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2. Beilage znm „Riesaer Tageblatt DieaStag, SS. Ratzember lU18, «»ea»S «S. Aahrg. A«S »«er Welt. Halle a. S.: Das Schwurgericht Halle hat gestern Hebamme -Hildebrandt in Böhlau. die zahlreichen Petroleum hervorgeschleudert und die glücklichen Besitzer diese» Landes — in 100 Lagen! — zu zehnfachen Millio nären gemacht. Kein Wunder, Hatz diese mit märchen hafter Schnelle erworbenen Reichtümer die Phantasie der Menschen verlockte, und so kam e» auch, als in den letz- ten Jahren auch Güdkalifornien Oelfunde verzeichnete, daß ganze Scharen von „Oil ProspecterS", eine ganze Armee von Petroleumsuchern über da» Land hereinbcach und überall die charakteristischen, sich nach oben ver jüngenden Turmgerüste, die „Derricks", errichtete. Die Gesetzgebung der Bereinigten Staaten kam diesen Oel- gräbern zustatten; die Bergwerksgesetzgebung bestimmt, daß der Anspruch auf das Land und Ausnutzung seiner Oelschätze demjenigen zukommt, der als erster aus dem Boden Petroleum fördert, und so kam eS denn auch, daß man oft der Zeuge aufregender Wettkämpfe werden konnte. Seite an Seite errichteten dann die Neben buhler ihre Turmgerüste, mit fieberhafter Hast trieb man die Bohrmaschinen zu ihrer höchsten Leistungskraft, und angstvoll starrte man hinüber zu dem Rivalen, ge- peinigt von der Furcht, daß das Glück ihm lächelt und seinem Bohrer die erste Berührung mit dem Petroleum verleihen könnte. Blicke des Hasses und der Eifersucht gingen dann von Nachbar zu Nachbar, unk» die Geschichte der kalifornischen Petroleumindustrie verzeichnet manche Fälle, in denen diese gegenseitige Erbitterung der Petro leumjäger zu Täte» führte und Blut fließen ließ. Die gewagtesten Spekulationen mußten dazu dienen, um lüh neu Männern, die gestern noch kaum ein paar Dollar ihr eigen nannten, zu Macht und Reichtum emporzuführcu, und auch der echte amerikanische „Bluff" vollbrachte rast los neue Wundertaten. Los Angeles kann davon sein Lied singen. Nur ei» Beispiel, das nicht weit zurückliegt. Eines schönen Morgens hatten verwegene Petroleum jäger einen der fashionablcsten Stadtteile von Los Ange les zu ihrem Waidgrund gemacht; am Wilshire Boule vard, in den Billengärten, also auf privatem Grund besitz, begann sie zu bohren. Und sie hatten das Ge setz aus ihrer Seite, denn jene Ländereien waren vor Jahren der Southern Pacisic-Eisenbahn als Agrikultur land von der Regierung überlassen worden. Die Gesell schaft hatte das Land parzelliert und in Baugrundstücke eingeteilt. Allein die seinerzeit von der Regierung er worbenen Rechte schlossen das Schürfrecht nicht ein, findige Spekulanten erwarben ordnungsgemäß dieses Recht von den Bergbehörden und stellten vergnügt ihre Bohrer auf. Tief mußte die Bahngesellschaft in ihren Säckel greifen, um die petroleumhungrigeu Eindring linge abzufinden, denn wenn sie wirklich Petroleum entdeckt hätten, wäre das G^ände als Bergwerkosi^t der Bahn verloren gewesen. die , Frauen und Mädchen aller Stände verbotene Hilfe ge leistet hat, zu 10 Jahren Zuchthaus verurteilt. — Frankfurt a. M.: Der Direktor der Gewerbebank tn Lollar im Kreise Gießen wurde wegen Veruntreuung von 500000 Mark in dem Augenblick verhaftet, al» er im Begriff stand abzureisen. — Hamburg: Der 24 Jahre alte Steinsetzer Rudolf Albers wurde wegen Raub mordes an der in Moorfleet bei Hamburg wohnhaften Frau des Gemüsebauers" Eggers zum Tode verurteilt. — Paris: Ein furchtbarer Unglücksfall ereignete sich, wie schon gestern kurz gemeldet, in der Nähe von , Reims. In einem Automobil, das der Abbee Kvelen von der Andreaskirche in Reims steuerte, saßen seine 65- jährige Mutter und seine verheiratete Schwester mit ihren beiden Töchtern und ihrem Sohn. Der Pfarrer