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Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 06.04.1927
- Erscheinungsdatum
- 1927-04-06
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1666408611-192704067
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1666408611-19270406
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1666408611-19270406
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Riesaer Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1927
-
Monat
1927-04
- Tag 1927-04-06
-
Monat
1927-04
-
Jahr
1927
- Titel
- Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 06.04.1927
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ck. ' ' ' ,v Ti^»q^W^^ftei^e>M»tt^IiiMe«ch^ö^Ptt^^ ^r 81 MkS VVir WEN GyRvtcklrn nch« «otte» de» < Am zweiten Berhandlungstaae sprach Oserlehrer Kühn« Dresden, der zweite Vorsitzende de» N S. L B. über »Da» Elternrecht*. Des weiteren faßte die Bertreterversammlnna folgende zwei E«tschNetzrmieir: 1. Die Bertreterversammlnna bearützt die Verordn«»« über die Verlethuna -er mittleren Reife dnrch di« höheren Abteilunaen der Volksschule. Man fleht in dieser Maßnahme des Ministeriums eine wertvolle Anerkennung der Bedeu- ZitniiütMtki ni ilMWfttsei. Di« Jugevdführrrtaaung des LandeSanSschusfe» Lachse« der deutsche« JnaenLverbände, di« am vergangenen Lunn» abend im Ministerialgebäude in Dresden in Anwesenheit verschiedener Vertreter der Regierung und sonstiger Be hörden stattfand, beschäftigt« sich mit dem ArbeitSschutzgesetz und den darin enthalten«» Äugendschutzdkstimmnngen. D«r Bezirksletter des Zentralverbandes christlicher Textil arbeiter, Heinrich Pickrr-DreSden, referierte über das Thema »Di« Jugendförderungen und das ArbeitSsämtzgesetz" und mußte dabei leider feststclien, daß der Gesetzentwurf an diesen Wowerunaen so gut wie vorübrrgeht. Der Redner betonte, wie äußerst wichtig cs sei, den Nachwuchs der Hand- und kopfardeitenden Bevölkerung vor Schädigungen durch die Berufsarbeit zu bewahren. Tas liege nicht nur im Interesse dtefer Äugend selbst, sondern sei Lcöcnssraac für die Wirt schaft und das Volk überhaupt. Zn der Aussprache traten di« Jugendftthrer der verschiedensten Bünde dafür ein, daß aus die maßgebenden -greise cinacwirkt werden möchte, um di« Jugendförderungen in das ArbeitSschutzgesetz noch einzn- d«z-t«hen. So ist bi« nachfolgende E»tschlietzv>§, die einstimmig von der Versammlung angenommen wurde, ei« Appel der Jugeudsührer an alle, die es augeht, vor alle« Dtnae» a» die Parlamente, BehSrd«» und Kreise der Wirt, schäft, Liesen Kordelungen zur Verwirklichung zu helfe«, «he «S zu spät ist. Die EntsMießuug lautet: »Di« sortschvelt«nde Jndustriealiflerung Deutschlands zwingt immer w«it«re BolkSkreise, ihre g«iftigen und körper liche« Kräfte in -en Dienst des Wirtschaftslebens zu stellen. Durch die Rationalisierung -er Wirtschaft werden an den ei«»«!