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Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 07.12.1923
- Erscheinungsdatum
- 1923-12-07
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1666408611-192312072
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1666408611-19231207
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1666408611-19231207
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Riesaer Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1923
-
Monat
1923-12
- Tag 1923-12-07
-
Monat
1923-12
-
Jahr
1923
- Titel
- Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 07.12.1923
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rMsatschia»!.. Der Fluazcugverkehr Paris—Bnkarelt, Die französisch, rumänische Fluazenageiellschaft, welche seit zwei Jahren den Jluaverkehr Paris—Bukarest Uber Prag unterhält, und wegen ihrer Weigerung, sich bezüglich der Ucbersliegung deutschen Gebietes niit der deutschen Regierung tnS Beneh men zu setzen, bei Notlandung aus deutschem Gebiet jedeS- nral mit der Beichlagnahme des betreffenden Flugzeuges be straft wurde, will im kommenden Frühjahr den Flugverkehr PariS—Bukarest über Prag mit größere» Flugzeinicn mit mehreren Motoren in Betrieb nehmen, um Notlandungen zu vermeiden. Auch die Zwischenlandung in Straßburg soll unterbleiben, sodaß das Flugzeug bereits bei Nacht Paris verläßt. in den frühen Morgenstunden in Prag eintrifst und nach lüstündiger Flngdaner iu Bukarest anlangt. Die Gesell- sellschasi behauptet, daß sich im vergangenen Jahr vier mal mehr Personen gemeldet haben, als befördert werde» kann- ten. Die Beamtenpolitik des Reichöfinanzmi istcrinms. Die NeichStagSfraktion der Deutschen BolkSpartei trat gestern abend zu einer Sitzung zusammen. Dabei wurden ernste Be denken gegen die auf Grund des Ermächtigungsgesetzes vom NeichSsinanzininisteriiim betriebene Gehalts- und Lohn politik geäußert. Die Fraktion beauftragte ihre zuständigen Referenten, mit dem Finanzmiinsrerium in Verbindung zu treten und mit allein Nachdruck dafür zu sorgen, dah schnell stens Abhilfe geschaffen wird. Das Flugwesen in der Tschechoslowakei. )( Drag. In der Debatte des Budgeian«schnffeS des Senats über das Budget des Ministerium« für nationale Verteidigung ergriff der Minister für nationale Verteidi gung Ndrzal das Wort und erklärte, das; cS dem tschecho slowakischen Flugwesen leicht fallen würde, ebenso wie eS kürzlich in Italien geschehen sei. KM Flugzeuge vorznführen; aber cS bestehe sogar die Möglichkeit, auch 3000 aufzu bringen. Der Minister glaubt, dast e« der Anstrengung der ganzen Republik bedürfe, um diese? Ziel zn erreichen. GS könne daher nicht die Aufgabe der Militärverwaltung allein sein, da? Flugwesen anSzubaurn, es sei das eine Pflicht der gesamten Oesfentlicbkeit. Der Minister wies hierbei auf da? Beispiel Englands bin, das ungefähr eben soviel KriegS-Flngzeuge besitze, wie die Tschechoslowakei, aber außerdem über 8000 Zivil-Flugzeuae verfüge. WnS die Forderung betreffe, die Politik aus der Armee gnsznschnlten, sa könne dieser Forderung nicht früher entsprochen werden, als die gesetzgebende Körperschaft sich dazu entschließe, da« durchzusühre», was in ihren Kreisen mit solcher Aufrichtig keit und AnSdauer in Privatgesprüchen für notwendig bezeichnet worden sei. Jedenfalls werde in dieser Richtung schließlich doch Remedur geschaffen werden müssen. bestehen im Senat groß« Zweifel.'ob dies« Ausgaben wirk lich gewagt werden können. Auch in der Kommission bat <« Widerlvrnch aeaeben, aber schlithllch hat Dotnrart wieder einmal seinen Willen durchgrsetzt. v.r Preisabbau.. -olttische Lage ist durch den begoi..