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Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 26.08.1925
- Erscheinungsdatum
- 1925-08-26
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1666408611-192508263
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1666408611-19250826
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1666408611-19250826
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Riesaer Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1925
-
Monat
1925-08
- Tag 1925-08-26
-
Monat
1925-08
-
Jahr
1925
- Titel
- Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 26.08.1925
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Eisenbahn- oder Dampferfahrt. Denn im Sommer ist eS in den Lüften angenehm kühl und im Winter sorgt die Warmluftheizung deS Flugzeuges für eine angenehme Temperatur. Schreckenstat eines Irrsinnigen. AuS Genua wird gemeldet: Hier hat sich ein grauenhafter Vorfall ereignet. Der 26 jährige Telegraphenbote Lud wig Giaeona, der bereits zweimal in einer Irrenanstalt interniert war und das letztemat als angeblich harmlos kraut entlassen wurde, packte auf der Promenade den fünf jährigen Sohn des Spcditionsangestellten Jaeonelli Italo, der eben mit einem Reifen spielte, und schleuderte ihn über eine 15 Meter hohe Mauer in die Tiefe. Der ent setzte Vater, der von einer Bank aus dem Vorfall zu sehen muhte, eilte über die Treppen hinab, fand jedoch nur mehr die Leiche seines zerschmetterten SohneS. Die Menge wollte den Telegraphenbote» lynchen, und nur mit Milbe gelang cs der Polizei, Giaeona der Wut des Volkes zu entreißen. Bei der Polizei erklärte Giaeona, er habe anfänglich dem Knaben, um ihn zu strafen, nur Angst machen wollen, als er ihn über die Mauer hielt. Seme Slbsicht war es keineswegs, das Kind zu töten. Plötzlich aber sei eS wie ein Mordrausch über ihn ge kommen und er habe das Kind in die Tiefe stürzen lassen. Später widerrief Giaeona das Geständnis und meinte, er habe überhaupt nur Spaß machen wollen. Gnadengesuch des Mörders Seidel. Am l5>. Juli hat das Schwurgericht Hanau den Ingenieur Max Seidel aus Leipzig, den Sohn einer angesehenen Fabrikantensamilic, wegen Ermordung seiner Ehefrau zum Tode verurteilt. Das Urteil ist rechtskräftig geworden, da das Reichsgericht die Revision verworfen hat. Jetzt hat Seidel ein Gnadengesuch an das Ministerium cm- reichen lassen. Seidel, den man in dec damaligen Schwurgerichtsverhandlung als Außenseiter der Gesell schaft kenncngelernt hatte, war zuletzt in den Adler-Werken in Frankfurt a. M. tätig. Mit einer Fran verheiratet, die seinen künstlerischen Neigungen verständnislos gegen überstand, wollte Seidel mit einem in Sachsen wohnen den Mädchen eine Ehe eingehen und sich von seiner Frau scheiden lassen. Das ergab die Katastrophe. Bei Fulda erschoß er seine Ehefrau und verscharrte die Leiche am Tatort. Sag' doch Mutti zu mir. Mit dieser Anüvrderung an seine „Mama" kommt der kleine Bub nach Hause. Er hat am Strand mit einer Schar von Altersgenossen gespielt und hat dort ein Mädel kennen gelernt, das, als eine blonde Dame hinzukam, um es vom Spielen abzuholen, seine Mutter hell anfjauchzcnd mit „Mutti" begrüßt hat. lind das hat dem kleinen Bub ganz wunderbar gefallen, das lange gedehnte „Mama" konnte ihm nie so vom Herzen kommen, wie dieses frische und fröhliche „Mutti", das in seinem Tonfall eine ganze Welt von Liebe ausdrückcn kann. Allerorts hört man cs nun wieder, dieses „Mutti", und eS wird keine