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— 20« - schen Quartiere mit Verpflegung der Truppen, für Has Generalkmmnando und einer Tivision, ferner Stallungen, Bureaus und Wachßlokale, aber rasch!" so läutete ungefähr die erste Begrünung, und nun ging die Freude los- Kür herein 50 Mann, hier 3ö, hier 24 und so fort, nun aber Essen, Trinken, Lagcrsttvh und Tecken usw- Do ging cs mehrere Tage, doch liest die Aufregung rasch nach, die Truppen waren höflich, die Führer duldeten keine unbe rechtigten Ansprüche und bald hakte man das Gefühl der Beklemmung verloren- Ter Verkehr zwischen Truppen undBürgeru bewegte sich rein geschäftlich, korrekt undohuc jedes Gefühl der Feindseligkeit- Ter Verläuf des Krieges selbst ist bekannt- Im September bekam Riesa eine ständige Garnison, bestehend aus cincr Schwadron vorn 3. Brandenburger Manen-Regiment. Dieselbe bezog die Quartiere der alten Garnison und überhob die Stadt der Mühe der Verquar- tterung. Tie Offiziere dieser Truppe unterhielten sehr freundschaftliche Beziehungen zur Bürger scljast, auch die Truppe führte sich gut, sodaß man sie im, Mai 1867 nur ungern scheiden sah. Am 1. Juli desselben Jahres" rückte die neue Garni son hier ein, dieselbe bestand aus zwei Eskadrons (wie es nunmehr hieß) des nengcbildetcn 1. sächsischen Ulanen- Regiments Nr. 17. Ter Zufall wollte es, daß die früher hier gelegene 3. Schwadron des 1. Reiter-Regiments mit tels des Loses dem neuen Regiment zugeteilt wurde, welches Oschatz und Riesa als Garnison erhielt, und so zog die alte Schwadron unter demselben Kommandeur wieder hier ein, um von ihren alten Quartieren Besitz zu nehmen. Schon viele Jahre, besonders aber während des jkriegsjahres 1866, war eS von der neuen Stadtverwal tung mit Bitterkeit empfunden worden, daß sich zwar der Pslichtenkreis derselben immer mehr erweiterte, ihr aber doch das Recht der Selbstverwaltung andauernd versagt blieb, man wollte es nicht mehr ertragen, daß ein ein zelner Mann, der Gutsherr, alle Hoheitsrechte besaß, welche anderioärtS dem Stadtrat zustanden, ohne die ge ringste Berantwvrtüng zu tragen oder zu besonderen Leistungen verpflichtet zu sein. Dabei machte sich! diese Vorherrschaft recht unliebsam geltend, während die durch lebhaften Zuzug von auswärts immer mehr erstarkende Bürgerschaft freien und fortschrittlichen Ideen huldigte, stand die Gutsherrschaft auf extrem orthodoxem Boden, sie benutzte ihr unbeschränktes Besctzungstecht für Kirche und Schule, zur Anstellung von Aspiranten gleicher An schauung und setzte sich dadurch mit dem größten und maß- g^bensten Teil der Bürgerschaft und ihrer Vertreter in direkten Widerspruch. Tie Verfrvmmungssucht ging soweit, daß im Schloß allwöchentlich Privatandachten abgehalten Wurden, an welchen nicht nur die Geistlichen und Lehrer, sondern auch diejenigen Einwohner, welche in einem Ab- hängigkeitsverhältnis zur Gutsherrschaft standen, teilzu nehmen gezwungen lvaren; überdies' wurden bei ver- schiedenen dem Handwerkerstand angehörenden Personen Lbendandachten mit Harmoniumbegleitung abgehalten, welche von spottsüchtigen Zuhörern durch Ziehharmonika, Geigen, Guitarren und andere Instrumente lächerlich ge macht wurden. , Daß diese Zustände dem Frieden, in der Stadt nicht dienen konnten und auf die Tauer unhaltbar