hatte einen Ausflug in die Weinberge veranstaltet und kehrte gegen 6 Uhr abends nach Reim» zurück. Da» Automobil war gerade aus einer Ortschaft hinauSge- fahren, als sich der Abbee durch einen Lichtschein täu schen ließ, der sich abseits vom Wege zeigte. Er steuerte den Wagen in einen Seitenweg hinein, als er plötzlich bemerkte, daß dieser Weg direkt auf einen Kanal führe. Er wollte anhalten, aber es war zu spät. Da- Auto mobil sprang mit einem Satz in den Kanal. Der Abbee konnte nur sich und die Mutter retten, während seine Schwester und die drei Kinder, die im Innern des Wagens saßen, nicht mehr rechtzeitig herauSkommen konnten und ertranken. Als der Pfarrer seine Ange hörigen tot am Ufer liegen sah, verlor er den ver stand. — Liss abon: An Bord des Dampfers „Kangean" der sich auf der Fahrt von Batavia nach Amsterdam befindet, ist kurz vor seiner Einfahrt in den Hasen von Lissabon Feuer ausgebrochen. Trotzdem die gesamte Hafenfiuerwehr von Lissabon sofort die Löscharbeiten aufnahm, ist es bisher nicht gelungen, der Feuersbrunst Herr zu werden. Man befürchtet vielmehr, daß daS Schiff vollkommen ein Raub der Flammen werden wird. Menschen sind bei dem Brande nicht ums Leben ge kommen. — London: Der, auf dem Wege von Paris nach London im Juli dieses Jahres mit großer Kühn heit ausgeführte Diebstahl des kostbaren Perlenhals bandes, das einen Wert von über zwei Millionen Mark repräsentierte, hat seine Sühne gefunden. Die vier Diebe, die im September in London festgenommen wurden, wurden sämtlich zu längeren Freiheitsstrafen verurteilt, und zwar Grizzard und Lockett zu je 7 Jahren, Silverman zu 5 Jahren und Gutwirth zu 18 Monaten Gefängnis. — Die Antisklaverei-Gesellschaft zum Schutze der Eingeborenen, die ihren'Sitz in London hat, hat an das auswärtige Amt einen umfangreichen Bericht ein gesandt, der Hwtest erhebt gegen die Greuel, die seitens V» w Iwalik in tzänlmiiiM. TK. Juvnrr schärfer hebt sich von dem LhaoS der iktstoffe zwischen Mexiko und der Union da- eine ßo Problem ab, das nach dem Urteil der Kenner -I tzem Interessengegensätzen der beiden benachbarten eine verhängnisvolle Rolle zu spielen scheint: Kampf um das Petroleum. Weit reichen die Arme ter amerikanischen Petroleummagnaten. Der von der brutschen Regierung eingebrachte Gesetzentwurf über den Handel mit Leuchtöl, der un» von der Abhängigkeit von' ho« amerikanischen Petroleumtrust befreien möchte, ist nur ein Symptom unter vielen. Auch auf Mexikv, wo tu jüngerer Zeit reiche Petroleumquellen entdeckt wur- den, lastet bereits die Hand der amerikanischen Groß- ruteressenten, die sich in die Herrschaft über die meri- Ionischen Petroleumfelber mit der englischen Pearson Oelgesellschaft teilen. DaS Uebergreifen des Petroleum- kW«» auf die Westseite des nordamerikanischen Kon- tinentS ist verhältnismäßig jungen Datums, aber seit dem im südlichen Kalifornien und in den nördlichen Päcific - Provinzen Mexikos die Petroleumfunde sich häuften, ist eS über Nacht wie ein Rausch über Glücks- Kister und Unternehmer gekommen, und die Zeit des kalifornischen GoldfieberS scheint sich zu wiederholen, wenn auch diesmal nicht oas gelbe Metall, sondern dq» unentbehrliche übelduftende Oel der Erdtiefen mag- Fetische Kraft über die Menschen zu erlangen vermag, ltzber Nacht ist im südlichen Kalifornien bis hinab zur Mexikanischen Grenze eine riesenhafte Pctroleumindu- strie erstanden, die in fieberhaftem Eifer dem Erd- Lohen Millionenwerte entlockt. Selbst das paradiesische LoS Angeles ist dieser Flutwelle des Petroleumrausches Uicht entgangen und zwischen idyllischen Villen, in «inst sorglich gehegten Privatgärten, ragen heute zum Staunen deS Besuchers und zum Entsetzen des Natur- freund«- jene hohen turmartigen