verständige Mutter geben, die ihrem Kind diese Anrede versagen wird. ES erscheint uns heute ganz und gar unbegreiflich, wie sich die Mama und der Papa vor wenigen Jahrzehnten so durchsetzen, so das ganze Familienleben beherrschen konnte, wie es bisher der Fall war. Die ganze Welt weiß, daß cs keine bessere Mut ter gibt als die deutsche, man weiß, daß die französische Frau zum Muttersein nicht allzu viel Talent hat und trotzdem ivar die gute deutsche „Mutter", der deutsche „Vater" in den sogenannten besseren Kreisen verpönt, man überließ diese, wie man meinte, plumpen Bezeichnungen dem niedrigen Volke und betrachtete die Mama als einen Titel, der eine Art Standeserhöhung bezeichnete. Unserm „Jahrhundert des Kindes" ist es vorbehalten geblieben, zur Mutti, zum Vati zurückzukehren. Nicht die Erwachsenen, nicht die El tern haben den Ausdruck wiedergesundcu, die neue Bezeich nung ist dem Kind ganz von selbst anS dem Herzen, aus der empfindsamen Seele gekommen, der die Mama, der Pava, viel zu kühl, viel z» langweilig erschienen und die in der Bezeichnung für das Liebste, was sie auf der Welt kannte, auch etwas recht Liebes und Anheimelndes suchte. Was früher eine Mode, die die Erwachsenen brachten, ver drängt Kat, das bringt nun das Kind zurück. Und wir wol len ihm dafür dankbar sein und wollen cs in diesem seinem Bestreben, daS wir auch als einen in tiefem Unterbewußt- fein schlummernden gesunden deutschen Sinn deuten wollen, unterstützen. Memand, keine Mama nnd kein Papa soll sich seinem neuen Titel verschließen, er soll ihn mit Freude an nehmen, und ihn wie eine Auszeichnung Hochhalten. Nur soll man dem Kind lassen, was des Kindes ist, man soll vom Vati zum Vater und von der Mutti zur Atutter übergehen, wenn aus dem Bubi nnd auS dem Kurti ein erwachsener Sohn und ein Knrt geworden ist, bei dem man den gcwoll- ten kindlichen Sinn gar zu leicht al» Afsektation deute« könnte. Auch auf den anderen Gebieten de» Familien- leben» ist ja «in« deutsche Gesundung auf dem Marsche, der Cousin wird wieder zum Vetter, der Onkel zum Oheim und au» den verschiedenen RenöS, Ediths und Armand» werben wieder gute deutsche Maries, Reinholds und Hermanns. Die Schlichtheit soll wieder „Mode" werben, die Namen sol- len nicht au» hochtrabenden romantischen Erinnerungen geschöpft werden, die dem ureigenste» Wese» des Träger» srcmd sind, sondern sie sollen auf heimatlichem Boden ge wachsen, mit der ganze» Umgebung, mit dem Menschen, der sie führt, verbunden sein. Denn schlicht sein heißt deutsch sein. Die Wohnungsfrage der ledigen weiblichen Angestellte«. Es ist ein trauriges Kapitel, das sich hinter dieser Ueberschrist verbirgt, eine Geschichte von unsäglicher seeli scher Not aller derer, denen das Schicksal, vielfach in Ge stalt de? männcrmordcndcn Krieges, ein eigenes Heim versagte oder nahm und die nun, nach Hundcrttauscndcn zählend, dahinlebcn ohne Möglichkeit und ohne die Berech tigung, sich eine kleinste Wohnung zu erwerben, in der sie wirklich sich zu Hause fühlen können. Wer das „Buden leben" auS der Stvdciitcuzelt Ker kennt, kann ungesüsst ermessen, was das heißt, ein Leben lang möbliert woh nen zu müssen. Kaum wird man ein älteres Semester an- tressen, gleichviel ob Mann oder Frau, daS diese ,/Wirt schaft" nicht gründlich satt hätte und sich nicht von ganzem Herzen dem baldigen Tag entgegenselinte, wo die peku niären Verhältnisse die Errichtung eines eigenen Heimes gestatten. Für die alleinstehenden ledigen weiblichen