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wieder nach Hause, ihr Vater muß dauu aber den Braut preis, der für seine Tochter gezahlt wurde, wieder herausgeben. Eine Heirat unter den Schwarzen ist also eigentlich eine Art Kuhyandel. Wer viel Kühe hat, kann sich viel Frauen kaufen. Die Frauen eines Mannes wohnen entweder in einzelnen .Hütten mit ihren Kin dern getrennt oder alle zusammen mit dem Mann in einer einzigen Hütte, je nachdem der Mann Geld und Besitz hat. Hütten zu bauen. Sie kochen dem Mann das Essen und er ißt bei ihnen reihum. Die Frauen sind auch sonst noch recht fleißig. Sie bebauen die Mais-, Kartoffel- und Zuckerrohrfelder, versorgen das Vieh, nur das Hüten besorgen die Kinder oder der Mann, und da heim flechten sie Matten aus einer Art Schilf und Taschen und Säcke aus den festen Fasern einer Grasact. Die Knaben und Männer schnitzen Löffel, Tabaksdöschen und Pfeile, die die Männer mit der Spitze in scharfes Gift tauchen. Damit gehen sie auf die Jagd, den gro ßen Bogen spannen sie mit Leichtigkeit. Diese Giftpfeile töten augenblicklich, Mensch und Tier ist auf der Stelle durch solch einen Pfeil veruichtet, und ein einziger Pfeil genügt, um den stärksten Löwen oder Elefanten zu töten, wenn er gut trifft, und dec Paremann ist ein Meister im Pseikschießen. Aber die Jagd bringt in den Bergen nicht mehr viel ein; denn das meiste Wild hat sich in die Steppe zurückgezogen. Die Hauptarbeit des Mannes ist daher die Feldarbeit. Er muß das Gestriipp, das überall wuchert, niederbvennen oder ausroden und dann den Boden mit der Hacke oder dem Grabestock lockern, das ist eine sehr schwere Arbeit, da der Boden oft lange keinen Regen bekommt und darum steinhart ist. Für heute möchte ich meine Erzählung über die Vudeeleute unterbrechen, um Euch von unserem Weih nachten zu berichten, damit das liebe Fest nicht gar so weit zurückliegt und womöglich schon bei Euch der Oster hase im Strauch sitzt. Wie Ihr Euch nach allem, was ich jetzt von Vudee erzählt habe, denken könnt, ist eS zu Weihnachten hier in der Natur ganz anders als bei Euch. Wir haben da gerade die kleine Regenzeit, während am Kilimanjaro schon heiße Zeit ist. So kam cs, daß der Himmel am Heiligen Abend bedeckt war und etwas Wind und Regen ein halbwegs ähnliches Wetter vortäuschten, .nie es manchmal auch daheim zu Weihnachten ist, wenn Frau Holle vergißt, die Federn herabzuschütteln. Ich sagte, Vortäuschen, denn schon am ersten Feiertag war wieder echt afrikanische Hitze. Wie Ihr zur Mette geht mit Euren bunten Laternen, so kamen auch die Schwar zen am Heiligen Abend zur Christfeiec, die, wie auch der sonntägliche Gottesdienst, in dem vorhin beschriebenen Schulhause abgehalten wurde. Aber freilich leuchtete ihnen nur das Licht der Sterne auf dem Heimwege. Beim Klang der Weihnachtslieder (im Tschasu gesungen natürlich), bei den tvenigen flackernden Lichtern in dem dunklen einfachen Raume und inmitten der dunkelfar bigen Gestalten mußte ich immer denken: „So ähnlich hat es wohl im Stall zu Bethlehem ausgesehen bei der Geburt des Herrn und bei der Anbetung durch die Weisen aus dem Morgenlande." Es war so feierlich, diese Schwarzen von Vudee, die alle noch Heiden sind, so andächtig die Weihnachtsgeschichte verlesen und von