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Beilage znm „Riesaer Tageblatt". Druck und Verlag »o» Langer L Winterlich in Ntrfa — Für die Siedartton verantworUtch: Herman» Echmibt tu Riesa. H z-v Freitag, äS. Ragnft 1SVS, Abe»«. .. St. Kchrß.' Der König von Italien i« Berlin. Gestern Abend 6 Uhr fand in der Bildergalerie deS Berliner königlichen Schlosses beim Kaiserpaar Galatafel statt. Der König von Italien führte die Kaiserin, der Kaiser die Prinzessin Friedrich Leopold. Bei der Tafel saß der König zwischen dem Kaiser und der Kaiserin. Rechts vom Kaiser folgten Prinzessin Friedrich Leopold, Prinz Eitel-Friedrich, Gräfin v. Bülow, Prinz Friedrich Heinrich, Palastdame Gräfin v. Keller, Herzog Adolf Friedrich von Mecklenburg, Hofdame Gräfin v. Stolberg- Wernigerode, Prinz Ernst von Sachsen-Altenburg, Prinz Albert von Schleswig-Holstein, Prinz Karl von Hohen- zollern, Chef des Civilkabinets ton Lucanus, Minister Schönstedt, General v. Plessen und Minister Budde. Links von der Kaiserin fasten der Kronprinz, Oberhofmeisterin Gräfin Vrockdorsf, Prinz Friedrich Leopold von Preußen, Marquise Imperiale Francavilla, Prinz Paribatra von Siam, Hofdame Fräulein von Gersdorff, Prinz Chlod wig von Hessen-Philippsthal-Barchfeld, Hofdame Burg gräfin und Gräfin zu Dohna, Prinz Albert von Schleswig- Holstein-Sonderburg-Glücksburg, Erbprinz von Hohenzol- lern, Gras A. zu Eulenburg, Kriegsminister v. Goßler, General der Infanterie Freiherr v. Funck und Minister des Innern Freiherr v. Hammerstein. Gegenüber dem König saß Reichskanzler Graf Bülow zwischen dem ita lienischen Minister Prinetti und dem italienischen Bot schafter Graf Lanza. Weiter rechts folgten Generalfeld- marschall Graf Waldersee, der italienische Minister Ponzio-Vaglia, Generaloberst v. Hahnke, der italienische Generalleutnant Brusserti, General der Infanterie von Werder, der italienische Botschaftsrath Marquis Imperiale Francavilla und General der Kavallerie v. Schliessen, nach links Oberstkämmerer Kürst zu Solms-Baruth, der italienische Palastpräfekt Gionotti, Obermundschenk Her zog von Drachenberg, der italienische Generaladjutant Contreadmiral Libero, Minister Wedel, der italienische Oberstleutnant Gastaldello und General der Kavallerie v. Bülow. Im Verlaufe der Tafel brachte der Kaiser folgenden Trinkspruch aus: „Wenn Ich Ew. Majestät von ganzem Herzen hier willkommen heiße, so ist das nicht der hergebrachte Ausdruck einer Höflichkeitsform, sondern der tiefer Her zensüberzeugung. Willkommen sei Cw. Majestät dar gebracht als dem Sohne jenes ritterlichen Königs Um berto ohne Furcht und Tadel, der seine Freundschaft und Bundestreue von Meinen Vorgängern an der Krone, besonders von Meinem seligen Herrn Vater an, mit vollster Wärme auf Mich, den soviel Jüngeren übertrug. Ihm bewahre Ich stets, solange Ich lebe, ein heiliges dankbares Andenken in Meinem Herzen, Willkommen sei Ew. Majestät zugerufen als dem König des herrlichen schönen Italiens, des Landes unserer Träume, des Jung» brunnens unserer Künstler und Dichter. Willkommen seien Ew. Majestät uns als treuer Bundesgenosse nach der Wiedererneuerung des uns untereinander und mit unserem erhabenen Freunde Sr. Majestät dem Kaisers und König Franz Josef verknüpfenden Bündnisses, wel ches in alter Kraft fortbesteht und in das Sein unserer Völker sich fest eingelebt hat, nachdem es Jahrzehnte hindurch Europa den Frieden gesichert hat und, so Gott will, noch für lange sichern wird. Mit Mir ruft das gesammte deutsche Vaterland den jubelnden Gruß: Se. Majestät König Viktor Emanuel Hurras hurrah, hurrah!" König Viktor Emanuel antwortete, er erwidere von ganzem Herzen die von Sr. Majestät dem Kaiser bekundeten Gefühle für sein Land, sein Haus und seine Person