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Riesaer G Tageblatt «4. Jahr» Donnerstag, 3V. November 1»11, abends 2. 3. 4. U Blei-Merkblatt. Wie schützen sich Maler, Anstreicher, Tüncher, Weitzbinder, Lackierer und sonst mit Anstreicherarbeitev beschiiftigte Personen vor Bleivergiftung? Alle Bleifarben (Bleiweiß, Bleichromat, Massikot, Glätte, Mennige, Bleisuperoxid, PattisonscheS Bleiweiß, Casseler Gelb, Englisches Gelb, Neapelgelb, Jodblei u. a.) sind Gifte. Maler, Anstreicher, Tüncher, Weißbinder, Lackierer, und sonst mit Anstreicherarbeiten beschäftigte Personen, die mit Bleifarben in Berührung kommen, sind der Gefahr der Bleivergiftung ausgesetzt. Die Bleivergiftung kommt gewöhnlich dadurch zustande, daß Bleifarben, wenn auch nur in geringer Menge, durch Vermittlung der beschmutzten Hände, Barthaare und Kleider beim Essen, Trinken oder beim Rauchen, Schnupfen und Kauen von Tabak in den Mund ausgenommen oder während der Arbeit als Staub eingeatmet werben. Die Folgen dieser Bleiaufnahme machen sich nicht alsbald bemerkbar; sie treten vielmehr erst nach Wochen, Monaten oder selbst Jahren auf, nachdem die in den Körper gelangten Bletmengen sich soweit angesammelt haben, daß sie Vergiftungserscheinungen heroorzubringen imstande sind. Worin üutzert sich di« vletbergiftuuz? Die ersten Zeichen der Bleivergiftung pflegen in einem blaugraue» Saume am Zahnfleische, Bletsaum genannt, und in einer durch Blässe deS Gesichts und der Lippen sich kundgebenden Blutarmut zu bestehen. Die weiteren Krankheitserscheinungen sind sehr mannigfaltig. Am häufigsten tritt die Bleikolik auf: Der Kranke empfindet heftige, krampfartige, von der Nabelgegend ausgehende Leibschmerzen (Kolikschmerzen); der Leib ist eingezogen und hart; dabei bestehen häufig Erbrechen und Stuhloerstopfnng, selten Durchfall. In anderen Krankheitsfällen zeigen sich Lähmungen; sie betreffen gewöhnlich diejenigen Muskeln, durch welche das Strecken der Finger besorgt wird, und treten meistens an beiden Armen auf; ausnahmsweise werden auch andere Muskeln an den Armen oder Muskeln an den Beinen oder am Kehlkopfe befallen. Mitunter äußert sich die Bleivergiftung in heftigen Gelenkschmerzen; von ihnen werden meist die Kniegelenke, seltener Gelenke an den oberen Gliedmaßen ergriffen. In besonders schweren Fällen treten Erscheinungen einer Erkrankung des Gehirns auf (heftige Kopfschmerze», allgemeine Krämpfe, tiefe Bewußtlosigkeit oder große Unruhe, Erblindung). Endlich steht die Blei vergiftung mit dem als Schrumpfntere bezeichneten schweren Nierenleiden und mit der Gicht in einem ursächlichen Zusammenhänge. — Bei bletkranken Frauen sind Fehl- oder Totgeburten häufig. Lebend zur Welt gebrachte Kinder können infolge von Bleistechtum einer erhöhten Sterblichkeit in den ersten Jahren unterliegen. Don bleikranken Frauen an der Brust genährte Kinder werden mittels der Milch vergiftet. Abgesehen von den schweren, mit Gehirnerscheinungen einhergehenden Fällen, welche nicht selten tödlich verlaufen, pflegen dl« Bleivergiftungen meist zu heilen, wenn die Kranken sich der weiteren schädigenden Einwirkung de« Bleies entziehen können. Die Heilung tritt nach mehreren Wochen oder in schweren Fällen auch erst nach Monaten ein. Außerdem ist in den zu erlassenden Vorschriften vorzusehen, daß Arbeiter, welche trotz wiederholter Warnung den vorstehend bezeichneten Vorschriften zuwiderhandeln, vor Ablauf der vertragsmäßigen Zeit und ohne Aufkündigung entlassen werden können. Ist für einen Betrieb eine Arbeitsordnung erlassen (8 134 a der Gewerbeordnung), so sind die vorstehend bezeichneten Bestimmungen in die Arbeitsordnung aufzunehmen. 