Suche löschen...
Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 22.04.1912
- Erscheinungsdatum
- 1912-04-22
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1666408611-191204220
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1666408611-19120422
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1666408611-19120422
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Riesaer Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1912
-
Monat
1912-04
- Tag 1912-04-22
-
Monat
1912-04
-
Jahr
1912
- Titel
- Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 22.04.1912
- Autor
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Roittiz, SS. April 1912, abends Musiker durften erst zu spielen beginnen, wenn die Honora tioren deS Kreises, eine alte Exzellenz, die sich in der Nähe angckauft hatte, und der Oberförster erschienen waren. Erika, die an ihrem Berlosungstische noch manches zu ordnen hatte, wurde durch die Töne erst benachrichtigt, wer angckommcn sei, und beklommenen Herzens anfschanend, sah sie in eini ger Entfernung ihren Vater mit den anderen Vorstandsmit- gliederndic Herrschaften begrüßen. Die alte Exzellenz und der Oberförster führten ihre Frauen, und der Assessor bot einer "zierlichen,hübschen Dame seinen Arm, die aber lachender klärte, auf diesem unebenen Waldboden gehe man besser un geleitet, und an seiner Seite mehr hüpfte als schritt. Erik» kannte Fräulein von Gmunden schon ein wenig, hatte ihr aber bisher nur als der Schwester Fran von Schlemmer Beachtung geschenkt, diebeigelegentlichen Begegnungen durch ihrstilles und dabei doch so freundliches Wesen einen liefen Eindruck auf ihr Herz gemacht hatte. Jetzt gewann Fräu lein Ida um ihrer selbst willen Bedeutung für sie. Wie über mütig und vornehm sie mit dein Assessor verkehrte, als ge währe sie ihm durch ihr Plaudern eine Gnade, und wie be flissen und zuvorkommend er gegen sie war! Gewiß, sie durfte tun und lassen, was sie wollte, ohne daß er es wa gen würde, sie so zu behandeln wie-7-»—.Erika hätte weinen «lögen. . War sie denn wirklich etwas so ganz anderes als jene? Zum ersten Male dämmerte ihr ein Bewußtsein fiir die sozialen Unterschiede in der Welt auf, aber zum ersten Mal auch bereute sie aus Herzensgrund, den Ermahnungen Tante Adelheids, die so gern aus ihr eine Dame gemacht hätte, keine Berückstchtignng geschenkt zu haben. Fräulein Ida trug sicherlich nie Knabcnkleider und streifte niemals allein mit der Büchse auf der Schulter im Walde umher, lind während das alles durch Erikas armen Kopf wogte und wallte, mutzte sie Lose verkaufen und jedem, der sie ansprach, ein freund, liches Gesicht zeigen. Aus dem Ertrag der Lotterie sollte ein Teil der Un kosten deS Festes gedeckt werden, darum fühlte jeder Be sucher die Verpflichtung, sich an ihr zu beteiligen. Die Her ren Forstassessoren waren auch erschienen und holten zu ver schiedenen Male» einzelne Lose. Warum konnten sie sich nicht vorher überlegen, wieviel sie haben wollten? , 1SS.M Beilage zum „Riesaer Tageblatt Rotationsdruck uud vrrlag «v» Sauger L »lulerlich i« «kesa. — Für die «edallion vmmUoortllch! Arthur Hilhuel in Mesa. Die Weyrdorlagen und ihre Deckung. Tic „Nordd Allg. Ztg." schreibt: „Tie Lcröffcnt- lichung der Wehrvorlagen hat in der bürgerlichen Presse zu einem grundsätzlichen Widerspruche nicht geführt: Desto lebhaftere Angriffe haben sich gegen die