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Mlegramm-Sdresser „TageblattE, Riesa. Amtsblatt Fernsprechstelle Nr. LV. für die König!. Amtshauptmannschast Großenhain, das König!. Amtsgericht und den Rat der Stadt Riesa, ' sowie den Gemeinderat Grö-a. 207. Mittwoch, 6. September 1911, aveuds. 64. Jahrg. >> - j. ' - Da« Vlirfaer Lageblatt erscheiat jebea La, abend« vilt «uSnahme der Sonn, und Festtage. LtrrteljShrllcher Be»aB>iÜ'»i» bei Abholung »11 dxr Expedition in Ntela 1 Mart LV P>g., durch unle»e Lrüger frei in» Han« 1 Mark LV Pfg„ bei Abholung am Schalter der kalserl. Posianslalten I Mark Sb Psg„ durch den Brirstrüger sret in« Han» 2 Mart 7 Psg. Auch MvnalSabonnrmeiilS werde» angrnonmien. Auzrigen-Aunah«, sür dl« Stumm« de» An«gabetage« bl« vorniittag V ilhr ohne weivähr. Nolation»dru<k und Verlag von Langer «r Winterlich in Liirla. — veschklirsielle: vioethesirasir Lt>. — Ftir dir vrdatlion reraniwortllch: Arthur Höhne! iu Siiria. Unter den Viehbeständen der Gutsbesitzer Arthur Große und Gruft Zieger in Heyda ist die Ainu!» ueeG au-gebrochen. Die Königliche Amtshauptmannschast bestimmt daher gemäß 8 28 der Verordnung de» Königlichen Ministerium« des Innern vom 8. Oktober 1908 — Gesetz, und ver. ordnungSblatt Seite 335 ff. — Wege« dieser SeuchenfSlle den Gemeint-ebeztrk Heyda al« Gp»e»nb»»ie»R und die Gkmeindebezirke Mergendorf und Gostewitz al« Gwodwvklungwswbil«*. SS gelten demnach für den Sperrbezirk und für da« Beobachlungrgebiet die mittels der Bekanntmachung vom 7. Juli 1911 — Nr. 156 de« Riesaer Tageblattesunter L und 6 bekanntgemachten Bestimmungen und Strafandrohungen. Die weiter noch al« Veobachtung«gebtet in Frage kommenden Orte Leutewitz, Poststitz, PtMsttz- und Kobeln stnd bereit« Sperrbezirke. Die an den Sperrbezirk angrenzenden, al« BeobachtungSgebiet in Betracht kommenden Orte der Königlichen Amtshauptmannschast Meißen sind dort bereit« al« Beobachtung«- gebiet bestimmt« Großenhain, den 6. September 1911. 2798 a L. Königliche AmtShausttmanuschast. und 7 Mädchen gewaltsam ihrem Leben «in Ende. Be- merkenswert ist dabei, daß Chemnitz lind Leipzig die meisten jugendlichen Selbstmörder, Chemnitz 7 Knaben und 2 Mädchen, Leipzig 7 Knaben und 1 Mädchen, aufwrisen, während in Sachsen» Hauptstadt 6 Selbstmörder, 4 Knaben und 2 Mädchen, au« dem Leben schieden. Im übrigen verteilt sich die Zahl der Selbstmörder auf die einzelnen KreiShauptmannschasten wie folgt: Kreishauptmannschaft Bautzen 90, Kreishauptmannschaft Chemnitz 279 (darunter Stadt Chemnitz 80), KretShauptmannschast Dresden 473 (darunter Stadt Dresden 179), Kreishanptmannschaft Leipzig 432 (darunter Stadt Leipzig 205) und Kreis- Hauptmannschaft Zwickau 247 (darunter Stadt Plauen 42, Stadt Zwickau 19). Forscht man nach den Beweggründen, die jene 1521 Unglückliche in den Tod trieben, so ist nach polizeilichen Ermittelungen festgeftellt worden, daß bet 171 Selbstmördern Geiste»- oder Nervenkrankheit und bet 262 körperliche Leiden die Ursache de« freiwilligen Tode« waren. Doch ist die Ursache bet der weitaus größten Zahl der Selbstmörder, nämlich bei 303 (213 männlichen und 90 weiblichen) auf Schwermut zurückzuführen. Au« Nahrung«- sorgen gingen 79 Personen, au« Furcht vor Strafe 117, au« Trunksucht 