Gerüste empor, mit deren Hilfe man das Erdöl aus den Tiefen des Bodens emporzieht. ES ist ein neues Kapitel aus der Roman- tik der Petroleumindustrie, das hier begonnen hat, und Von dem L. M Edholm in einem Aufsatze des Wide World Magazine Einzelheiten berichtet, die sich zu einem fast phantastischen Bilde zusammenschließen. Hier wieder holt sich in den verschiedensten Maßstäben die Geschichte de» nördlicheren Lakeview, wo heute noch ganze Petro- leumseen das Landschastsbild verändern, weite spiegel glatte Seen, die in kurzen Wochen von gewaltigen, tgrmhoch in die Lüfte emporschießenden Petroleum- qUellen geschaffen wurden. 18 Monate hindurch schoß hier die Flut des kostbaren Oeles mit elementarer Ge walt ungebändigt aus den Erbtiefen und begrub das Land ringsum — mit einer Tagesproduktion von 30000 Fäs sern Rohöl — unter einem wahren Meer von Petroleum. In der Zeit vom 15. März bis zum 22. Juni, also in 100 Tagen, hatte diese einzige Quelle 4 Millionen Fässer LrLälKük bsr cker L?asans6att, lsssmbolck «nck Lu allen besseren InslallalLou^oaebä/lsu. Anter schwerem Jerdacht. Roman von F. Arnefeld. 25 - „Hier. auf diesen Plätzen, die Sie inne haben, saßen gestern ! di« beiden hübschen, jungen Menschen, die man heute hinter ! Schloß und Riegel gesperrt hat," sagte der Verlagsbuchhand- l«r Döring zu Bekannten, die der Zufall diesmal zu seinen Nachbarn gemacht hatte und sich etwas vorbeugend, fügte seine Gattin hinzu: „Werhätte da ahnen sollen, ivas wenige Stunden darauf geschehen würde!" „Oder vielleicht schon geschehen war!" bemerkte die neben Herrn Döring sitzende Dame. „Wie merkwürdig, daß wir just heute die Plätze bekommen mußten!" und sie beschaute den mit rotem Sammet überzogenen Parkettsitz, als ob ihm noch ein besonderer Eindruck von denen, die ihn gestern iunege- habt, anhaften müßte. „Sie haben mit ihnen gesprochen?" „Gewiß, wir sind ja gute Bekannte, wir forderten sie noch ans, mit unS in daS Müllersche Restaurant zu kommen, wo wir gestern nach der Darstellung waren und wohin wir auch heute wieder zu gehen beabsichtigen." , „Und schlossen sie sich Ihnen an?" „Nein, sie—" Herr Döring brach ab, denn der Kapellmeister klopfte mit -em Dirigentenstabe auf und die Ouvertüre begann, der dann kn vollendeter Darstellung die sich so kurz und ergreifend ab spielende Vauerntragödie folgte. Gemma Bellincioni alSSan- luzza undStagno al» Tiruddu feierten wohlverdiente Triumphe, unzählige Male mußt« der Vorhang sich wieder heben, damit die Künstler den erneuten Rufen der begeisterten Zuschauer folgen konnten; Kränze und Blumensträuße flogen ans vie vühu« und häuften sich dort zu farbenreichen, duftenden Bergen auf. Die Vorgänge auf der Bühne hatten die Sinne der Zu» schätzenden derartig gefesselt, daß alles, was ihre Gedanken sonst beschäftigte, davor in den Hintergrund getreten war. Erst in der darauffolgenden längeren Panse wollte Frau Etadtrat Kraft da» vorher abgebrochene Gespräch mit ihrem Rachbar wieder beginnen. Der aber sagte höflich jedoch ab- w«Wend: „Lassen wir da« jetzt, meine gnädige Frau. Be- avurächtioea wir un» doch den gehabten und bevorstehenden t. Genuß nicht durch diese traurigen Dings. Wir werden nach- s her bei Müller noch Gelegenheit genug haben, darüber zu ; sprechen, denn Sie begleiten unS doch." Herr Kraft gab statt seiner Frau die verlangte Zusage und bald darauf begann das zur Ausfüllung oes Abends noch auf dem Programm stehende Lustspiel, das von den j einheimischen Künstlern zwar vortrefflich dargestellt ward, aber i nur geteilte Aufmerksamkeit fand. Es wäre schwer gewesen, zu > entscheiden, welcher Grund dafür der stärkere war — der noch i vorherrschende Eindruck, den die Oper hinterlassen, oder das i alle Gemüter erfassende Ereignis