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SV Getrennte Kerzen. Original »Roman von C. Matthias. (Nachdruck verboten.) »Der Herr Eommerzienrath thellte mir seinen Entschluß mit," sagte Below. »Run also," rief Luise sreudig: „Sie werden sich an den Gedanken gewöhnen müssen, bei uns zu bleiben und uns den Schmerz nicht anthun, weiter zu ziehen, wenn Ihr Amt Sie hier nicht mehr fesselt." »Fräulein Luise, Sie sind sehr gütig," sprach Below mit Anstrengung, da er immer näher und näher die gefürchtete Erklärung herankommen sah. „Aber wie soll ich Ihres Vaters Wunsch erfüllen? Ich bin arm und muß verdienen, um zu lcken. Sobald ich für Ihren Vater nicht mehr arbeiten kann, darf ich auch keinen Gehalt mehr annehmen, er wäre geschenktes Geld und ein solches demüthigt den schaffensfreudigen Mann. Aber der Herr Eommerzienrath stellte mir in Amerika eine Existenz in Aussicht und dort —" „O, der böse Papa," klagte Luise, mit Thränen kämpfend. »Wie konnte er an die Trennung denken. Ich weiß, um mar es sich handelt. Onkel Smeaton verlangt einen Deutschen, der seinen Fabriken vorstehen kann, allein — ich weigere mich, Sie in die weite Welt zu lassen, ich will es nicht — nein, »ein, ich will es nicht." Sie brach in Thränen au». Below erhob sich nervös. Jü>en Augenblick konnte da» entscheidende Wort fallen, dessen Ablehnung ihn zu einem Undankbaren, Gefühllosen stempeln rmchte. »Wie Unrecht hatte Dr. Gutmann, Ihnen nicht jeden Be- sttch auf da» Strengste zu verbieten, Fräulein Luise," sagte er ernsthaft. »Sie find nervo» und werden krank «erden, wenn Sie sich nicht beherrschen. Ich beabsichtige ja nicht fortzu- acheu, vvr der Hand gewiß nicht. Er giebt hi« ja auch noch »o viel M thuu. Wir «srdeu «» gewiß noch recht ost sehen, täglich. Werden Sie nur erst wieder gesund. Jetzt aber er lauben Sie mir, daß ich mich zurückziehe, es wäre unverzeih lich, wollte ich Sie mit meiner Gegenwart noch länger beun ruhigen." „Sie können mich jetzt verlassen, da Sie mich so unglück lich sehen?" fragte Luise, während Thränen über ihre Wangen rollten." „Ich muß es, gnädiges Fräulein. Es ist zu Ihrem Besten. Vielleicht sind Sie morgen schon nervenstark genug, da» an zuhören, was ich Ihnen mittheilen muß. Darf ich morgen wiederkommen, wenn es der Arzt erlaubt?" „Sie fragen?" Ich fordere Ihren Besuch, denn auch ich habe Ihnen Wichtiges anznvertrauen, lieber — Edmund. Darf ich Sie so nennen, mein Netter?" „Sie machen mich stolz und glücklich," entgegnete Below, dessen Herz vor Furcht und Erregtheit heftig schlug, indem er Anstalt machte, sich zurückzuziehen. A s er aber der Jungfrau die Hand zum Abschiede reichte und sie diese mit Energie festhielt, schoß ihm der Gedanke durch den Kopf: „Mein Gott, was soll ich machen? Wo finde ich einen Weg, dieses theure Kind darüber aufzuklären, daß ich ihm nie mals angehören kann?" Der Zufall kam ihm hierbei zu Hülse, er sandte ihm den Doctor Gutmann, der ganz unerwartet und unangemeldet eintrat. ' „Sie sind mir ein netter Netter," sagte er, den ihm un willkommenen Besuch mit mißbilligenden Blicken messend. „Sie wollen wohl das Fräulein durch Aufregung umbringen, nachdem Sie dasselbe aus dn Räucherkammer geholt haben? Ich glaube gar, Demotselle weint! Anstatt zu ruhen, zanken sich die Herrschaften! Das ist stark. Da hab« ich nur eine Sentenz: Nu ab« rau», He« von Below, und vor übermorgen keinen Schritt üb« diese geheiligte Schwelle, sonst sollen Sie, beim heiligen Aeskulap, einen gereizten Medicin« einmal kennen lernen." — - — sttzt dadurch seinen Abschluß gefunden, daß da» Verfahren »«««« sämtliche Angeklagte eingestellt worden ist. Der .V A." meldet darüber: 95 Personen, die wegen de» Aiawall» am Strtegauer Platz in die Untersuchung mit »tovrzogen waren, erhielten den Beschluß de» Landgericht» H^eftellt, daß wegen Unzulänglichkeit de» Belastung», marertal» da» Verfahren gegen sie eingestellt sei. 88 hi«, »o«, darunter