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2. Beilage znm „Riesaer Tageblatt". Rotationsdruck «ad «erlag von Langer ä Winterlich in Riesa. — Mr dl, Redaktion verantwortlich' Arthur Hil-nel in Riesa. 226. R»»t«g, SS. «eptewber 1S18, abend». 66. Jahrg. Ar Stimlensnalnt ter vuMei Mer >i 8iM. In der am Freitag stattgefundenen Abgeordneten versammlung wurde die Gründung einer Schwestern schaft beschlossen. Der geschäftsführende Vorsitzende Lic. Everling eröffnete die Versammlung. Er hob her vor, daß der Evangelische Bund mit seiner großen posi tiven Aufgabe, eine Gesinnungsgenossenschast zu bilden, die die evangelischen Lebenswerte wahrt und die ge meinsamen Aufgaben des deutschen Protestantismus im öffentlichen Leben schuht und pflegt, auch stets prak tische Arbeiten verbunden habe. „Zu diesen praktischen Aufgaben, die auch bei der diesjährigen Generalver sammlung zur Geltung kommen sollen, gehört die Für sorge für evangelische Krankenpflege. Das Diakonissen haus in Freiburg gibt ein Zeugnis dafür, daß der Evangelische Bund auf diesem Gebiete tätig war. Aber auch Schwesternheime des Evangelischen Bundes sind ent standen in Leipzig und in Dessau. Der Gesamtvorstand hat nunmehr auf Mregung der Bundesleitung einen wichtigen Beschluß gefaßt, nämlich eine Schwesternschaft des Evangelischen Bundes auszubauen und zwar auf den Grundlagen der Anhaltischen Schwesternschaft. Zu dem Zweck ist! die Anstellung eines Bcrufsarbeiters be schlossen und eine größere Aufwendung für das Anhal- tische Schwesternhcinr in Dessau, das der vorläufige Mit telpunkt zur Ausbildung und AuSdehnng der Schwestern schaft des Evangelischen Bundes wird." „Wir vom Evangelischen Bunde würdigen dankbar, was unsere Diakonissenhäuser und was der Diakonie verein für evangelische Krankenpflege getan hat. Wir glauben aber, daß sie namentlich auf dem Gebiete der Privatkrankenpflege noch einer Ergänzung bedürfen und sind der Meinung, daß unsere grvßgcwordene Organi sation durch ihre umfassenden Werbemittel in Schriften und Versammlungen gerade in der Lage ist, eine solche Schwesternschaft zu werben und zur Wahrung des kon fessionellen Friedens dazn beizutragen, daß in rein evangelischen Gegenden auch evangelische Schwestern reichlich zur Verfügung stehen." Im engsten Zusam menhang mit dem Beschluß stand ein Vortrag über evangelische Krankenpflege als ein Mittel zur Förde rung des konfessionellen Friedens.' Unter starker Beteiligung fand am Sonnabend in der Siadthallc die Mitgliederversammlung statt. Neber die wichtige Frage der theologischen Fakultäten, die zu den gemeinsamen Gütern des deutschen Protestantis mus gehören, wurde folgende Kundgebung vorgelegt: „Der Evangelische Bund vermag einer Hochschule, von der die Theologie als Lehrfach ausgeschlossen ist, den Charakter einer Universität einer allumfassenden Stätte der Wissenschaft, nicht zuzuerkennen. Er sieht im Gegen teil in solchen Anstalten eine große Gefahr für unsere Kultur, die einseitig ökonomisch zu werden droht und in den schweren Auseinandersehungen zwischen Glauben und Wissen einer natürlichen Vermittelung entbehren würde. Andererseits aber läge, wenn das von Frank furt gegebene Beispiel und die für Hamburg vorlie genden Pläne weiter Nachahmung finden sollten, die Gefahr der Errichtung gesonderter Anstalten