8 10. Der Arbeitgeber hat die Ueberwachung deS Gesundheitszustandes der Arbeiter einem von der höheren Verwaltungsbehörde hierzu ermächtigten, dem Gewerbeaufstchtkbeamten (8 139 b der Gewerbeordnung) namhaft zu machenden approbierten Arzte zu übertragen, der mindestens einmal halbjährlich die Arbeiter auf die Anzeichen etwa vorhandener Blei erkrankung zu untersuchen hat. Der Arbeitgeber darf Arbeiter, die bleikrank oder nach ärztlichem Urteil einer Blei erkrankung verdächtig sind, zu Beschäftigungen, bei welchen sie mit Bleifarben oder deren Gemischen in Berührung kommen, bis zu ihrer völligen Genesung nicht zulaflen. 8 11- Der Arbeitgeber ist verpflichtet, zur Kontrolle über den Wechsel und Bestand, sowie über den Gesundheitszustand der Arbeiter ein Buch zu führen oder durch einen Betriebs- beamten führen zu lassen. Er ist für die Vollständigkeit und Richtigkeit der Eintragungen, soweit sie nicht vom Arzte bewirkt werden, verantwortlich. Dieses Kontrollbuch muß enthalten: 1. den Namen dessen, welcher das Buch führt; den Namen des mit der Ueberwachung deS Gesundheitszustände« der Arbeiter beauftragten ArzteS; Vor- und Zuname, Alter, Wohnort, Tag deS Eintritt« und deS Austritt« eines jeden der.im Abs. 1 bezeichneten Arbeiters, sowie die Art seiner Beschäftigung; den Tag und die Art der Erkrankung eine« Arbeiters; 5. den Tag der Genesung; 6. die Tage und Ergebnisse der im 8 10 vorgeschriebenen allgemeinen ärztlichen Untersuchungen. Das Kontrollbuch ist dem Gewerbeaufsichtsbeamten (8 139 b der Gewerbeordnung), sowie dem zuständigen Medizinalbeamten auf Verlangen vorzulegen. 8 12. Die vorstehenden Bestimmungen treten am 1. Januar 1906 in Kraft. Die unterzeichneten Behörden machen die Inhaber von Betrieben, in denen Malers, Anstreicher-, Tüncher-, Weisibinder- oder Lackierer-Arbeiten auSgeführt werden, er- neut auf die nachstehenden am 1. Januar 1906 in Kraft getretenen Vorschriften mit dem Bemerken aufmerksam, daß Abdrücke der Bekanntmachung zur Aushändigung an die Arbeiter von den Druckereien von Arthur Schönfeld in Dresden, Zinzendorsstraße Nr. 23, und Julius Pickenhahn in Glauchau, sowie von der Verlagsbuchhandlung von C. G- Roß berg in Frankenberg i. Sa. bezogen werden können. Großenhain und Riesa, am 23. November 1911. Königliche Amtshauptmannschaft. Der Stadtrat. Das Riesaer Tageblatt erscheint jeden Ta, abend« mit Ausnahme der Sonn- und Festtage. Vierteljührlicher Bezugspreis bei Abholung in der Expedition in Riesa 1 Mark SO Psg., durch unsere Träger frei tnS Hau« 1 Mark 65 Psg., bei Abholung am Schalter der kaiserl. Postanstalten 1 Mark 65 Psg., durch den Briefträger frei in« Hau« 2 Mark 7 Psg. Auch MonatSabonnementS werden angenommen. Anzrigen-Annahme sür die Nummer deS Ausgabetage« bis vormittag 9 Uhr ohne Gewähr. Rotationsdruck und Verlag von Langer L Winterlich in Riesa. — GeschästSstelle: Gorthestraße 59. — Für die Redaktion verantwortlich: Arthur Hähnel in Riesa. Telegramm-Adress« .Tageblatt*. Riesa. für dl- König!. AmtShauptmannschast Großenhain, das König!. Amtsgericht und dm Rat der Stadt Riesa, sowie den Geniemderat Gröha. Auf Grund des 8 120 o der Gewerbeordnung hat der Bundesrat für Betriebe, ltt denen Maler-, Anstreicher-, Tüncher-, Weißbinder, oder Lackierer-Arbeiten auSgeführt werden, folgende Vorschriften erlassen: I Vorschriften sür die Betriebe des Maler-, Anstreicher-, Tüncher-, Weitzbtuder- oder Lackierergewerbes. 