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Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 21.12.1914
- Erscheinungsdatum
- 1914-12-21
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1666408611-191412217
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1666408611-19141221
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1666408611-19141221
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Riesaer Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1914
-
Monat
1914-12
- Tag 1914-12-21
-
Monat
1914-12
-
Jahr
1914
- Titel
- Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 21.12.1914
- Autor
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Rintag, S1. Dezember lü14, abenbs. I. Bettake.znm „Riesaer Tageblatt >kot»ti«i»dnur uud ««lag von Langrr L »interlich in «iesa. — Für dir Redaktion verantwortlich: Arthur -sshnel in Riesa, sss. «7. Jahrg. Der DreikSnigstag in Malmö. Folgendes Communiqnee ist vorgestern abend nach der Abfahrt de- dänischen und de- norwegischen König- von Malmö veröffentlicht worden: Die Zusammenkunft wurde Freitag, den 18. Dezember, mit einer Rede des Königs Gustav eröffnet. Der König hob darin den ein trächtigen Willen der nordischen Reiche zur Neutralität hervor und betonte, wie wünschenswert eine fortgesetzte gemeinsame Arbeit zwischen den Reichen zum Schutze ihrer gemeinsamen Interessen sei. Der König erklärte ferner, eS sei das lebhafte Gefühl der Verantwortung vor der Mitwelt und Nachwelt gewesen, irgend etwas, was zum gemeinsamen Nutzen der drer Völker gereichen könnte, zu versäumen, das ihn bbwogen habe, die Monarchen Däne marks und Norwegens zur Beratung einzuladen. Die Rede Königs Gustav wurde von König Haakon und König Chri stian beantwortet. Beide bezeugten ihre lebhafteste Freude über die Initiative des Königs Gustav und sprachen die Hoffnung aus, daß die Zusammenkunft gute, segensreiche Folgen für die drei Völker haben möge. Die Zusammen kunft endete am 19. Dezember nachmittags. Die Ver handlungen zwischen den Königen und ihren Ministern des Aeußeren haben nicht nur das bestehende gute Ver hältnis der drei nordischen Reiche noch mehr befestigt, son dern es ist auch während der Verhandlungen die Einig keit in den besonderen Fragen, die von einer oder der anderen Seite zur Erwägung vorgelegt wurden, festgestellt worden. Schließlich ist man übereingckommen, die so glück lich eingeleitete gemeinsame Arbeit fortzuführen und zu diesem Zwecke, so oft die Verhältnisse dazu Veranlassung geben, neue Zusammenkünfte zwischen den Vertretern der Regierungen anzuordnen. kl ÄmM Rn lie küknm m MM UeLer die letzten Tage von Tsingtau schreibt Mr. Brace, ein Amerikaner, der als Berichterstatter der Asso ciated Preß Tsingtau nicht verlassen hatte, folgende inter essante Schilderung: Bei der Eröffnung der Feindseligkeiten zwischen Deutschland und Japan hatte man in vielen Kreisen den Eindruck, daß Tsingtau ein zweites Port Arthur werden würde, und es war in Deutschlands Interesse, diesen Ein druck zu verbreiten. Aber die Deutschen, die die Forts und die Verteidigungslinien erbaut hatten, wußten genau, wie schwer ihre Verteidigungsstellung sei und daß es unmög lich sei, sie lange gegen einen Angriff eines derartigen Feindes wie die Japaner zu halten. Am 29. und 30. Ok- tober war das Geschützfeuer von den Schiffen besonders heftig und am 31. Oktober um 6 Uhr morgens am Ge burtstag des Mikado begann das große Bombardement mit den aufgestellten Belagerungsgeschützen. Die Javaner hatten 140 Geschütze zur Verfügung, darunter 28-Zenti- Haubitzen, Mörser und eine große Anzahl 21- und 15- Zentimeter-Belagerunasgeschütze sowie Feld- und Gebirgs geschütze. Die ersten Geschosse bereits setzten die Werft in Brand, die Tanks der Standard Oil Company und der Adriat-Petroleum-Company. Als die Geschosse über die Brandstelle hinweggingen, schossen Flammensäulen in gro ßer Höhe auf, und man konnte sehen, wie die chinesischen Kulis vor den sich ausbreitetenden brennenden