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Maffeneufwee« für R«tatwnS»rnck. -'4 Mn Vierteljahr später. Tas Hans. Lern',w u. Eo. steht Witter fest und Wie lauge, lange hatte er nicht mehr an den Gott er Kindheit gedacht! Leine Zeit, sein Geist, sein sen «ns Wollen war stets so beansprucht gewesen, er immer nur der Zukunft und Gegenwart leben I sich nickt mit längst Ergangenem beschäftigen konnte. Leute «der, tn Reser furchtbaren Nacht wurde ganz Avise Adretz- und Geschäfts karten BriefkSpfe, Brieflcisteu Bestellzettel Broschüre«, Billett Lellarattonen LanksaguagS- und -tnladungSvries« Einlaßkarten Etikette« »«er Art Fekture«, KlustlStter Formulare i» div. Sorten Frachtbriefe GrbranchSann>eis«»«en Fremdcnzettel -aus- u«d Febril- Ordnungen Geburtsanzeigen HochzeitSeiuladungen »Zeitungen «nd »Gedichte stastenfchilder AaftenanschlSge Katalase, Kontrakt« Kontobücher Lohnlisten, Mahnbriefe Mitteilungen, Menn» Musterbücher, Nota« Plakat« Programm« PreiSknrant« Postkarte«, Quittungen Rabattmarke« Rechnungen Speise«- und Weinkarte« Statute», Tanzkarten Stimm-, Theater- »nd SaLzettel Visiten- ««» BerlobungSkarte« Wechsel, Werke Zirkulare, Zeugnisse re. ie. re. Nvsrr Isgedlstl — Amtsblatt — Fcrnsprechstckls Nr. 20. Telegramm-Adresse: Tageblatt Riesa. Dankbarkeit. Ein« Skizze von Paul Blitz. — Nachdruck verboten. Paul Lsrw,IV, in Firma Sernow u. D»., Ivar in arger Geldverlegenheit. Eine Spekulation, auf die er all« Hossnungen gesetzt hatte, troar wider Erwarten fehl geschlagen, jetzt war UlttMo vor der Tür, die Differenzen sollten gezahlt werden, und es waren keine tausend Mark in der Kusse. Was nun beginnen? Ratkos ging er in seinem Bureau umher. Wohl zum sechsten Male ourchsah er die mit Bleistift gemachten Notizen, verglich Aktiva um» Passiva und sann über jese Möglichkeit, Geld aufzutreiben, nach', aber alles umsonst, das Defizit war da und eine Deckung dafür fchlte. Grauen roll stand die Zukunft vor ihm. Er war Di« Buchdrucker«! von LsllgertMkrM (T. Langer und H. Schmidt) G-ethestrahe Nr. SS hält sich zur Anfertigung nach stehender Drucksachen bei sauberer Ausführung und billigster Preis stellung bestens empfohlen. ruiniert. Zwei Wege nur blieben: der Bankerott oder ein Revolver. Kälter Schweiß trat ihm auf die Stirn und ein Schauer durchrieselte ihn. Sos jung, noch keine dreißig Jahre und solch ein Ende! In stummer Verzweif lung! warf er sich auf > as Sofa, preßte die Hände an die Stirn und stierte rat kos vor sich hin. Plötzlich trat jemand ein. Louis Jensen, sein alter Jugendfreund war cs. Besorgt' fast erschrocken trat er näher Paul stan. sofort auf und begrüßte voll Verlegen heit Len Freund, den er seit einigen Jahren nicht ge sehen hatte. Küher waren sie eng befreundet gewesen, dann aber hatte Paul anderen Verkehr, da der Freund ihm zu einfach und altmodisch erschien. „Dich wundert mein Kommen?" fragte der Freund. Verlegen entgegnete Paul: „Ich muß mich ent schuldigen, daß ich so lange nicht bei Dir war." „O, dazu hast Tu keine Ursache. Unsere Wege gehen jai nicht nebeneinander. Jeder geht ja heute seinen eigenen Interessen nach. Ter Kamps ums Tasein läßt Uns jg keine Zeit übrig." Zufrimmend nickte Paul, wurde aber nur noch mehr verlegen. „Ich bin auch nicht gekommen. Dir deshalb Bor würfe z!.t machen, lieber Paul,! nein, ich komme Tir zu helfen." > Ter junge Bankier fuhr zusammen und starrte den Freund! an. ' - Dieser nickte lächelnd: „Ja, ja, meiu Junge, ich weiß alles, ich kenne Leine Sage, Lu, bist vor Km« Ruin. Und eben deshalb bin ich hier. Also wie viel brauchst Tu?" Noch immer fand Paul keine Worte. Do sprach der Freund weiter: „Damit Tu also Klarheit hast, ich weiß cs v'on meiner Lchtvester Frieda; die ist, wie Tu nicht zu wisse» scheinst, in dem Bank geschäft vtoir