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KL»e «ttae Ava«, d»e «lttve etneö «mbLude»»«» L»ss<ke« Industriell«,,. Spiller war «r La»wger1«ht-b1rektor in Ttar- aard. akei^eitiq aber auch als Untersuchungsrichter für den NaatSgerichtSchvf »nm Schutz« der Republik Mi«. I« der sehr umfangreichen Anklageschrift wird Krau Jürgens zu, nächst besrhuldigt, in einem Nachlaßftreit mit der Mutter ihres verstorbenen erste» Manne» einen wissentlichen Mein eid geleistet zu Kaden. Auch Landgerichtsdtrektor Jürgens hat nach der Anklage in diesem Nachlaststreit einen Metneid geleistet. Krau Jürgens werden «in« graste Reihe von Kredit- schwindeleien znm Vornmrf gemacht. Sie habe sehr ver schwenderisch gelebt und Waren ans Kredit genommen, die ne dann zum !eil wieder verlaust habe. Den Kredit hab« st« sich durch falsche Angaben über ihr Guthaben bei der Star garder Stadtbank und durch sonstige falsche Vorspiegelungen verschafft. In zahlreichen Kallen hat Krau Jürgens Schecks auf die Stargarder Stadtbank anSgegeben, die nicht eingelöst werden konnten, iveil ihr Guthaben längst überzogen war. Jürgens will von dem verschwenderischen Lebe» seiner Frau und ihren Kreditgeschäften kein« Kenntnis gehabt haben. Ihm wird aber vorgrworfen, das, er sich an mehreren Kredit schwindeleien aktiv beteiligt habe. Auch Versicherung»- schwindel wird dem Ehepaar Jürgens vorgeworfen, nnd zivur soll es sich dabei um siugierre Einbrüche handeln, worauf die Versicherungsgesellschaft«» grobe Summen zahlen mutzten. Jürgens habe «S so dargcstellt, als ob ein Einbruch bei ihm in Stargard ein Racheakt von Kommunisten sei. Die Ber- sichernllgögefellschast hielt mit der Auszahlung der letzten Summen zurück, weil der Verdacht entstanden war, datz zwei Einbrüche fingiert feien. Die polizeilichen Ermittelungen ergaben keinen Anhaltspunkt für das Borliegen eines wirk lichen Einbruchs. Jürgens wird auch ein BctrugSversuch gegen den Reichsfiskus vorgeworfen, iveil er am A). De zember dem Reichsanwalt Neumann in Leipzig schrieb, er werde von den Kommunisten verfolgt und habe trotz der Versicherung schon eine Vermögenseinbuve von IlllW bis >'>lX«O Mart erlitten, für die ihn das Reich fchadlos halten müsse. GerichtSsaal. Schwurgericht Dresden. Di« erst« Tagung d«S Schwur gerichts Dresden beginnt am kommenden Montag. Zum Vorsitzenden des Schwurgerichts für das Geschäftsjahr E7 wurde Landgertchksdircttoe Tr. Kurth ernannt. Als ktzc- schworene in der ersten diesjährigen Tagung wurden be stimmt: Gärtnereibesivcr kelir Gcner, Schuhmachermcistcr Ve., SIvlakaIck . 10 Pt.. 3 5t. Pucktting'pulv'er Vutlitte-klüNtiei S k>s?., V^i'>!H::.Xlteker 5 V'uuitte-soLenftuive^ 5 ???., p-sL-äLUuftoIüüeu- c» 15 ?/»., 5cdo!<o1,Lüellsp. m. klaail. 2ö?t. ÄchaESerhardt «ub Drogist Paul Fiuster. sämtlich tu Dresden) sowie Bürgermeister Emil Barsch i» Movschatz. Die Verhandlungen begiune« täglich vormittag» »X Uhr. Besondere Einsatz karten werdcn zu keinem der anberaum ten Termin« auoaegebem Zur Aburteilung stnd sorgend« Strafsachen angesetzr worden: Montag, den 28. Februar gegen den Ingenieur und kaufmännischen Vertreter Gustav Hein» rtch Alfred Wagner aus Dresden wegen Zeugenmetnetdis: Dienstag, den l. März, gegen ai den Kaufmann Karl Eduard Sorget aus Raschan i. V., und bl den Kaufmann Herman» Ernst Gustav Reichel aus Leckwitz bet Strehla weg«» Zengen meineides: Mittwoch, den 2. Mär» (geheim) gegen di« Fa brikarbeiterin Johanna Martba Schmidt aus Dresden «ege» Kindestötung und versuchter Abtreibung, Donnerstag, den 3 März gegen -«»Bäckermeister Otto Heinrich Straube aus Freital-Döhlen wegen Zeugenmeineides: Freitag, den <- März gegen as den, Klempner Kurt Ernst Ungermann aus Eutschütz bei Dresden, und bi feine