und gedenke mit Rührung der brüderlichen Zu neigung der beiderseitigen Väter, sowie der herzlichen Intimität der Großväter. Im Zeichen solcher Erinner ungen würden beide Völker auf der Bahn der Civilisa- tion fortschreiten, gesichert durch den Dreibund, in wel chem die allgemeine Anschauung das Sinnbild und den Schuh des Friedens erkenne. Abends fand im königlichen Opernhause Festvorstell ung statt. Der heutige Freitag war wieder Potsdam ge widmet. Ter Kaiser hat seinen Gast u. Ä. eingeladen, an einer Jagd im Wildpark bei Potsdam theilzunehmen, der König hat diese Einladung mit Dank angenommene Am Sonnabend kommen der König und der Kaiser wieder nach Berlin, um derParade auf dem Tempclhofer Felde beizuwohuen. Ein aufregender Zwischenfall ereignete sich aus dem Potsdamer Platz. Nachdem der erste Wagen mit dem König von Italien und dem Kaiser bereits abge fahren war, wurden die Vorderpferde des Wagens, in dem die Kaiserin saß, infolge der stürmischen Zurufe des Publikums scheu und bäumten sich. Der Reiter, der anscheinend auch die Ruhe verloren hatte, konnte mit den aufsetzenden Thieren nichts rechtes anfangen, sodaß die Hinterpferde mit dem Wagen nach dem Fürstenhvfe zu in das Publikum zurückgedrängt wurden. Der Spitzenreiter und die vordere Eskorte — eine halbe Schwadron — hatten nichts bemerkt und waren weitergeritten. Sie mußten umkehren. Einem Schutzmann vom 37. Polizei- Revier gelang es, das noch immer hochgehende Pferd zu beruhigen. Es ließ von weiteren Sprüngen ab. Der Vorfall dauerte so lange, daß die beiden Moimrchen bereits bis zur Sieges-Allee vorausgeeilt waren, wäh rend das Gespann der Kaiserin noch auf dem Potsdamer Platz festsaß. Während des immerhin nicht ungefährlichen Zwischenfalles verloren weder die Kaiserin, noch deren Kinder die Ruhe und blieben aus ihren Plätzen. Tages,efchtchk«:. Dos militärische Programm der Posener Kotsertage ist nunmehr wie folgt sestgrleg': AlS Ehrenwache steht bei d«r Ankunst de« Küservoare« auf dem Central, Bahvhole die 2. Kompagnie d:S Gunadier Regiments Nr. 6 mit der Fahne und der RegiwrntSmufik. Der Empfinz des Käs-rvaare« er» folgt mili äcisLerskil« tucch die gesammt« G nrralität unter Führung de« kommandirenden General« von Gtülpnagel Die Eskorte stillt die 4 Eskadron des Ulanen Regiments Kaiser Al-xandrr I!I. von Rußland. Da« Spalter io den Straßen wird von den Truppen gebildet. Bor dem Generalkommando, in dem da« Kaiserpaar wohnen wird, nimmt al« Cheenkomvog» nie die 1. Kompagnie d S Grenadier»Regiment- Nr. 7 Lus» stellung. Zur Parade am 3 September in Low'ca steht um 8 Uhr Vormittags die 2. Eskadron de« Jäger Regiments zu Pferde vor dem Generalkommando als Eskorte für den Wagen der Kaiserta 7,45 Uhr Vormittags wird der Keiser dl« erste Kompagnie Gren. Regt. Graf Kleist v. Nollen darf mit sämmt licht!, Fahnen ter in der Parade st, Headen Fußtruppen vom Generalkommando nach dem Paradefelv« führ n. Der Kaiser wird auf dem Paradefelte aus der H:nd des Vorstandes des P ooin i,l-K'ieaerverbaid-« den Ravvort der K'iegnv reine entgegennehmeu Dfe Parade auf fiel tun» erfolej noch nachstehender vestluumma: Di« Kommandeure d« 9. «d 19. Division sowie der Führer der 41. LtRfio» kommandtrr» i» 1. Tresse» die Jnsavterir ihrer Diylfione»; das Mzrr» Bataillon «bst Mafchiamgewehr-Abtheilun» ist der 8. J»sa», ie,ie»vri-adr unterstellt. Da« 2. Tresse« kommmchirt der Führer der Savallerie-Divifion S. 8 Uhr 89 Mn. Vor» mittag» rückt Alles in Paradeausstrllung ein. Der Kaiser «Krd gleich »ach seine« Erscheinen die neue», i« Beisein des Köech-s von Italien in Berlin genagelten Fahnen den Kommendem« übergeben und brgirbt sich sodann nach dem rechte» Flügel zu« Abreitrn der Paradeaufstellung. — Au dem großen Zapf,», streich, der am