««« immer hoher« Anforderungen gestellt. Diese Ent wicklung fordert die Ausbreitung der Berufskrankheit«« und führt zur Lntferlung der Berufsarbeit. Die Erhaltung der BolkSgrsundheit ist ein« SeberrSfvage für da» deutsche Volk u«d fein« Wirtschaft. Di« im Reichsausschuß -er deutschen Jugrndvrrbäude zv- sawmengeschlossenen Jugendorganisationen haben sich die Htcknmn» und - . «ach de« «de» Worte« Le» Vorsitzende« -er WRL'MSML. Die alad«mtfch« Behrerdild»»« sieht ft» ««lösbar,» Zu- tawmenhane mit der deutsche» Knltnr. ««d Sozia laeschicht«, St« ist organisch au» politisch«« r»«d wirtschaftlichen E«t- micklunaen, soziale« UuftchichtünsiÄsrozesie« und geistigen Handln«-«» erwachs««, di« «tutest en» ftft dem zweit«« Drittel Le» iv. Jahrhundert» die veLeutung de» Bürger tum» und de, handarbrtteabe« Maffe« steigern und erhöhte Ansorderungeu a« ihre SeiftuNgSfähigkett «ft di« EMsal- Inna ihre» Menschentum» stelle«. Der Aufstieg der deutschen Volksschule zu einer Schnle der vtlduo«Sgruudl«gung für die ganze Ratto« führt kola«richtig zur «kademisierung der Lehrerbildung. Die sächsische Regelung auf Grund de» Ge- setze» vom 4. April 1VSS stellt di« zur Seit folgerichtigste ««d g«schloffe«e Lösung der Lehrerbtld««g 1« Deutschland und -en Kulturftaaten überhaut bar. Die Gründung päda gogischer Institute in enger organisatorischer oder arbeit», gemeinschaftlicher Verbindung mit der Universität und der Technischen Hochschule war nach Leh« wie Forschung im Hinblick auf die besonderen Anforderungen de» Lehramt» an der Volksschule notwendig. Der r«tn« Hochschulcharakter der Institute gewährleistet wissenschaftliche und unterricht», methodische Freiheit ebenso wie weltanschauliche Unabhän gigkeit und Neutralität. Unbeschadet der Unabhängigkeit er- wächst den Instituten aus der ReichSverfaffung sReltgton». unterricht ist ordentlicher Lehrgegenstanb der Schulens, di« Pflicht, auch da» religiöse Kulturgut im Sinne seiner metho dischen Vermittlung zu pflegen. In einer größeren öffentlich«« Versammlung sprach abends Oberlehrer Lenpolt über da» Thema: „Habe« wir in Sachse« eine christliche Schule?" Gr zeichnete zunächst ein Bild der Krisis unserer Zeit, di« zugleich eine KristS brr Schule sei, und stellte gegenüber de« seelenlosen Materialismus und jenen Idealismus, der im mer wieder unserem Volke Hoffnung «nb Zukunft verbürgt. Dann zeigte er die christlich« Schule der Vorkriegszeit in ihrer Stellung tm Volke und ihrer deutsch-christlichen Eigen- art. Mit Eifer gingen die Neuerer nach -em Krieg« daran, die neue Schule zu erbaue». Seit dem UebergangSschulgesetz vom 22. Juli 1919, bas den Religionsunterricht mit einem Federstrich beseitigte, hat der Prozeß der inneren und Lnße- ren Umivanblung der Volksschule nicht aufqehvrt. So formte man die neutrale weltliche Schule, die man schönfärbertsch Gemeinschaftsschule nennt, retnigte Lese- und Liederbücher von religiösem und nationalem Bildungsgut. Man ver- schrieb sich seinem pädagogischen Expressionismus. Das Kind wurde in den Mittelpunkt aller Schularbeit gestellt. Die 8«. Jahr,. t««» »er BolktschnlLilduna und «ick wirksame» Mittel, an begabten Kinder« unbemittelter Volksschichten den Zugang »ur mittlere» Veruf». ««» Beamte»laufbahn zu öffnen. Die volk»schullehrerschaft de» R. S. L. V. f»Ird freudig an dem Auf- u«t >u»bau dtefer di« ved«utuug der Volksschule hebenden Sturichtung Mitarbeiteu. S, Di« Erklärung der RrichSregirrung und di« Mittet- luu« de» Preußtschen K«ltuSmiaifterium» lassen keinen Zweifel mehr darüber, daß bereit» Verhandlung«» üb«r de» Abschluß et«» Konkorbat» »wische« de« Deutsch«» Rei be»«. de« Preußischen Staat« einerseits und der Römischen Kurte anderseits gepflogen werbe«. D«r N. S. L. B. richtet deshalb an den Retch»taa die dringende Vitt«, dem