8 1- Bel dem Zerkleinern, dem Mengen, dem Mischen und der sonstigen Verarbeitung von Bleiweiß, anderen Bleifarben oder ihren Gemischen mit anderen Stoffen in trockenem Zustande dürfen die Arbeiter mit den bleihaltigen Farbstoffen nicht in unmittelbare Be- rührung kommen und müssen vor dem sich entwickelnden Staube ausreichend geschützt sein. 8 2. DaS Anreiben von Bleiweiß mit Oel oder Firnis darf nicht mit der Hand, sondern nur auf mechanischem Wege in Behältern vorgenommen werden, die so eingerichtet sind, daß auch bei dem Einfüllen deS BleiweißeS kein Staub in die ArbeitSräume gelangen kann. Dasselbe gilt von anderen Bleifarben. Jedoch dürfen diese auch mit der Hand angerieben werden, wenn dabet nur männliche Arbeiter über achtzehn Jahre beschäftigt werden und die von einem Arbeiter an einem Tage anzureibende Menge bei Mennige 1 Kilogramm, bei anderen Bleifarben 100 Gramm nicht übersteigt. 8 3. DaS Abschlcifen und Abbimsen trockener Oelfarbenanstriche oder Spachtel, welche nicht nachweislich bleifrei sind, darf nur nach vorheriger Anfeuchtung auSgeführt werden. Der Schleifschlamm und die beim Abschleifen und Abbimsen entstehenden Abfälle sind, bevor sie trocken geworden sind, zu entfernen. 8 4. Der Arbeitgeber hat dafür zu sorgen, daß sich die Arbeiter, welche mit Bleifarben oder ihren Gemischen in Berührung kommen, mit Malerkitteln oder anderen vollständig deckenden ArbeitSanzügen und einer Kopfbedeckung versehen und sie während der Arbeit benutzen. 8 5. Allen Arbeitern, die mit Maler-, Anstreicher-, Tüncher-, Weißbinder- oder Lackierer- Arbeiten beschäftigt werden, bst denen sie Bleifarben oder deren Gemische verwenden, müssen Waschgefäße, Bürsten zum Reinigen der Hände und Nägel, Seife und Handtücher zur Verfügung gestellt werden. Werden solche Arbeiten auf einem Neubau oder in einer Werkstatt ausgeführt, so muß den Arbeitern Gelegenheit gegeben werden, sich an einem ftostfreten Orte zu waschen und ihre Kleidungsstücke sauber aufzubewahren. 8 6. Der Arbeitgeber hat die Arbeiter, welche mit Bleifarben oder deren Gemischen in Berührung kommen, auf die ihnen drohenden Gesundheitsgefahren hinzuweisen und ihnen bei Antritt des ArbeitSverhältnisseS daS nachstehend abgedruckte Merkblatt, sofern sie e» noch nicht besitzen, sowie einen Abdruck dieser Bestimmungen auSzuhändigen. II. Vorschriften für Betriebe, in denen Maler-, Anstreicher-, Tüncher-, Weiszbinder- oder Lackierer-Arbeiten im Zusammenhänge mit einem anderen Gewerbebetrieb auSgeführt werde». 8 7- Für die Beschäftigung von Arbeitern, welche in einem anderen Gewerbebetriebe ständig oder vorwiegend bei Maler-, Anstreicher-, Tüncher-, Weißbinder- oder Lackierer-Arbeiten verwendet werden und dabei Bleifarben oder deren Gemische — und zwar nicht nur gelegentlich — benutzen, gelten die Bestimmungen der 88 1 bis 6. Findet eine solche Beschäftigung in einer Fabrik oder auf einer Werst statt, so gelten außerdem die Bestimmungen der 88 8 bis 11. 8 8. Den Arbeitern muß ein besonderer Raum zum Waschen und Ankleiden zur Verfügung gestellt werden, der sauber zu halten, bei kalter Witterung zu Heizen und mit Einrichtungen zur Verwahrung der Kleidungsstücke zu versehen ist. 8 9- Der Arbeitgeber hat für die Arbeiter verbindliche Vorschriften zu erlassen, welche folgende Bestimmungen für die mit Bleifarben und deren Gemischen in Berührung kommen- den Arbeiter enthalten müssen: 1. die Arbeiter dürfen Branntwein auf der Arbeitsstätte nicht genießen; 2. die Arbeiter dürfen erst dann Speisen und Getränk« zu sich nehmen oder die Arbeitsstätte verlassen, wenn sie zuvor die ArbeitSklrider abgelegt und di« Hände sorgfältig gewaschen haben; 3. die Arbeiter haben die ArbeitSklrider bei denjenigen Arbeiten, für welche iS von dem Arbeitgeber vorgeschrieben ist, zu benutzen; 4. da» Rauchen von Zigarren und Zigaretten während der Arbeit ist verboten. und Anzeiger (Elbeblatt mid Anzeiger). Amtsblatt