Dar- legungcn erhoben, in welchen die Reichsregicrung ihr Teckungsprogramm erläutert hat. Wenngleich nach der Ankündigung, das; die Anforderung neuer Abgaben sich auf die Beseitigung des BranntwcinlontingcntS be- schränken würde, mit Sicherheit erwartet werden mußte, daß der größte Teil der neuen Forderungen aus bereits vorhandenen Einnahmen gedeckt werden sollte, so hatte man sich doch offenbar nicht klar gemacht, daß dies für das Jähr 1912 nur mittels einer Ergänzung des bereits vorgclegtcn Etats möglich war. Zn der Tat handelt cs sich hierbei um eine außergewöhnliche Maßnahme, die aber ihre vollständige Erklärung darin findet, daß in folge der sich hinzichcndcn Etatbcratungen zwischen dec Zeit seiner Ausstellung und der Zeit seiner Verabschie dung diesmal eine Spanne von fast zehn Mvnatcn lie gen wird. Tie Finanzverwaltmig, die die Kostendeckung für die Wehrvorlagcn zn prüfen hatte, war verpflichtet, die inzwischen gewonnenen Erfahrungen zn berücksich tigen. Wenn sich dabei ergab, daß diu Einnahmen für 1912 wesentlich höher cingeschätzt werden tonnten, als bei der Einbringung des Etats geschehen war, so liegt hierin lein Borwurf gegen die bisherige Ucbung. Die vorliegenden Beträge des Jahres 1911 berechtigen zwei fellos zu der Annahme, daß 80 Millionen Marl mehr im Jahre 1912 zur Verfügung stehen werden, als bisher an genommen wurde. Bewilligt daher der Reichstag mit Wirkung vom 1. Oktober dieses Jahres ab die Erhöhung der Branntwcineinnahmen, so bedarf cs für das Etats jahr 1912 keiner iveiteren Deckung. Inwieweit diese An nahme der Rcichsrcgierung zutreffend ist, läßt sich nur Waldesrauschen. Roman von I. Hutten. - t 11 Nachmittags begleitete sie wieder ihren Vater in den Wald und schien vorher eine Weile zu schwanken, ob sie dazu nicht lieber ihre Tracht wechseln sollte, doch tat sie es zum Schluß nicht. Solch ein unsicheres, schwankendes Wesen beherrschte sie auch die nächsten Tage; — die heitere, schöne Ruhe, welche trotz Tante Adelheids gelegentlicher spitzer Bemerkungen stets im Forsthause gewaltet hatte, schien geschwunden. Der Förster konnte seine Tochter nicht ohne Wehmut anfehen, und selbst das alte Fränlein fühlte sich nicht recht behaglich bei der Nichte verändertem Benehmen, obgleich sie sich red lich bemüht hatte, eine solche Veränderung herbeizusühren. Die mädchenhaften Regungen schienen sich indessen bei Erika zu befestigen, denn eines Tages erklärte sie, cs sei wohl Zeit» noch ein hübsches Sommerkleid anzuschaffen, da das Waldfest nahe bevorstehe. Das gab nun wieder einerechte Freude für Fräulein Adelheids Herz, und sie lieb es sich nicht nehmen, selbst nach der nächsten Stadt zu fahren, um Stoffe einzukaufen und eine Näherin zu .bestellen, die mehrere Tage Lang für Erika arbeiten mutzte. . Solch ein Waldfest, wie es jetzt in Aussicht stand, fand alljährlich in Lanzken statt. Förster Borke gehörte zum Bor- Hand eines Vereins, der sich aus Besitzern der Gegend, den Honoratioren der umliegenden Dörfer und den Forstdeam« len zum Zweck geselliger Zusammenkünfte gebildet hatte. Zweimal im Jahre feierte dieser Verein ein größeres Fest/ und Borke verdankte seine Wahl ins Komitee wohl nicht nur seiner allgemeinen Beliebtheit, sondern daneben vielleicht auch dem Umstande, datz nahe bei seiner Försterei ein wunder voller Platz für das im Sommer abznhaltende Waldfest sich befand. Auf seinen Schultern ruhte daher auch fast allein die Last der Vorbereitungen, wobei ihn freilich Schwester und Tochter redlich unterstützten. So war eS immer gewesen, und so geschah es auch in diesem Jahre — ja, CrikaS Eifer und Interesse dafür schien größer als je. Ob sie sich auf das Fest freute — die Frage Kälte sie selbst nicht zu beantworten vermocht. Sie wußte, Deutscher Reichstag. 