Abschluß et««» Konkordate» mit »er Römische« Kurie unter keinen Umständen di« Zustimmung »» g«ben: Konkordate beein trächttaech die Hoheit de» Staate», der an» eigene« Recht seftft Verhältnisse zur Kirche kraft der Retch-verfassung regel« kann und soll. Der R. S. L. B. fordert «in« ver trauendvoll« Zusammenarbeit von Kirch« und Schule, lehnt aber eine verkirchlich««» de» Schulwesen» in jeder Form ad. Unterrichtsarbeit befchrftt, ««»«hemmt von Rücksichten aus Elternschaft «nb Staat, ans «chulziel und Leben «en« «ahnen. Die weltlich« Schule sollte »«gleich dir Schule eine» neue» Menf-entn«» sei«. Abe, ,» zeigt« sich fthr bald, wie »an Gute» verschüttet und Unzulämzliche« etnaesübrt. Di« Ergebnisse de» Unterricht», der «äh immer für ia» Lebe« »orbereite» muß, gingen erschreckend snrltck. Da» Ansehen der Volksschule und de» vottssHullehrer» sank. Ein« allgemeine Flucht an» dtr BolkSschul« sicht« «in. Der tiefst« Grund d«s Rückgang«» der Leistungen wa, nicht bi« Verachtung der Methode und die Aufhebung de» Zwange», sonder« di« Politisierung der Volksschule durch di« oer malige« Machthaber. Auf Pädagogik, Pottttk nnb Wirt- lchast ist bi« Existenz ber volttschulr gestellt - bi« Vorherr, schäft hatte die Politik, unb zwar je«e proletarische Politik, bi, eine neue Menschhettbkultur erstrebt. Freilich eine Kultur oh«« — Gott. Di« neue Schul« ist kein« christlich« Schul« m«hr. Rnr sür die Kurzsichtigen sind bi, Aufschriften: Religiös«» Kulturgut! — Lebenskundel »efttmmt. Da» Reli giöse ber ««««« Schule ist 1« bi« »wet Reltgtonöstunbe» ge bannt «nb bars sich weder t« Lieb, noch in Geschichte ober Deutsch »eigen. Denn die Schul« muß Rücksicht nehmen auf die Neutralität der Atheisten und Dissidenten. Die Schul- feiern sind rrligtonblo» unb bedeut«« in jedem Fall« die Verletzung der Kinder, die et» natürliche» Recht auf ihr evangelische» Bewußtsein habe» Der Religionsunterricht ist durch«»» ««»ulängltch. Di« alte deutsche Zucht hat un endlich gelitten. Der deutsch« Geist 1» der Volksschule ist »um guten Teil« einem schwärmerisch««, weichlichen Pa»ift». ««» ««wichen, der den Selbstbehauptung-Willen unsere» Volke» »ermürbt. Ein« christliche Schule kan« nur «in Retch»sch«lgesetz bringen, da» de« drei Schularten, di« die ReichSverfaffung »uläßt, freie» Feld gibt: der deutsch-chrtst- ltchen fKonf«sston»-)Schul«, der christlichen Simultan- oder Gemeinschafts-Schule und der neutrale« Schule ohne Relt- gtonsunterricht, also jener Form, wie sie, mehr oder weniger verschleiert, beut« in Sachsen die Regelschul« ist, freilich etwa» entstellt durch btt zwei Stunden Religionsunterricht, btt Sachsen nach dem Entscheid de» Retch-gericht» »ur Erfül lung der ReichSverfaffung de« übrigen Unterrichtsstunden anhänge« mußt«. Schwere Aufgabe harrt der Lösung. Di« christliche Lehrerschaft, dte der N. S. S. v. »ertrttt, muß in engem Verein mit der evangelischen Elternschaft all« Kraft daran setze«, für «nser Sachsen «ine Schule zu schaffe«, die von christlichem Geiste durchweht ist, die eine» entschiedenen Protest gegen moderne verwaschenhett «nb einen Aufbau im besten Ginne be» Worte» bedegtrt. » die ebb«, be- Ber- Dr. tos. Der Verteidiger. Novelle von R. Ortmann. (Nachdruck verboten.) Es war an einem Iunimorgen des Jahre« 1892, am ersten Tage der von jedem Rechtsbeflissenen innigersehnten