für die Ausbildung junger evangelischer Theologen nahe, denen dann die heilsame, vom Standpunkt des Protestantis mus unerläßliche stete Berührung mit anderen Zweigen der Wissenschaft und mit deren Jüngern fehlen und die so dem gesunden geistigen Leben wieder entfremdet werden." Die Begründung gab Justizrat Tr. Gensel-Leipzig; nach kürzet Besprechung, an der u. a. Vertreter aus Frankfurt und Hamburg teilnahmen, wurde die Reso lution darauf unter lebhaftem Beifall einstimmig an genommen. Dann sprach Superintendent D. Buhmann in Ahlden über „Fürsorge für die evangelischen Deutschen im Aus land." Er schilderte die Schwierigkeiterr, die sich vielfach der Errichtung von evangelischen Gemeinden und Kirchen cutgegenstcllten. Aber diese haben nur bewirkt, daß die Gemeinden sich fester zusammenschlossen. Der Evan gelische Bund wird nun versuchen, die Sache der Aus- landsdiasporä in unseren heimischen Gemeinden v.olks- tümlich zu machen. Den zweiten Vortrag hielt Oberlehrer Lic. Mol- daenke-Berlin-Lichterfelde über: „Die evangelische Mis sion in den Kolonien und die Wahrung des! konfessio nellen Friedens." In allen deutschen Kolonien hat die katholische Mission, abgesehen von der Zahl der Schu len, einen Borsprung gewonnen. Daß die katholische Mis- sion ihre ganze Kraft einseht, um die deutschen Ko lonien zu erobern, kann uns nicht gleichgültig sein. Durch den Vertragsbruch der Beucdiktiner in Teutsch- Ostafrika ist der konfessionelle Friede in unseren Ko lonien erschüttert. Den größten Schaden hat die Mis sionsarbeit selbst. Der Neger wird in einen Streit hineingezogen, für den er schlechterdings unreif ist. Wie läßt sich der Frieden wahren oder wiederherstel len? Eine Teilung der Missionsgebiete für immer ist ausgeschlossen, aber Grenzverträge auf Zeit sind zweck mäßig. Die römische Kirche kann, wie sie anderwärts zeigt, sich auch wieder auf Vertrüge einlassen, nur müs sen sie auch gehalten werden; geschieht das nicht, dann „ist der offizielle K'rieg der Missionen gegeneinander erklärt." Beiden Vorträgen folgte langanhaltendcr Beifall. Am Nachmittag 3 Uhr trat die zweite Abgeordneten versammlung zusammen. Neber „Die zunehmende kon fessionelle Mischung der Bevölkerung Deutschlands und den konfessionellen Frieden" sprach Pfarrer Dr. Fey aus Wolteritz (Prov. Sachsen). Er begann mit einem ge schichtlichen Rückblick auf die römische Propaganda in Deutschland. Im 19. Jahrhundert sind die konfessio nellen Minderheiten zum Teil erstaunlich angewachsen. Die Ausbreitung katholischen Kirchenwesens in pro testantischer Umgebung gefährdet oft den konfessionellen Frieden, weil man darauf hinarbeitet, ganz Deutsch land wieder katholisch zu machen. Die Zahl katholischer Krankenschwestern wird in protestantischen Gegenden un verhältnismäßig erhöht; andererseits wird die Abson derung der Katholiken von allen Nichtkatholiken plan mäßig betrieben. Der Redner entwickelte einzelne Vor schläge zur Abtvehr. Dann sprach über „Die Fürsorge für die evangelischen Deutschen in.unseren Ostmarken" Prof. Burchard in Posen. Westpreußen und Posen sind Diasporaprovinzen mit zahlreichen kleinen Städten und Dörfern, in denen evangelische Deutsche u^ter den Polen zerstreut leben. Hier kann seitens des evangelischen Volksgenossen viel geschehen, und tatsächlich wird durch