42. Sitzung. Sonnabend, den 20. Avril, 11 Uhr« Am Tische dcö BundeSratS: Delbrück, LiSco, von Breitenbach. «e «tch«ch«U der Passagier« «ed Mauuschaft«» auf deutsch«» Schiffe«. An erster Stelle der Tagesordnung steht die Beratung des schleunigen Antrages der Reichspartei (Dr. Arendt und Ae« nossen): Den Herrn Reichskanzler zu ersuchen, schleunigst Erhebun gen darüber herbeizusühren, ob bei der deutschen Seeschiff fahrt für Passagiere und Mannschaften jede mögliche Sicher heit gewährleistet wird, und ob insbesondere olle deutschen Schiffe ausreichend Rettungsboote mit sich führen, um alle an Bord befindlichen Personen im Falle der Gefahr aufnehmen zu können; für den Fall, daß die Erfahrungen bei dem Unter gang der „Titanic" dies nötig erscheinen lassen, ungesäumt auf dein Wege der Verordnung oder des Gesetzes die erforder lichen Maßregeln zu ergreifen. Abg. Dr. Arendt (Rp.): Die große Beunruhigung, die dies Unglück hervorgcrufcn hat, macht cs notwendig, zu unter suchen, ob der erforderliche Schutz gewährleistet ist. ES gilt letzt nicht, die Ursachen und die Schuldsrage zu erörtern, son dern ob die Ausrüstung unserer Schisse, ob unsere Verwal tung, ob unsere Gesetzgebung diejenige Gewähr zur Verhütung solcher Unglückssälle gibt, die im Bereiche des menschlichen Vermögens liegt. Gegenüber den Meldungen, insbesondere auch großer und angesehener deutscher Zeitungen, datz auch auf den deutschen Schiffen die Ausrüstung mit Rettungsbooten nicht ausreichccnd sei, muß so schnell als möglich sestgestellt werden, ob solche Nachrichten zutreffend sind oder nicht. Wenn sie unzutreffend sind, so liegt die Klarstellung vor allem im Interesse unserer Seeschiffahrt; sind jid zutrcftend. so müßen die Behörden so schnell wie möglich cintreten. (Zuruf links: Tas wird auch ohnedies geschehen!) Wenn Sie sich auf den Standpunkt stellen, ist der Reichstag überhaupt überflüssig. Tie Frage der Rettungsboote ist durch die Umgestaltung der Seeschiffahrt auf eine ändere Grundlage gestellt worden, ins besondere durch die drahtlose Telegraphie. Es müßte gesorgt werden für eine ausreichende Zahl von Telegraphisten an Bord, ausreichende Zahl von Booten. Ein großer Heroismus ist bewiesen worden, aber ein viel größerer Ruhm wäre es, wenn er unnötig gewesen wäre durch ausreichende Rettungsmatz regeln. Ich bin Passagier fast aller deutschen Schiffahrtsgesell schaften gewesen, und wir können zu unseren Schiffahrtsgesell schaften unbedingtes Vertrauen haben. Vielleicht könnte man für den Fall eines Unglücks, wie den Mannschaften, so auch den Passagieren einen bestimmten Platz zuwcisen, und viel leicht ist auch eine internationale Verständigung möglich über Bestechung von Nachlässigkeiten. Auf die Unruhe des Hauses bemerkt der Redner: Tie Angelegenheit scheint für die Linke nicht wichtig zu sein. (Stürmische Entrüstung links, andauernde Unruhe.) Statt Tennisplätze und Wintergärten soll man lie ber Rettungsboote anbringen. Geschieht alles, was möglich ist zur Erhöhung der