Gerichtsferien. Mein Koffer stand'gepackt, das Reisefieber arbeitete in meinem Blut«, und mein Herz war voll sonnigster Retsefröhlichkeit. Mein liebenswürdiger Freund' und „Firmenteilhaber", der Jnstizrat o. H., hatte mir großmütig die erste FerienhLlfte überlasten, und nur ein Zufall hatte mich verhindert, schon gestern nachmittag, un mittelbar nach der Wahrnehmung meine» letzten Termins, den geliebten Tiroler Bergen entgegenzudampfen. In einer Stunde erst sollte mein Zug abgehen. Ich hatte also noch Zeit, in Gemächlichkeit zu frühstücken und meine Morgenzeitung zu lesen. Aber meine freudige Er regung raubte mir io ziemlich jedes Interesse an den Welt ereignissen. Flüchtig und zerstreut ließ ich meine Augen über die Spalten dahingleiten, und eben wollte ich dar Blatt au« der Hand legen, als Mir die Empfindung kam, ich müßte eben über einen lieben, wohloertrauten Namen hinweggelesen haben. Weil es mein bester, wahrhaft brüderlich geliebter Freund war, der »lesen Namen trug, machte ich mich daran, in dem Ozean von Druckerschwärze, darinnen er mir gleich wieder verloren gegange« war, nach ihm zu suchen. In der Rubrik der,Vermischten Nach- richten* mußte es gewesen sein, in jener ominösen Nub- rik, die zumeist von Naturkatastrophen, Unalücksfällen und sensationellen Verbrechen zu erzählen weiß. Ich la» ein paar Notizen über «inen Eisenbahnzusammenstoß, eine verheerende Feuersbrunst und einen genialen vankdieb- stahl, ohne den gesuchten Namen wttderzufinden. Da — was war da» 2 — «in eiskaltes Erschauern riefelte über meinen Körper: den« mein Blick hastete auf einem durch Prwat-TAegramm aus der Provinzial-Hauptstadt M. über- . mitteltt« Bericht, der in fürchterlicher Kürz« lautete r .Eine» tragischen Schicksal ist hier am gestrigen Lag« An junge», blühende« Menschenleben zum Opfer gefallen. Der Ingenieur Karl Wolter», An hochbegabter undftvegen feiner vottresfltchen Charaktereigenschaften allgemein ge- schätzt» Mann »an kaum fttbenundzwanzig Jahren, ift von feinem vertrautesten Freunde, dem Regierungsbau- meister Georg BuggenHagen, utttten in der übermütigsten Unterhaltung erschossen worden. Jeder verdacht eines Dertzevchens kchAut nach Lag« der Ding« völlig aus- geschleG«. Wolters, der noch fast An« Sftmde lang bA vollem VewnßtsA» »ar, «he er trotz sofort requirierter ärMcher -W« an her erlittenen Verletzung starb, hat «seberhatt «es da» Bestimmtest« erklärt dem keinen un glücklich«, Freund kein verschulden Er selbst batte ihm aerstchert, daß der fett vielen Monaten auf feinem ScheAbttsch lieg«»»« Revolver, durch den die todbringend« Berunuednag erfolgte, ungeladen fei. Und der Negierung», bäum After, der amaMch eine» dem Ingenieur abgestalteten Besuche» mit der Waffe hantierte, hatte während dm in scherzendem Ton« geführten Gespräche« schon fünfmal ab- gedrückt, ,h« sich dte Angig«. nöchi» der Trommel be- f ndltch, Patron, enAn», van der« vorbandensAn der da- t'ogeasmerte WaVww nicht» «ehr gewußt hatte. Die Teil- rahme füe da» Geschick des Versbftdenrn ist allgemein, oder sie wendet sich ft» «wem geringer«« Maße avch »em »gftlAdswürdigen UrbAwr des Unglück» zu, der mrr mit Müße Lar« oerftindatt kmutte. st» KW» »em. zwriflung Hand an fich fAbst zu legen, und für dessen Go- sundheit feine zahlreichen Freunde die ernstesten Befürch tungen hegen. Luggenbagen, eine dr der hiesigen Gesell- schäft sehr beliebte Persönlichkeit, hat sich sofort den Be hörden gestellt. Doch konnte bei der zwe!f«L>sreie« Sachlage von einer« Verhaftung nicht dte Red« fein. Und es ist ao- »uwarten, ob sich die Staatsanwaltschaft etwa zur Er hebung einer Anklage wegen fahrlässiger Lötung veranlaßt sehen wird.