Ehefrau Hilde Johanna Ungermann geb. Wöbner aus Dresden, wegen Zeügenmein- etdesr Sonnabend, den März, gegen ai die Wirtsctnrstertn Clara Margarethe verw. Gillncr ,reb. Naumann m»s Dres den. und bi den Krantenkassenkassierer Wilhelm Paul Koch aus Dresdcu-Loschwitz wegen ZeugcnmcincideS. (K-g.) Neversehen Sie nicht jeweils rechtzeitig und »war bis 25. d. Mts. bei der Bost das Riesaer Tageblatt zu bestellen. Der letzte Voltairianer. tKopculmgener Bries). Kopenhagen, den 2t). Februar 1927. Mit Georg Brandes oder, wir er mit seinen sämtlichen VornaMeu hietz, Georg, Morris. Cohen Brandes, dem künfundtzchtzigjährigen, ist die letzte Verkörperung Vol tairischen Geistes gegangen. Wohin? In ein Jenseits? Georg Brandes wird es wohl selbst nicht geglaubt haben. Aber dieser Geist war bis zum letzten Augenblick so spring lebendig, jo lcbensdurstig. dast man an sein Verlöschen in Untätigkeit nicht glauben kann, auch als -er fünfundachzig- jäkrige Körper versagte. Brandes hat das Alter seines Meisters Voltaire noch nm ei» Jahr überschritten. Ich ivar einmal dabei, als er lächelnd die Anekdote von Voltaire und einem Jesuitenpaier erzählte. Sie sprachen über die Un sterblichkeit der Seele. „Nun", meint der Jesuit zum Schluß, „ich gebe zu, wir können uns beide täuschen, Herr Voltaire, was dann'?" So machte sich Georg Brandes über seinen Skeptizismus selber lustig, blieb aver-ochdcrnnerschütter- sie zu einem Wagen, nnd war diskret genug, sich vor den» , Autschenschlag von ihr zu verabschieden. ^5. Kapitel. » „Len ersten Teil meiner Aufgabe glaube ich leidlich * befriedigend gelöst zu haben. Das Vögelchen ist bereit williger. als ich es zu hoffen gewagt hatte, auf die aus gelegte Leimrute^ geflattert. Ilnd ich muß gestehen, daß es ein aUcriiebster kleiner Vogel ist." Der angebliche Impresario Frank Reynolds war es, der diese Worte gesprochen. Nnd der, an den sie gerichtet waren, war kein anderer als Hubert von Lexow. Er hatte schon seit einer guten Weile auf das Erscheinen des älteren Herrn gewartet, und die freundliche, ja, herzliche Art ihrer Begrünung batte Zeugnis dafür abgelegt, daß recht nahe und vertraute Beziehungen zwischen ihnen bestehen mußten. - Die verheißungsvolle Einleitung erfüllte Lexow ersichtlich i mit lebhafter Freude. Er atmete tief auf und drückte dem anderen noch einmal die Hand. „Ich danke Ihnen von Herzen für die aufopfernde Liebenswürdigkeit, Herr Kollege, mit der Sie nur auf meine Bitte Ihren Beistand gewährt haben," sagte e». .Ich hatte kaum den Mut, Sie damit zu behelligen, da es sich ja nicht um eine von unserer Agentur bearbeitete Sache, sondern um eine Angelegenheit handelt, die ich freiwillig übernommen habe und auf meine eigene Hand durchführen will." Sie wissen, lieber Freund, daß ich Ihnen immer gern zu Diensten bin, nach dem guten alten Grundsatz: Eine Hand wäscht die andere. Bis jetzt ist die Aufgabe, mit der Sie mich betraut haben, ja auch eine recht leichte s und einfache gewesen. j „Mit einer so anmutigen jungen Dame geschäftliche ' Verhandlungen zu führen, ist mehr ein Vergnügen als I eine Arbeit. Wie ich mich schließlich aus der Affäre zu f ziehen habe, werde ich ja voraussichtlich von Ihnen erfahren." ; „Sie ist also auf Ihren Vorschlag eingegangen?" f „Mit wahrem Feuereifer. Sie müssen sich ausgezeichnet ' auf die geheimen Wünsche dieser kleinen Choristinnen ver- stehen, Herr Kollege, daß Sie auf ein so wirksames Mittel verfallen konnten." „Es bedurfte dazu wirklich keiner großen Menschen kenntnis. Die Hoffnung auf eine große Rolle ist der ehr geizige Traun, aller dieser Anfängerinnen. Und die Mög lichkeit der Verwirklichung ist nach ihrer felsenfesten Ueber- zeugung immer vor der Tür. Tatsächlich geschieht