Sick-erhcit, dann werden unsere Schiff- sahrtsgesellschastcn sich den stolzen Ruhm, den sie jetzt haben- dauernd bewahren. (Beifall der Reichspartei.) Staatssekretär Tr. Delbrück: Wir sind wohl alle einig in der Empfindung der herzlichsten Teilnahme mit allen, die das furchtbare Schicksal bctrosscu hat, mit den betroffenen Nationen, und einig darüber, daß alle, die cs angeht, ver pflichtet sind, aus dieser Katastrophe ihre Lehren zu ziehen. Aber ich Halle es nicht für angezeigt,: heute an dieser Stelle in eine materielle Erörterung einzutrctcn. (Lebhafte Zustim mung links.) Tenn die kann nicht abgchcn ohne eine Kritik von Vorgängen, die uns noch gar nicht hinreichend bekannt sind. Erst muß man die Ursachen kennen und übersehen, ob und welche Mittel gefehlt haben. Tie zur Sicherung von Mann schaften und Passagieren unserer Tampser getroffenen Vorschrif ten sind erlassen worden unter sorgsamer Berücksichtigung des damaligen Standes der Technik. Ich habe aber mit Rücksicht darauf, datz die Technik im Schiffsbau ja in einer dauern den und gewaltigen Fortentwicklung begriffen ist, unmittel bar nachdem die ersten Einzelheiten über den Untergang der „Titanic" bekannt geworden waren, bereits meinerseits eine Revision der geltende» Bestimmungen in die Wege geleitet, und auch unsere großen Schiffahrtsgesellschaften und die Sec- berufsgenosscnschas't find bereits feit einigen Tagen am Ver handeln, und ich werde mich mit den beteiligten Kreise» in der allerkürzesten Zeit zu einer Erörterung dieser Fragen zu- «bg. -uckhoff (Z.) bringt Beamlenwüusche vor. Abg. Schwabach (ul.) spricht über die ArbciterauSschüsse, die »u wirklichen Instrumentes des sozialen Friedens or ganisch auSgebaut werden sollten. ' Minister von Breitenbach: Was wir erreicht haben, verdanken wir wesentlich der ausgezeichneten Pflichttreue un seres Personals; aber von Plusmacherei sind wir noch weit entfernt. Der Minister macht eingehende NUttcilnug über die ArbeitS- und Dienstverhältnisse. Die Löhne sind allerdings teilweise geringer als in Baden, aber wir müssen uns der jeweiligen wirtschaftlichen Lage anpassen. Seit 1820 sind die Löhne um SO Prozent gestiegen. Die Ueberstunven sind auf ein Minimum reduziert, leider nicht ganz zu, entbehren. Der Minister erklärt, eine Lohnzahlung für tue Wocheyfeiertage für unmöglich und lehnt auch die Herabsetzung des Lebens alters für die Wahlfähigkcit zu den ArbciterauSschüssen ab. Tie Zahl der Fachvcreine ist cn drei Jahren von 5 auf üg gestiegen; sie halten sich von der Sozialdemokratie fern, sie wissen, daß sie ihrer Verwaltung Gehorsam und Achtung schul dig sind. (Lachen der Sozialdemokraten.) Wir haben nie einen Zweifel darüber gelassen, daß wir die Sozialdemokraten be kämpfen und bekämpfen müssen. (Lebhafter Beifall und Lärm der Sozialdemokraten.) Wir dürft» das allgemeine Interesse nicht gefährden lassen. Wir zwingen ja niemand, in die Ticnste der RcichScisenbahn zu treten, informieren aber de», der Angestellter bei uns werden will, über seine Pflichten. (Lebhafter Beifall rechts.) Das ist ein durchaus loyales Ver fahren. Ihren Angriffen gegenüber kann ich nur mit Ruhe meines Amtes walten. (Lebhafter Beifall, Lärm der Soz) Das Haus vertagt sich. - Montag, 2 Uhr: Wehrvorlagcn, Schluß 2 Uhr, bei der Gelegenheit würde sie den Assessor Wiedersehen, denn Herr von Schlemmer Halts fiir sich und seine Damen