An gestellten aber winkt kein eigenes Zuhause mehr, sie bleiben infolge der Wohnungsrationrernng und ihrer meist kleinen Einnahmen ans unabsehbare Zeit an das möb lierte Zimmer mit all seinen Beeinträchtigungen der per sönlichen Freiheit und des Wohlbehagens gekettet. Die Wirtin: ein Kapitel für sich, ein unumschränkter Herrscher aller Reußen im Kleinen. Gewiß, es gibt Aus nahmen, und es soll nicht das treue Sorgen nnd Mühen mancher Zimmcrvcrmietcrin unterschätzt werden. Aber in der Mehrheit der Fälle liegen die Dinge so: eine Wirtin glaubt, eine alleinstehende Fran schlechter behandeln zu dürfen als den jüngsten und dümmsten „Herrn der Schöpfung" — ist docki das Formet des Damenporte- monnaics nicht nur ans SchöiihcitSgründcn kleiner als das des ManncS — und sie gibt sich redlich Mühe, „ihr Fräulein" nach allen Regeln der Kunst zu plagen nnd zu bevormunden. Tägliche, stundenlange Klaaegcsänge müssen geduldig augelwrt werden — würde sich „das Fräulein" aus ihre Müdigkeit oder darauf berufen, daß sie noch arbeiten muß, gäbe es eine Katastrophe, die zu vermeiden man nach aller Tage Last und Mühe so ängst lich bemüht ist —, jeder Besuch wird eifersüchtig ge mustert nnd beanstandet, jede srokc, angeregte Unter haltung als Ruhestörung gebucht und untersagt. 'Will man einen elektrischen oder einen Svirituskocher in seinem Zimmer in Funktion setzen, nm sich kleine Gerichte selbst herzustellen oder sich sein Wasser zu wärmen, erfolgt ein striktes Verbot. Ein dadurch veranlaßtes Erscheinen in der Küche aber wird händeringend abgewchrt. Jede kleinste Dienstleistung, wie z. B. das Abspülen etwas vermehrten Geschirrs, das Abkochen von Wasser nsw. veranlaßt große Auseinandersetzungen, ganz abgesehen da von, daß diese Leistungen auf der Rechnung hoch veran schlagt werden. Dann das Zimmer, die Möbel! Ge schmacklose Bilder an den Wänden, vielfach die ganze Ahnengalerie der Wirtin darstellend, dürfen beileibe nicht heruntergcnommcn nnd durch andere, dem eigenen Ge schmack entsprechende, ersetzt werden. Tische, Stühle, alles möglichst alt mnd bunt zusammengewürfelt, der Teppich ein schöner Wahn nnd über allem eine kalt-, nnvcrsönliche Atmosphäre! Ein stündiges Gefühl der Ab hängigkeit, der Heimatlosigkeit, nm so stärker empfunden» je älter die berufstätige unverheiratete Frau wird, ein namenloses Bedürfnis nach Frieden und Ruhe, läßt in der ledigen werblichen Angestellte» die Sehnsucht nach einem eigenen Zuhause immer größer werden, und be stände eS nur aus einem einzigen Zimmer. Nur nicht mehr dem ausgesetzt sein, daß Unberufene den Fuß über ihre Schwelle setzen dürfen, daß innerhalb ihrer vier Wände verletzende, kränkende Worte fallen nnd geduldet werden müssen nnd nur nicht mehr diese Geschmacklosig keit um sich herum, sondern ein kleines Heiligtum, das nach echt fraulicher Art geschmückt und gepflegt ist und in dem man neue Kräfte sammeln kann, wenn der Kampf ums Dasein oder persönliches Leid gar zu ungestüm sind! Der verband der weiblichen Handels- und Büro- angcstellten E. V — ' für die Errichtun Mieder öffentliche keine Wohnungsnot für die unverheirateten Frauenmül>" Uerte Zimmer stehen ihnen dutzendweise zur Verfügung' Hm übrigen haben sie kem Recht auf die Wohltat eines eigenen Hennes! Liegt in dieser auch sonst allgemein verbreiteten Argumentation nicht eine herzlose Grausam- kett und Ungerechtigkeit denjenigen Frauen gegenüber, die stark und tapfer, Schulter an Schulter mit dem mänu- lichen Kollegen, aber