—. ..«1,^ meinen Preisabbau befestigt worden. Der Preisabbau hat bis heute in einer großen Anzahl von Warengattungen 80 Prozent bereits überschritten. Am Schlesischen und Gürlitzer Bahnhof in Berlin wurden gestern früh Bäcker- und Schläch terläden, weil die ermähigte» Preise noch nicht zum Aus hang gebracht worben waren, von der Menge gestürmt und geplündert. Der Srnöhruugsminifter hat vorgestern abend Vertre ter brr Gewerkschaften empfangen und ihnen erklärt: Unsere Maßnahme« für den Preisabbau beginne« erst. Auch die setzi, gen Preise sind noch um das Doppelte zu hoch. Nur die völlige Anpafinug an de» Weltmarkt errettet das deutsche Boll vom Hunger. U Köln. Ans den letzte» Biehmiirkten in Köln und Dortmund zeigte sich eine merkliche Senkung der Preise. Be sonders haben sich die Schweinepreise «m KN bis NN v. H. ge gen die Vorwoche vermindert. )( Frankf» rt am Main. Die Preisrückgänge ans dem Lebensmittelmarkte traten gestern schärfer in Erscheinung. Namentlich Fleisch, Fett »»d Bnttcr wurden billiger. Auch die Preise für Textilien und Schuhe wurden erheblich herabge setzt. Die seit längeren Wochen stillgelegtcn Adlerwerke wer den am 12. Dezember, wenn auch zunächst noch in beschränk tem Umfange, wieder in Betrieb gesetzt. sf M annhei m. Am LcbcnSmittclmarkte sind seit eini ger Zeit gröbere Preisrückgänge festzustcllcn, so für Mehl, dessen Preis innerhalb der letzten 14 Tage von 42 ans 24 Pfennig und für Zucker, dessen Preis von 8K ans 72 Pfennig gesunken ist. Im Bekleidungsgewerbe sind Preisrückgänge um durchschnittlich IN Prozent eingetreten. SchuhauSbcsserun- gen werden von Montag ab um IN bis 1k Prozent ermäßigt. Dagegen sind die WohnungSmieten nm das 2,»fache gestiegen. Aehnlich liegen die Verhältnisse im übrigen Vaden. s( Hannvve r. Der in der letzten Zeit in verschiedenen Teilen des Reiches eingctrctene Preisrückgang macht sich seit einigen Tagen auch in Hannover bemerkbar. Die Lebensmit tel sind hier im allgemeinen bis nm 8» Prozent billiger ge worden, einige auch nm 40 bis KO Prozent. Besonders aus ländische Fette sowie Fleisch, Butter und Eier haben eine wesentliche Preisermäßigung erfahren, während Kolonial waren im allgemeinen noch unverändert blieben und der Milchprcis erst jüngst wieder heraufgesetzt wurde. Lo-Afteueviktz«, — «Hein- und «ithraßzabe. )l Berlin. In den Beratnnaen de« finanzpolitischen Au«schnffe« de« vorlänsiaen R»ich«wlrtschaft«ratr« über den Entwurf der Ekenernotverordnung wurde der Zeitpunkt für de» dritten Teilbetrag der Nüein- und Ruhrabgabe vom 18. Dezember bi» zum S«. Dezember hinaus- geschoben. I» der »rage de« Lobnfteuerabzuge» geht der Entwurf davon au», daß Gehalt«einkommen bl« zu 8000 Mark im Weg« de« Steuerabzuges endgiiltia versteuert werde» solle». Der Au«schuß beschloß die Ginsilguna einer Frelarenze in Höbe von wöchentlich 20 Mark. Die Gr- mahigungbfütze sollen betrage» bei