eine Arbeiterfrau und der bekannte Arbeiter Siewald, waren de» Aufruhr» beschuldigt gewesen, die 7 «aderen der Nötigung, der Beleidigung und der Streik. Zer vri»mu». D« Christliche Bergarbeiteroerband erklärte sich scharf Wegen die beabsichtigte Verschmelzung der drei großen Vergarbetteroerbände im Ruhrgebiet. D« Wechsel im Oberbefehl über unsere Flotte wird Pch nun doch in kurzer Zeit vollziehen. Wie au» Kiel be- richtet wird, übcrgtebt Großadmiral o. Köster nach den großen Flottenmanövern, die noch unter seinem Oberbefehl stau finden, den Befehl über die Schlachtflotte dem Admiral Prmzen Heinrich von Preußen, v. Köster bleibt aber Seneraltnspekteur der Marine. Niederlande. Ja Gegenwart des Prinzen Heinrich der Niederlande wurde gestern unter dem Vorsitz von Professor Freutel-ver- l,n im ParlamentSgebäude zu Haag die 5. Internationale Lubertulosekonferenz feierlich eröffnet. Nach einer Gedächt- m»fei«r sür.den verstorbenen Präsidenten Brouardel wurde der französische Minister Bourgeois zum Präsidenten der tLrrinigung gewählt. Italien. Die italienische Presse verfolgt diesmal zwar mit Aufmerksamkeit, aber mit größerer Mäßigung die öfter- ttrchsichen Flottenmanöver, die zum Teil in der Nachbar- ichafr der Gewässer von Ancona stattfinden. ES ist kein Geheimnis, daß im Kriegsfall die Aufgabe der österreichischen Ftone eine Landung außerhalb des Bereiches der Kanonen »im Ancona oder wenigstens die Zerstörung der Eisenbahn mm Ancona nach Bologna wäre. AuS Fano wird ge- meldel, daß dort ein nächtliches Manöver der österreichischen Schisse die Häuser erzittern gemacht habe. Völkerrechtlich, mein» Gtornale d'Jtalia, sei dagegen nicht» einzuwenden, aber e» verstoße gegen die Normen guter Freundschaft. Italien habe voriges Jahr seine Manöver nicht im Adria» Zifche.i, sondern im Tyrrhenischen Meere abgehalten. Oesterreich»Ungar«. Bei den vorgestrigen und gestrigen Demonstrationen m Fiume zwischen Kroaten und tschechischen Sokolisten -egen Ungarn und Italiener wurden über 100 Personen »«wandet, darunter 32 schwer. Zwei Kompagnien In- -anterie machten wiederholt Attacken gegen die Demon- -travien, welche mehrere Cafehäuser und Wirt-lokale voll kommen demolierten. Drei Personen wurden im Hafen ins Meer gedrängt und ertranken. Man befürchtete für gestern abend eine Wiederholung der Demonstrationen, wesratb Militär die Hauptstraßen besetzt hält. Die De- monttrattonen wurden in erster Linie von au» Agram nach A<u ne auf Besuch gekommenen tschechischen und polnischen -Kokettsten provoziert, welche die Kroaten in ihrem Bestre ben, F ume den Ungarn zu entreißen, unterstützen wollten. Meg-.n der Fiumaner Vorgänge hat bereits eine bemerk bare antislavische Gährnng Platz gegriffen. lieber eine Demonstration ungarischer Rekruten gegen do» »Gott erhalte" wird berichtet: In Szegedin ereignete sich am Dienstag bei der Vereidigung dcr Honoedrekruten rin peinlicher Zwischenfall. Die Vereidigung wurde am Hofe der Honoedkaserne vollzogen, wo erst eine Feldmefle -eleken wurde und dann die Mtlttärmustkkapelle da» „Gott erral'«-" spielte. Auf d e ersten Klänge de» Liede» hörte man im Kreis« d« Grsatzreservisten Murren, in da» auch viele Rekruten einstimmten, ja mehrere Reserveoffizier« ga- den ihrem Unwillen über da« Spielen de» .Gott erhalte" offen Au»druck. Der Oberst ließ rasch abblasen und ver- hängte über sämtliche Rekruten eine Kasernarreststrafe. Infolgedessen kam e» fast zu einem Zusammenstoß« zwi schen de» Reservisten und den zu ihrer Bewachung ausge stellten bewaffueten Soldaten, und nur al» sich die Re- serorofftztere in» Mittel legten, fanden sich die Rekruten mit der Arreststrafe ab. Frankreich. Ueber den bisherigen Verlauf der vtschofskonfkren- berichten mehrere Blätter, daß die Versammlung sich be. sonder» mit der Frage beschäftigt, unter welchen Bedtngun- gen die gegenwärtig bestehenden Kirchenverwaltungrn ihre Tätigkeit