unter ungleich schwereren Lebens- bedlngungen, ihre ganzen Kräfte eknsetzen für den Wie- deraufbau von Wirtschaft und Volk? Es ist sehr zu wün- fchen, daß künftighin auch Heime für ledige weibliche Angestellte nach Prüfung des jeweiligen Falles in de» Genuß der HauSzinssteuerhvvothcr und der Zuschüsse der Rcichsvcrsicherungsanstalt für Angestellte gelangen, mn so mehr, als für die Angestellten der ReichSbehördcn di« Notwendigkeit der öffentlichen Hilfe anerkannt ist. Die IubULumS-Obst- und Weiuausstelluug inKötzschenVrada, In Schillers „Mädchen aus der Fremde" heißt cs: Sie brachte Blume» mit und Früchte, Gereift auf einer andern Flur. DaS Mädchen ans der Fremde hat in unseren heimat lichen Gefilden eine etwas robuste Gestalt angenommen, lichen Gefilden eine etwas robuste Gestalt angenommen. Wer kennt sic nicht, die kräftigen Fraucngestalte» mit ihre» hochbc- packten Körben, welche alltäglich oder doch mehrmals wöchent lich mit de» ersten F-rükzügen, ost zur halben Nacht, ans der Lößnitz zur benachbarten Großstadt fahren oder wandern! „Mit jedem jungen Jahr" erscheinen sie, „sobald die ersten Lerchen schwirren", mit herrlichen Blumen, duftendem Frühobst und Gemüse. Die Lasten werden drückender, die Körbe schwerer, wenn der Vögel muntere Schar gen Süden zieht und des Herbstes goldncr Segen an» Gürten und Feldern gesammelt wird: da mutz auch der Männer wuchtige Faust zufassen und den starken Rücken belasten, um die Stadtbevölkerung mit Obst und Gemüse, wie mit Blumen zu versorgen. Wird es u»S nicht immer wieder im Bilde gezeigt, wenn der BczirkS-Obsi- und Wciiibauvcrcin der Löhnitzorte zur grotzen Iubilänms-Obst-, Gemüse- nnd Pflanzcnausstellung Stadt und Land, jung und alt für den 8. bis 6. Oktober nach der grotzen Schützcnhalle in Köhschen- brvda einlädt? Seht ihn eiuherstnpfcn mit der schweren Bürde göttlichen Hcrbstsegcns auf dem lastgcwohnte» Rücken, auf seinen Knotensiock gestützt, Schritt für Schritt die Lanbstratze dahinziehend. Allen Lötznitzern ein bekanntes Bild. Nun aber soll cs hinausrnfcn in dir Nähe und Weite: kommt herbei, wenn die Oktobcrtagc nahen: seht nicht nur bei froher Wanderung unsere ichönc Lößnitz im herrlichen Rlütenschmuck freut euch auch mit den fleißigen Obst- und Gemüsezüchtern, Gärtnern nnd Landhänslern an dem Er folge ihrer Arbeit. Wohl, der Ertrag läßt Heuer zu wün schen übrig, sicher aber nicht die Größe, Mannigfaltigkeit, Ge stalt und Schönheit all der vielen Ausstellungsobjekte, sie werden gewiß ein wunderschönes, färben- und duftreiches Gesamtbild von drei gesegneten Auen der Lößnitz geben. Halte sich jeder darum die Tage für den Besuch der Aus stellung zum 25jährigen Jubiläum des Bezirks-Obst- und Wcinbauvcreins der Lötznitzortc in Kötzschenbroda frei! Messungen der meteor. Station 421. (Oberrealschule Niesa). 25. August 1925: kein Niederschlag. 26. August 1925: 5,5 wm Niederschlag. Marktberichte. Amtlich festgesetzte Preise an der Produktenbörse zu Berlin am 23. August. Getreide und Oelsaateu pro 1000 l>8, sonst pro 100 Icg. (In Goldmark der Goldanleihe oder in Rentemnark.) Weizen, neuer 212 — 215, pommcrschec —. Roggen, märkischer 161—167, mecklenburgischer —, pommerscher 153—161, Gerste, Fnttergerste —, n. Wintergerste 180—185. Safer, märkischer 165—172, pommerscher 158—163, ivcstprcuß. —, MaiS, loco Berlin —, Waggon frei Hamburg 214—218, Weizenmehl, pro 1001-8 frei Berlin brutto inkl. Sack (feinste Marken über Notiz» 30,25—33,25. Roggeumehl pro 100 lcg frei