es ja auch beinahe alle Tage, daß irgendeine bis dahin ganz unbeachtete Schauspielerin oder Sängerin durch den glück lichen Zufall, der sie in einer größeren Rolle oder vielleicht auch nur in einem besonders kleidsamen Kostüm vor da» Publikum brachte, plötzlich zur Berühmtheit gelangt. Da» I nötige Talent traut sich selbstverständlich jede von ihnen zu." ! „Diese Lucia Rosalba aber scheint es in der Tat zst besitzen. Ich bin ja am Ende kein Sachverständiger; aber wenn ich wirklich der Impresario Frank Reynoldr gewesen wäre, ich glaube, ich würde sie unbedenklich engagiert haben," j Ei? nahm die ganze Angelegenheit augenscheinlich mehr von der scherzhaften Seite, und Le-ow bemühte sich nicht, ihm eine andere Auffassung beizuoringen, wie ernsthaft auch immer ihm selber zu Mute sein mochte. Er bat de« freundlichen Berufsaenossen um eine genaue Wiedergabe der Unterhaltung, die er mit Lucia geführt hatte, und er lauschte mit gespannter Aufmerksamkeit dem bereitwillig und wabrkritsLetreu erstatteten Bericht. Als der falsche Impresario der Bedenklichkeiten er» wähnte, die der jungen Tänzerin bei der Erinnerung an ihren Freund Dalbelli gekommen waren, ging es wie ein Aufleuchten dec Befriedigung über Lexows Gesicht. „Gerade das war es, was ich erwartet und gewünscht hatte," sagte er. „Es handelt sich jetzt darum, diesen Dalbelli zu einer Einwilligung zu bewegen, die zu erlangen sie sich wahrscheinlich kaum ernstliche Hoffnung gemacht hat. Und diesen Teil der Aufgabe nehme ich auf mich." Fragend blickte der andere auf. „Uno wenn er sie.erteilt hat — was dann weiter?" Statt fhm dis verlangte Auskunft zu geben, antwortete Lexow mit einer Gegenfrage: „Es ist doch auch Ihre Meinung, verehrter Herr Kollege, daß für einen Detektiv zuweilen leider die Maxime gellen muß: Der Zweck heiligt die Mittel?" „So lange die Mittel nicht schlechter sind, als die Handlungen derer, gegen die wir sie in Anwendung bringen — gewiß! Aber es ist auch noch eine andere Einschränkung dabei, lieber Herr von Lexow! Bedenk liche Mittel sollle man eigentlich nur dann gebrauchen, wenn man ganz sicher ist, mit ihrer Hilfe den beabsichtigten Zweck auch wirklich zu erreichen." „Und Sie bezweifeln, daß das in meinem Fall zutrifft — nicht wahr?" „Ich durchschaue Ihre letzten Absichten noch zu wenig, um darauf mit einem einfachen Ja oder Nein antworten zu können. Aber nach allem, was ich mir aus Ihren Mit teilungen und Andeutungen bis jetzt zusammengereimt habe, kann ich nicht verhehlen, daß ich einige recht ernste Bedenken hege. — Derjenige, gegen den sich Ihre Opera tionen in erster Linie richten sollen, ist doch wohl dieser Dalbelli?" „Allerdings."^ „Sie haben ihn im Verdacht, an dem Verschwinden des deutschen Arztes Dr. Brüning beteiligt zu sein?" „Ja. Ich hege nicht nur den Verdacht, sondern die unumstößliche Gewißheit, daß er der Mörder Brünings ist. Und ich wurde mit dieser Anklage längst offen hervor getreten sein, wenn ich nicht zugleich überzeugt wäre, daß das vorhandene Material nicht ausreicht, einen so ver schlagenen und mit so vorzüglichen Hilfsmitteln arbeitenden Verbrecher zu überführen." „Das verstehe ich ganz gut. Sie wollen vorsichtig zu Werke gehen, «eil Sie durch eine Uebereilung alles zu ver derben fürchten. Aber gerade deshalb Halle ich es für meine Pflicht, Sie vor allzu kühnem Weiterschreiten auf dem bisher etugeschlagenen Wege zu warnen. Diese Lucia Rosalba ist, nach Ihrem Dafürhalten eine Mitwisserin der Tat?" „Nicht nur «ine Mitwisserin, sondern eine Mitschuldige. Gerade sie ist das wichtigste Werkzeug gewesen, dessen sich der feige Halunke bedient hat, während er mit seiner eigenen Person vorsichtig im Hintergründe blieb." „Hm! Sind Sie dessen wirklich