seine Teilnahme an dem Feste zugcsagt und es war kaum denk bar, daß sein Gast ihn dann nicht begleiten sollte; nur konnte sie nicht darüber mit sich ins klare kommen, ob ihr das lieb oder unangenehm sei. Sie fürchtete sich vor einer Begegnung mit ihm, aber zu denken, jenem häßlichen Abschied sollte kein freundliches Wiedersehen mehr folgen, erregte in ihr ein so peinlich schmerzliches Gefühl, daß sie fortwährend von den widerstrebendsten Empfindungen bewegt war. Sie hü tete sich in dieser Zeit (ingftlich, allein in den Wald zu^gehcn und beschränkte auch ihre Streifereien unter dem Schutz des Vaters ganz auf die späteren Nachmittags- und Abendstun den, nachdem ihr derselbe erzählt hatte, daß er zweimal gegen Mittag den Assessor in seinem Belauf getroffen habe. ^^K> , So rückte der Sonntag heran, an dem das Fest ^dies mal später im Jahre als sonst —7 stattfindcn sollte. Damit für Groß und Klein, für jedes Alter und Ge schlecht gleichmäßig gut gesorgt sei, waren Tanz und Ver losung, waren stille Laube» zu ungestörtem Zechen für die Herren und andere mit bequemeren Sitzen und dem Aus blick auf den gedielten Tanzplan zu gemütlichem Plaudern für die älteren Damen vorbereitet. An den Tagen vorher hatte Erika so viel zu tun, daß sie kaum zu einem anderen Ge danken kam, denn ihr hatte der Vater das Besorgen der Ver- losunaSgegenstände und das Aus-schreiben der Lose überge ben. Sie einpfand die »richt sonderlich interessante Arbeit dies mal als eine Wphltat und blieb, zu der Tante größter Ver wunderung, gedvldig und ohne Seufzer dabei. v Der Verein hatte wieder sein gewohntes Glück, denn gol diger Sonnenglanz überflutete in der Sonntagsfrühe den Wald. Der Tag wurde recht heiß und mancher Gast, der pünktlich zu Beginn„deS Festes um drei Uhr auf dem Platz erschien und seine» Weg zu Fuß zurückgelegt hatte, mußte mit dicken Schweißtropfen sein Vergnügen bezahlen. Jin Schlitze der Bäume aber saß es sich kühl und guL denn so groß der freie Platz auch war, die hohen Buchen, Ecchen und Kiefern, die ihn umstanden, genügten doch, nm ihn vollständig zu be schatten. AuS der nächstgetegenen Garnisonstadt war auch ehr kleiner Teil der Militärkapelle engagiert worden, aber die sammenfinden." Die Zuverlässigkeit und Fürsorge unserer Ka pitäne, Reeder und Schiffsbauer für die ihnen anvertrauten Mannschaften, Schisse und Passagiere ist in der ganzen Welt anerkannt. Auch eine internationale Regelung ist bereit- er wogen worden. Herr Arendt ersieht also daraus, daß alle- daS, wa- er wünscht, bereit- in die Wege geleitet ist. Tie Regierung würde nicht- taugen, die sich bei so wesentlichen Fragen erst durch die Volksvertretung erinnern lassen würde. (Lebhafter Beifall.) M>g. Haase (Soz.) beantragt mit Rücksicht auf diese Er klärungen Absetzung des Anträge- von der Tagesordnung. Abg. Tr. Arendt (Np): Da- ist nicht nötig, ich ziehe den Antrag zurück. Tamit ist der erste Punkt der Tagesordnung erledigt. Di« kleiue StrasrechtS-Notnavelle. AIS zweiter Punkt steht auf der Tagesordnung der unter dem Namen Wellstein (Z.) und Genossen gehende Gesetzentwurf, betreffend die Aendernng des Strafgesetzbuches, der, von Mit gliedern aller Parteien des Hauses unterzeichnet, die kleine Strasgesetznovclle der verbündeten Regierungen ohne die strei tigen Punkte, wie z. B. die Preßbelcidigung, wieder einbringt, um sie vor der großen Reform des Strafrechts