einstellen, durch welche neue Organisationen er- weckt und auf welche Weise die Mittel zur Unterhaltung deS Kultur beschaffen werden sollen. Die vischofSoersamm- lung werde sich im übrigen darauf beschränken, die Haupt- I ltnien der künftigen KultuLorganisation festzulegen. Ein- zelne nationalistische Blätter wollen wissen, daß die Bi schöfe beabsichtigen, in Ruhe da» Vorgehen der Regierung abzuwarten. Die Vorgänge bei den Inventaraufnahmen hätten gezeigt, mit welchen Schwierigkeiten und Gefahren ein gewaltsames Vorgehen gegen die Geistlichkeit verbun- den sei. Sehr eingehend sei die finanzielle Frage erörtert worden, da e» sich darum handele, jährlich 40 Millionen Franks für den Unterhalt des KleruS und 20 Millionen für Gottesdienstzwecke aufzubrtngen. Spanien. "'l"'* Nachdem die spanische Regierung dem Vatikan eine Liste der für die Gesandtschaft am Heiligen Stuhl in Be tracht kommenden Diplomaten vorgelegt hat, ohne daß hierauf eine Antwort erfolgt wäre, ist in dieser Frage tat sächlich ein Aufschub eingetreten. Man spricht von der Zurückberufung deS gegenwärtigen Nuntius Rinaldini. Es ist auch die Rede davon, daS Konkordat zu kündigen, ohne die Ausarbeitung des Vereinsgesetzes abzuwarten. Die Bergarbeiter in der Umgegend von Bilbao be- schlossen, die Arbeit wieder aufzunehmen; eine Abordnung der Arbeiter ist entsandt worden, um dem König an Bord der Jacht „Giralda" eine Adresse zu überreichen, in der die Ursachen de» Ausstandes dargelegt werden. Der Bäk- ker-AuSstand in Coruna ist beendet; die Gehilfen haben ihre Forderungen durchgesetzt. Dänemark. Die russische Kaiserjacht „Polarstern" mit der Kaiserin- Witwe an Bord und die englische KönigSjacht „Victoria and Albert" mit der Königin von England an Bord sind gestern nachmittag in Kopenhagen eingetroffen. «ntzkan». DaS gestern veröffentlichte Kommuniques der Regierung weist zunächst darauf hin, daß die revolutionäre Beweg- ung seit zwei Jahren eine außerordentliche Stärke erreicht und besonders seit dem Frühjahr dieses Jahres stark zu- genommen habe. Kein Tag vergehe ohne irgend ein neues Verbrechen. Meutereien, Attentate und Räubereien folgten sich ohne Unterbrechung. Die revolutionären Organisationen arbeiteten daraufhin, das ruhige Werk der Regierung zu hindern und der Möglichkeit eines schöpferischen Staats- lebens ein Ende zu machen. Verschiedene Gruppen der Gesellschaft erwarteten von der Regierung eine Erklärung über die Ursache dieser Verbrechen und die Haltung der Staatsgewalt hinsichtlich derselben. Die Regierung halte eS für nötig, zu erklären, daß die Revolutionäre schon vor Auflösung der Duma eine von Heer und Flotte unter stützte Erhebung und allgemeine Agrarbewegung vorbe ¬ reiteten. Nach Auslösung der Duma und Ergreifung vri schieden« Maßnahmen gegen die «grarunruhen hätten di extremen revolutionären Gruppen beschlossen, durch Gr mordung höherer Beamter auf da» Land zu wirken un die Regierung zu erschrecken. Pflicht der Regierung sei » jedoch, ihre Ziele nicht zu ändern. E« sei unmöglich, d» willen der Regierung zu brechen, der auf die Wiederher stellung dn Möglichkeit, zu leben und in Freiheit zu ar beiten, gerichtet sei. Durch da» Slaat»tnteresse sei e» ge boten, mit allen Kräften der Lösung dieser Aufgabe zuzu streben und der gewalttätigen Revolution Halt zu gebieten In« einzelne gehende Anweisungen setep den örtlichen »e Hörden sür den Kampf gegen diese Elemente erteilt worden Di« Verwaltungen werden mit allen Kräften olle gesetz mäßigen Mittel in Anwendung bringen, um der Propa ganda der Gewalttätigkeit ein Ende zu bereiten und di« Unruhen mit Waffengewalt zu unterdrücken. Die Beront. Wartung für die Opfer werde den Agitatoren -ufallen Da daS gewöhnliche Gerichtsverfahren den gegenwärtigen Umständen nicht entspreche, habe die Regierung gewisse schwere. Verbrechen Kriegsgerichten zugewiesen, sodaß das gerichtliche Verfahren und die Ausführung deS Urteil» dem