenten. Si» war sehr schweigsam, allein in Ihrem Kopse kreisten die Gedanken, immer dieselben quälender. Gedanken, die tagaus, tagein und manche Rächt hindurch ihr armes Hirn zermarterten mit dem beständig ««geschlossenen Fragering: Warum ist es Nicht mehr wie früher? Warum entfremdet sich ihm mein Herz? Warum suche ich meine Unruhe mit lauten Zerstreuungen zu betäuben und fliehe das Alleinsein mit dem Manne, den ich mit aller Kraft meiner Seele liebe? Das ist seit dem Abende ge schahen, wo der Schatten jener toten Magda zwischen Lus trat, der engelbleichen Magda, und doch kennt «ei« Herz keinen Hauch von Eifersucht für die Liebe, die ihr Ekbert einmal schenkte; er liebt ja jetzt mich, Uno darum muß es einmal besser werden! Der Ge danke tötet mich, daß wir so — so ein langes Leben miteinander zubringen sollen! Wie konnte denn plötzlich all-S so traurig werden? Wäre ich nicht so jung, wäre ich nur Nicht so jung, dann könnte ich es Wohl begreifen ,^Las ist es eigentlich für ein Bortrag, den Sie heute abend hören wollten?" weckte der Präsident Eva aus ihrer Zerstreutheit. „Des Thema ist: „Das Ideal"," antwortete sie. ,La, und ich habe der jungen Frau gesagt, daß wir uns darüber ebensogut selber einen Lortrag halten könne«," erklärte die Professorin Engel, „meinen Sie »icht, daß sich darüber reden liehe, Herr Präsident?" ^Allerdings ein interessanter Gegenstand und jchiver H» erschöpfen. Wie würden denn Sie das Ideal in aller ttttrz« definieren, Herr Professor?" wandte er sich an E«gel. «Es ist die verkörperte Vorstellung von etwas voll- komme» Wahrem, Gutem und Schönem," sagte dieser. „L.it anderen Lorten, das Ideal ist die in die Erscheinung getretene Idee von etwas Vollkommenem" stgre Löriugen hinzu. ,Ks ist ein schönes Ding um die Ideale," sagte der-Präsident, „in der Jugend find wir besonders empfänglich dafür, wir schassen sie mit Hülfe der Phantasie, wir umgeben sie mit Fleisch und Bein, d. h. wir «ullleioen mit ihnen einen wirllichen Körper »ad möchten die Welt damit füllen." „ES gibt nur nicht viele Menschen, die einem Adeal ähnlich sehen," meinte die Präsidentin. „Drin, in Wahrheit gibt es in der Tat unter den Menschen kein Ideal in des Wortes reinster Bedeutung", «widerte ihr Satte; „kein Geschöpf ist vollkommen fehlerlos, und unser menschliches Neal wird sich immer auf den Ausspruch eines Gelehrten beschränken müssen: Die Vollkommenheit eines Menschen besteht mcht dari», daß er keine Fehler habe, sondern daß er sich ihrer entledige. Aber die Phantasie trägt eine ab- sanderliche Brille. Nit dieser sieht der Mensch das Ideal »st den wunderlichsten Gestalten aufgedttickt, Uno wenn es auch einige unter ihnen wert sind, mit ibralfehenden Augen angeblickt zu werden, so geht das »be» oft z» weit: da soll kein Mecken oder Rakel fein »mu Scheitel bis zur Zehe." „Die find ab« noch recht jung, die in ihren An forderungen so weit gehen, lieb« Mann, und ihre Zahl ist beschränkt.^ „Sie ist nicht so klein, wie Du denkst!; unter jungen Leut«, besonders bei jungen Mädchen, findet sich.der Pall häufig, -aß sie einem Menschen ihr Phantasie. Leal ausdrücken und sie um keinen Preis einen Tadel Rll ihm sehen können." „Wenn mm ab« der Lag kommt, wo die Binde ha» ihren Augur genommen wird?" fragte Ekbert. MÄa) käst» astz a?chsgg r» desjenigen, der töricht« und gänzlich ungerechtfertigt« Weise einen unvollkommenen Sterblichen in einen vollkommenen mnwandeln wollte, und der Mensch, der seiner eigensinnigen Phantasie dienen mußte, wird, den Irrtum entgelten müssen." Die Unterhaltung schwirrte weiter; aber Eva hörte nichts mehr davon. Nun wußte sie, was sie be troffen hatte: sie, hatte sich ein Ideal gebildet, daran war mit rauh« Hand getastet