unverheirateten Arbeit- nebmeru 2. v. H.. bei verwitweten oder kinderlos ver- heirateten Arbeitnehmern mit einem oder zwei minder jährige» Klüvern 4 v. mit drei oder vier Kindern 6. v. H., mit fünf oder 6 Kindern 8. v. H. nnd mit mehr al« sech« minderjährigen Kindern 10 v. H. Bei der Umsatz- neuer wurde der bi«brria« Satz von 2 Prozent wteder- bergestellt. Di« übrigen in der Stenernotverordnung ge- nannte» Stenern wurden in der Fassung der Regierungs vorlage mit nur unwesentlicheu Veränderungen angenommen, WerichtSsaal. —g. evwwurgericht Dresden. Am t.«k da« Schwurgericht Dresden zur letzten diesjährigen Tagung zusammen. Vor Eintritt in die Verhandlung begrüßte Landgerichtsdirektor Seyfert die Geschworenen. As erster Angeklagter hgtte sich der 1807 zn Vouickau geborene, da- selbst auch wohnhafte Gutsbesitzer Walter Clemens Kutsch« wegen ZengenmeineidS zu verantworten. Nach dem Erösf- nnnasbeschliist bat Kutsche im Nntrrhaltsstreit der ledigen Haustochter Menzel aus Schwepnitz gegen den Bahnarbeiter Kübne in Ponickau vor dem Amtsgericht Großenhain am 1. Februar dieses Jahres beschworen, daß er mit der KindeSmntter keinerlei Verkehr gehabt nnd nicht etwa auch als Vater mit in Fraae kommen könnte. Die Anklage vertrat Staatsanwalt Dr. Rudert, als Verteidiger war vom Gericht Rechtsanwalt Noitzsch bestellt worden. Zur Aufklärung des Sachverhaltes waren eine Anzahl Zeugen ans Ponikan vorgeladen. Nach dem Ergebni« der Beweis- ausnabwe bejahten die Grschmorrirn nur die Schuldfrage ans fahrlässigen Falscheid. Das Gericht erkannte demnach nnd da eine grobe Fahrlässigkeit vorlag, auf sechs Monate Gefängnis. —g. Laudgericht. Späte Sühne. Ende Dezember 1919 hatte sich der Roßschlächter Karl Eduard August Wendt ans Mühlberg mit anderen bereits längst nbgeurteilten Genossen zu Riesa am Diebstahl eiueS Kraftwagens beteiligt, der zum dortigen HeereSgerät gehörte. Die zweite Strafkammer verurteilte jetzt nachträglich de» vorbestraften Angeklagten zu einem Jahr Gefängnis. Die französischen Mustnngsanlcihcn für die kleine Entente. * Paris. Tie Senatskommifsion für Finanzen und äußere Politik hat gestern nach langen Auseinander setzungen mit dem Ministerpräsidenten und den Ministern für Krieg und Finanzen beschlossen, die Anleihe für die Staaten der kleinen Entente zn empfehlen. Ta außer den bereit? erwähnten 8vtt Million«» Francs für Polen, Serbien und Rumänien auch noch von einer Anleihe für Ungarn gesprochen wird, kann der notwendige Betrag leicht die Höbe von 1400 Millionen Franc? erreichen. Das ist siel Geld für dir jetzigen Verhältnisse Frankreichs, und es -v- > ». . Angelns Heirat. Roman von L. G. Moberlh. 4l. Fortsetzung. Nachdruck verboten. Selbst Rolfs Zweifel hatten^ zuerst ihren Glauben" nicht zu erschüttern vermocht, sie hatten ihr nur mehgetan. Aber als die Beweise für Erichs Schuld sich häuften und geradezu erdrückend wurden, als sie sah, wie der Ge heimrat, dem er doch ein lieber Mitarbeiter gewesen, mit keinem Gedanken mehr an seine Schuldlosigkeit glaubte, als alle sich von ihr abwandten, sogar Frau von Trent, an deren Freundschaft sie geglaubt, und als Erich immer noch kein Lebenszeichen von sich gab, da ergriff Verzweiflung die unglückliche junge Frau. Wie sie so plan- und ziellos den Hcckenweg hinunter