Abend de» 3. September» vor dem General kommando um SV, Uhr stattfindet, nehmen sämmtlich« Spiel leute, Musik- und Tromprtercorps de» 5. Armrrcorps und der Kavallerie. Division S thril. Das Programm besteht nur ans Märschen. Bel der Enthüllung des Kaiser Friedrich- Denkmals am 4. September, Vormittag» 11 Uhr, nehme» an der Wilhelmstraße Truppen der Garnison Paradeausstellung. Die 1. Kompagnie des Grenadier-Regiments Nr. 6 wird mit der Fahne am Denkmal positrt. Di« Abreise des Kaiser» paare» ersolgt am 8. September, vormittag» 12 Uhr. Als Ehrrnkompagnie bleibt bis zur Abreise des Kaiserpaarrs dl« 2. Kompagnie des Grenadier-Regiments Nr. 8 und al» Es- korden-Eskadron di« 2. Etkadron de» kombinirten Jiigrr-Regimrrets zu Psrrde in der Garnison zurück. —z. Deutsch«» «eich. —z. Au maßgebender Stelle ist, wie man un» meldet, in der Lvhning-Affaire die Entscheidung zu Gunsten des Oher-Präfideutrn v. Bitter gefalle«. Derselbe wird aus seinem Posten verbleibe». Mitbestimmend ist hierfür gewesen, dich das Grsammtverhalten de» Geheimen Rath» LSHning in sein« An gelegenheit keinen sehr günstigen Eindruck gemacht hat; auch hat seiner Sache da» jede» Maß überschreitend« Vorgehen «Ines Theil» der Presse geschadet. Der Rücktritt des UuanzmiuisterS ist überhaupt nicht in Frage gekommen. —z An unterrichteter Stell« nimmt man an, daß dl« Zeitungsnachricht, S«. Majestät der Kaiser werd« Susan« November seinen königliche» Oheim ia England besuche», zu» treffe» könne. Definitive» steht tndek noch nicht sest. — z. Dir polnischen Sokol-(Turn-) Vereine stellt« bekanntlich stet» in Abrede, politisch« Vereine zu sein. Die Ferienstrafkammer deS Landgerichts Posen hat jetzt »in Lieder buch, „Sklep'k Sokoly", herausgegeben vom Verein Sokol, edv> ziehe» kaffen und aus Vernichtung desselben und Unbrauchbar machung der im Deutschen Reiche etwa befindlichen Platten und Formen erkannt. Das Buch war im Ausland« gedruckt. I« de» Lieder» war von dem „Polnischen Grund und Baden der preußische« Provinz Posen dle Rede; es enthielt unter Anderem auch salzenden VerS: „Vorwärts mit der Büchse irr der Hand, jetzt ist es Zeit. Laßt di« Kanone» donner» imd haut mit den Sensen de» Feinden di« Glieder ab. Vorwärts, wer «in Pole ist!" Mau sieht, was es nach dieser Probe mit der Behauptung, dir Sokolvereine brschästigten sich nicht mtt Politik, auf sich hat. —z. Der vor dem Leipziger Reichsgericht demnächst zur Verhandlung kommende LandeSverrathSprozeß gegen den Reis«»- de» Udo Becker hat den Militärbehörden erneut Veranlassung gegeben, auf da» Schärfste aus dir Wahrung der mili tärischen Geheimnisse zu achte». ES sind dir strengsten Maßnahmen getroffen, um Veränderungen in den militärischen Dispositionen keinem Unberufenen bekannt werden zu laße». Der König von Italien wird aus der Rückreise vox Potsdam am Sonntag, 3l. August, um 6 Uhr Abends mit großem Gefolge in Frankfurt am Mai« am Hauptbabnhos «lv- Die Sühne des Fischers. 14) Original-Erzählung von Ludwig Blümcke. Fortsetzung. Durch den Schuß geweckt, war das Gesinde und auch die alte Frau Lund schnell zur Stelle. Mit Grausen und Entsetzen sahen und hörten sie, was geschehen war. Der alte Lund hatte schlaflos zu Bett gelegen und voll Besorgniß auf seines Sohnes Rückkehr aus dem Wirths- hause gewartet. Plötzlich hatte er gehört, wie der Hof hund bellte, und bald darauf war ihm in der Stube seines Sohnes ein verdächtiges Geräusch ausgefallen. Mißtrauisch, wie ihn die vielen in letzter Zeit vorgekommenen Dieb stähle gemacht hatten, war er anfgestanden, um zu sehen, was da vor sich ging. Und so kam es, daß der erfahrene und geschickte Wnig der Spitzbuben ertappt wurde/ Nun hatte man den Tobten seiner Larve unh des Mantels entledigt. ,,, . , „Es ist ja der