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Neilage zum „Messer Tageblatt". Mittwoch, Li. Februar ISO», abends M Ra«««r st W> m Ute!» — ,M bs» Hrrraa» 8ch»a1dt t» Mtela. SS. Jchrg. Vom Landtag. Zwettze Kammer. Gigjen-Bericht. Dresden, 20. Februar- Die Heutige Sitzung bescl>äfttgt sich zunächst mit den ALP. 107, 108, 109, 109 a und 110 des Rcchcuschafts- -erichtA auf die Finanzperiode 1902/03 (Wartcgclder, Pensionen, Erhöhung der Bewilligungen an Militär invalide aus der Zeit vor dem Kriege 1870/71 und Pensionsbeiträge für verabschiedete Offiziers, Aerzte und Beamte, Dotationen und Reservefonds), über die der Abg. Fritzsching Bericht erstattet. — Die Etatiiber- schreitungen von zusammen 560696,68 M. werden ohne Debatte einstinünig nachträglich genehmigt. Sodann wird beschlossen, die Petitionen Karl Mättigs in Dresden um Gewährung einer Unfallrente, des Pri- vatusl Karl Woldemar Kühne in Troschenreuth wegen Ent richtung von Besihveränderungsäbgaben und des Inspek- wrs Kart Löschte in Waldheim und Gen. um Erhölmng der Witwenpensionen auf sied beruhen zu lassen. Tis Petition des Vereins geprüfter und verpflich ¬ teter Geometer im Königreich Sachsen um Aushebung der Verordnung vom 13. November 1879, die Anfertigung geotätischer Unterlagen bei GrundWcksteilungen durch Königl. Vermessungs-Ingenieure betr-, ruft eine lebhafte Debatte hervor. Abg. Hausse (Lons-) bittet, die Petition abzulehnen und den staatlichen Vermessungs-Ingenieuren ihr Einkommen ungeschmälert zu erhalten. Redner verur teilt in scharfen Worten die AuÄdrucksweise und die An griffe gegen die Bezirks-L-audmesser, deren sich die Peten ten seiner Meinung nach in übertriebener Weise bedient haben. Der Landwirtschaft würden schwere Nachteile ent stehen, wenn die staatlichen Geomeder die Dismembratio ¬ nen nicht mehr ausführen dürften. Das öffentliche Inte resse erfordere das Weiterbestehen der jetzigen Verhält nisse. — Abg. Nudelt (kons) tvitt Warin für die Petenten ein und weist nach- daß tatsächlich Vernachlässigungen sei ¬ tens sind. der staatlichen Vermessungs-Ingenieure vorgekommen Die Privat-Geomeber hätten bei dem schweren Kampfe um ihre Existenz wohl das Recht, sich die scharfe Konkur ¬ renz, die bereitet ihnen werde. durch die staatlichen Geometer ohne Zweifel vorn"Halse zu schaffen. Er bitte, sich dem hartbedrängten Stande der Privat-Geometer anzunehmen. Abg. Enke (kons.) tritt den Ausführungen des Abg. Hausse entgegen, die vollständig einseitige seien. Er halte cs für dringend wünschenswert, daß die Lage der Privat- Geometer endlich cinrnal gebessert werde. Ministerialdirektor Geh. Rat Dr. Schröder: Tic Regierung könne nicht zugeben, daß die Amtsführung der staatlichen Vermessungs-Ingenieure durch die Ausführung von privaten Arbeiten leide. Tie private Tätigkeit der Staats-Geometer hätte ihre Licht- und Schattenseiten. An eine Schädigung der Privat-Geometer durch diese Arbeiten glaube er schon um deswillen nicht, tveil die Zahl dieser Geometer stetig wachse und'auch nachzuweiscn sei, daß die Fälle der Ausführung von GrundWcksteilungen durch die Staats-Geometer sich ständig verringert haben. — Abg. Dr. Seetzen (kons.) wendet sich ebenfalls gegen die Aus führungen des Abg. Hausse. Der Staat habe durchaus keine Verpflichtung, die staatlichen Geometer für den ihnen durch Wegnahme der Privatarbeiten entgehenden Verdienst zu entschädigen. — Abg. Hähncl (kons): In