vielerlei Vereine und Anstalten, deren Tätigkeit der Red ner im einzelnen schilderte, evangelisches Deutschtum gefördert. Beide Vorträge wurden mit viel Interesse angehört und beifällig ausgenommen. Am Abend fand eine Volksversammlung in der großen Stadthalle statt, die einen imposanten Verlauf nahm. Prof. D. Scholz in Berlin behandelte das Thema: „Was hemmt den konfessionellen Frieden? — Falsche Friedensbegriffe." Dann behandelte Landgerichtsdirektor von Loefen-Elbing das Thema: „Was hemmt den kon fessionellen Frieden? Unduldsame Ansprüche". 80—100 AsntaorPraZkrakt, 6er vom kxi. prsuü.Lrisgs- mmistsrinm subventionierten neuen P^po. ——— Subvention Svvv Mlsrlr. ">» > > rsiotmen sieb aus äured erstklsssiAS, aük IrmMÜriZer ürkadruox dvrudsnäe Konstruktion, mnstergültige Arbeit, sparsamen Lotrisd unä desto l-eistungen. Verlangen 8iv gratis unä franko Lpvrialinkormationon. k. Ms 'S KmMr. „ES ist möglich, gnädiges Fränlein, aber ich glaube es nicht. Der alte Herr geht keinem Gegner aus dem Wege, und was die beide» einander zu sagen haben, das muß ja doch hente oder morgen einmal gesagt werden. Lassen Sie nur den Dingen freien Lauf, Sie können nichts daran än dern." Mit schwerem Herzen trat Theodore in das Arbeitskabi nett des Vaters, während der alte Kammerdiener in die Gesindestube eilte, um dort das frohe Ereiguis zu verkün de» und sich an dein Aerger und der Bestürzung der Zofe zu weiden. Der Notar erhob sich und ging mit einer Verbeugung der Baronesse entgegen, ihre ernste Miene bestürzte ihn. Auch der Baron blickte überrascht ans, als er in das bleiche Antlitz seiner Tochter schaute. „Was ist hier vorgefallen?" fragte er rasch. „Ich fürchte, ich bringe Dir keine angenehme Nachricht," antwortete Theodore unter dem Einflüsse ihrer bangen Ah nungen, „Baron Dagobert ist zurückgekehrt." Der Baron fuhr von seinem Sitze empor, sein Gesicht war todesbleich geworden, er stützte sich mit der Hand schwer auf den Schreibtisch, starr ruhte sein Blick auf der Tochter, die in dieser sichtbaren Bestürzung nur eine Bestätigung ihrer Ah nungen fand. „Wo ist er?" fragte er mit mühsam erzwungener Ruhe. „Im Park; in einer Viertelstunde wird er hier sein." „Und wie steht er aus? Natürlich wie ein Vagabund l Was könnte auch Besseres aus ihm geworden sein?" „Gr steht ans wie ein reicher Herr; und sein Auftreten ist tadellos." „Und was hat er Dir gesagt?" „Daß er zurückgekommen sei, um sein Erbe zu fordern." Der Notar hatte bedächtig eine Prise genommen, und wenn mrch die Hand, mit der er den Tabak zur Nase führte, zit terte, so verstand er eS doch, seine äußere Ruhe zu bewahren. „So fordert er nur, was ihm gebührt," sagte er, indem er dem Baron einen warnenden Blick zuivarf, „er wird un willkommen sein." „Gewiß, gewiß," nickte der Baron, der nun auch seiue Fas- suna wiedergesttudeu hatte, „also in einer Viertelstunde? Es ist gut, ich habe mit dem Herrn Justitiar noch einige Geschäfte zu erledigen, dann stehe ich zur Verfügung." Ein Handwink gebot der Baronesse, sich zu entfernen, der Baron legte die Hände ans den Rücken und wanderte mit finsterer Miene auf und nieder. „WaS nun?" fragte er. „Wer hätte an die Möglichkeit dieser plötzlichen Rückkehr denken können? Nun haben wir drei Geg ner, Baronin Adelgunde, ihren Sohn und ihre» Bruder, sie bilden eine