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Beilage znm „Riesaer Tageblatt l- 112 Mittwach 16. Mai 1VV6, abruks LS. Jahrg »SS >b« LIdstr»88«. ile. ag zum ne ein- ^rte : bei von -Dosr ba. m. iedai M Sttmmungsbiw aus dem Reichstag, «tgen-vertcht. ob. Berlin, 15. Mat 1906. Mit der heute erfolgten Annahme der Diäten Vor lage in dritter Lesung und deS MantclgesetzeS zur soge nannten Reichsfinanzreform in der entscheidenden zweiten Lesung ist der Reichstag zu einem gewissen Abschluß seiner diesmaligen Arbeiten gelangt. WaS jetzt noch folgt sind Gegenstände zweiter Ordnung. Die dritten Lesungen der Reichsfinanzgesetze und drS Etats haben kaum mehr als formelle Bedeutung. Dennoch will das nicht sagen, daß nicht noch lebhafte, ja hitzige Debatten bevorständen. Schon die morgen zur Verhandlung gelangenden Resolutionen zu den Steuergesetzen (mNer denen sich bekcunul'.ch auch die auf Aushebung der ermäßigten Orts gosttaxen befindet) wer- den die stärksten Rufer im Streit auf die Tribüne locken. Die dritte Lesung der Diätenoorlage hatte eine verzweifelte Aehnlichkeit mit einem abgekarteten Spiel. Das Gemunkel von einem schleunigen Handel auf halb part. daS hinter den Kulissen zwischen der Rcichsregierung und der Hauptdiätenschutztruppe, dem Zentrum, vor sich gegangen sein soll, scheint sich zu bewahrheiten, indem plötzlich ein Antrag Gr öd er erschien, der die Monats entschädigungen, vom November angefangen, staffelt Mt einem Anfangsminimum von 200 Mark, und da ferner der TageSabzug für ein fehlendes Mitglied von 20 auf 25 Mark (die Regierung hatte 30 verlangt) steigerte. Nun — für den ersten Antrag ließen sich gute Gründe hören, im November und Dezember pflegen tatsächlich nur wenige Sitzungen stattzufinden, und so wurde er angenommen, der zweite Antrag wurde abgelehnt; ebenso wurde auch dis Aenderung des Z 28 der ReichSoerfaffung definitiv ab gelehnt, es bleibt also bei der bisherigen Bestimmung über die zur Beschlußfassung erforderlichen Zahl der Abgeord neten. Nachdem nun an der Annahme des Gesetzes selbst (die mit 210 gegen 52 Stimmen erfolgte) nicht mehr zu zweifeln war, erschienen plötzlich eine Anzahl Gegner und ließen sich mit großer Heftigkeit vernehmen. Der Abg. Vreiß protestierte im Namen der Elsäffer, der Abg. von Kardorf im Namen eines Teils der Reichspartei, beson ders heftig, so daß Graf Posadowky sich zu einer ge reizten Entgegnung veranlaßt sah, der Abg. v. Staudy im Namen eines Teils der Konservativen, und selbst der Abg. Dr. Arendt (Rpt), sonst einer der vernehmlichsten Rufer nach den Diäten, verlangte zum allgemeinen Er staunen getrennte Abstimmung, um für die Herabsetzung der beschlußfähigen Ziffer und gegen die Diäten stimmen »nut «d Ikrli im, Langer » «tnterttch d, «les«. - M dte Redaktion verantwortlich: Heimann Sän-.idk In Rie,a. Tagesgeschichts. Drvtsche» «eich. Ein neuer Fall von fozialdemiokratischjein Tcrro.riÄnus wird aus Bützow in Mecklenburg gemeldet. Dort stellten fünf Gesellen eines Maurermeisters au diesen das An sinnen, daß vier andere Gesellen, die inr vorigen Jahre während des Ausstandes gearbeitet hatten, entlassen wer den sollten, widrigenfalls sie selbst die Arbeit nieder- Loklvn vt. »rllrvls. Alleinverkauf des Brücher „Paul-Schachte«-, Bruch i. v. Bracher Braun kohle ergiebt lt. Wissenschaft!. Nachweis allerhöchste Heizkrast bei denkbar geringstem Ascherückstand; ist demnach die beste und billigste Kohle. den Stammesgenossen in den Vereinigten Staaten genoß, ist ein sprechender Beweis für die seltene Stellung, die Karl Schurz sich durch geistige Begabung, Tatkraft und Charakter unter den Deutschen erworben hatte. Er stand ihnen in dem erfolgreichen Bestreben, deutsche Eigenart mit hingebender Arbeit für das große Gemeinwesen, das ihnen eine gastliche Stätte gewährt, zu