dringenden Ausnahmefällen müsse es erlaubt sein, staatliche Geometer zur Hilfeleistung heranzuziehen. Solange ihm eine Ga rantie nach dieser Richtung'nicht gegeben werde, müsse er gegen das Votum der Deputation stimmen. — Tie Abgg. Licban, Kunath und Nudelt: erklären sich für den Dcp.ita- tionsantrag, während der Abg. Schubart den Standpunkt des Abg. Hähncl vertritt.. — Abg- Hähne! (Lons.) stellt den Antrag, dem Deputationsvotum noch hinzuzufügen, daß die Heranziehung staatlicher Geometer nur ausüahms- weise in dringenden Fällen gestsattet sein solle. — Mini sterialdirektor Geh. Rat Dr. Schröder: Eine bindende Entschließung über den Antrag des Abg. Hähne! könne er heute nicht abgeben, die Regierung werde ihn aber einer wohlwollenden Erwägung unterziehen. — Abg. Andrä (kons.) tritt für den Antrag Hähncl ein. — Abg- Dr. Seetzcn (Kons.) hält den Antrag des Abg. Hähnel für undurchführbar. Er bitte die Regierung um Auskunft, wie sie sich die Ausführung/dieses Antrags denke. — Abg. Hähnel (kons.) begründet seinen Antrag, den er int In teresse der Petenten für dringend notwendig erachtet, da es, wie dies bereits früher einmal geschehen sei,- sehr leicht de: Fall sein könne, daß die Erste KamMr, wenn im Sinne des Deputationsantrags beschlossen würde, diesem Be schlüsse nicht beitrete. Tann bliebe alles beim! alten. — Berichterstatter Abg. Müller (natl.) bittet,'den Depu tationsantrag anzunehnten. Hier heiße es, entweder etwas Richtiges oder gar nichts. — Geh. Finanzrat Just: Die Regierung werde sich Mühe geben, den Gedanken des Abg. Hähnel in die Wirklichkeit zu übertragen. --M".—-»«—''S» Stil! UM»»'' i --- Abg. Hausse (kons.) beharrt aus seinem Stand punkte, währ- nd Llbg. Dr. Spieß (kons.) sich gegen den Antrag deS Abg. Hähncl erklärt, weil er sich von ihm eine Besserung der Verhältnisse der Privat-Geometer nicht verspricht. — Hierauf wird cur Antrag auf Schluß der Debatte gegen 14 Stimipen angenommen. — Nach einem Schlußwort des Berichterstatters wird der Antrag des Abg. Hähncl mst 34 gegen 11 Stimmen abgelehnt und der De-- putationsantrag, die Petition der Königl. Staatsregie rung zur Erwägung zu überweisen, gegen 4 Stimmen an genommen. Stimmungsbild aus dem Reichstag. Eigen-Bericht. ob. Berlin, 20. Februar 1906. Nachdem der Reichstag den a b e s s y n is ch en Freund schafts- und Handelsvertrag in erster und zweiter Lesung einstimmig angenommen, beendete er heute endlich die zweite Lesung des Reichsetats des Innern und begann die des Etats des R e i ch s j u st i z a m t S. Graf Posa- Vowski) batte beule nur noch über die einmaligen Aus gaben ieuus Ressurrs Rede und Aniworl zu stehen, die übrigens sämtlich bewilligt wurden; auch wurde die Reso lution Jäger über hauptamtliche Konlrollbeamte für die Weinproduktion angenommen. Von den einzelnen Posi tionen erregte nur eine einzige eine lebhaftere Debatte. Für den Ausbau derHohkönigsburg im Elsaß wurde eine sechste Rate von 200000 Mark verlangt. Das nahm Abg. Ledebour (soz.