Oelmasscn llüchteten. Die Spitzen der Forts waren bald jn Staub und Rauchwolken verhüllt, während die Geschosse krachend über den Hügeln cinschlugen und über unsere Kopse hin-, wegsausten, um einen Operationspunkt, den die Deutschen auf einem Hügel in der Stadt gebaut hatten, zu treffen. Das heftigste Feuer war gegen die Redouten und Infan terie-Verteidigungslinien gerichtet. Am ersten Tage wur den 100 Chinesen in dem Dörfchen Taitung-Chien in der Nähe der Redouten von dem japanischen Feuer getötet. Vom 1. morgens bis zum 7. November, als die Garnison kapitulierte, war das japanische Feuer, das durch einen Ballon und Aeroplane, sowie durch Stationen auf Hügeln geleitet wurde, außerordentlich heftig während des Tages. Die Deutschen suchten Schutz in ihren bombenfesten Kase matten. Während der Pausen des japanischen Feuers ver suchten sie, das Feuer zu erwidern. Nach und nach ver schossen sie jedoch ihre Munition. Ein Schuß des japa nischen Schlachtschiffes „Suva" tötete acht Mann und zer störte eine 24-Zentimeter-Kanone im Fort Huttchien-Huk. Zwei große Geschütze auf dem Bismarckforts wurden bald außer Gefecht gesetzt. Jn Tschunuva und im JltisfortS wurden gleichfalls deutsche Geschütze zerschossen. Diese Ge schütze sind von den Japanern zerstört worden, während die Deutschen ihre eigenen Geschütze, für die sic keine Munition mehr hatten, mit Dynamit sprengten. Im Bismarckforts wurde noch bis zuletzt gefeuert. Als die Ja vaner schon die steilen Höhen des Bismarck-Hügels hinauf klommen, wurden erst die Geschütze gesprengt. Die Tage, die der Eröffnung des Bombardements folgten, waren voll aufregenden Einzelheiten. An einem Nachmittag war der Signal-Hügel das hauptsächlichste Ziel des feindlichen Feuers und der Flaggenstock wurde weggeschossen. Die Deutschen kamen aus ihren bombensicheren Unterkunfts räumen und unter dem heftigsten Feuer aus den schweren Belagerungsgeschützen hißten sie die Flagge am Mast der drahtlosen Station wieder auf, während rings um sie die Geschosse platzten. Auf einem Abhang nahe der Iltis-Forts war eine Batterie von 9-Zentimeter-Geschützen. Die Batterie stand außerordentlich exponiert und zog das Feuer von der Land- und von der Seeseite auf sich. Jn der Nacht gebrauchte Leutnant Brendel, der diese Batterie komman dierte, die List, daß er aus Holz gefertigte Geschütze zirka 200 Meter von seinen eigenen Geschützen aufstellte, und als am Morgen das Bombardement wieder anhub, ließ er Pul ver unter diesen „Holzgeschützen" zur Explosion bringen, sodaß die Japaner glaubten, sie hätten die Batterie zer stört. Durch diese List rettete er seine Leute und seine Ge schütze bis zum letzten Augenblick. — Am Morgen des ü. November stieg Lentnant Plüschow, unser Aviatiker, der wußte, daß der Fall von Tsingtau bevorstand, auf, flog über die Klautschou-Bai und kam noch aus der belagerten Festung heraus. Er ließ sich von den Chinesen mit seiner Maschine internieren, konnte jedoch auf diese Weise die letzte deutsche Botschaft, die nicht von den Japanern zen siert war, aus der Stadt herausbringen. Jn der Stadt war das Leben bis zum 31. Oktober normal, trotzdem die meisten der Nichtkampfer die Stadt verlassen hatten. Vom Morgen des 31. Oktober jedoch bis zur Kapitulation am 7. November waren die Straßen verlassen. Das we nige Leben, das noch in der Stadt herrschte, zentrali sierte sich in dem deutschen Klub, wo gewöhnlich einige Offiziere und Nichtkombattanten zum Krühstick, Mittag und einem Glase Bier erschienen. Bei einer Gelegenheit, als wir im Klub beim Frühstück faßen, hörten wir an dem Krachen der Geschosse, daß die Granaten in die Gegend des Klubs flogen. Eines der Klubmitglieder er- hod nch nervös von seinem Sitz, ein anderer nahm aber sein Glas und begann ein Lieb zu singen, in das sofort alle anderen einstimmteu. Unser Mahl wurde ohne weitere Störung beendet. Die letzte Nacht hörte das Geschtttzfeuer mcht auf. Die japanische Artillerie war besonders eifrig rang, dazu Gewehrfeuer