ihnen die lieben Weihnachtslieder zu hören. Nach der Feier sprangen die Kinder nns ins Haus voran, wo eine mit Lichtern geschmückte Ccder (dem Lebensbaum ähnlich) als Christbaum brannte. Hier wurden unter Gcigenkiaug die Lieder noch einmal gesungen, während die Lichter sich in den dunklen staunenden Augen der Schwarzen spiegelte». Unsre bohs bekamen ihre Geschenke: ein Hemd, Buch, Seife, Mundharmonika re., die andren Kiniwr aber wur den für den nächsten Nachmittag bestellt, damit sie sich da durch Spiele kleine Preise erobern sollten. Sic waren ganz aus dem Häuschen bei dieser freudigen Aussicht, und nach dem Gottesdienst am 1. Feiertag, dec gegen 11 Uhr zu Ende war, ging kcins mehr nach Hause, son dern sie blieben unter Lachen und Springen vor unsrem Hause, als wollten sie uns belagern. So begannen wir denn schon zu Mittag die Spiele. Zuerst kam Seilklet tern an die Reihe. Wie Acffchen, so behende und schnell,- waren die großen und kleinen Jungen oben, und unter lautern Jubelgcschrci der untenstehenden großen Schar wurde jedesmal der Preis heruutcrgerissen. Hing ein Gürtel, eine rote Mütze oder ein Buch droben, so reckten sich viele Hände zugleich nach dem Seil, jeder wollte den kostbaren Preis erringen. Die Mädchen standen noch von fern, sie trauten sich nicht soviel Kraft zu, am Seile hochzukommen. Ms aber Perlenketten hochgezogen wur den, da stürmten auch sie auf das Seil mit lautem Ge schrei zu. Perlen! Die wollten sie aus jeden Fall haben,- die meisten erreichten auch den Preis und hingen mit glückstrahlendem Gesicht die Perlen um den braunen Hals, viele aber kamen nur ein Stück hinauf und mußten sich das gutmütige Lachen der andren gefallen lassen. Damit aber -cvuch die Mädchen alle zu ihrem Recht kommen sollten, so mußten sie um die Wette im Sack Hüpfen und dann mit einer Blechbüchse aus dem Kopf, die voll Wasser war, um die Wette laufen. Sie sind jck sehr geschickt im Tragen von allerlei Dingen aus dem Kopf, wobei sie keineswegs mit den Händen die Dingo ten, sondern frei balancieren, aber beim Wettlauf verlos doch manche das Wassergesäß, und ivenn ihr das kalte Bad um die Ohren spritzte und auch die nahestehenden Kinder mit.naß wurden, dann gab's erst Spaß. ES war! überhaupt ein solch Geschrei, daß einem die Ohren weh taten, ohne das geht's beim Schwarzen nun einmal! nicht.- Mit ängstlichen Augen sahen dagegen die, welche noch keinen Preis errungen hatten, wie der Kasten innnev leerer wurde. Da mußte ein Trost gefunden werden. Ich holte die vielen Bildchen, die meine kleinen Freundinnen aus Deutschland für die Schwarzen geschickt hatten, und wollte sie verteilen. Sie wurden mir fast aus der Hand gerissen, weil jedes Kind eins haben wollte. Sie neh men aber nicht jedes Bildchen gern, Blumen z. B. achten sie gering, lieben aber Bilder von Tieren und Menschen sehr. Die Knaben dursten dann noch nach leeren Flaschen mit Pfeilen schießen, wobei schon die kleinen sechsjährigen Bübchen mit ihrem großen Bogen antra ten. Fast jeder Pfeil traf eine Flasche, dec Schütze durfte sie mit nach Hause nehmen. Eine leere Flasche erscheint den schwarzen Ingens schon als großer Schatz. Unter Lachen und Jubeln zogen sie dann alle heim, als die Sonne sank. „Danke schön!" sagte keins, das haben die