-dem.) zum Anlaß, eine Reihe mehr oder weniger versteckter Invektiven gegen den „Bauherrn" zu richten. Er sprach von der „Ungründlichkeit der Unter grunduntersuchung", die die mehrfachen Nachforderungen verursacht hätte, von der „neuromantischen Bauepidemie", von der „marmornen HalSkragen-Architektur", von der Nicht einlösung eines angeblichen Versprechens des „Bauherrn", weitere Kosten selbst tragen zu wollen, und zog sich schließ lich einen heftigen Ordnungsruf deS Präsidenten und einen Protest von mehreren Seiten des Hauses zu, als er sagte: „Wir in Preußen sind ja allerdings daran gewöhnt, daß unsere Könige ihre Versprechungen nicht einlösen." Gras Posadowsky entgegnete sachlich und würdig und ver sicherte, diese Forderung sei wirklich die letzte, was den Abg. Müller-Sagan (freis. Vpt.) allerdings zu der Entgegnung reizte, die „letzte" sei die vorige gewesen, diese sei die „allerletzte" und er mache sich darauf gefaßt, im ü«r KE NsWlM. W iw llrmsv Les Hvrra Vadrikirvsitrors Leiäivr empfiehlt sieh «AM Attä Vvrkrmk von 8taatspspicrkm, Rsktn6driekev, Aktien UI«6 son stigen V^ertpspicrem, rar LivITssvK von ruhiburen Ooupons, OiviöenZensoheinen u. gelosten Ltüelren, rar VorVLitllllK von ^Vertp»pieren (hlekervvuehung von Auslosungen, Le- sorgung neuer 2ins- her. Oivi6enllenhogen ustv.), rar offener uncl geschlossener Depots, rur Vermietung von Kekes-AchrLnhehen unter eigenem Verschluss 6er -In ter, rur tUvvalirNNg von Darlehen, rur Denutrung ihrer kirwa als Vomiriisivilv un6 rur Diskontierung von -Vechselo, rvn Lrottnung !8ulen6er Rechnungen mit un6 ohne Okeek-Vorkvkr, -ur von kloläorn Lnr Vor^insunK »s^ u^. Ans Irrwegen. Romau von Klara Rheinau. 17 „Ich kämpfte furchtbar, aber i» der elften Stunde ve» ließ mich meine Kraft Sei gut gegen den Vater, Ottilie, nnd suche mir seine Verzeihung zu erlangen, wenn Du kannst. Sage ihm, daß ich ihn nie inniger liebte als jetzt, wo ich ihm da- Herz breche, und sollten wir einander nie Wiedersehen, so denke manchmal freundlich an mich zurück! Lebewohl!" Als das Papier Ottilies zitternden Fingern entfiel, drang ein Laut an ihr Ohr, der ihr einen leisen Schreckens- schrei entlockte. Vom Kirchturm erklangen die Glocken in fröhlichem Geläute, um di« Gäste zur Trauung zu rufe», die niemals stattsinden sollte! In der Verwirrung hatte niemand auf der Farm da ran gedacht, die granfige Nachricht in da» zur Feier ge schmückte Gotteshaus gelangen zn lassen. Jeder Glvckentv» schien Ottilie iuS Herz zu treffen, während sie ganz erstarrt ans Meta» Zeilen niederblickte. Wie konnte sie e» ihren, Onkel sagen? Wie konnte sie e» ihm beibringen, daß die Tochter, die er so zärtlich liebte, ihren Verlobte» verraten und am Vorabend ihre» Hoch zeitstage» au» dem Hause geflohen sei? * , * „Ich denke, Du könntest mich begleiten. Bruno. Da warst schon al» Knabe hier mit Farmer Lockhard wohl bekannt. Ich habe die grüßte Hochschätzung für ihn und wünsche, e» z» zeigen." „Mein lieber Onkel, Dir zu Gefallen kann ich alle», sogar einer ländlichen Traunug beiwohnen," entgegnete Brnno E-mond lachend. „Ich hatte e» ganz vergessen, bi» ich Dich in dem Kleidungsstück sah, da» Du selten hier trägst: einem schwärzet« Frack." „Du hast den Deinigen wohl bet Dir?" fragte der Gutsherr. „Geh' und kleide Dich an. In fünf Minuten wird der Wagen vorfahren." „Meine Toilette wird kaum zwei Minuten in Anspruch nehmen," sagte Hauptmann Esmond leichthin. „Erlaube, daß ich zuerst meine Zigarette beendige, nnd ich werde zu Deinen Diensten sein, ehe der Wagen da ist" „Ich glaubte, Dein neuer Bursche sei ein ungeschickter Tölpel," bemerkte der Gutsherr lächelnd. „Kann er Dich in zwei Minuten in den Hochzeitsstaat kleiden?" „O, dazu ist er gewandt genug," war die gleichgültige Entgegnung. „Ich wundere mich, daß Du Ritson, nicht wahr, so hieß sein Vorgänger? gehen ließest." Ein