lief, da fühlte sie, daß es ihr nicht mehr lange gelingen würde, sich an ihrem Glauben an Erichs Unschuld aufzu richten. Sie hatte für den Augenblick nur den einen Wunsch, zu laufen, immer weiter zu laufen, bis sie erschöpft um sinken würde und für kurze Zeit wenigstens die schreck lichen, peinigenden Zweifel und Ueberlegungen vergessen könnte. Sie wollte schlafen, sie mußte schlafen, viele, viele Stunden lang, schlafen ohne zu denken, dann konnte sie vielleicht den Mut finden, das Leben weiterzuleben. Aber zuerst schlafen und vergessen. Und von der unbestimmten Vorstellung getrieben, durch große körperliche Anstrengung könne sie diesen ersehnten wohltuenden Schlaf herbeirufen, hastete sie weiter, so schnell ihre Füße sie tragen konnten, bis sie schließlich atemlos und erschöpft einen Augenblick stehenblieb und sich gegen die Hecke lehnte, die den Weg begrenzte. Ihre augenblickliche Erschöpfung war so groß, daß sie von dem, was um sie vorging, nichts hörte oder sah, noch hatte sie die geringste Ahnung, wessen Garten der Zaun einschloß, gegen den sie sich lehnte. Aber als sie aus ihrer halben Bewußtlosigkeit lang sam wieder zu sich kam, hörte sie Stimmen jenseits der Hecke, zuerst nur undeutlich, dann immer klarer, bis plötzlich sechs Worte an ihr Ohr drangen, die sie urplötzlich aus ihrem Traumzustand rissen und ihre ganze Energie wieder weckten. „Der arme Sündenbock, der Erich Martens!" Wie ein elektrischer Schlag wirkten die Worte auf Angela. Sie richtete sich auf und fuhr mit beiden Händen über die Augen, als wolle sie die Wolken verscheuchen, die ihr den klaren Ausblick verwehrten. „Der arme Sündenbock, der Erich Martens I" Wer sprach so von ihrem Mann, und was konnten die Worte bedeuten? Sündenbock l Sündcnbock I Was mar das? Der Satz war von einer Männerstimme gesprochen worden, und ein Helles, silbernes Frauenlachen folgte darauf. Dieses Lachen regte jeden Nerv in Angelas Körper aus und jagte das Blut wie glühendes Feuer durch ihre Adern. Wenn sie auch die Stimme des Manne» nicht gleich er kannt hatte, der die sonderbaren Worte gesprochen, das Lacken der Frau verriet ihr sofort, wer die beiden waren. Wie oft hatte sie das lustige, silberhelle Lachen bewundert, als Frau von Trent während des verflossenen Sommer» ihre eifrigste Besinhcrin und wärmste Freundin gewesen. Wie oft hatte sie die reizenden Grübchen beobachtet, die dies entzückende, melodische Lachen in dem hübschen Ge sicht der kleinen Witwe hervorzauberte. Sie hätte die» Lachen unter Taufenden erkannt, es war nicht zu ver wechseln. Aber al« sie e« jetzt hörte, lächelte sie nicht, wie - sonst. übrr jden _silbernen^Alockenton.^.2bre. Auaen lliv 8svkv sivk! vvnvlvkvvl« UN» von vevnigvn Togo» «in In»v«-onß, »I» veii' novk etsen Lnkolg «oino» In»on»ß«» »n un»»i»on» Mo»»»«» GnvPlv«. blitzten, ihre Hände krampften sich in ohnmächtigem Zorn zusammen, denn Frau von Trents Lachen hatte höhnisch geklungen, sie machte sich offenbar lustig über den „armen Sündenbock, den Erich Martens I" Und Angela war nur von einem einzigen Gedanken erfüllt. Sie machte sich keine Gewissensbisse darüber, hier die Horcherin darüber zu spielen, im Gegenteil, sie wollte und mußte hören, was die beiden weitersprachen. Mehr instinktiv als einem klaren Entschluß