Koalition, der gegenüber wir bald machtlos sein werden." „Haben Sie schon die Klausel im Familienstatut vergessen ?" fragte der Notar rubig. „Wie alt ist, der Erbe jetzt?" „Achtundzwanzig!" „So bleiben Ihnen noch zwei volle Jahre, während dieser Frist kann noch vieles sich ereignen." Der Baron blieb stehen, ein verständnisvoller Blick wurde zwischen den beiden ausgetauscht. „Wenn ich ihn nicht so sehr haßte, würde ich ihm mein» Tochter zur Gattin geben," sagte er nachdenklich. Der Notar klopfte mit dem Zeigefinger auf seine Dose und lachte, es war ein kurzes, höhnisches Lachen. „Was würden Sie dadurch für Ihre eigene Person er reichen, Herr Baron?" erwiderte er spöttisch. „Selbst wenn Ihnen dieses Projekt gelänge, was ja noch sehr fraglich ist, in Haus Eichenhorst würden Sie nicht bleiben können, Sie müßten die Herrschaft abtreten und sich mit einer knappen JahreSrente begnüge«.* „Sie haben recht, wir beide können gemeinsam unter die sem Dache nicht weilen," sagte der Baron rasch. Die Viertelstunde, von der Theodore gesprochen hatte, war verstrichen, der Notar zog sich in das Nebenzimmer zurück. Baron Kurt wanderte wiener ans und nieder. Der alte Kammerdiener war geräuschlos eingetreteu. „Herr Baron Dagobert von Darboren!" sagte er, und daS Zittern seiner Stimme verriet die tiefinnere Bewegung. „Ist mir willkommen," erwiderte der Baron, indem er dem Eintretenden langsam entgegenging. Einige Sekunden laug standen die beiden Männer schwel" gend einander gegenüber, dann reichte der Baron seinem Nef fen die Hand. . S14.LS Der Kampf nm das Majorat. Roman von Ewald Ang. König. SS »Ich gehe nun, um Dich anznmelden," fuhr sie fort, in dem sie die blonden Löckchen aus der Stirn strich, „folge mir erst nach einer Viertelstunde, oder soll ich Dich holen?" „Nicht doch," erwiderte er, und seine Stimme klang jetzt wieder warm und herzlich, „ich werde Dir folgen." „Und meiner Bitte wirst Du gedenken?" „So lange, bis ihre Erfüllung nur unmöglich gemacht wird." Sie nickte ihm mit einem freundlichen Lächeln zu und schlug den Weg zum Herrenhause ein. Vor der Tür des Herrenhauses hielt ein Wagen, eS war eine gewöhnliche Droschke aus der Stadt. Der alte Kammerdiener begegnete ihr im Flur, sie fragte ihn, ob Besuch gekommen sei. „Nur der Herr Notar Tellcnbach," antwortete er mit einer Miene, die keine freundschaftliche Gesinnung für den Gast ver riet. Theodore erinnerte sich der Aeußerungen Dagoberts über diesen Herrn; das Zusammentreffen mit ihm konnte sofort zu unliebsamen Erörterungen fiihren. „Er muß das HauS verlassen, ehe Baron Dagobert eS betritt," sagt« sie beunruhigt. „In einer Viertelstunde wird mein Vetter hier sein, können Sie nicht Sorge tragen, daß eine Begegnung zwischen ihm und den, Herrn Notar Tellen bach vermieden wird?" ' „Baron Dagobert ist znriickgekehrt?" fragte Jakob in freu diger Ueberraschung. „Sie haben ihn gesehen, gnädige» Fräu lein, mit ihm geredet?" „Er wartet im Park, bis ich ihn angemeldet habe," nickte sie, „gehen Sie zu ihm, bitten Sie ihn, er möge so lange warten, bis der Notar sich entfernt habe." Der Kammerdiener schüttelte ablehnend sein graue« Haupt. „DaS Warten könnte ihm zu lange werden," erwiderte er, „der Herr Notar wird hier speisen wollen —" „Wenn er meine Nachricht hört, wird er ans unsere Ta kel verzichten."