waren, mußte jedermann voraussehen, leider sollte die Sach« noch schlim mer kommen. Turch Abgang des ersten Geistlichen macht: sich die Neubesetzung dieser Stell: nötig, der Patron nahm hierfür einen Mann in Aussicht, der sich durch rücksichts loses Betätigen seiner positiven Anschauung in sein:m bis herigen Wirkungskreise sehr mißliebig gemacht hatte, die Gemeinde aber wünschte den hier schon amtierenden zwei ten Geistlichen, welcher sich einer außerordentlichen Be liebtheit erfreute, zum ersten Geistlichten ernannt zu sehen und legte dem Patron ein dahingehendes Bittgesuch mit 400 Unterschriften vor, leider ohne Erfolg, der einmal in Aussicht geiwmmene Kandidat wurde eingesetzt und da durch der Konflikt noch mehr verschärft- Ter neue Pastor war nicht nur ein streng orthodoxer, sondern auch ein sehr streitbarer Herr- Ter Kampf, wel cher zwischen ihm und der Gemeinde entbrannte, be schäftigte nicht nur Riesa, sondern daS ganze Land und selbst außerhalb desselben verfolgte miau diesen Kampf mit großer Teilnahme und lebhaftem Interesse- Bor allem wollte der Pastor den Kirchjenvorstanch welchem doch nur die Verwaltung des Kirchen vermögens und die Erledigung der rein weltlichen Angelegenheiten zusteht, zu Sendboten seiner Glaubensrichjtung ausbilden und erziehen- Ter Widerspruch, welchem er hierin begegnete, reizte ihn in gleichem Maße zum Beharren auf seinem einmal gefaßten Standpunkt. Tie Folge hiervon war, daß die Versamm lungen und Sitzungen des KirchenvorstandeslMeist resultat los verliefen, cs wurde weder beraten noch Bekehrungs- vcrsucke zugelassen, man trennte sich jedoch jedesmal mit der festen Zuversickjt, daß die Gegenpartei zur besseren Ciusickjt gelangen werde- Diese Hoffnung sollte sich jedoch nicht erfüllen. Nach 4 jährigem Kampf verließ der Pfarrer seinen Wirkungskreis, t^n er lieber nie hätte betteten sollen- Trotz allem Kampf und Streit nahm er bei seinem Schieiden die Anerkennung, auch seiner Gegner, mit, „er war ein ehrlicher Mann!" (Fortsetzung folgt,) Des JahreS letzte Tage. Ter Sang verhallt, die Kerzen sind verglüht; Schlön rieseln leis die Nadeln von den Bäumen, Tvch webt noch überall ein Weihnachtszauber Unh hüllt in Tust und stilles Leuchten ein Des Jahres letzte, heimlich traute Tage, Um die sich Sagen grauer Vorzeit ranken- Wcr diesen Tust, dies Leuchten nicht beachtet. Fragt heut wohl bebend: „Zeit, was eilest du?" Vermag hoch keiner nur ein Körnlein Sand Im großen Zeitenglase aufzuhalten- Tie aber heil'ger Weihnacht holdes Licht Auf ihres Herzens stillen Altar stellen. Sie lieben auch des Jahres Tämmerstunden, Wo süß und weh Erinnern, Reu und Klage Mit Tank und Sehnsucht wunderbar sich mischen- O Augenblicke weihevoller Einkehr! Vergangenheit leb wohl! Mwg's Abend werden — Wir wandern froh dem ew'gen Morgen zu- ' Elisabeth Ehrhardt Denk, Giuusprüche. Freiheit ist nicht Genuß, sondern Arbeit, unausge setzte Arbeit an den großen Kulturaufgaben des modernen Staates- Anastasius Grün. Ls sind die deutschen Hochschulen dazu angelegt, daß sie nicht allein die vollendete, sondern auch die wer dende Wissenschaft jungen Männern aller Stände mit teilen- Sie erwerben dadurch eine unbegrenzte Wirk samkeit in der Nation, eine nicht zu ermessende Nach wirkung auf die Nachwelt- L. von Ranke. Sag', o Weiser, wodurch du zu solchem Wissen gelangtest? „Tadurch daß ich mich nie andre zu fragen geschämt " Herder (nach SM.) Druck und Verlag von Langer ä Winterlich, Riesa. — ALr die Redaktion verarrtwortltch Hermann Schmidt, Riesa. Erzähler an Ser Elbe. velletr. Gratisdeilage„Riesaer rageklott". Rr. S2. Mesa, der» SS. Dezember ISS«. SS. Jahr,. Luise Charlotte. Historische Novelle von Jlse-Dore Tanner. Schluß. 