66, au« Liebe»gram 62, au« Lebensüber druß 106, au« gekränktem Ehrgefühl 28 und wegen ehe lichem Zwist und Familtenstreit 59 in den Tod. Bei 232 Selbstmördern konnte der Beweggrund der Tat nicht festge stellt werhen. Bon besonderem Interesse ist auch, zu erfahren, wa« eigentlich die jugendlichen Lebensmüden unter 15 Jahren bewogen hat, au« dem Leben zu scheiden. Nach dieser, Richtung hin ist ermittelt worden, daß 3 Kinder au« ge kränktem Ehrgefühl, 9 au» Furcht vor Strafe, 2 au« Schwermut, 1 wegen Lebensüberdruß und 1 wegen Geiste«- krankheit Selbstmord verübt haben. — Den Berufen nach gehörten 132 Selbstmörder dem landwirtschaftlichen, 734 ge werblichen Berufen an, während 257 Selbstmörder dem Handel und Verkehr entstammten. Hinsichtlich der Art der Begehung verübten 677 Personen durch Erhängen, 225 durch Erschießen, 124 durch Ertränken und 53 durch Vergiften, während 12 Selbstmörder durch Herabstürzen, 42 durch Ueberfahrenlassen und 25 durch Durchschneiden de» Halse« den gesuchten Tod fanden. Merkwürdigerweise wählen die meisten Selbstmörder gerade die schöne Sommerszeit, um diesem Erdenleben zu entrinnen, denn im Monat Mai schieden 153, im Juni 158, im Juli 163, im August 1^2, im September 144 Unglückliche freiwillig au« dem Leben. Döbeln. Die gestrige Weihe des auf dem hiesigen Niedermarkte errichteten Reiterdenkmal« sür den hochseligen König Georg gab Er. Majestät dem König Friedrich August Veranlassung, unserer Stadt einen kurzen Besuch abzu- statten. In seiner Begleitung erschienen der KriegSmintster Arhr. v. Hausen, der Generaladjutant Generalleutnant v. Müller und die Flügeladjutanten Major Frhr. v. Koen» neritz und Major v. Gchmaltz. Die Ankunft erfolgte mit Sonderzug von Zeithain vormittag« ^11 Uhr auf dem hiesigen Bahnhose. Zum Empfange waren dort anwesend KretShauptmann Frhr. v. BurgSdorsi, AmtShauplmann Dr. Hartmann, der mit der Führung de« Infanterie- regimrnt« Nr. 139 beauftragte Oberstleutnant Morgenstern- Döring und Bürgermeister Müller. In vier Wagen er folgte der Einzug unter Glockengeläut« und lebhaften Huldigungen der Bewohnerschaft in die Stadt. Die Bahn- hofßstraße entlang bildeten die Schüler der städtischen Schulen, de« Kgl. Realgymnasium« mit höherer Landwirt- schaftSschule und vor der Kaserne ein Bataillon Militär Spalter. Nach Eintreffen auf dem in einheitlichem Gir- landen- und Flaggrnschmuck prangenden Niedermarkte schritt der König die Ehrenkompagnle de« 139. Regiment« ab und trat sodann in einen Pavillon vor dem verhüllten Oertliches n«d Sächsisches. Riesa, 6. September 1911. — Die Manöver de« 19. Armeekorps finden in der festgesetzten Weise statt. Die Militärbehörden haben jedoch die umfassendsten Maßnahmen getroffen, um den unter der Trockenheit sowie den Folgen der Maul- und Klauenseuche leidenden Gemeinden in diesem Jahre die Manöverlasten möglichst wenig fühlbar zu machen. —* Die günstigen Erfolge, die mit dem Beitritt de« Berliner Postscheckamt« zur Abrechnungsstelle der Reichsbank gemacht worden sind (im Monat Juli find rund 14000 Postschecks im Gesamtbetrag« von über Milliarde Mk. durch die Abrechnungsstelle in Berlin verrechnet worden), haben dahin geführt, daß vom 1. September ab auch die Postscheckämter in