verbinden, vls Vorbild vor Augen. Durch seine glänzende Beteiligung an den Wuchsen für die Erhaltung der Einheit der Nation, bei denen er hohe Führerstellungcn innehatte, erscheint er als hervorragendster Typus des amerikanischen Deutsch tums, das unbeirrt der Jahue des amerikanischen StaatS- gedauieus g. folgt ist. Streik und Aussperrung haben intz Bnchbindereigc- , - V - . l ken, resp. sind ausgesperrt 1400 Arbeiter, in Leipzig ist die Zahl der Beteiligten in 14 Betrieben, darunter die großen TamPsbuchbilldereien, auf 2000 gestiegen, und nun greift die Bewegung auch aus Stuttgart über, das sich, ebenso wie Leipzig, mit Berlin solidarisch erklärt hat. In Stnttgart, wo nach. Information au unterrichteter Stelle die Arbeitsniederlegungen gestern, Dienstag, be ginnen sollten, kommen gegen 2000 Arbeiter in betracht. Man wird also nach Verlauf weniger Tage mit einer Aus- standsziffer von über 6000 zu rechnen haben. Ter Aus stand ist bekanntlich darauf zurückzusühren, daß die Ge hilfen in Leipzig und Stuttgart sich weigern, Streikarbeit für Berlin zu liefern. Ter neue Herr im preußischen Eisenbahuministerium hat sein Amt angetreten. Vorgestern vormittag versammel ten sich zunächst die oberen Beamten der Abteilungen für das Eisenbahnwesen im. große», Konferenzsaale des Mi nisteriums. Minister Brcitcnbach begrüßte die Herren und bat sie um ihr Vertrauen und um dieselbe Unterstützung in seinem Amte, die sie seinem Vorgänger v. Budde dar gebracht hätten. Unterstaatssekretär Fleck erwiderte: jeder der Beamten würde, wie dem früheren, so auch dem neuen Minister mit vollem Vertrauen seine Dienste zu Gebote stellen. Eine Stunde darauf erfolgte die Begrüßung der Herren der Abteilungen für die allgemeine Bauverwnl- tung, in deren Namen Unterstaatsssekretär Tr. Holle sprach. Nachmittag sprach Minister Breitenbach beim Reichskanz ler Fürsten v. Bülow vor, gestern txnt er erstmlalig im Ab- geordneteuhause auf. Tem bayrischen Landtage ist, wie wir der Frankfurter Zeitung entnehmen, eine Tenkschrift des Verkehrsministers über die Errichtung staatlicher Motorwegen- linien zugegaugen. Sie verweist auf die meist g ring Ausnahme der Konservativen und Ultramontanen jedoch, die diesmal zu einer abgemachten Sache nicht mehr viel Worte und Zeit verlieren wollten. In sachlicher Beziehung handelte eS sich im wesentlichen um folgende beide Be stimmungen: 2/g dez Erträgnisses der Erbschaftssteuer be kommt daS Reich, r/g die Etnzelstaaten. Und dann: die Matrikularbeiträgc der Einzeistaaten sollen nicht auf 24 Millionen limitiert werden, wie die Regierung wollte, son dern nach wie vor beweglich bleiben; übersteigen sie aber einmal die 24 Millionen, so soll der überschießende Be trag den Einzelstaaten bis zum dritten Rechnungsjahr ge stundet werden, damit die Einzelstaaten Zeit behalten, sich auf den schmerzlichen. Nachschub oorzubereiten. In vieler Beziehung gaben Regierung und Reichstag (g eich Kem missious ) Mthiyeit vor, dasselbe zu wollen mir enig-gcm werbe große Timcusioueu augeuommeu. In Berlin strci gesetzten Mitteln, nämlich im Reiche zu sparen. Wenn " die Matrikularbeiträge limitiert sind, sagte die Regierung (Finanzministcr von Rh ein b ab en), so kann der Reichs schatzsekretär zu den andern Refforis sagen: „haltet ein mit euren Forderungen, ich habe kein Geld." Wenn die Matrikularbeiträge limitiert sind, sagt die ReichstagSrnehr- heit (Abgg. Schrader, Wiemer, Raab, Graf Bernstorfs usw ), so haben die Vertreter der Einzeistaaten im Bundesrat kein so lebhaftes Interesse mehr, die AuSgabenfrcudigkeit der EinzelressortS zu dämpfen. Man kann so und man kann so sagen; der tiefere Grund für den Reichstag, auf der Beweglichkeit der Matrikularanlagen zu bestehen, war aber die Rücksicht auf sein eifersüchtig gehütetes Budget recht. All diese Ausführungen