worden. Das Bild der Vollkommenheit eines Menschen, das in ihrem Herzen gestanden, war nicht mehr fehlerlos; er, der ihr wie ein Held ohne Makel erschienen war, zu dem sie wie zu einem höheren Mesen hinaufgesehar hatte, er war hcrabgestiegen von seiner Höhe, und dieser Ent- täuschung war sie nicht gewachsen. Darum zog sie sich von ihm zurück, darum krampfte sich ihr Herz zu- sammen vor Traurigkeit über das Verlorene, und un stillbare Tränen feuchteten in dieser Nacht wiederum ihr Listen. Von jetzt an war sie nicht mehr heiter wie sonst in der Gesellschaft. Eine große .Abgespanntheit zeigte sich in ihrem Wesen, und nur zuweilen raffte sie sich xr ein« fast fieberhaften Lebendigkeit empor. Wer sie selten sah, bemerkte nicht diesen Wechsel; aber Ekberts beobachtende Blicke folgten ihr; er sah dem zu mit zusammengebissenen Zähnen und zornigen, liebeheißen Augen. ES war unerträglich, geduldig zu sein und zu warten. Ab« er hatte es gelobt, und « woltte es hatten. Nur bedüntte ihn zuweilen, als vermöchte er, was in ihm tobte, nicht lange mehr -urückzuhalten, und dann, «faßte ihn eine namenlose Angst. Mar er nicht mehr He« seines Willens? Welche Tdrheit! ,Lch will aushalten, und ich werde endlich siegen." " - Eva war sein« Aufforderung gefolgt und hatte die Engcle'n zu sich kommen lassen. gehörte zum größten Entzücken der kleinen Schar, in ihren schönen Räumen nach Belieben schalten und walten zu können, wenngleich ihrer Freiheit doch gewisse Grenzen gezogen wurden. Auch heute hörte Ekbert ihr Jubeln in Evas Zimmern, während er in seiner Studierstube saß. Das Helle Lachen, die jeweiligen Freuden rufe, das laute Zählen ließ auf Bersteckspielen schließen. Er lauschte angestrengt, um auch Evas Lachen zu ver- nehm«, aber er konnte es nicht hören. Plötzlich schien sdfas Spiel zu Ende, Stühle wurden gerückt, und dem Lärm folgte eine verhältnismäßige Stille. Ekbert erhob sich neugierig. Er hätte gerne gewußt, was sich vorn begab; aber « wagte nicht, «inzutreten, aus Furcht, zu unterbrechen. Da kam ihm ein Einfall. Er ging zum Hause hinaus, tappte sich durch den Garten bis zur Türe des Glashauses, öffnete sie und schloß sie dann ohne Geräusch hinter sich. Nun befand « sich unter -en grünen Gewächsen. Wie er gedacht, war Eda mit den Mndern im Bor- zimmer, und bei der kleinen Unruhe, die dort noch herrschte, konnte es. bis zu der Bank Herangehen, die unter Palmen dicht am Edlgange zu den Wohnräumen stand, so daß er zwischen den schützenden Gewächsen hindurch einen Einblick in das Zimm« gewann. Da saß Eva mit Fritzchen aus dem.Schoße, Bärbel auf einem Laburett zu iHlen Füßen, Luschen, Heinrich, Anna dicht um sie herum. „So, nun find wir fertig, Dante Eva; wie ge mütlich das ist. Nun könntest Du eine Geschichte er zählen", bat Suschen. „Ach ja, ach ja, eine Geschichte," rief es von allen. Seite«. „Dabei schläft es sich so gut," behaMtete Fritz. ' ! »La, schlafe Du mir, dann störst Du uns wenigstens. Nicht," sagte Anna „Bitte, Tante Eva, willst Du?" schmeichelte Bärbel. Geschichte? Heute?" wiederholte Eva langsam o-r « "ZL .ss« «-8>« « L LZ« — 123 -i. Die Buchdrucker«» von LmMLMtrM tzk- Lang« und H. Schmidt) »ILSR Eoet-estraße Rr. öS hält sich zur Anfertigung nach- stehend« Drucksachen bei sauberer Ausführung und billigsterPreiS- prllung besten» empfohlen. Avise Adreß- m»d Geschäfts- karten vrteskSpfe, «rtefleiften Bestellzettel Broschüren, Billett Deklarationen LauksagungS- uud StuladungSbriesr Einlaßkarten Etiketten oller Art Soktureu, Flugblätter Formulare iu div. Sorte« Frachtbriefe TebrouchSanweisullgeu Fremd euzettel Hau»- und Fobrtk- vrdmurgeu Eedurttauzeige» -ochzettSeiuladnuge» -Leitungen und -«edichte Lasteuschtlder LostruauschlSge