8- Nun weilte Pfalzgraf Karl Wilhelm schon acht Tage tn Berlin, und die Erwartungen und Hoffnungen, die sich an sein Kommen geknüpft, hatten sich erfüllt- Frischeres, heiteres Leben herrschte wieder am" kurfürstlichen Hofe, und die Stimmung des Kurfürsten war sichtlich besser ge worden- Ausfahrten, an denen auch ab und zu die Kur fürstin teilnahm, wurden arrangiert, um dem hohen Gast die Umgebung der kurfürstlichen Residenz zu zeigen, und für die Abende ergingen jetzt'wieder Einladungen an die Minister, Generäle oder andere Würdenträger des Hofes- Karl Philipp eroberte sich die Herzen aller, die ihn kennen lernten, und her Kurfürst selbst kam ihm mit bei ihm ganz ungÄvöhnlichjer Herzlichkeit entgegen- Aller dings war das Wesen des Pfalzgrafen auch ein so offenes, frischps, von jeder Heuchelei undl'Geziertheit weit ent ferntes, und dabei machte er einen so klugen, besonnenen, echt männlichen Eindruck, daß er vorteilhaft von den meisten, durch französisches Wesen stark beeinflußten Hof kavalieren abstach Es wäre schswer gewesen, fcstzustellen, ob die Mark gräfin Luise Charlotte die allgemeine Bewunderung für Karl Philipp dritte, oder ob seine Vorzüge und seine offenkundige Verehrung für sie ihr gleichgültig geblieben- Ihr Wesen war in der letzten Zett ein so veränderliches, wie nie zuvor- Oftmals unterhielt sie sich in der leb haftesten, ungezwungensten Weise mit Karl Philipp, und dann wieder war sie steif und förmlich und jeder heiteren Plauderei abgeneigt. Ihrer Kammerfrau und Fräulein von Letzow erschienen die schönen Augen der Markgräfin des Morgens oft von Tränen gerötet, und die Gräfin von Bannedorf ließ mehr denn einmal ihre Blicke besorgt auf ihrem geheimen Liebling ruhen, wurden doch Luise Charlottens Wangen immer schmaler und blasser. Natürlich wurde über die Anwesenheit Karl Philipps in Berlin viel gesprochen, und besonders' Faviole und die Gräfin Kürvwska fühlten sich lebhaft beunruhigt. Zwar hatten sie den ausbehungenen Preis^für ihre Jntrigue bereits in Händen, und ess) ging. das Gerücht, daß die Markgräfin ihrem" Verlobten in einem vollgültigen Tvku- ment für alle Fälle ihre Güter verschrieben habe, aber sie wußten doch nicht rechst, was sie von der Sache hatten sollten, und Faviole hielt es djaher für geratener, Prinz Jakob in einem ausführlichen Briefe von den Geschehnissen am Berliner Hofe zu unterrichten. Allerdings" würde ge raume Zeit verstreichen, bis Prinz Jakob den Brief erhielt und seine Maßregeln treffen konnte, aber er hatte sich dann doch wenigstens wieder als umsichtiger, aufrichtiger Anhänger des zukünftige^ Königs von Polen gezeigt und hoffte, daß der Lohn nicht ausbleiben würde. Tie Kurfürstin hatte hellte wieder den Wunsch ge äußert, nach ihrem geliebten Lietzenburg herauSzusahren, um sich in dem herrlichen, schsattigen Parke wieder etwas zu erholen und zu erfrischen; denn die Hitze war in