so ganz gewiß?" „Ich besitze dafür die untrüglichsten Beweise." „Denn ein Detektiv von Ihrer Klugheit und Er fahrung sagt, daß er untrügliche Beweise hat, darf ich natürlich nicht länger Meifeln. Aber ich gestehe offen, daß es mir nach den Erfahrungen des heutigen Abends schwer sälft, daran zu glauben. Diese hübsche Tänzerin ist ja sicherlich ein recht temperamentvolle» und energische» Ge» schöpsthen. Und ich kann mir sehr wohl denken, daß sie an» Eifersucht alles Mögliche tun würde. Aber eine kalt» blüttae Bowrecknirin — ? — jsteiu. tzatw Nche vreigek», Mr de» nur bteBernmrft ein« Least war und der alles Irrationale mit einer gewissen Furcht ab- lrhnte. Sr war doch nicht genug freier Geist, u« Etuweu» dünge» gegen sein« Sretaeifteret objektiv prüfe« -» könne». Sr war ei« Kämpfer von prachtvoller Unduldsamkeit, et» Widersprecher, der keim Widersprechen vertragen konnte. „Widerspruch", sagt er einmal, „finde ich genug in mir selbst." Datz er au- dem klein«» enge« Dänemark hervorgegan- ge« nmr und in dem entzückenden Klatschnetz Kopenhagen den größten Teil keines Lebens verbringen mutzte, war sein größter Schmerz. Sr hatte viele Jahre in Berlin gelebt, sprach Deutsch wie ein Deutscher und war mit der deutsche» Literatur innig vertraut. Er hat auch manches in deutscher Sprache geschrieben und kein« deutsche Uebersetzung durfte herauSgehen, bevor er sie nicht selbst geprüft und autorisiert hatte. Es mutz ihm unvergessen bleiben, datz er während des Weltkrieges die allgemeine Hetze gegen Deutschland nicht mitgemacht hat (trotzdem er gewiß nicht blind gegen gewisse Kehler Deutschlands warf und daß er der Unparteilichkeit sogar das Kr«nndschaftsbüudniS mit Georges Clemenceau ,um Opfer gebracht hat. Er hat das innig geliebte Paris, wo man ihn so oft auf der Terrasse eines Casös an der Place Pereire sitzen sah, seit dem Weitkkteg nicht wiedergeschen. Die biederen Kopenhagen«!, die während des Krieges die naivsten Opfer der Ententepropaganda wurden, trugen dem großen G. Brandes seine große Deutschenliebe (die in Wirk- lickkeit nur das Nichtvvrhaubeusetn von blödem Deutschen haß wart schwer nach. Das belastete noch mehr das Schuld konto, das er bei ihnen als Antiphilister, als Freigeist, als Weltbürger hatte. Brandes patzte wirklich in di« spieße rischen BerhLUnisse Dänemarks nicht hinein, er kam sich hier vor wie ein Riese in einem Entresol. Daß er ein Euro päer wurde, nahmen ihm sei»« Landsleute sehr übel. DaS war in ihren Augen ein Verrat an Dänemark. Sie hatten keinen Sinn dafür, datz die Welt von Dänemark nicht wegen feiner Butter, seiner Eier und seines Aquavits Notiz nahm sonder» eben wegen dieses Georg Brandes. Tatsächlich ist mit ihm nach Thorwalds««, Andersen und Kierkegaard der Letzte dahingegange», dess«u Name über die Grenze» hin» aus Klang hall«. Brandes war geistig eng mit Deutschland verbände» ES gab ein« Zett, wo cS für den gebildeten Dänen selbstver-- ständttch war, deutsch zu sprechen und deutsche Literatur zu lieben. Baggesen nnd Oclenscklüger haben in dänischer und deutscher Sprache gedichtet und der dänlsche Minister Gras Bernstorfs zahlte Friedrich von Schiller einen Ehreusolb. Heute grassiert ein dummer Nationalismus. Die dänische Sprache verliert sich immer mehr. Der Isolicrnngsprozctz geht übrigens nicht nur von Dänemark, sondern auch von Nor wegen aus, da die Norweger groben Wert darauf legen, auS der Sprache, die ihnen früher mit den Dänen aemcinsam war, ein für de» Rest der Welt möglichst unverständliches Separatideom zu machen. Ein Volk ist nicht mehr dadurch groß, datz es eigene Gedanken hat, sondern, datz es eine eigene Sprache hat, wenn auch keine Gedanken mehr in ihr auszudrücken sind. Für Brandes war die Sprache