folgend, lehnte sie sich dicht an die Hecke, die sie den Augen der beiden ver barg, nur darauf bedacht, nicht ein Wort von dem zu ver lieren, was die beiden dort über Erich, ihren geliebten Gatten, weiter sagen würden. Sie wußte jetzt genau, wo sie sich befand, wußte auch, daß derjenige, der die Worte gesprochen, die sie aus ihrer Lethargie aufgerüttelt hatten, Herr de Larive, Frau von Trents Bruder war. Sie wußte ferner, daß sich hinter dem Heckenzaun noch ein dichtes Gebüsch hinzog, so daß keine Gefahr vorlag, daß die drinnen sie sehen würden. Aber die Stimmen der beiden drangen ganz deutlich zu ihr heraus, die Sprechenden glaubten sich offenbar außer menschlicher Hörweite und gaben sich durchaus keine Mühe, ihre Stimmen zu dämpfen. Es wäre gar nicht nötig Gewesen, daß die Horcherin den Atem anhielt, um sich kein Wort der Unterhaltung entgehen zu lassen, sie hätte auch ohnedies alles so deutlich verstanden, als ob sie neben den beiden im Garten sei. „Sündenbock ist eigentlich nicht das richtige Wort," nahm de Larive seine Rede wieder auf, nachdem er mit Frau von Trent gelacht hatte, „er ist eben einfach ein Opfer deiner geschickten Intrige geworden, liebste Leonore. Du hast die Sache ganz genial gedeichselt. Aber der arme Narr könnte einem wirklich leid tun." „Pahl Er ist nicht der eiste Mann, der von dem schwächeren Geschlecht besiegt worden ist, und er wird auch nicht der letzte sein," sprach die schöne Leonore in hartem, wegwerfendem Ton, der nicht ein bißchen an die weichen, liebenswürdigen Klänge erinnerte, die Angela ge wöhnt war, von ihren Lippen zu hören. Denn wenn auch Frau von Trent seit der Entdeckung von Martens' angeblicher Berräterei es auffallend vermieden hatte, mit dessen junger Frau zusammenzutreffen, so hatte doch niemals, wenn sie einmal mit ihr gesprochen, ihre Stimme den bitteren, höhnischen Klang gehabt, der Angela heute an ihr auffiel. „Ja," versetzte de Larive scherzend, „es sind aber nicht alle Frauen so klug wie die meine. Wenn alle auch nur annähernd so viel Gescheitheit ihr eigen nennten, wie du in deinem reizenden kleinen Köpfchen hast, mein süßes Weib, dann wäre es sehr, sehr schwer für die Männer, Herren der Schöpfung zu bleiben. Aber jetzt wollen wir die Politik einmal beiseite lassen. Liebste, und uns «in wenig mit uns selbst beschäftigen. Komm, ich möchte einen Kuß haben, damit ich sicher bin, daß du wirklich kein« ernst» liche Neigung zu dem steifen, hochmütigen Bierling Hafk der dir den Hof macht wie ein Elefant einer Gazelle." Man hörte wieder Lachen, aber diesmal leise, und dann ein Geräusch von Küsten. Angela sah wirr um sich. Sie glaubte zu träumen, oder hatte ihr Kummer ihr den Verstand geraubt? Wie redete der Mann nur? Er war doch Frau von Trent» Bruder, und doch nannte er sie sein „süßes Weib" und „Liebste". So sprach doch kein Bruder zu seiner Schwester. , Was bedeutete da» nur alles? Angela schaute sich um. Recht« und link« von ihr, von der Sonne beschienen, lagen i Gärten, und darüber hinaus die wohlbekannten, grünen! lWieken.