Kataloge, LoutraUe Soutobücher Lohnliste», Mahnbriefe Mitteilungen, vleuuS Musterbücher, Notas Plakate Programm« Prettkuraute Postkarte», Quittungen Rabattmarke» ' Rechnungen Speise»- und Weinkarte« Statute», Tanzkarteu Sttmm-, Theater- »ud Packzettel vtfiteu- »ud BerlobungSkarten Wechsel, Werke Zirkulare, Lengntge re. re. re. Massenauflage» kür Rotationsdruck. NüMk IlllMtt — Amtsblatt — Fernsprechstelle Nr. 20. Telegramm-Adresse: Tageblatt Riesa. und hielt ihre Hand an die Stirn. Lite sah blaß und angegriffen aus; „nun gut, ich Will Euch eine Geschichte erzählen." „Ein Märchen?" „Ja, ein Märchen/« „Ei, das ist schön; da fange nur gleich an; Ist es lang?" „Nein, kurz. — In alten, alten Zeiten lebte einmal ein kleines Mädchen. Sie hatte ein fröhliches, sorg loses Gemüt, war immer vergnügt und kannte keine Unzufriedenheit. Nur wär in ihr ein sonderbar sehn süchtiges Gefühl, als ob es doch noch etwas gäbe, was schöner sei als Befriedigung. Sie konnte diesem Gefühle keinen Namen geben; aber es kam ab und zu über sie, und dann wurde ihr allemal das Herz so weit, daß sie tief Atem holen mußte. Da kam.eines Tages ein Knabe zu ihr, der spielte mit ihr uns fragte sie, ob er immer bei jhr bleiben solle. Sie sah ihn sich genauer an, und da bemerkte sie, daß er ganz von einem Glorienschein umgeben war; der machte seine Züge so strahlend, so schön, so voll kommen, daß das kleine Mädchen die Slugeu nicht von ihm wenden konnte, und je länger sie ihn ansah, desto Heller wurde der Glorienschein, so daß sie sich gar nicht satt sehen konnte und alle die unerfüllte Sehnsucht aus ihrem Herzen schwand. Da blieb ihr gar nichts mehr zu wünschen übrig, und darum nahm sie den Vorschlag des KUaben an, und er blieb bei ihr. Run begann eine wunderschöne Zeit von solchem Glücke, wie es das kleine Mädchen nie gekannt Hatte. Der Knabe spielte den ganzen Tag mit ihr, Md wenn « auch nicht ausgelassen fröhlich war wie sie, so gefiel ihr das gerade, und sein Glorienschein wurde immer Heller. Aber da , eines Tages wär der Glorienschein plötzlich verschwunden und nichts mehr bon ihm zu sehen. Sie suchte ihn mit angstvollem Auge, sie hoffte jeden Morgen, daß er wiederkommen werde; aber er kam nicht, er blieb verloren, ganz verloren. La ergriff das kleine Mädchen tiefste Verzweiflung, denn der Glorienschein hatte ja ihr Glück und ihre Wonne ausgemacht. Sie konnte ohne ihn nicht mehr leben, so hatte sie sich an ihn gewöhnt, und sie sing an zu trauern und zu wclben. Alle ihr« Heiterkeit starb dahin, ihr Lebensmut war gebrochen. Sie fragte ihre Freunde: „Wißt Jhr nicht, wo der Glorienschein hingegangen ist?'" „Ach der," — antworteten sie, „den haben Sir nie gesehen." „Aber er war -och da?" „Ja, vielleicht in ganz alten Zeiten, aber jetzt schon lange nicht mehr; wir wissen nichts von dem Morien schein." Da fragte das kleine Mädchen nicht mehr; sie schwieg und welkte und wünschte die frühere Sehnsucht zurück, die ihr doch Befriedigung gebracht hatte, und konnte sie doch nicht «halten. Und so hatte sie beides miteinander verloren." <Na schwieg. „Ist es schon aus, Tante Eva?" fragte Anna ent- täuscht. „Ja, es ist aus." „Das ist aber ein trauriges Ende; ich mag nicht gerne, lvenn Märchen so aufhören. Könntest Du nicht noch ein Stückchen hmzudichten, Dante Eva?" „Nein, das kann ich nicht; es gibt nichts wehr hinter diesem Ende." ' „Doch, die Geschichte geht noch weiter, Dante Eva kennt den Schluß nicht," sagte Ekbert mit kräftiger Stimm-' Md trat aus dem Glashause iu das Zimmer. „Witz: Jhr nicht, daß alle Märchen sich enden: Und wenn sie nicht gestorben sind, leben sie heute noch?" „O, Onkel Professor, warst Du da drinnen? Hast Du zugehört?" „Ja, ich habe Euer Märchen gehört, und