Wolter als Buchhalterin angestellt: dort hat man Dine Dispositionen und Deine Lage dis kutiert, und da hat sie mir alles wieder erzählt." Jetzt war Paul ganz niedergeschlagen. Ein neuer Borwurf traf ihn. Tenn dies junge Mädchen war dereinst seine „Heimlich-Berl'obte" gelvesen, er hatte sich «der auch Von ihr zurückgezogen, weil er eben höher hinaus Wollte. Und nun kamen diese beide» so Ver nachlässigte» Und boteir ihm die Hilfe an, die ihn vom RUin retten konnte. Tas beschämte ihn tief. „Also, sprich frei von der Leber runter," sagte Louis, „wieviel brauchst Tu?". Ohne ei» Wort zu, erwidern, reichte ihm Paul de» Zettel hin, vor dem er bis jetzt gebrütet hatte. „Donnerwetter 26000 Mark? Darauf war ich nicht gefaßt," sagte der Freund. Angstvoll und zitternd sah ihn Paul an. Schon drohte auch die letzte Hoffnung wieder zu versinken. Doch oer Freund besann sich und sagte kurz ent- schvrssen: „Ich gebe Tir das Geld; morgen mittag kannst Tu darauf rechne». Aber ich muß Dich warnen, Paul, laß Tich nicht wieder auf so leichtsinnige Spekn- lalvonm ein. Ich gebe Tir fast die Halste meiner Er- sporn«,sc. Ich vertraue Dir, Pauk, wirtschafte gut mit dem Geld, bedenke, daß ich es meiner Familie entzog, mn Tir zu helfen." Und Paul umarmte den Freund und mit tränen- durchzitterter Stimme entgegnete er: „Nie, niemals werde ich Tir dies vergessen, lieber LoniS! Ewig dank bar will ich Tir sein dafür! Tu hast mir ja die Lust zum Leben wiedergegeben! TN gAter, lieber Mensch!" rind er umarmte und küßte den Freund. Ec wollte ebenso fleißig lernen, auf sein Aeußeres halte» Und etwas Tüchtiges werde». - Und er lernte wirklich init einem Eifer, einer Aus dauer unk Willenskraft, die ihn bald zum Ersten in seiner Schule unk zum Vorbild für andere machte. Loch die Augen des Vierzehnjährigen blickten Koch ebenso finster, wie des vereinsamte,« Kindes. Warum konnte er trotz allem: unk allem nur Schreiber bei einem! Rechtsanwalt Werden, während Ker andere, wie er ihn immer zu, nennen pflegte, dermaleinst etwas Besseres wurde? Unk als es Koni« anders kam und Gottfried Wetterow in das Bankgeschäft eintreten mußte, war die Genugtuung darüber »Vöhl die erste, ungetrübte Freude, deren er sich seit seiner Kinderzeit überhaupt zu entsinnen verm'ochte. Nun war ja der Unterschied zwischen ihnen nicht mehr so groß, Mb er wollte schon dafür sorgen, daß er allgemach! l gänzlich verschwand. Als Konrad Vollmann nach Jahren durch die Ver mittelung seines Jugendfreundes ebenfalls eine Anstellung bei Sartorius u. Söhne erhielt, erfüllte ihn wieder eine Genugtuung eigener Art. Wie ein Kampfplatz kam ihm das gr'oße Kontor UUK' das gesamte Personal wie die Zuschauer vor, unter Keren Augen sich das Schauspiel entwickeln sollte, wie er, ringend mit der ganzen Kraft seines Wesens, endlich, endlich neben jenem andern stand. Und nun mußte er Gottfried Wetterow sicher und wohlgemut die Leiter ersteigen seh«,, die ihn nach oben führte, während ihm »Nr die unterste Stufe, die alker unterste blieb. Immer unk immer wieder sagte er sich in den vielen schlaflosen Nächten, Wo der nagende, bohrende Wurm des Neides sein trauriges Werk in dem verbitterten Herzen trieb, Laß er dies nicht länger ertrag«, könne, daß er die Heimat verlassen, sich einen andern Wirkungskreis suchen wolle, und blieb trotz allem mit Ker grausamen SclbstqUälerei, die dem Eifersüchtigen eigen, auf der Stätte seiner Niederlage zurück. Wie er den Glücklichen haßte, der ihm auch! jetzt noch von seinem Ueberfluß abgeben Wollte, wie er ihn, wider willig nur in das trauliche Heimwesen folgte, das dem vereinsamte» KUabeil einst das Paradies auf Erde» ge dünkt, unk zu dem er täglich mit einen«! herzzerreißen den Gefühl des Berlassenseins hinüber gesehen! Wie er sich zwingen mußte zu dem