und Maschinengewehr-Rattern. Die Japaner hatten ihre Stellungen bis auf wenige hun dert Meter an die deutschen Schützengräben vorgeschoben. Als das Artillerie-Feuer der Japner aufhörte und die Deutschen ihre Redouten verließen, um sich der javanischen Infanterie in dem Rest der deutschen Schützengräben zum Kampfe zu Kellen, fanden sie, daß die Japaner mit Ge wehr- und Maschinengewehrfeuer bereits den Ausgang der bombensicheren Stellung deckten. An diesem Pnnkte brachen die Japaner zuerst durch und einmal durchgebrochen, war die Stadt ihre. Die kleinen, gedrungenen Männer mit de» roten Achselstücken kamen um 6 Uhr morgens am 7. No vember, als die weiße Flagge auf den Forts aufstieg, zerrissen und schmutzig, mit Spaten , und Gewehr über der Schulter in die Stadt gezogen, aus allen Kräften „Banzai" rnfend. Der Adjutant des Majors von Keyser verlieg in Begleitung eines Trompeters und eines ande ren Offiziers kurz vor 6 Uhr mit der weißen Flagge daS Hauptquartier des Stabes. Jn der Verwirrung wurde der Trompeter erschossen und sein eigenes Pferd unter dem Leibe weggeknallt. Bei den Schlußverhandlungcn und auch während der Belagerung zeigten die Japner jede Achtung für ihre Feinde und die Deutschen gaben.allgemein zu, daß die BelagerungSovcrationen von den Japnern auf die anständigste Weise, die zivilisierter Krieg kennt, geführt worden war. Der Haß der Deutschen gegen die Eng länder war viel größer als gegen die Japaner. Als das »nglischc Schiff „Triumpf" durch einen Schuß getroffen wurde, war in Tsingtau mehr Freude, als wenn ein japa nischer Dreadnought untergegangen wäre. Als die Eng länder in die Stadt einzogen und beim Artillerie-Depot lagerten, war ihr Name als ein Fluch auf allen Lippen. Die Gefangenen zeigten in der verschiedensten Weise ihren Haß gegen die Engländer. Der erste Patrouillenritt ins Russische. Die Erzählung eines Neiteroffiziers. Aus den: Hauptquartier im Osten, 13. Dezember. Unter den vielen Kriegern aller Rangstufen und Trup pengattungen, die ich in diesem Kriege bisher kennen lernte, waren nur ganz wenige, die ihre Erlebnisse so anschaulich erzählten, daß man. sie schriftlich Wiedersehen könnte. Biele sind erstaunt, daß es überhaupt etwas zu schreiben gibt, was nicht schon in Sen W. T. B.-Tclegrammen steht. Es sei doch fast ein Tag so wie der andere und alle erlebten im großen Ganzen das Gleiche. Mancher hat wohl etwas Besonders erlebt und ist sich dessen auch bewußt. Er spricht aber nicht davon, am wenigsten zu einem Berichterstatter. Er ist geradezu entsetzt, daß ausgerechnet „seine Schandtaten" wie er sich ausdrückt, in die Zeitung kommen könnten. Es bedarf dann einer wahren Nabenschlauheit, um einem solchen sein Erlebnis zu entlocken. Man mutz darauf Pirschen, wie ein Jäger auf ein seltenes Wild. Aber gerade das Er lebnis des Einzelnen, was er erlebt und wie es sich in seiner Seele spiegelt, erscheint mir reizvoller und tiefer in das Wesen des Krieges hincinführenö, als die Massenbe wegungen der Heere, die letzten Endes doch nur dadurch eine Bedeutung erhalten, daß sie ungezählten Einzelnen im Felde und daheim zu einem großen individuellen Er lebnis werden. Als ich das letzte Mal für einige Tage in der Kampflinie weilte, sah ich einen jungen Neiteroffizier wieder, den ich hinter Bakalatzewv während eines Gefechts kennen gelernt und seitdem öfters wicdergesehen hatte. Ich wußte, daß er eine Reihe der tollsten Erkundungsritte bis weit hinter die feindlichen Linien gemacht hatte und versuchte zuweilen das Gespräch darauf zu bringen. Er sprang dann mitten in ein solches Erlebnis hinein. Man sah einen Streifen Feld aufblitzen, einen Waldrand, eine feindliche Patrouille und schwavp — ging der Vorhang wieder herunter, sodaß mir zumute war, als segle ich über zerrissenem Gewölk hin, das mir immer die Aussicht versperrte, wenn ich die Gegend genauer anschauen wollte. Versuchte ich, ihn bei dem Walbrande festzuhalten, so tat er einen tiefen Zug aus seiner Zigarre, sagte, „Ich rede