Verbrechen auf dem Fuße folgten. AuS Bessarabien treffen, der „Neuen Freien Presse" zufolge, in Bukarest Berichte über den Ausbruch großer Unruhen in Bolgrad ein. Ein Gouverneur ließ die früheren Duma-Mitglieder Roman Jakob Diminetz und Johann Galatziano verhaften. Die Bevölkerung befreite sie gewaltsam. In mehreren Gemeinden revoltierten di» Bauern und sperrten die Steuereinnehmer ein. Kosaken, die aufgeboten wurden, weigerten sich, gegen die Bauern einzuschreiten und mußten zurückgezogen werden. In allen Dörfern nimmt die Gärung zu. i » * > > Türket. Infolge eines Proteste» von serbischer Seite hat die- Pforte versprochen, dem Walt von Van Befehl geben zu wollen, den kürzlich besetzten Distrikt Marjewa wieder zu räumen. Amerika. Wie der „Tribüne" aus Washington gemeldet wird, beabsichtigt Senator Bailey auS Texas sich von der demo kratischen Partei al» Kandidat für die Präsidentenwahl aufstellen zu lassen. Er erklärte sich als Gegner der von Bryan vorgeschlagenen Eisenbahnverstaatlichung. In Kuba haben Vertreter der kleinen Gruppe von alten Führern in früheren Kriegen das Insurgenten lager aufgesucht, um die Bedingungen zu erfahren, unter denen fie Rebellen bereit wären, die Feindseligkeiten einzustellen. Ihre Verhandlungen mit dem liberalen Führer Zoyos haben aber zu keiner Verständigung geführt, und die Sacke deS Friedens hat damit wieder einen Rückschritt gemacht. Die Opfer. I. H. Nachstehend eine kleine Skizze über Selbster lebtes während der Schreckenstage in Lodz: Lodz (Russt-Polen), Auglust 1906. Tie Juden hatten wirklich Wort gehalten undl nahmen an der großen politischen Temonstrativn auf der Haupt straße teil- Tas erste Mal, daß sie cs wagten, und" d 'sscn-- ungeachtet erschienen sic in solch! großer Anzahl, wie ma r es kaum erwartet hätte- Also sogar die Indien, die sich doch Lei Ähnlichen Vorkommnissen in den äußersten W nkcl ver stecken; nun, und die Christen hatten um so nr.hr'Mut; sie wollten den sonst so Furchtsamen nicht nachstehen, und darum kamen alle, jung und alt, alle, denen es die Ge sundheit erlaubte, auK djem Hause zu gehen, und schlossen sich dem Zuge an- . , „Verzeihen Sie, Herr Tocior, ich war es, die diesen Herrn- zum Hierbleiben ausforderie," unterbrach ihn Luise mit er» schöpft« Stimme. „Da thaten Sie Unrecht, Fräulein Eommerzienrath, Hörem Sie selbst nia', wie sie piepsen und Sie sollen sonst so eine gewichtige Stimme habe». Nein, bei schwacbnervigen Patient innen habe ich kein Mitleid und keine Courtoisie. Adieu, Herr von Below. Ma chen Sie, daß Sie alle werden!" wandte er sich an diesen. Edmund drückte einen flüchtigen Kuß auf die Fingerspitzen der jungen Dame und verließ eilig das Gemach und das Hau».. Ohne sich n eiter nur das Treiben in der Fabrik zu bekümmern, eilte er zunächst nach seiner Wohnung. Unterwegs überlegt« er, mar er thun müsse, um sich eine moralische Niederlage und dem vertrauensvollen Mädchen eine verletzende Täuschung ziz ersparen. „Nur die Wahrheit kann mich retten — ich will dem Eommerzienrath Alles gestehen — meine Heirath — mein» Trennung, mein Unglück — das Glück des Wiederfinden». Er soll meine ganze Vergangenheit erfahren, bevor ich noch Luise wicdergesehcn. Aber bis dahin muß viel geschehen. Man hat Carola in meiner Wohnung gesucht, also ist man auf ihrer Spur. Bevor man sie ausgefunder, muß ich mit ihr fort, mit ihr und deut Knaben, nach dem sie verlangt und- der zu ihrer Heilung nöthig ist." Ueber die Möglichkeiten einer Entführung des kleinen Curt nachdenkend betrat ec sein Zimmer. Er fand es in völlig« Unordnung. Die Betten waren ohne Bezug, die Teppiche zu» sanimengerollt, die Handtücher entfernt, der Tisch ohne Decke. Kurz, jede Bequemlichkeit war entsernt. Auf Below'» heftige» Klingelzeichen erschien Frau Merzenland. „Soll da» hier so bleiben?" fragte Ecmund in drohendem Tone. „Allerdings," sagte die Wirthin, ihre Arme keck in di» Seite stemmend.