freundschaftlichen „du", das immer Koch zwischen beiden bestand! Wie er jedes Entgegenkommen WettcrowS für ein Almosen hielt. Und doch kein Almosen wollte! Den» er Wollte Gerechtigkeit haben,' jene Gerechtigkeit, die den, einen ntW alles, sondern jedem das Seine gewährt. Weshalb konnte er mit diesem Eifer, Üeser Pflicht treue, diesem gediegenen, vUrühsams erworbenen Wissen, denn er hatte unablässig Vorwärts gestrebt, im günstigsten Fall nur der erste Diener jenes Bovorzugtc» werden, dem sich ein weiter, ein unübersehbarer Horizont zu öffnen be gann? (Fortsetzung folgt.) Hk»- -lrückwesten mochte. Leu» weshalb sollte Gottfried Wetterow, den» er Mngft Mr» SohneSrecht 1» seinem Herze» eingeräumt Matte, nicht auch nvch sein Schwiegersohn werd««? Und » fRtzrte er den Schützling nicht nur mehr und mehr in »btt Heine, nur aus Frau und Tochter bestehende Familie M», sondern schickte ihn auch, nachdem er sieben volle Hlchee hindurch mtter seiner Aussicht gearbeitet hatte, mit Mneur guten Wechsel und den nötigen Empfehlungsbriefen «»sehen über LaS Meer, um sich gleich allen Söhnen des Ickten HauseS in fremden Ländern die Kenntnisse und Cc- IaHvuigcn anzueignen, deren der gebildete Kaufmann Vor Mftm andern Ledars. Und ebenso gab er Gottfried als Wtlttkman gegen die mancherlei Gefahren Ker Fremde ein MhSttn des Köstlichen mit, das er ihm zugedacht hatte. And als Lieser bei seiner Rückkehr die ehrlichen Augei« voll Mck Var zu de» klugen, forschende,« des väterlichen MvemweZ erheben konnte, wurde ihm wirklich die Hand Her Erbt» zuteil. Ob eZ nun die kühle ^tebertegenheit seines über alles lltrn ihm geliebten jungen Mädchens oder das Uebermaß »es Gebotenen war, das einen seltsamen Truck auf Gott fried Wetterow übte und den scheinbar Glücklichen zu un- Mdläfsiger Tätigkeit drängte? A. W. LartvriuS schüttelte oft bedenklich de» Kops; Vtztt aber tya; anderseits sehr stolz auf den Schwiege» Lena wie der Genius dem hervorragenden Arzt die Ischere Tiagnose, dem Dichter dis Inspiration, den« schaf fend«, Künstler die Macht der Gestaltung gibt, hatte er M» jungen Geschäftsmann den scharfen Blick, die ruhige sHesonueüheit und de» kühnen Wagemut des Feldherrn Vrliehen, der KaS Kleinste zu beachten unk das Größte 'ZU erreichen versteht. Und zu dieser hohen Begabung hatte sich volle 85 Jahre hindurch auch noch ein seltenes Glück als stün diger Begleiter gesellt. Nun aber war ihm Fortuna mit einemmal untren Urworkpn und hatte ihn gelockt und geneckt, bis er in dem »«geblichen Bemühen, sie wieder znrücktzugvwinnen, die -^gehäuften Schätz« rerkor. lkck nun — der Körper des Unglücklichen bebt« förm lich vor seelischer Qual — zeigt« sich ihm über dein AS- Drund wieder das Glück st» deutlich, so greifbar, daß cd jmr die Hand danach ausstrraen durfte. Gottfried Wetterow war noch nicht ,«ittellos. Es Rand ihm im Gegenteil ein st» großes Kapital zur Brr- MgDng, daß er sich an einein neuen tlnternehmsn bc- »ittgen konnte, das ihm reichen Ersatz für die erlitten«, Verluste versprach. . Ader dieses Geld war nicht sein, war das Eigentum Dremder, di« es ihm im gute« Glaube» an seine Recht schaffenheit anrertraut hatten, und durfte deshalb »nr in »ündeljicherea Papieren angelegt werden. Tiefes neue Xitttrnehmen aber, das ihm die ersehnte Rettung in Aus- kcht stellte, war nickt ganz 'ohne Gefahr. Ts konnte Gelingen, ja, er war sogar fest überzeugt, daß es gelingen Würde, aber er hatte dessen Ausgang nicht in seiner Pewalr. Und so war «S ein Vertrauensbruch, der zu», Bev- DreHen wurde, falls dgS Wagnis doch nicht gelang. "Aber blieb es nicht ganz dasselbe, auch wenn cs Hrlcküg? , - Stand er nicht, sobald er sich an dem Eigentum Zphuee rergrifsen hatte. Vor Gott und seinem eigenen plötzlich, ganz Unvermittelt diese Vergangenheit