* Ich faß wie gelähmt. Wohin «ar alle mein« Reise- fröhlichkeitl — Und was waren mir jetzt noch die Tiroler Berge! Die Unglücklichen, von denen dieser Bericht erzählte, sie batten ja beide einen Platz in meinem Herzen. Die heitersten und glücklichsten Tage meine, Lebens waren es, die ich mit ihnen genossen hatte. Und au» der lustigen Studentenzeit hatten wir di« Freundschaft die uns ver band, ungetrübt und unvermindert hinüber gerettet in den kämpfereichen Ernst des Erwerbslebens. Freilich hatte der stille, sanfte, feinfühlige und hochflnnige Georg »uggenhagen mir allezeit um vieles näher gestanden al» der bei aller Gutmütigkeit doch viel obenlächlichere Wolter», auf den ich mich in irgendeiner kritischen Situation meine» Leben» bei weitem nicht so fest und so unbedingt Zerlassen habe» würde wie auf den bi» zur Selbstaufopferung uneigeu- nützigen Buggenhagen. Und gerade dies« beiden hatte das zermalmende Ver hängnis treffen müssen, da» grausigste, das mAne Phon- taste sich nur immer auszumalen vermocht«! Ich wußte, wie stark und unzerreißbar das Band gewesen war. da« sie miteinander verknüpfte — hatte di« Bestätigung da- für noch in dem letzten Briefe erhalten, den Georg Luggen hagen vor kaum vier Wochen an mich geschrieben. Ein unwiderstehliche» Verlangen überkam mich, diesen Brief jetzt noch Anmal zu lesen. Ich förderte ihn mit zitternder Hand au» meiner Privatkorrespondenz zutage, und mehr al» einmal verdunkelten feuchte Schleier meinen »lick, während er über die gleichmäßigen, fast frauenhaft zier lichen Schriftzüge dahinglitt. Denn es war der Herzens- «rguß eines überschwenglich glücklichen Menschen, Anes Mannes, der alle seine Wünsche erst! ! oder der Erfüllung nah« sieht, und dessen sonnige Gemütsstimmung dnrch nichts getrübt wird, als durch An leises Gefühl der Furcht vor dem Neid der Götter, die dem Sterblichen nun Anmal nicht vergönnen mögen, ganz glücklich zu sein. So wenigsten» stand es wörtlich am Schluffe des Briefe» zu lesen, diese» Briefe», in dem mir der Regterung»baumeisler Mitteilung machte von seiner eben erfolgten Verlobung mit An«« — wie er sich ausdrückt, — ebenso schönen als liebenswürdigen Mädchen, An«n Fräulein Nora Engelhardt, »«^Tochter eines vor mehreren Jahren verstorbenen Arztw. »Was darf ich jetzt noch Köstliche» vom Leben ver langen,- schrieb er, .das ich nicht schon besäße 2 Ein leidenschaftlich geliebt««, herrliches Mädchen — einen treuen Freund in der Ferne und einen anderen, der sich meine» Glückes freut, wie wenn e» fein eigenes wär«, in unmittel, barer Räbe — die alänzendsten Au»sichftn in meinem Veruf — und An Vermögen, da» groß aenug lp. mich und die Meinen allezeit vor armseligen Geldsorgen zu schützen! Gibt es daneben noch irgend Awa», das des Begehren» wett wäre? Wahrhaftig, ich muß wohl glauben, daß Wofters recht hat, wen« « »ich in seiner neidlos fröhlichen Art An Sonntagskind nmmt n»d Anen erklärten Liebling de» Schicksal» -4* d-btzAstm »an dem RAsie iwr «Am. 34 H-W «HL .AtzM Pche» «»»WAG». —» mU «wem Scher, hatte ich ihn bei Gelegenheit meine» Glückwunsches zur Verlobung beantwortet. Aber wie ganz ander» mutete er mich heute an, heute, wo meines armen Freundes Glück in Scherben am Boden lag, wo er mir w seinem unverschuldeten Leid als der mitleidswürdigste aller Menschen erschien! Meine Reisepläne hatten natürlich mit diesem Augen- blick An« gründlich« Veränderung erfahren. Das Rund- relsebillett, zwischen dessen Blättern sich unsichtbar soviel freudige Hoffnung barg, mochte ungenützt verfallen. Denn die heiligsten Pflichten riefen mich dahin, wo ich als Freund und Tröster, vielleicht auch al» rechtskundiger Berater mög licherweise von einigem Nutzen sein konnte — ganz ab- gesehen davon, daß ick» unbedingt unter denen sein mußte, di« dem unglücklichen Wolter» da» Geleit gaben auf seinem letzten Erdengange. Ich befragte da« Kursbuch, benachrichtigte mit einigen nffch hingeworsenen Zellen meinen väterlichen Freund und Kollegen von dem traurigen Anlaß meiner veränderten Reiseoispositionen und fuhr mit dem nächsten erreichbaren Zuge na-M. Der Abend war schon -erewgebrochen, als ich mein Ziel errAchte. Der klar und sonnenhell heraufgestiegeae Tag hatt« während meiner Fahrt eine immer grämlichere Mene aufgesetzt, und jetzt regnete es in Strömen, während ein beinahe winterlich kalter Wind durch die Straßen fegte. Ich hegte wenig Hoffnung, Georg in seiner Wohnung anzutreffen, denn ich wußte ja, daß er «ine Braut und daß er gute Freunde batte. Die konnten einen Menschen in seiner Gemütsverfassung -wA Tage nach geschehenem Unglück unmöglich sich selbst und seinen fürchterlichen Ge- danken überlasten. Aber ich mußte doch zunächst in seine Behausung, um zu erfahren, wo ich ihn finden würde. Iwd da bedeutete es mir «ine nicht geringe Ueberraschung, a» mich seine Wirtschafterin, die ich von einem früheren Besuche her kannte, mit der Erklärung empfing, Le? Herr Regierungrbaumrister sei drinnen in seinem Ärveiiszimmer, und wenn er auch aus da» Strengste befohlen habe, nie- manden vorzulassen, f- Möge ich doch in Gottes Namen btneingehen. Für mich könne der Befehl unmöglich Geltung haben, und außerdem sei es sür den armen Herrn sicherlich «in« Wohltat, Gesellschaft zu bekomme«. Ich klopfte, und ohne eine Aufforderung abzuwarten, trat ich An. Aber Georg hatte mein Klopfen offenbar ebensowenig gehört al» den Klang meine? Schritte. Ei saß mit aufgestutztem Haupt« vor dem großen Zeichen, tisch, auf dem allerlei Pläns aurgebreitet waren, und erst da ich ihn mit aedömpfter Stimme bei seinem Dornamen tteß drehte er sich nach mir um. Sein Gesicht, eine» der feinsten ^und schönsten Männer- geflchter, die mir je in meinem Leben begegnet sind, war aschfahl, aber in seinen Zügen wie in dem Blick seiner Augen «ar An« Ruhe, die mein angstvoll pochende, Herz al» namenlose Erleichterung empfand. .Du bist'», Walter? — Ich wußte wohl, daß du kommen würdest. — Aber wie hast du meinen Dries ko schnell erhallen?* . .Ich erhielt keinen Brief, Georg i — Ich las es in der Zeitung, und da * Er hatte sich «hoben. Groß und schlank stand er ve> mir, wohl nm ein« halb« Kopflänge höher al» ich. Und m» der MUchtAt der Aftm. MMche» T«g« mfthw « . «mmsgefm-d-ttk - Sch danke dör, d» mA» «Wer, Getreuer! — «der dein Uebrrzieher ist gang
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