Vudeekinder noch nicht gelernt, aber war ihre Freude nicht Dank genug? Das war unser Weihnachten- Es war ein schönes Weihnachten! — Herzlich grüßend, schließt heute / Eure ' ' Else Hübner-Oldewage. ^ Denk- nnd Sinusprnche. Diel Klagen hör' ich oft erheben Vom Hochmut, den der Große übt; Der Großen Hochmut wird sich geben, Wenn unsre Kriecherei sich gibt. Bürger, k ' Wer mit dem Leben spiclt,- Kommt nie zurecht; Wer sich nicht selbst befiehlt/ Bleibt immer Knecht. Munterkeit ist zu jedem gnien Erfolge unentbehrlich. * Hast du ein Wort ausgesprochen, so beherrscht cs dich; vorher beherrschest du das Wort. Arabisch. Truck und Verlag von Langer L Winterlich, Riesa. — Für die Redaktion verantwortlich: Hermann Schmidt, Riesa. CrKhler an der Elbe. Belletr. GratisVeilage zum „Riesaer Tageblatt". m. IS. Mel«, »t» SS. Mir, n»l. »t Sauueusehnsncht. Roman von Freifrau Gabriele von Schlippenbach. (Herbert Rtvulet.) Fortsetzung. Die Frau Majorin war so überrascht, daß sie nicht gleich antwortete. Herr August Schrader nannte die von ihm bestimmte Summe, sie war reichlich bemessen. Den gestammelten Dank schnell abschneidend 7 verabschiedete sich der edle Menschenfreund. — „Wir sind durch dich vor Not geschützt, mein Kind," dachte die Majorin, „aber ach! wie fehlst du mir!" — Es wurde beschlossen, die Wohnung zu behalten. Willi hatte das Abiturium bestanden und sollte im Herbst in das Polytechnikum eintreten. Ende Mai bekam Emmy einen Brief aus Schorn- stätten, der sie aufforderte,- den Sommer dort zu ver leben. Elfriede schrieb: 7,Von Bruno hörten wir lange nichts." Ja, das war es, was Emmy quälte, tvas ihr den stillen Kummer bereitete, über den sie mit niemand reden konnte. — Sie las die Zeitungen in zitternder Angst. Die Kämpfe mit den Herero forderten Opfer; wie würde das enden? Immer neue Soldaten schifften sich nach Afrika ein, immer neue Verlustlisten brachten Trauer über die Familien. Und da stand es eines Tages, wovor die in Schorn- stätten gebangt hatten: 7,Leutnant Bruno von Schorn schwer verwundet." Auch Emmy las es, und ihr Herz trauerte. Elfriede schrieb jetzt oft. Sie teilte der Freundin mit, daß ihr Bruder im Lazarett lag. Sobald ec reisen durste, sollte er nach Schornstätten trans portiert werden. >,Gottlob, er bleibt am Leben," dachte Emmy auf atmend, „ich werde ihn Wiedersehen." Sie war, als die Ferien angingen, in Schornstätten» wo sie in alter, herzlicher Art begrüßt wurde; Frau Ludolfs und Willi begleiteten Wests nach Deep. Von Lörsbachs kamen Briefe au die treuen Freunde; sie waren inmitten der Alpen, im' Berner Oberland. Der Hauptmann erholte sich täglich mehr und fühlte sich imstande,- seinen Dienst im Herbste wieder an- itreteu zu können. „Mutring, die beginne» cm neues Leben," sagte West,- „sic haben sich wiedcrgcfunden. Die schwere Prüfungszeit hat Irmgard geholfen, ein besserer Mensch zu werden. Gotl. schreitet ein, wenn cs not tut. Es mußte etwas geschehen: nm Frau von Lörsbach die Augen zu öffnen." Elfriede holte Emmy m der Pouyequipage von der Bahn-ab. Tie in tiefe Trauer gekleidete Freundin sah so angegriffen aus, das; Elfriede erschrak und sich vorucihm, sic recht zu pflegen. „Er fehlt. Voriges Jahr war Ernst noch hier". Ost dachte Baronesse von Schorn cs still und