in ihm wach, meinte er, das strenge, ehrenwert« Gesicht des Vaters, die wunderschönen strahlende» Auge» der Mutter unsagbar liebevoll aus sich gerichtet zu sehen. Ter Witter, öle allabendlich mit dem Knabe» zu beten Pflegte; des BaterS, der ihm sterbend UoH seinen Wahlspruch: „Recht tu» und Gott vertrauen!" ans Herz gelegt hatte. Noch konnte er mit reinem Gewissen vor Gott und Mensche» bestehen. Noch ging er, wenn ihm die Käst dazu wurde, als ein armer, aber ehrlicher Mann aus dieser Krisis hervor. Und er schreckte auch persönlich mit keinem Gedanken vor einer Niederlage zurück. Es war nur oie schwere Verantwortung für Frau und Kinder, die ihn erzittern machte; der an Verzweiflung grenzend« Schmerz, der Tochter des alten Patrizier-Hanses das nicht mehr bieten zu können, was sie Von jeher als ihr be sonderes Recht zu beanspruchen pflegte. Und dennoch eilt ' Schmerz, dem er nicht nachhüngeu durfte, der ihn viel mehr jetzt, gerade jetzt in Has Gottvertrauen hineinführe» sollte, in dem er sich als der echte SöhU seiner Eltern bc- währen konnte. Während nun der Unglückliche in Ker Stille der Nacht den schweren Kampf eines Menschen mit den natürlichen Regungen des Herzens und seinem Gewissen kämpfte, wachte i» dem Mansardenstübchen eines vierstöckigen, rauckA schwärzten Hauses der Vorstadt ein anderer, eben- . falls in den Fünfzigern stehend«: und mit dem Schicksal derselben Firma beschäftigter Mann. Me jedoch dessen ganz« Erscheinung in starkem Kontrast zu Ker ge winnenden Persönlichkeit Gottfried WetterowS stand, so brachte auch das gleiche Ergebnis eine entgegengesetzt« Wirkung hervor. Tenn das „Endlich!", Womit er lange nach Mtter- nacht die ans seinem Arbeitstisch liegend«« Bücher beiseite schob, hatte nichts mit Schreck uuk Bedauern oder irgend welcher rein menschlichen Anteilnahme gemein, sondern glich vielmehr dem Triumph eines Menschen, der sich an dem langersehnten Ziel seiner Wünsche erblickt. Solange Konrad Vvlkmann zurückbcnken konnte, hätte er den frischen, fröhlichen Knaben beneidet, der sich in dem stattlichen Bortcrhause ihn« gegenüber einer gmcklichen Kindheit erfreuen durste, loährend er hungern und frieren mußte "nd nur selten ein freundliches Wort von der Mutter, aber immer Schläge Von Kent trunkenen Vater bekam. Mit brennenden Augen hatte das verlassene Kind aus dem zweiten Stock des nahen Hintergebäudes nach dem Wohngnnach der WettcrowS hinübergesehen. Dort — der Frieden, die Sauberkeit, das ganze, wohlige Be hagen oes gediegenen Bürgertums, hier — die Arnntt in ihrer schlimmsten Gestalt. Schmutz an Ken Wänden, i>r» Neidern, L«-. wenigen^ zerbrochenen Möbeln; zerschlagene Fensterscheiben, zcrWaaeneS Geschirr und über dem allen ein d-o ganze Luft verpestender, widriger Branntwein geruch. Mit diestm ersten Einblick aber in das Paradies eines andern wurde neben dem heißen Verlangen auch eine große Erbitterung in dem Herze,« des Verstoßenen wach. Uno diese Bitterkeit erstarkt«, als die Kinder Zusammen kamen un> Konrad Vvlkmann den grellen Gegensatz beider je länger nm fo tiefer empfank. Er nahm wohl das Butterbrot, den Apfel, dos gewissenhaft für ihn zurück gelegte Stii.1. Kirchen ans der Hand des Gespielen, Koch er lonßie iHv» keinen Tank. Der fremde Junge hatte es ja unk gab ihm nur Von seinem Ueberfluß ab. Und ebenso erkannte er auch später die Kameradschaftlichkeit des kleinen Gymnasiasten nicht an, init der dieser immer noch zu dem Volksschule«: hielt. Grißmachen «rollte sich -er Mützcnsritzc bloß mit seiner bnnigrränderten Käppe ihn« gegenüber, und sonst weiter nichts. Während fo der Charakter des Knabe» durch den Zusammenhang mit dem bevorzugten Alters- gc,w-,en einen wesentlichen Setzaden erlitt, wurden doch anderseits arm? viele güte Eigenschaften in ihm geweckt.