BceSlan, Cöln, Frankfurt- (Main) und Leipzig den in diesen Städten bestehenden Abrechnungsstellen der Reichsbank als Mitglieder beitreten. Im Abrechnungs verfahren werden insbesondere die Postschecks ausgeglichen, die einer zur Abrechnungsstelle gehörenden Bank zur Ein ziehung übergeben worden sind. Die durch die Abrechnungs stellen auSzugleichenden Postschecks dürfen über höhere Be träge als 10000 Mk. lauten. — Mit dem 30. September 1911 laufen die Man date der zehnten Wahlperiode sür die Mitglieder und Stellvertreter de« der Königlichen Generaldirektion der sächsischen StaatScisenbahnen beigeordneten Eisenbahn rate» ab. Für die kommende elfte Wahlperiode, vom 1. Oktober 1911 bis 30. September 1914, stnd daher die 24 EisenbahnratSmitglieder mit ebenso vielen Stellver tretern von den zuständigen Behörden und Körperschaften neu zu wählen. — Infolge Versagen« der Schiffahrt auf einem großen Teil der Wasserstraßen sind in den letzten Wochen derart erhebliche Gütermengen vom Wasserweg auf die Eisenbahn übergegangen, daß der im letzten Jahre um fast 7 Prozent seine» bisherigen Stande« erweiterte Güterwagenpark der Eisenbahnen dem ungestümen Ver- kehrSandrang nur schwer gerecht werden kann. Die Nordd. Allg. Ztg. weist darauf hin, daß alle Maßnahmen zur Be schleunigung de« Wagenumlauf» (Einlegung von Bedarf«- güterzügen, beschleunigte Reparaturen) in Kraft gesetzt sind, daß die vorhandenen Bestände gleichmäßig verteilt sind, sowie daß in dem Vierteljahr vom 1. Juli bi« 30. Sep- tember rund 2600 neue bedeckte Güterwagen angeliefert werden. Die VerkehrStreibenden selbst können durch Aus nutzung des Ladegewicht« und durch schleunige Be- und Entladung zur Behebung der vorübergehenden Schwierig, keilen beitragen. — Ein neuartige« Kommißbrot soll während der Herbstmanöoer bei verschiedenen Truppenteilen erprobt werden. Da« Neuartige daran besteht nicht in einer neuen Zusammensetzung de« Mehle«, wie seinerzeit bei den sogen. Caprivi-Broten, oder in einer besonderen Backart, da« Mehl zu den neuen Kommißbrot wird vielmehr nach einem neuen Verfahren gemahlen. Diese« Mahlen hat «ine er- höhte Ausscheidung von Kleie zufolge, wodurch eine größere Ergiebigkeit de« Mehle« und eine gesteigerte Nahrhaftigkeit und Schmackhaftigkeit de« au» ihm hergestellten Brote« erzielt werden soll. — Der Verein Sächsischer Lokomotivführer ernannte den Präsidenten der Grneraldirektton der Kgl. Tächs. Staatsbahnen, Dr. Ulbricht zum EhrenMitgliede. — Der 27. Kongreß deutscher Zitherveretn« hatte Freunde diese« schon im frühesten Altertum bekannten und weitverbreiteten Saiteninstrument«, da« auch den alten Germanen zu Kunst und Kurzweil diente, au» ganz Deutsch- land in Meißen zusammengeführt. Sogar au« dem Aus lande — Oesterreich, Riga, Petersburg — waren einig« Mitglieder de» Verbände« erschienen, der, 18,77 in Kassel gegründet, gegenwärtig 63 Vereine und eine große Anzahl Einzelmitglteder auch jenseits de« Ozean« umfaßt und der Pflege dr« Zitherspiels zu größerem Ansehen verhelfen will. Vieler hat der Verband schon schaffen können, z. V. «in« einheitlich« Besaitung und Stimmung. De« diesmalig« Kongreß beschäftigte sich neben musikalischest ünd geschäft lichen Angelegenheiten insbesondere mit der Zeitung de» Verbandes, dem „Zentralblatt deutscher Zitherverein«-, dessen Erweiterung angestrebt wird. Von den geschäftlichen Angelegenheiten sei erwähnt, daß der bisherige Vorstand — Vorsitzender Paul Dorn-Leipzig, Kassieret Hgn» Schmidt- München, Schriftführer Albert Bernet-Leipzig — wieder gewählt wurde. Al« ÄerbandSdirigent wird auch weiterhin der Kammervirtuos Han« Thauer-MÜuch« amtieren. — Neben dem Genuß der Knust- und Paturschönheiten Meißen«, welcher durch die Witterung begünstigt wurde, widmete man sich auch ausgiebig der gemeinsamen Uebung der musikalischen Kunst. Den Anfang hierzu machte da» Borkonzert am Sonntag abend im Löwensaale der Geipel- burg, welcher die zahlreichen Besucher — e» waren gegen 200 Kongreßteilnehmer anwesend — kaum zu fassen ver mochte. — Da» Hauptkonzert am Montag abend hatte den großen Saal der Geipelburg vollständig gefüllt. —88 Nach einem Urteil des Eächs. Oberlandesgericht« kann öffentliche Aufforderung zum Boykott von Fleischerei-, Bäckerei-, Brauereibetrieben, Gastwirt schaften, Kolonialwaren-, Konfektion«, und anderen Ge- schäften seitens der Sozialdemokratie nicht mehr durch all- gemeine Polizeiverordnungen verboten und mit Strafe be- droht werden. Zu diesem neuesten Urteil des Sächsischen OberlandeSgericht» hat da» sächsische Ministerium de« Innern jetzt eine Verordnung erlassen und bemerkt zu der Entscheidung de» Oberlandesgerichts folgende«: In einem Urteil hat da« OberlandeSgericht Dresden erneut die Frage geprüft, ob die öffentliche Aufforderung zum Boykott elneh Geschäftsbetriebe«, die im wirtschaftlichen Kampf zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern erfolgt, schlechthin durch allgemeine Poltzeiverordnung rechtswirksam verboten und mit Strafe bedroht werden kann. Da« OberlandeSgericht hat dabei die Rechtrauffassung verlassen, die e« bisher hierin vertreten hat, und die oben erwähnte Frage ver- neint. Die betreffende Entscheidung spricht solchen Boykott aufforderungen die Eigenschaft an sich rechtswidriger Hand lungen ab. Dieser Stellung de« OberlandeSgericht« müßten die Polizeibehörden Rechnung tragen. Die» wird in der Weise zu geschehen haben, daß alle polizeilichen Boykott bekanntmachungen aufgehoben würden, deren Gültigkeit nach dem Urteil de« Sächsischen OberlandeSgericht« in Frage gestellt sei. Von einer bloßen Anpassung dieser Bekannt machungen an jene« Urteil ist abzusehen und vorläufig abzuwarten, welche Entwicklung das Boykottwesen nun mehr nehmen wird. In Fällen, in denen besondere Um stände «ine öffentliche voykottausforderung ausnahmsweise al» Verstoß gegen die guten Sitten erscheinen lassen, wird nach Befinden mit polizeilichen Gpezialverboten einge schritten bezw. der geschädigte Teil über sein Recht auf Schadenersatz verständigt werden können. —88 Auch im vorigen Jahre ist die Zahl der Lebensmüden wiederum leider eine sehr große »«Visen. Nach Mitteilungen de« KF. SSchs. Statistischen Lande«, amte« sind im Jahre 1910 im Königreich Sachsen nicht weniger al« 1521 Personen und zwar 1163 männlichen und 388 weiblichen Geschlecht« freiwillig au« dem Leben geschieden, gegen 1466 im Verjähre. Selbst die Zahl der jugendlichen Selbstmörder hat eine wenn auch nur geringe Zunahme erfahren, denn e» machten in Sachsen 20 Knaben