interessierten nicht mehr allzusehr (weil ja doch post kostum), nur einzelne von nwts des Abg. Schrader wurden von Freund wie Feind mit gutmütigem Lachen dankbar ausgenommen. Er nannte das Mantelgesetz einen Mantel der Liebe, über die steuer- politischen Entgleisungen des Zentrums und der National liberalen gebreitet, und verhieß ihnen von einer volkswirt schaftlichen Fakultät die Würde des Oootor rsrum kisoalium ironoris cau8a. »alt. zu können. Es waren das Rückzugsgefechte, bei denen ja manchmal um so lauter geschaffen wird, je weniger sie auf Erfolg rechnen. DaS Mantelgesetz, das die einzelnen Steuervor- lagen durch gemeinsame Bestimmungen umhüllt, brachte noch eine steuerliche Generaldiscusston on winiaturo. Neue sachliche Argumente konnte man von ihr nicht mehr er- warten. Die Parteien faßten noch einmal ihren Stand- punkt gegenüber der Reichsfinanzreform zusammen, mit legen würden. Ter Meister war mütig genug, das An sinnen zurückzuweisen, das uM so unverfrorener ist, als unter den vier Arbeitern, die er entlassen sollte, sein eige ner Bruder sich! befindet. Wie bereits erwähnt, ist der bekannte Führer der Deutschen in Amerika, Karl Schurz, gestorben. Mit ihm ist der bedeutendste Vertreter der zahlreichen Deut schen hcimgegangen, die jenseits" des Ozeans eine zweite Heimat gefunden haben. Die hohe Verehrung, d e er bei bevölkerten Gegenden des offenen Landes, und die Aus sichtslosigkeit, auch finanziell leistungsfähige Eisenb hncn zu bauen. Tie bayrischen Lokalbahnen, die bereits jetzt mehr als ein Trittel des gesamten bayrischen Eisen l ahn - uetzes darstellen, haben bis "Ende 1904 einen Bauaufwand von Mehr als 119 Millionen Mark erfordert. Tie Ver zinsung des staatlichen Kapitals beträgt nur 1,935 Pro- z-: t. Ter Ausbau des Lokalbahnnetzes werde daher bald die Grenze erreicht haben, über die hinaus"er ohne ernste »I öfter. gänge, sfahrt Z. Mai lvg. cr. in 4 Uhl taug. 8 U« aradk mgend hrer. ib. Osten hab« ai, mi >ei den >erad« en. mmer adv. Hermelin. Roman von Melati von Java. Ans dem Holländische» übersetzt von Leo van Heemstede. K6j (Nachdruck verboten.) „Hier?" „Ja. hier! Es kommt mir oft vor, als wenn ich mein Leben nicht umsonst verspielt, meine Jahre nicht fruchtlos verbraucht bube, da ich nach Ngarnngan kommen durfte und —" (Hermelin 56. Nr. 7.) Er schwieg, wie vor seinen eigenen Worten, die ihn zu weit führten, erschreckend. Er stand gerade vor ihr. an einen Baum gelehnt; das Wasser murmelte ein melodiöses Wiegen lied, der aromatische Duft der Blumen und Pflanzen erfüllte die edle Lust, leise spielte der Wind, der durch die Bäume strich, mit Koronas langen Locken; sie warf sie mit un geduldiger Gebärde zurück und wrang ans. 166 „Wir wollen anfbrecken!" sagte sie, „das ewige Singen des Wassers verstimmt mich ganz; ich kann mir denken, daß hier nur träumerische schläfrige Javaner leben konnten, und ich muß Bewegung. Arbeit. Zerstreuung haben; ich habe viel abends wehr von den Geraus als von den Diamars." „Sie sind eine Diana und keine singende Wassernvmphe, aber auch Diana ruhte bisweilen an den Quellen; warum vollen Sie sich keinen Augenblick der Ruhe gönnen?" „Es wird spät; Papa wartet auf uns, Sie können ja hierher znrückkehrcn, wenn Sie das Plätzchen so anheimelnd Hilden." „Wird es noch so sein, wenn Tiana verschwunden ist?" „Herr Thoren van Hagen, wie hübsch Sie auch die Komplimente einznkleiden wissen, ich erkenne sie doch und achte sie als verbotene Ware." „Dann will ich sie nickt mehr bereinznschmnaaeln stutzen. Sie wollen gehen, und ich bleibe Ihnen dankbar für den üur geschenkten Genuß." „Ja, es ist ei»» schöner Punkt." . . „Und Ihre Erzählung an dieser Stelle gab ihm einen eigentümlichen Reiz. Mussen wir uns eilen, um Ihrem Vater zur rechten Zeit zu begegnen?" „Am Schatten der Bäume