nicht gern von mir", und sah mich verschmitzt aus den Augenwinkeln an, mit einem Ausdruck wie seine braune Stute, die immer lustig hinten ausfeuert, wenn ein Auto oder sonst etwas Bren nendes an ihr vorüber kommt. Keine List wollte helfen und ich dachte schon, ich würde unverrichteter Dinge — was den NciterSmann betrifft — diesen Teil der Front wieder verlassen, als ich am letzten Abend vor der Tür meiner I, MM WM Amtsblatt. Hiermit richten wir an die geehrten Postbezieher das höfliche Ersuchen, die Bestell««- , a«f das 1. Vierteljahr ISIS :: sofort:: bewirken zu wollen, damit in der Zustellung keine Unterbrechung Antritt. Der Postbezugspreis beträgt im Deutschen Z Reiche monatlich nur 69 Pfg., vierteljährlich ! Mark 2.67. MU der MM WWter ? Riesa, Äoethrftr. 59. r z Höhle stand und in die RabenfinfterniS htneinbltckte, an der ein fortwährendes Geknatter von den russischen Schützen gräben herüberklang. Plötzlich dröhnten zwei Schüsse au- unseren schweren Geschützen auf und im nächsten Augen blick verstummte das Geknatter. „Wie wenn man einen Stein in den Teich wirst, und die Kröche zu quaken aufhören. Guten Abend", sagte eine Stimme dicht neben mir aus der RabenfinfterniS. „Ich bring' ihnen die russische Proklamation, wenn eS ihnen recht ist." ES war der Rctterleutnant. Wir machten einen Tee, rauchten Zigaretten und lasen die Proklamation, worauf ich die Pistole auf den Tisch legte und sagte: „Sie sind rmu in der Höhle des Löwen. Wenn Sie wert darauf legen, lebendig hinaus zu kommen, müssen Sie vorher ganz genau und der Reihe nach Ihren ersten Patrouillenrttt erzählen, wobei ich mir auömache, den Galopp Ihrer Rede so oft auf zuhalten, als mir ein Rain oder eine Brücke nicht gan- greifbar vor Augen steht." Er hatte die Beine von sich gestreckt und sah mich vergnügt von unten her an, wieder mit dem Blick seiner braunen Stute, wenn sie lustig mit den Hinterhufen auSpfeffcrt. Dann sprang er auf und sagte: „Mit der Bedingung, daß unter keinen Umständen irgend jemand auch nur von fern auf den Gedanken kommen kann, daß ich diese Sache erlebt habe. DaS mutz ganz sicher sein." „Absolut schrapncllfichcr!" „Nein," rief er, „bombensicher. Auch eine 42-Zentimeter-Granate darf diesen Unterstand nicht durchschlagen!" „Gut, also bombensicher. Aber dann seien Sie nur tapfer im leugnen. Es gibt böse Menschen, die auf den Stranch schlagen." Wir gossen einen neuen Tee ans, verschlossen das Fen ster gegen die neugierige Nacht und Herr von — r — jich nenne ihn so, weil gerade dieser Buchstabe in seinem Namen fehlt.) begann: „Meine Patrouille war die erste, die bei Ausbruch des Krieges über die russische Grenze kam. Ich hatte acht Mann mit, sollte in Richtung Suwalki erkunden, ob, wieviel «nd wo russische Truppen im Anmarsch feien. Zwischen ein und zwei Uhr morgens ritten wir los. Der russische Kordon war überall besetzt? ich hatte schon die Tage vorher erkundet, Satz nur an einer Stelle ein Durchgang zwischen zwei kleinen Seen frei war. Müssen sie rein ver gessen oder übersehen haben. ES ging nur ein schmaler Fußweg im Walde hin. Wir ritten lautlos, einer hinter dem andern. Die Luft war dttsig, der Tau tropfte durch die Dämmerung, die nassen Zweige strichen überS Gesicht. Es war kalt, und ein merkwürdiges Gefühl, daS erste Mal gegen den Feind zu reiten, von dem nichts zu sehen war, de» aber jeden Augenblick auftauchcn konnte. Ans dem schmalen Pfad hätten zwei Mann genügt, uns alle herunter zu knallen. Marr hatte auch noch keine Kugel pfeifen gehört. Kurz, cs war ein ekliges Gefühl — ja daS ist LaS richtig« Wort — wie wenn einem die Hände steif werden. Dann ritten wir durch Matlak. Alles schlief noch und wir wenden uns nach Osten, in der Richtung auf Suwalki. Jetzt sahen wir die ersten feindlichen Patrouillen und Jnfanterle-Postierungcn an den Brücken. Die meisten er kannten uns nicht. Einer kamen wir zu nahe, kriegten Feuet und verschwanden rasch in einer Senke. Die Gegend dört ist voll von steilen Hügeln und