traurig. Ein Ausoruck nachdenklichen Ernstes lag jetzt auf oen Zügen des jungen Mädchens, nnd sic lachte nicht mehr so oft wie früher. — Frau Marie bereitete alles zum Empfange des Sohnes Vor, der erst gegen Mitte Juli cintreffeu konnte. Seine Verwundung hatte ihm den linken Fuß gekostet. und daS Fieber der Tropen hatte ihn gepackt. Trotz dem schrieb er heitere Briefe nach Hause. Ein kleiner Zettel lag einmal in einem Brief an Elfriede; er war für Emmy bestimmt und lautete: „Mein treuer, kleiner Kamerad, ich kehre als ein anderer Mensch nach Deutschland zurück, als Krüppel, aber innerlich gesundet, frei von dem, was mir früher anhastete. Ich habe die Schule des Lebens durchgc- macht und nicht umsonst! Daß ich Sie jn Schornstätten finde, ist mir eine große Freude! .In herzlicher Freundschaft Ihr Kamerad Bruno von Schorn." „Freundschaft!" dachte Emmy. „Ist es Freundschaft, was mein Herz so schnell pochen macht beim Gedanken an das Wiedersehen? Er iist mir durch unseren Brief wechsel mehr geworden, viel mehr. Und doch, ich muß es mir aus dem Sinne schlagen, es darf ja nimmer sein. Ich, die kleine, graue Motte, die Schattenblume, und er, der Aristokrat, der Sohn reicher Eltern?" : So befreundet Elfriede nnd Emmy waren, sie sprachen nie über das, was sie in bezug auf ihre Brüder be wegte. Wohl hatte Emmy die still verschwiegene Liebe Ernsts geahnt, und in letzter Zeit war auch der Baro nesse manches aufgefallen : der schnelle Wechsel der Farbe auf dem Gesicht Emmys, wen» von Bruno die Rede war, die sehnsüchtige Traurigkeit, wenn sie sein Bild anschaute. Sollte auch sie lieben? Es konnte ja nie etwas daran werden, die Ettern würden es nicht zugeben. — Graf Leopold Rombeck war noch auf der Reise niemand wußte, wann er heimkehrte. Baron Schorn holte den Sohn aus Kiel ab: Mutter und Schwester hatten alles zu seinem Empfange vor bereitet und erwarteten ihn voll banger Sehnsucht. Emmy hatte sich zurückgezogen, als die Stunde der Ankunft nahte; ihr feines Taktgefühl verbot es ihr, beim ersten Wiedersehen der Familie zugegen zu sein. Sich schwer auf den Arm seines Vaters lehnend, verließ der junge Offizier den Wagen. In der Hand hielt er eine Krücke, auf die er sich stützte: das rechte Hosenbein hing schlaff herunter, der Fuß fehlte ja. Und wie mager und gelb war das blühende, lebens frohe Gesicht geworden! Tas Fieber leuchtete aus den tief eingesunkenen Augen, das Haar lag feucht und gelichtet an den Schläfen, die straffe Gestalt war zu- sammengefalteu. „Bruno, mein armer Junge!" Frau Marie ist weinend Dis an den Fuß der Treppe geeilt, sie schlingt dje Arme um den Sohn und preßt ihn an sich. Elfriede steht daneben und unterdrückt ihr Schluchzen. >,Na, na," poltert Baron Schorn in seiner rauhen Art, die jedesmal eine Rührung verbirgt, „um alles iu der Welt, Mutttug, Friedel, seid froh, daß wir ihu überhaupt wieder haben! Alles andere findet sich! Wir werden Dich schon hoch bringen, mein Junge!" Bruno sieht seine Lieben an, dann das alte Schloß; ein Seufzer der Befriedigung hebt seine Brust. r,Ter verlorene Sohn kommt heim," sagt er, „wie wohl das tut." Run liegt er auf der schattigen Veranda, alle sind bemüht, ihm etwas Liebes zu erweisen. Tie Kinder Irmgards sind zuerst scheu, dann werden sie zntrau-