^vor ihr erstzeckte^sich^. der_vertraute_ Wea. mit deck hohen, dichten Hecken, aber sie hatte das Gefühl, als ob dies alles in der nächsten Minute verschwinden müsse, denn es konnte ja nur ein Traum sein, und in wenigen Augen blicken würde sie in ihrem Schlafzimmer in Schloß Hammer stein erwache». Es war ganz unmöglich, daß sie recht gehört hatte, es konnte nur ein Spiel ihrer lebhaften Einbildungskraft sein, die sich wachend und träumend mit Erich bescküfligte. Aber die Gärten und Wiesen und Hecken veränderten sich nicht, das ganze ruhig heitere Landschaftsbild blieb, wie es gewesen. Es war Wirklichkeit. Sie stand auf dem Pfad, de» sie so ost gegangen, sie lehnte sich gegen den Hecken« zaun der Ahornvilla, und die beiden, die dort sprachen, waren Frau von Trent und ihr Bruder. Es war kein Zweifel mehr möglich. Und sie sprachen Worte, die sich mit feuriger Schrift, in Angelas Herz und Hirn einprägten. „Der arme Geheimrat I" rief Frau von Trent, und wieder ertönte ein spöttisches Lachen, „pah, du bist doch nicht wirklich eifersüchtig auf ihn I Male dir doch das Bild aus. Ein tüchtiger Staatsmann — er ist wirklich ein tüchtiger Staatsmann und hat Aussicht, einmal Minister zu werden — und läßt sich von einer unbedeutenden tleincn Frau hinters Licht führen. Es war ein kühnes Unter fangen von mir, Charles, aber wie glänzend ist cs ge lungen I Ha, es macht Spaß, wie er nach meiner Pfeife tanzt. Du kannst mir glauben, Charles, ich brauchte nur mit dem kleinen Finger zu winken, und er würde mich morgen heiraten — heute sogar! Und wenn —" „Und wenn ich nicht zufällig auf der Welt wäre, so würdest du winken, nicht wahr? Ich glaube wahrhaftig, Leonore, du wärst imstande, den langweiligen Menschen zu heiraten," sprach de Larive in ungeduldigem, verächtlichem Ton. „Nja," erwiderte Frau von Trent nachdenklich. „Wenn du nicht wärest, dann wäre ich sehr geneigt, den lieben, guten Geheimrat zu heiraten. Er gäbe einen ausgezeich neten Ehemann ab, denn er ist einer von den echt deutschen häuslichen Männern, die ihre Frau, ihr Heim und ihre Kinder liebhaben und glücklich machen. Es wäre ja ein bißchen langweilig, das Leben als Frau Geheim rat Bierling, aber — ich glaube, — man könnte sehr glücklich sein." . „Pah l" rief de Larive ungeduldig, „ich bin aber nun einmal da nnd auch nicht allzu leicht aus dem Weg zu räumen, und so wirst du den lieben, guten, schwerfälligen, häuslichen braven Deutschen schon enttäuschen müssen." " „Ja, deine Existenz läßt sich allerdings nicht leugnen, lieber Charles, aber ich denke wirklich manchmal, daß es eigentlich schade ist. Denke dir nur, wie drollig es wäre, wenn Vierling mich heiratete, er, der große Mann im Ministerium des Aeußeren, die rechte Hand des Ministers, ich die geschätzte, erfolgreiche Geheimagentin unsrer Regie rung l Hahaha I es wäre zum Totlachen! Aber Charles, so lache doch l Es ist ja so furchtbar komisch l" „Komisch I" schrie er wütend, „ich kann nichts Komisches dabei sehen. Ich begreife nicht, wie du so reden kannst. Du hast einen Mann, also kannst du keinen anderen hei raten. Ich finde wirklich nichts Komisches an dem Ge danken." „Ja, dein Sinn für Humor ist eben leider sehr wenig entwickelt," meinte sie leichthin, „sonst würdest du di« überwältigende Komik der Geschichte genau so gut begreifen wie ich. Denke dir doch nur, wenn ich de» Geheimrats Frau wäre, in was ich alles meine Nase stecken könnte, und was für Unheil ich stiften könntet.
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