zur Erledigung zu bringen. Es handelt sich uni den Hausfriedensbruch, der durch die Novelle zum Antragsdelikt gemacht wird; bei qualifi ziertem HauSsriedcusbrnch wird wahlweise auch Geldstrafe ein geführt. Weiter wird Geldstrafe neben GeftjngniS zugelassen der einer Reihe anderer Paragraphen des Strafgesetzbuches, wo es sich z. B. um Verletzung amtlicher Siegel handelt. Ter Telegraphenparagraph im Strafgesetzbuch wird gemildert durch Beseitigung des Mindestmaßes und wird auf die Fernsprech« anlagen ausgedehnt. > Eine Wortmeldung erfolgt zunächst nicht. Abg. Tr. Arendt (Np.) äußert hierüber Bedauern und Verwunderung. In allen Fraktionen sind Bedenken gegen die Novelle, und eigentlich ist cS doch eine Niederlage der Regie rung (Widerspruch links), da man aus ihrem Entwurf nur die schmackhaftesten Rosinen herauSgesucht hat. Wie kann man so wichtige Fragen ohne Tebatte erledigen? (Abg. Dr. Heckscher (Vp.): Wir haben sie ja schon gründlich durchberaten!) — Ja, im vorigen Reichstag, der ist aber nicht mehr maßgebend. Tie Strafrcchtslehrcr v. Liszt und v. Calcker waren damals nicht Mitglieder (Zuruf links: Tic stimmen vollständig zu!). Man kann mit einem Gesetz vollständig einverstanden sein und trotzdem dazu sprechen. (Gelächter links.) Wenn Sie daS komisch finden, verurteilen Sie den ganzen Parlamentarismus. Tie Bestim mung, daß Telegraphenbcamte wegen Verrats von Tienstgeheim« niijcn in jedem Fall mit Gefängnis bestraft werden sollen, ist besonders bedenklich; am Biertisch aus dem platten Lande kann das ganz harmlos geschehen. Ich beantrage Kommissions beratung. Abg. Well stein (Z.)> der als Vorsitzender der Straf- rcchtskommissiou der Novelle den Namen gegeben hat, lehnt na mens der Antragsteller auch aus den anderen Parteien eine Erwiderung auf die Ausführungen deS Abg. Tr. Arendt ab uud widerspricht einer Kommissconsüberweifung. Tiefe wird gegen die Stimmen der Ncichspartei abgelehnt. Abg. Schultz (Rp.) bittet wenigstens die Bestimmung über die Telcgraphenbeamten einer Kommission zu überweisen. Vizepräsident Tr. Paasche: Tic Kommission ist bereits abgelchnt. Abg. Wellstein (Z.): Auch diese Bestimmung wurde seiner zeit ohne jede Tebatte angenonimeu, und Dr. Arendt war be reits Mitglied deS Hauses. (Hört! Hört! links.) ES folgt sofort die zweite Lesung der Novelle. Sie wird angenommen, die Bestimmungen über die Tclegraphenbeamten gegen die Stimmen der Reichspartci. Der Etat der Rcichseisenbahuen. Hierzu liegen Resolutionen der Sozialdemokraten und der Wirtschaftlichen Vereinigung vor. Tiefe beantragt, daß die von der Verwaltung der Neichseiscnbahnen beschäftigten Arbeiter nach Vollendung des 25. Lebensjahres als Mitglieder der Arbeiter ausschüsse wählbar sind; die Sozialdemokraten verlangen Lohn zahlung für die Wochcnfeiertage und beantragen, alle Peti tionen der Eisenbahnarbectcr und -handwerkervcrbände, betref fend Lolinsragcn, Anerkennung als Berufsorganisation, Ar beiterausschüsse usw., zur Berücksichtigung zu überweisen. Abg. Fuchs (Els., Soz.) greift die Verwaltung an. Tir Zahl der Arbeiter hat inan trotz Vermehrung der Leistungen nicht vermehrt, die Zahl der Aussichtsbeamten ist zu hoch, die Arbeitszeit viel zu lang, die Löhne noch immer unzu reichend, zu menschenwürdigem Dasein rsicht cs nicht, Tie Arbeiterausschüsse sind nur Tekorationen.
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)