Einschnitten, in denen man leicht Deckung findet — leider auch von Sümpfen, die wie Lcimsuden in den Gründen liegen, gerade wo die beste Deckung wäre. Bis Brzcbrot waren es immer nur ver einzelte Patrouillen, nm die »vir uns meistens herumlugen konnten. Von Brzcbrot an kamen geschlossene Truppen körper, einer hinter dem ander». Wir mutzten uns abseits halten und bekamen trotzdem viel Feuer und wurden von Kavallerie-Patrouillen gehetzt, denen wir aber immer in dem unsichtigen Gelände entwischten. Dazwischen konnte ich von den Anhöhen mit dem Glase weit ins Land blicken und feststellen, datz mindestens ein Armeekorps im Anzuge war. Der Himmel hatte sich aufgchellt,- die Sonne schien, das klamme Gefühl vom Morgen war verschwunden, ich fühlte mich sicher und frei und sah auch meinen Leute»» an, daß sie zu allem aufgelegt waren. Wir befände»» uns schon auf dem Rückweg, als uns ein paar Patrouillen aufs Korn kriegte,» und uns in eine» Wald hetzten, wo wir unS im Dickicht mehrere Stunden verborgen hielten. Endlich mach ten wir nns wieder auf die Socke»,- denn ich sagte mir, je länger wir drinbleibcn, desto mehr Russen kriegen wir vor uns. Kaum sind wir draußen, haben wir auch gleich wie der zwei Züge Dragoner im Nacken, von den dritten Schimmel, dragonern aus Suwalki. Wir los, was die Pferde laufen können auf Bakalatzewv, kommen glücklich auf die Höhen von Kamionka und die steile Böschung in die Schlucht runter, wo die Wiese sich nach Bakalatzewv herumzicht. Jetzt rüber. Aber bei den ersten Schritten versinken die Pferde im Sumpf. Es ist keine Möglichkeit hier durchzukommen. Link- vor uns ist ciu zurttckspringcnder See, rechts haben die Dragoner ausgcholt; die Kerle wußten offenbar, datz wir in -er Mause falle saßen. ES war ein scheußlicher Moment, — der Ge danke, bei der ersten Patrouille gefangen zu werden — pfui Teufel! Wie ich so scharf über die Wiese hinsehc, fällt mir ein schmales Band auf, das sich hier durchschlängelt, kaum zu sehen zwar, drauf zu — bei Gott, ein Kühetritt, auf dem die Dorfkühe zur Weide gehen. Er hielt uns auch: wir kamen alle gut hinüber und die jenseitige Böschung wieder hinauf. Aber oben kommen wir von neuem -in einen Sumpf, schmieren hier, arbeiten uns durch, die Gäule am Zügel oder oben, so gut jeder kann, alles tm tollster» Feuer: hier verlor ich einen Gefreiten, einen braven Kerl, ohne es gleich zu bemerken — hätt' ihm auch nicht helfen können im Sumpf. Wir mußten auf Tod und Leben gegen einen Wal- an reiten aus -em wir beschossen wurden. Aber war die ein zige Möglichkeit,- weil das Feuer von allen Seiten kam, und auf dem Felde an kein Durchkommen zu Senken war. Wir flitzten auch glücklich in den Wald rein und retten zwischen de» Bäumen kreuz und quer, Lis.wir im dicken Un terholz unsichtbar werden. Darin haben wir dann übernachtet." „Konnten sie sich wenigstens hinhauen?" frag ich in einem Anfall von Schläfrigkeit. „Jawoll — hinhauen!" Herr von — r — lacht verständnisvoll, „wenn die ostpreutzischen Pferde nicht die verdammte Gewohnheit hätten, ihren Gefühlen durch Wiehern Luft zu machen." Er sprang auf und hob die gespreizte Hand. „So mußten wir die ganze Nacht vor den Gäulen stehen, um ihnen sofort in die Nüstern zu fassen, sobald sic Miene »nachten, laut zu werden. Und das geschah fortwährend, weil sie die russischen Pferde ringsherum witterten. Wenn alles nichts half, gabS als ultima ratio einen „Jnsterburger", bas ist einen Ruck in die Fresse. Es mar hundekalt, wir froren wie die Schneider. Dabei hätt' ich heulen können um meinen Gefreiten. Die Leute hatten ihn fallen sehen, der Gaul war ihm erschossen. Er selbst hatte einen Schuß durch die Schulter und wurde, wie ich drei Monate später von einem alten Juden in Bakalatzewv erfuhr, als erster Gefangener von den Russen etngebracht und soll gut behandelt worden sein. Als es -»» dämmern anftng, schlichen wir unS au- -em Walde und kamen unbemerkt über da- Feld. Hinter einer
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