Berlin brutto iirkl. Sack 23,75—25,25. Wcizcnkleie, frei Berlin 13,00. Roggen kleie, frei Berlin 12,80. Raps 353—360. Leinsaat —- Biktoria-Erbse» 26-34, kleine Speise-Erbsen —, Futter erbse» 21,00 - 23,00. Peluschken —. Ackerbohne» —. Wicken 26—28. Lupinen, blaue 12,50—14,50, gelbe — Serradella alte —, neue —. Rapskuchen 16,10—16,30. Lein kuchen 23,00. Trockenschnitzcl 42,00— 12,30. Soya-Schrol 21,80. Torsmelasse 80/70 0,50. Kartoffelstöcken 22—22,25. »ar NM msner vergeben- bemüht, g erneS Ledigenheimes für seine Mit' Bauzusckusie »u erkalten. Es „16t hat sie mir gebracht . Aber sieh, ich hab's verwunden. Im Haß und Zorn zuerst. Dann in Trauer. Und seit langem schon — ich weiß nicht, wie ich dir das sagen soll... Und wenn du das Fleckchen, das immer für dich in meinem Herzen war, haben willst, so könnte wohl das Fleckchen wachsen. Und das ganze Herz dein werden. Es ist ein Lumpen, den ich dir für ein Königskleid biete. Aber ch meine es ehrlich und ich sbin aufrichtig. Sollte das nicht ein guter Anfang sein, der weiter hilft?" Sie stand stumm und sah in Qual zu ihm hoch. Sie zauderte. Das volle Herz verlangt dieselbe Menge. Aber die Fülle, die Größe ist nicht so klein, um sich hochmütig abzuwenden. Sie hatte ja nicht Las einmal mehr er wartet. Sie legte beide Hände auf seine Schultern. „Heinz," sagte sie mst treuer, fester Stimme. „Zwei Ehr liche kommen immer zurecht. Und vielleicht, ja, vielleicht wirst du noch ganz einmal mein." „Du Brave, du Tüchtige," sagte er. „Du gutes, liebes Mädchen. Und nun willst du Helm ?" „Ja, Heinz," sagte sie, nach seiner Hand fassend. „Bringe Mich heim . . . ." Als sie vor die Tür traten, stand es vor ihnen wis eine Lichte, weiße Wand. „Da können wir nicht fort,", sagte er. „Wir geraten beide ins Moor." " - - „Aber .. . ." „Es geht schon ganz gut. Stine Ruschen macht dir ein Bett zurecht. Morgen früh bringe ich dich nach dem Lerghof." Sie gab zögernd ihre Einwilligung. Stine Ruschen sorgte schnell für alles Nötige. Und so schlief Eve in dieser Nacht auf dem Dirkenhof. In demselben Raum, den einst Sabine Larsen als Schlafgemach benutzt. " Die fluchende,'zornbebende Stimme des Berghofbauern ging in lautem, Hellem Getön und Gepolter durch den niedrigen Raum der Simmernschen Wohnstube. „Allo hier ist sie auch nicht! Die BÜksensche weiß gleichfalls nichts. Und wir daheim sitzen und warten, als müßte es so sein. Teufel eins, was soll Las heißen l Morgen soll Hochzeit sein, und die Bra-tt ist auf und davon. Mach' nicht solch blödes Gesicht, Hinrich. Und du, Simmern, laß dein ödes Rauchblasen, al« gäbe cs bloß das auf der Mell zu Inn.' Da nebmtlieber beide eure Koppen vm» i Nagel und geht mit mir auf die Suche." Es klang zulrgt etwas wie Sorge durch die Stimme des Bauern. Simmern, der Alte, schob die Spitze seiner Pfeife ge mächlich von dem rechten Mundwinkel in Len linken und erklärte mit stoischer Ruhe: „Ich nicht. Ich gehe nicht zur Nacht nach einem deiner Weibsleute suchen. Ueber- haupt, wo soll sie sein? . . . Eine nette Braut." Und sein Auge streifte Peter Rieken mit demselben Lächeln von Spott, das auch Hinrich traf. Der blickte wirklich unglaublich blöde vor sich hin. Im langsamen Bedenken erwog er: das kann gut werden. Sie läuft schon vor der Hochzeit davon. Was mag da erst hernach kommen? Ueberhaupt: ihm war kaum noch etwas daran gelegen, auch den Berghof mitzuheiraten. Mochte doch .... Solch eine Braut wie die Eve, das war ja überhaupt keine Braut. Bei der wurde man ja