NM Ml ich Euch das Ende erzählen." > . - - . - Fortsetzung folgt. Das Schattenspiel. Humoristische Skizze aus dem Militärlrbm von Max geumrr. „Tie Unteroffiziere zur Parole." Feldwebel Kunze ließ seine Augen noch einmal rechts und links über die auf dem Korridor deS Kompagnie reviers ausgestellten Korporalschasten schweifen, dann zog er die umfangreiche Brieftasche hervor und begann den versammelten, ihn im Halbkreis umstehenden Unteroffi zieren die Parole zu diktieren. Leises Sprechen in -er rechten Flügel stehenden Korporalschaft ließ ihn plötzlich innchaltcn. < „Zum Kuckuck! Wer spricht denn da fortwährend im Gliede? — Natürlich ist Ls wieder bei der ersten Kvrpo- ralschait! — Hätte ich mir übrigens auch denken können. Ihre Leute, Sergeant Bosch, haben es wohl nicht nötig, bei der Paroleausgabe die Schnäbel zu halten? — Aber das sage ich Ihnen, hört mir die Bummelei in Jhr« Korporalschaft nicht bald aus, so melde ich die Sache dem .Herrn Hauptmann. Es ist doch wirklich unerhört, daß Sie mit den paar Leuten nicht fettig werden können!" < , Sergeant Bosch nahm die Rüge des Feldwebels schweigend hin. Er wußte, daß sie ungerechterweise erteilt war. Seine Korporalschaft war eine der besten in der Kompagnie; ihr Führer, Hauptmann von Oheim, hatte es ihm schon ost genug versichert. Deshalb machte die Drohung des Feldwebels nur ge ringen Eindruck auf ihn; einer Meldung konnte « mit alle Ruhr entgegensehen. Etwas andttes war «S jetzt mit den allabendlich wiederkehrenden Borwürfen, die bald seiner Person, bald seiner Korporalschaft galten, und die den pflichtgetreucn Unteroffizier aufs tiefste kränkten. Bosch wußte wohl, wem er dies alles zu verdanken hatte, und der Mick, den er seinem Gegenüb«, dem Unteroffizier Welling, zuwarf, zeugte gerade nicht von freundschaftlichen Gefühlen. Welling, der erst Sor kurzem von seinem Kommando beim Lehrbataillon in Potsdam zurückgekehrt war, hatte eS verstanden, die „Mutt« der Kompagnie" von seinen eminenten Vorzügen, die ihn kompetent für alle militärischen Fragen machten, zu über- zeugen. Die Feindschaft Wellings hatte sich Bosch zuge- zozen, als Geheimrats Mieze, das schönste und flotteste Mädchen der Garnison, ihr Herz erkannt hatte und dem glücklichen Sergeanten ihr Jawort gab. Welling, »er geglaubt hatte, daß nur seine Person hi« in Frage kommen könnte, schwor seinem vom Glück begünstigte» Nebenbuhler Rache und lag nun seit ftin« Rückkehr von Potsdam seinem Gönner, dem Feldwebel, in den Ohren, ihm das Kommando der von Busch geführten Korporal schaft zu übertragen. Gr wußte, daß, wenn ihm Vieser Schlag gelänge, Bosch diese Zurücksetzung schwer empfinden würde, umso mehr, als dieser mit Leib und Seele Soldat war. Auch am heutigen Wend hatte Welling den Feld- webe! aus einige Nein« Vorkommnisse bei der ersten Korporalschaft aufmerksam gemacht, und dieser — durch häuslichen Aerger erregt — hatte Bosch zum Blitzableit« gewählt. Während der Sergeant jetzt eifrig bemüht war, die vorgelesene Parole in fein Notizbuch einpltragen, ahnte er nicht, daß sich die Vergeltung in Gestalt eines Gewitters über daS Haupt feines Feindes zusammenzog. Eben diktierte Feldwebel Kunze einen Regimeutsöe- fehl, als ihm unterdrücktes Sichern bei der ersten Kor- poralschaft innehalten ließ. „Es ist doch, um aus d^r Haut zu fahren mit den Kerls! — Unteroffizier Welling, übernehmen Sie mal die Aufsicht üb« die Musherkorporalschast des Sergeanten Bosch und notieren Sie mir jeden, der feine Futterluke nicht hält!" Welling gehorchte dem willkommenen Befehl, warf aber beim Abgehen seinem Feinde einen schadenfrohen Blick zu, der diesem das Blut in die Wangen trieb. Die Leute, die sich vorher im Flüsterton unterhalten hatten.