den letzten Tagen fast unerträglich geworden. Nach stand im Lietzenburger Parke kein stolzes Schloß, aber in dem ein fachen kleinen Landhaus) das ehemals" dem Oberhof- marschall von TobrzynSki gehört hatte, bevor der Kur fürst eS seiner hohen Gemahlin zum Geschenk gemacht, nahm Sophie Charlotte gern den Tee mit ihren Tamen. Pfalzgraf Philipp hatte sich zu der Kurfürstin Freude bei dem ersten Ausflug nach Lietzenburg so entzückt über das idyllische Plätzchen geäußert, haß sie ihn gern einlud, an dem Ausflug teilzunehmen. Auch Luise Charlotte mit ihrer Hofdame war her Aufforderung Sophie Charlottens gerne gefolgt, und her Kurfürst hatte versprochen, nach zukommen, sobald die Regierungsgeschäfte es ihm er laubten. / ' IM Parke von Lietzenburg war es herrlich. Rings um das Sommerhäuschen blühten und dufteten die Rosen, in den Bäumen zwitscherten unh jubeliertcn die Vögel, und die schöne reine Luft hier draußen wirkte belebend und erfrischend aus hie durch die Hitze erschlafften Nerven. Tie Kurfürstin war mit ihrer Oberhofmeistcrin aus der bequemen Bank vor dem Sommerhäuschen sitzen ge blieben, während hie ,Zugend", des Zwanges^ ledig, nach Herzenslust im Park umherschweifen konnte. Tie Hof damen Sophie Charlottens ließen es sich der Mühe nicht verdrießen, zierliche Gräser urfti Blumen für ihre hohe Gebieterin zu suchen, die diese sehr liebte. War es Zufall oder hatte der Pfalzgraf die Gesell schaft so geschickt zu leiten verstanden ? Nach kurzer Zeit befand sich Luise Charlotte Mit Karl Philipp allein in einem entlegenen Gange des Parkes. Tie Markgräfin blickte sich erschrocken um. „Wo sind die Tamen der Kurfürstin? Euer Licbden haben den richtigen Weg verfehlt, wir müssen umkehren." „Beruhigt Euch, gnädigste Markgräfin, die Tamen sind ganz in unserer Nähe! Erlaubt, haß ich Such zu jener Bank geleite, ich habe Euch etwas zu sagen, was kein fremdes Ohr hören soll," sagte der Pfalzgraf leise und innig, indem er Luise Charlottens Hemd auf seinen ArM legte und sie zu einer kleinen, halb versteckt hinter Bäumen und Büschen stehenden Bank führte. Fast willenlos folgte ihm Luise Charlotte, von einem sonderbaren, lähnienden Gefühl der Furcht überkommen. Ihre Hand, die sie ihm vergeblich zu entziehen trachtet, fest in der Seinen haltend, blieb der Pfalzgraf vor ihr stehen. - ! „Hört mich an, Luise Charlotte. Nur noch wenige Tage darf ich am Hose Eures Kurfürstlichen Schwagers weilen, doch bevor ich scheide, muß ich eine Frage an Luch richten, die Wer mein ferneres Schicksal entscheiden soll. Taß ich Euch liebe, heiß und innig liebe, wie nur je ein Mann ein Weib geliebt, kann Euch nicht verborgen geblieben sein. Habe ich mich doch "nicht bemüht, meine Gefühle vor Euch zu verstecken, Luise Charlotte —" Tie Markgräfin war tief erblaßt. Erschrocken ab wehrend streckte sie hie Hand aus. „Nicht weiter, Karl Philipp, Ihr dürft mir. solche Warte nicht sagen. Ber- geßt Ihr denn ganz, haß ich — daß ich —" „Wohl weiß ich, daß Ihr die Verkable Prinz Jakobs seid, Luise Charlotte. Aber ich weiß auch, daß Ihr Euren Verlobten nicht liebt, daß dhs' Verlöbnis geschlossen worden ist, ohne daß es Euer freier Wille war, Euch schon zu binden." j Tie Markgräfin hatte den Kopf tief gesenkt, und em Zittern rann über ihr« schlanken Glied«, «lS Karl Philiptz