nicht warm und froh. Da ging's einem immer wie ein Gruseln den Rücken hinab und hinauf. Und aus all diesem Bedenken heraus sagte er: „Ich mag auch nicht nach ihr suchen. Nein. Und weiin s nicht eine Nacht vor der Hochzeit wär', weiß der Himmel, mit der Eve kann einem 's Heiraten leid werden." „So fange nur nicht an, dul" tobte Peter Rieken. „Seid ihr denn allesamt verrückt geworden?" „Wir nicht, du. Rieten, hörst du?" höhnte Simmern. „Aber bei euch scheint der Gottseibeiuns durch den Schorn stein gefahren zu sein." „Hör' mit ^deinem Gespött auf, Simmern," schrie der vom Berghof. „Mit euch kann's einem leid werden, in die Sippschaft zu kommen." „Uns ist's schon lange leid," gab der Hagere auf seiner Ofenbank prompt zurück und blies eine dicke Rauchwolke nach der Lampe hin. Peter Rieken stand starr. Erst nach geraumer Zeit riß er sich zurecht. „Das möchte fein," stieß er wutzitternd heraus, „mich zum Narren zu machen auf der ganzen Heide. Verdammt will ich sein, urenn's nun zu guter Letzt aus 'm Leim gehen sollt' . . . Und das sage ich dir, Simmern, ist dein Hinrich morgen nicht zur Zeit da, dann laß ich ihn durch den Gendarm holen." „Du, erst schass' die Braut herbei. Nachher werden wir weiter sehen." „Die wird zur Stelle sein, so wahr ich Peter Rieken heiße,".. versicherte der Bauer, rückte die Kappe tiefer tu die Stirn und verließ.die beider» Simmern ohne l"r:iv Draußen wehte ihm die kühle Avendlistt crnucyrernv um die heiße Stirn. Wohin nun? Quer über die Straße weg schimmerten die erleuchteten Fenster Les Kruges. Da konnte man seine Wut für eine Weile ersäufen und über legend des weiteren denken. Der sonst nüchterne Bauer goß in schneller Folge ein paar Schnäpse und verschiedene Seidel Bier hinab und ließ das viele Gerede des Krügers teilnahmlos über sich Lahingehen. Erst als der Unterhaltsame bei seinem Nu»d- gange auch mieden Birkenhof und seinen Bewohner kam, wurde Peter Riekens Aufmerksamkeit lebendig. Eine Helle Erkenntnis kam sofort über ihn. Wo hatte er seine Sinne nur gehabt! Nicht daran sofort zu denken, daß er Eve einzig und allein bei diesem Haderlump suchen müsse. Sie hatte es ihm ja doch selbst gesagt, daß ihr Herz an ihm hing. Und er sollte wohl ihr Netter fein. Nun, er würde ihm heimleuchten. Mit einem Hellen Donnerwetter wollte er dazwischenfahren, daß beide . . .. Es mochten schöne Dinge passiert sein. Denn dieser Hader lump, dieser Erztunichtgut würde schon .... Solch ein gemeiner Verführer. Da bekam der Hinrich am Ende nicht mal 'ne ehrliche Braut mit in die Kammer. Teufel, er wollte ihnen l — — --- Der Aufbruch erfolgte so unerwartet, daß dem red seligen Krüger das Wort im Halse stecken blieb. Er »rat in halber Verlegenheit mit vor die Tür. Ein weißes Meer. Wie etwas Undurchdringliches, sich schwer und lastend auf die Brust wälzend, schien diese weiße, feuchte Masse. „I, so ein Rebell" staunte Basti« Schnorr, det Krüger. . . „Da bleibt noch, Berghosbauer. Ihr findet vichi heim." Er sah Peter Nicken schon nicht mehr. Aber aus dein Weißen, Wallenden kam es zurück: „Das wäre! Ich kenne die Heide im Umkreis von drei Meilen so genau wie meine Westentasche..Und ein lautes Lachen klang nach. Es war das letzte, was eines Menschen Ohr aus dem Munde Peter Riekens vernahm. Den grausigen Hilferuf, der eine Stunde später gellend durch die Nacht ging, vom Elmsdahler Moor her, sog nur die einsame, stille Heide auf. .. (Fortsetzung folgt.)
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