sehe ich, daß es bald zehn Uhr ist. Wir müssen ihm entgegenreiten. Ihr Gespräch klang nun sehr alltäglich; in seiner Stimme war keine Spur mehr des Ausdrucke?, der sie aber, fast in einen Zauber verstrickt hätte, den sie mit Gewalt fern zu halten wünschte. Sie bestiegen ihre Pferde und machten sich eilig auf, um Herr» de Gcran nicht warten zu lassen. Dreiundzwanzigstes Kapitel. AIS Hermine nach Djantong zurückkehrte, fand sie ihren Mann nicht zn Hanse. Sie trat ein mit der Empfindung, als wenn sie ein Vogel sei, der aus eigenem Antrieb wieder in seinen Käfig fliegt, nachdem er es draußen ebenso traurig und einsam gefunden, als drinnen. 167 Sie ging durch alle Zimmer, wie nm eine Spur von dem. zu finden, dessen Bild immer vor ihrer Seele stand; so betrat sie auch Konrads Zimmer. An der Wand hing das Porträt seiner Mutter, einer schönen, sinnigen Fran: darunter befanden sich andere Bilder seiner Schwestern und Bruder, aber es war nichts da, das an sie selbst erinnerte; auf dem Tisch lagen Bücher und Hefte verwirrt durcheinander. Mit leicht erklärlicher Neugierde warf Hermelin einen Blick hinein und lächelte; es waren deutsche und französische Lesebücher, worin er zu studiere» schien. Die Frithjofsiäge lag dazwischen, reich mit Bleistiftnotizen versehen; er schien es sich in den Kopf gesetzt zu haben, dieses Gedicht gründlich zu verstehen. Auch Zeichnungen lagen da herum, halb in einer Mappe versteckt. Konrad zeichnete vortrefflich; ohne viel Unterricht genossen zu haben, gelang es ihm, Pferde und Menschen rasch abzukonrerfeieu. Hermine durchblätterte die Mappe und be- wunderte die keck ausgefübrten Skizzen, bis ihre Aufmerksam keit durch rin Blatt gefesselt wurde, auf welchem immer der nämliche Franeakopf in verschiße.:cn Stellungen und An:« drücken wiedcrkchrre, die dem Künstler immer noch richt zu genügen schienen. Das Blut stieg ihr plötzlich zn Kopie; da war sie selbst, lein Zweifel war möglich; trotz seiner ickeinbaren Gleichgültigkeit war Konrads Geist dock mit ihr beschönigt. Während ihrer Abwe'enbeit halt: cr ihr Bild zn entwerten gesucht, er dachte an sie. cr verlangte na b ihr. Mit bebender Hand legte sic die Zeichnungen wieder an ihre Stelle nnv verließ das Zimmer mit halb geschloffenen Augen, als wenn sie fürchtete, daß die Entdccknn >, die sie ge macht hatte, beim Ansckanen anderer Gegenstände wie ein Traum verflüchtigen würde. ES war. als wenn in ihrem Herren etwas anfgehe, als wenn ein Band, das ihre Seele znsammenschniirte, plötzlich erweitert wurde; sie möchte jubeln, beten, danken. Es war ihr. als wenn sic wochenlang in einer finsteren Höhle nmbcrgeirrt sei und nun endlich einen mnitcu Schein gewahrte, der Rettung. Leben, Glück vcri'pcach. Sie war so erfreut durch ihre Entdeckung, wie ein Schiff brüchiger sein mutz, der nach langer Irrfahrt im Ozean end lich einen Landvogel erspäht oder den unbestimmten Duft von Wäldern und Blumen verspürt; und sie schmachtete nach Liebe und Glück, wie der halb Ertrunkene nach festem Grunde. „Mein Gott! ich danke Dir, cS ist. als wenn ich auch Dich wiedergcfnndcn habe, nackdem ich wieder einen Beweis Deiner Liebe und Güte fand", schluchzte sie, „o, ich konnte mir Dich nicht anders vorstellcn, denn als einen zärtlichen Vater, und solltest Du mich hier allein lassen zwischen all den Fremden, ohne Hilfe, ohne Stütze, ohne Hoffnung?" 168 Sie suchte sich langsam zn beruhigen, den Sturm froher Empfindungen, die in ihr erwachten, zu unterdrücken, daniit er nichts bemerkte, wenn er wiederkam. Wenn er nun plötz lich cinträte und sie an sein Herz zöge, wurde sie ihm damr noch grollen? O nein! Nicht im geringsten mehr, sie würde sich an seine Brust schmiegen wie tin müdes Bögelchen und ihm nickts anderes Vorwerke»» als: „Konrad, wie hast Du mich gequält!" (Fortsetzung folgtO .