kein Selbstzweck, sondern ein Werkzeug, um Gedanken anszu- drückcn und er benutzte vorkommendensalls jede Sprache dazu, unter Umständen auch Französisch, das er vortrefflich sprach. Die dänische Landestrauer um den groben Lanos- man» ist nicht sehr tief. Ich bin überzeugt, daß man ihm in Deutschland ausführlichere Nachruf« widmen wird wie hier. Aber Dänemark wird lange warten können, bis eS eine Persönlichkeit bekommt. Sie de» Kontakt mit Europa wieder herstellt. ich trotz der aufmerksamsten Beobachtung von ihr durchaus nicht gewinnen können." „Weibliche Wesen sind immer unberechenbar., Und auch ich glaube im vorliegenden Fall viel eher an die Wirkung einer unwiderstehlichen Suggestion als an das Vorhandensein verbrecherischer Instinkte. Aus der» Weibe, Las ihn mit wirklicher Leidenschaft liebt, kann ein Marin von der dämonischen Art dieses Italieners schließlich alles machen, was er will. Und es ist sehr wohl möglich, daß sie sich der Tragweite der Handlungen gar nicht bewußt gewesen ist, zu denen er sie bestimmte." „Wohl — ich will Ihnen darin nicht widersprechen, dem» nachdem Sie sich so lange und so eifrig mit dieser An gelegenhell beschäftigt haben, muffen Sie das besser beur teilen können als ich. Meine Bedenken gegen Ihre Taktik aber werden dadurch eher verstärkt ass abgeschwächt. Sie haben doch die Absicht, Fräulein Lucia gegen Dalbelli aus» »»spielen?"? „Das will ich in der Lat. Denn die Aussicht sie zur Verräterin zu machen, ist fast meine letzte Hoffnung, den Schleier zu lüsten, der über diesem Verbrechen liegt." „Und wie gedachten Sie das Mädchen-dahin zu bringen?" „Dadurch, daß ich ihre Eifersucht aufstachle — daß ich ihr die Ueberzeugung einflöße, von Dalbelli schmählich verraten und hintergangen zu sein." „Also eine Spekulation quf die Rachsucht eines be trogenen Weibes! Solche Berechnungen können sich als richtig erweisen, aber sie können auch trügen. Und Fräulein Lucia ist allem Anschein nach eine ebenso klug« als mißtrauische junge Dame. Sie werden ihr sehr über zeugende Beweise vorleaen müssen, ehe sie an den Treu bruch ihres Geliebten glaubt." „Ich hoffe dazu in der Lage zu sein. Und gerade dies ist es, wozu ich Ihres Beistandes bedarf. Diese ganze Engagements-Komödie habe ich ja nur ausgefonnen, um Dalbelli zu einer Unvorsichtigkeit zu veranlassen, die ich aus andere Weise schwerlich hätte herbeiführen können. Denn wenn er auch tatsächlich ohne allen Zweifel sein lebhafter Wunsch ist, sich der unbequem gewordenen Bundesgenossin auf irgendeine Weise zu entledigen, so fürchtet er sie doch vorläufig noch viel zu sehr, um sie etwas von diesen Absichten und Wünschen merken zu lassen. Aber er wird mit beiden Händen zugreifen, wenn sich ihm eine Mög lichkeit bietet in unverdächtiger Weise zu ihrer Entfernung aus Neuyork beizutragen. Ich bin überzeugt, daß er seine Zustimmung zur Annahme dieses vorgespiegelten Engage ments-Antrages erteilen würde, auch wenn niemand ihn in diesem Sinne zu beeinflussen suchte. Aber ich werde der größeren Sicherheit halber dennoch das meinige dazu beitragen, seine etwaigen Bedenklichkeiten zu besiegen." „Nun ja, über worin sollte da die von Ihnen er» wähnte Unvorsichtigkeit liegen?" Lexow lächelte. „Kennen Sie die Frauen wirklich so wenig, lieber Kollege? In gewissen Situationen kann man es ihnen aus keine Weise recht machen. Lucia würde ihm stcherüch zürnen, wenn er ihr verböte, dpn lockenden Antrag anzu» nehmen; in dem Augenblick aber, wo er es ihr aestatteh streut er auch schon den Samen des Argwohn», des Zweifel» an der Beständigkeit feister Liebe in ihre Seele. Und es wird nur noch einer geschickten Nachhilfe bedürfen, um die Glut der Eifersucht in Hellen Flammen auflodern z» lageL?