leichter Schatten legte sich über Bruno» Gesicht. „Er wünschte sich zn verbessern," entgegnete er, den Rest seiner Zigarette wegwerfend. „Ein geldbedürftiger Offi zier gibt keinen idealen Dienstherr» ab." „In der Tat, Du siehst sehr geldbedürftig au» I" sagte der Gutsherr mit leichtem Spott. „Und ohne'Zweifel lebst Du auch, als wenn Du e» wärest." Der junge Mann lächelte, eine Reihe Zähne unter sei nen» blonden Schnurrbart zeigend, aber da» Lächeln drang nicht bi» zu den Augen auf, diese behielten ihren kalten düsteren Blick Bruno ESmond war ein auffallend schöner Mann von fünf- oder sech»undzttxmzig Jahren, von hohem, schlanken Wuch» und distinguiertem Aeußern. Zwischen ihm und den» Gutsherrn bestand keine Sehnlichkeit, obschon er dessen Brudersohi« war, den die Leute gewöhnlich al» den Erben von Esmond Hall betrachteten. Diebeiden Herren promenierten gerade im Junisonnen schein auf der Terrasse vor den Fenstern de» Speisezim mer», al» da» Geläute der HochzeitSglockeu ihr Ohr er- reichte und den Gutsherrn an sein Vorhaben erinnerte, bei der Trauung der einzigen Tochter seine» Pächters an wesend zu sein. Wie schon erwähnt, trug er bereit» da für solche Gelegenheiten unerläßliche Kleidungsstück, und eii«e weiße Blüte zierte sein Knopfloch. Eine Minute lang blickte der Gutsherr gedankenvoll dem Neffen nach, al» dieser in da» Hau» ging, dann aber nahm er achselzuckend seine Promenade wieder auf. „Wenn sie ihm nicht ganz gleichgültig wäre, könnte er die Sache nicht so kühl nehmen," murmelte er. „Ich muß mich geirrt haben, und doch sah er so eigentümlich aus, al» ich ihm von ihrer bevorstehenden Heirat sagte! Ich verabscheue diese bleichen, indolenten Mädchen, sie sind immer gefährlich Und dazu ist sie so schön! In London würde sie all diese steifen, sogenannten Schönheiten in Schatten gestellt haben. Nun, in einer Stunde wird sie Frau Martyn sein, und damit ist alle Gefahr vorüber! Wäre e» die andere gewesen, wenn Bruno für diese eine Neigung faßt, wird ihm von meiner Seite wenigsten» nicht» im Weg« stehen, sie ist ein prächtige» Mädchen, rein und ge sund an Leib und Seele. Der nachdenkliche Ausdruck in seinen Zügen vertiefte sich, al» er langsam die Terrasse auf-und abschritt. Wäh rend der letzten Jahre hatte er sich daran gewöhnt, Bruno al» seinen Erben zu betrachten. Er war sein nächster Ver wandter, und e» war billig und recht, daß er da» Heim seiner Ayven erben solle, da der ältere Zweig erloschen war. Aber zwischen den beiden Männern bestand keine wirkliche Zuneigung. Vielleicht sieht der Besitzer einer großen Domäne nie- mal» mit Gleichmut auf den Mann, der nach ihm diese Ländereien sein eigen nennen wird, vielleicht auch war der Gutsherr zu stolz und reserviert, um sich herzlich an jemand anzuschließen. Bruno war sich wohl bewußt, daß er zu dem Oukel wenig sympatisch sei, und wand sich manchmal unter des sen kalten Sarka»men, aber der alte Herr war freigebig in Geldangelegenheiten und schien ein sehr gute» Verständ nis zu haben für die Bedürfnisse eine» Kavallerieoffizier«. Die» war Bruno» erster Besuch nach einer mehrjäh rigen Abwesenheit in Indien, und der Gut-Herr hatte am vorhergehenden Abend mit einigem Staunen die Ankün digung gehört, daß er vor Ende der Woche dienstlich nach London zurackkehren müsse. „Aber ich werde in einige» Tagen wiederkommen, wem» Du mich haben willst, Onkel," hatte er wie fragend beige- sägt. 130,1-