reiche Peter Nielsen!" riefen Lund und die Knechte einstimmig aus, starr vor Verwunderung., Der reiche. Badegast, der vorüehme Herr ein Spitzbube? Das schien ganz unmöglich zu sein und doch war es so Sofort eilten einige Knechte ins Dorf, um die Polizei und den Arzt zur Stelle zu rufen, und Einer lief zum „schnellen Segel", üm Peter, den man ja bei dem feinen Herr» wähnte, von dem ungeheuerlichen^ Geschehniß zu benachrichtigen. Peter und der Wirth rissen die Lugen weit auf und starrten den Knecht, der mit der schauerlichen, entsetzlichen Kunde todtenbleich ins Zimmer stürzte, verständnißlos an. Sie waren eben sinnlos betrunken. Doch Schmidt und Boysen, die eingedenk des Rathes ihres Meisters und Gebieters, ziemlich nüchtern geblieben waren, verstanden den Sinn der Worte zu genau. Sie waren an schnelles Denken und Handeln gewöhnt, darum machte sie die große Ueberraschung auch jetzt nicht kopflos. Während der Knecht sich noch mühte, den beiden An deren den Vorgang klar zu machen, waren sie schon auf gesprungen, hatten ihre Habe zusammengerafft und eilten jetzt, so schnell sie ihre Füße nur zu tragen vermochten, in die mondhelle Nacht hinaus, landeinwärts. Wenige Minuten später hatten sich auf dem Solgaard schon viele Leute aps dem Dorfe versammelt, um aus Lund's Munde die Bestätigung des unheimlichen Gerüch tes zu hören. Die Polizei hatte sich sofort zum Mrthshause begeben, um die beiden Genossen des entlarvten Spitzbuben dingfest zu machen. Wohl wurden sofort Männpr nach allen Richtungen zur Verfolgung der Flüchtlinge ausgesandt, aber man ent deckte keine Spur von ihnen/ Sie waren auch dieses Mal der strafenden Gerechtig keit entgangen. Peter Nielsens Leiche wurde ins Wirthshaus befördert. Da lag er nun, «gerichtet vom ewigen Richter, der ränkevolle, kluge Spitzbubenkönig, an derselben Stätte, an der er sich einige Stunden zuvor seines Talentes ge rühmt und in vermessenem Sinne heillose Pläne ersonnen hatte. Sein Treiben hatte ein Lüde. * * » Jens Olufsen hatte sich schlaflos die ganze Nacht in seinem Bette gewälzt izrch Wit Schrecken des kommenden Tages geharrt. . ' i > Jetzt leuchtete das erste Frühroth durch das kleino Fensterlein in seine Kammer und verkündete ihm den Be ginn des schweren Tages, an dem seine Eltern -um seinet willen Thränen des bittersten Kummers vergießen würden. Noch schliefen die Lieben. Jens ging vor die Thür und athmete die kräftige, erfrischende Seeluft, als gelte es, diesen Genuß auf lange Zeit zu entbehren. Da kamen einige Leute vom Dorfe daher. Sie stürzten auf ihn zu und riefen: „Dein Freund Peter Nielsen ist über Nacht von Lund erschossen worden! Er war ein gemeiner Dieb, den Pokal wollte er stehlen, dabei wurde er ertappt. Er stürzte sich mit einem Dolche auf den alten Lund und der erschoß ihn. Schmidt und Boysen sind entflohen." Die Leute erwarteten, daß der junge Fischer entsetzt über diese Nachricht sein würde, doch Entsetzen wareS nicht, was in seinen Mienen zu lesen war, Freude, Vergnügen wär das, wenigstens für einige Sekunden. Dann freilich machte Jens ein recht ernstes Gesicht und stammelte, fast wie im Traum: „Gottes Wege sind wunderbar, er ist ein strenger Richter, Niemand kann seiner.Gerechtigkeit entrinnen." „Ein seltsamer Kauz ist der JenS Olufsen geworden" sagten nachher die Leute unter sich. „Er wirb noch einmal ebenso wunderlich wie der alte Einsiedler. Rannte er den noblen Herrn bis auf diesen Tag seinen besten Freund, «nd jetzt lacht er fast, wo er hört, daß derselbe beim Diebstechl ertappt und erschösse» wurde. Das ist unerklärlich. Peter Nielsen todt! Ich bin frei, da- Netz, in da» ich mich von ihm iw meiner unsagbaren Thorheit locke« ließ, ist jäh zertHsew, Er ist beim Diebstahl ertappt und ihn hält man müßr-m