deS Tages. Die kleine Gesellschaft, die sich verabredetermaßen nach dem Theater in dem in dessen Nähe belegen«» Restaurant Müller zusammenfand, hatte oenn auch kaum Platz genommen, als das Gespräch sich wieder demselben Thema znwandte. DaS Döringsche Ehepaar war durch die zufällige Nachbar schaft mit Karla Edelberg und Doktor Helmers am vergan genen Abend tn den Mittelpunkt des Interesses gerückt und wurde mit Fragen bestürint. „Ich bitte üin Entschuldigung, «inen Augenblick, »leine Herrschaften, stehe sogleich zur Verfügung," wehrte Herr Dö ring, der soeben beim Kellner seine Bestellung machte. In zwischen erzählte seine Gattin, eS sei ihr aufgefallen, daß Karla Edelberg ungewöhnlich blaß auSgesehen und auch der Vor stellung nickt diejenige Teilnahme entqegengebracht habe, die »ran bei ihrem bekannten Musik-EnthusiasmuS doch eigent lich hätte voranSsetzen müssen. Sie habe sich auch erkundigt, ob sie nicht wobl sei. „Und was erwiderte sie darauf?" fragten mehrere Stim men sogleich. „Mir kam eS vor, als würde sie noch bleicher und gerate in sichtlich« Verwirrung," war die Antwort. Herr Döring, der inzwischen mit seiner Bestellung fertig geworden war, fügte aber schnell und sichtlich bemüht, den durch diese Mitteilung hervorgerufenen Eindruck abzuschwä- chen, hinzu: „Sie gab aber doch sogleich die triftige Erklä rung für ihre Blässe: die seelische Erregung, in die Spiel und Gesang der italienischen Gäste sie versetzt hatten." „DaS klang mir nnr nicht recht glaublich," beharrte Frau Döring, „ich habe sie während der Anführung mehrmals beob achtet. Sie schien mit aanz anderen Dinaen beschäftigt." „Ach, das bildest Du Dir ein!" sagte unwillig über die un vorsichtigen Aeußerungen seiner Frau Herr Dörmg und warf einen forschenden Blick nach einem m Hörioeite/tehendenTisch, an dem zwei Herren saßen. Sie schienen jedoch, in daS Lesen von Zeitungen vertieft, auf daS .nebenan geführte Gespräch nicht zu achten. Er würde sich nicht so beruhigt abgekehrt ha ben, hätte er gehört, daß der eine dem Andern schnell zuge flüstert .-„Ich bitte Dich, verhalte Dich ganz still, eS ist mir von der größten Wichtigkeit, kein Wort von der dort geführten Unterhaltung zu verlieren!" „Wir saßen gestern, wie ja auch heute, nur ein paar Reihen von ihnen," nahm jetzt Frau Professor Hiibler daS Wort, „und wurden durch das Zuspätkomme» des Paares recht unange, nehm berührt." „Sie litten beide am meisten darunter und erklärten un ganz aufgeregt den Grund des langen Ausbleiben». Hafner, der sie hatte begleiten wollen, war im letzten Augenblick sehr unwohl geworden," nahm Döring wieder daS Wort. „Warum ist denn Fräulein Edelberg da nicht zu Haust geblieben?" fragte eine spöttische Stimme. „Weil ihr Bruder das nicht zugegeben," war Döring» Antwort. „Da scheint er aber doch viel Rücksicht für sie gehabt z» haben," bemerkte die Frau Professor. Stadtrat Kraft schlug eine dröhnende Lache auf. „Bitte tau sendmal um Entschuldigung, geehrte Frau, aber eS klingt zu drollig; Emil Hafner hatte für keinen Menschen Rücksich ten, und ain allerwenigsten für die Schwester." „Er soll dem armen Mädchen daS Leben zur Höll« ge macht haben," versetzte bedauernd der dicke, gutmütig« Rentier Kirchner, ein schon betagter Junggeselle, aber von mehrer«» Seilen wurde ihm gleichzeitig eingewendet: „DaS kann so schlimm doch nicht gewesen sein." „Sie war immer vortrefflich ange-ogen." „Man sah sie viel in, Theater, in Konzerten, auf der Pro. menade." „Er hielt niehrereDienstboten, sie brauchte fast nicht» zutun!" „Trotzdem wär« ich lieber Gteinträger beim Bau.aiS Blitz ableiter bei Emil Hafner!" ließ sich die etwa» polternde Stimm« de« Buchhändlers wieder vernehmen. „Da« will etwa» Hei ken, meine Herrschaften!? »1ö,2c