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— 178 — t« Lille» austauchen, eine Frauengestalt saß darin und «bäte mit kräftigen Armen in de» See hinaus. -kchühmend trat er vom Fenster fort und ging leise an Gretei- Lager. .Gretel!" sagte er weich und neigte sich über sie, die twgnngSloS und mit geschloffenen Augen dalag. Eie schlug die Augen auf, sah mit bangem Blick zu ihm «gwr und fragte zitternd: .Kannst' dem Vater vergeben, «awdikt, «nd mich lieb behalten? Ach, Benedikt!" Schluchzend legte sie die Arme um seinen Hals. .Hast' denn vergessen, was Du um mich grthan hast, Gretel? Dein liebes Leben hast für das meine eingesetzt. Sch«, Liebling, damit hast' tausendfach gesühnt, was Dein «»er verblendeter Later Unrechtes an mir gethan. Daß ihm GotteS Gnade aber in der Ewigkeit nicht versagt bleibe, darum wollen wir de» lieben Herrgott gemeinsam bitten. N»» sei still, Liebling, wein' nicht, Drin Benedikt verläßt Dich jetzt nicht «ehr und jetzt wird Alle- gut!" Die Thür ging auf, und Resri kam herein. .Da seid Hk," rief sie aufgeregt. .Selbst die Dirn herüberbringeu, LenÄikt. Draußen ist der Just, der soll sie tragen. Der Wnrzer ist ganz hin vor Aufregung.. Denk', die Papiere find da! Der Wurzer wollt's aber gewiß nicht, kannst's glauben, daß die Wtrthin darum vor'- Gericht kommt. Er wollt' icke Sach' gern ruhen lassen, und wenn er darum Alles wo- auf de« Sten, steht, hätt' verlieren sollen. Aber schau, »»» kommt doch dar Gericht über sie. Der liebe Gott läßt nichts ungerächt." So sprach die Bäuerin in unruhiger Hast durcheinander. .Komm jetzt mit der Dirn hier fort. Die Wtrchi» ist aus den See gegangen, und die Gerichtsleut' wolle» ihr »ach, aber 'S ist kein Nachen zur Hand. DaS gmqe Dorf ist schon zusammengrlausen. Gewiß giebt's auch »och Lärm und Unruh' hier im HauS. Komm, liebe Dirn," beugte sie sich über Gretei, »bei uns sollst' gut aufgehoben fei» und hast' den ersten Platz fortan für das, was Du dem Bexckikt gethan." BenÄttt nahm ihr die Decke, die Resei mitgebracht, au ßer Ha»d u»d wickelte Gretei darin ein. Dann hob er das leichte Bündel aus seine Arme. .Ich trog mir mein Glück fcho» selbst heim," wehrte er ab, als Resei den Knecht Herein ruse» wollte. Durch neugierige Gafferschaaren durchschreitend, die an de» See eilte», trug er sei» Glück unter seines Vaters Dach. .Hier bring' ich Dir doch eine Schwiegerin auS dem Ster», Later," rief er mit glücklichem Lächeln, als ihm der - Swqer au der Schwelle entgegentrat. .Denk', sie wird nun «ei» Weib!" .Gott segue ihren Einzug," sagte der Bauer mit zittern der Stimme. .Hab'- mir bald gedacht, daß Gott eS so füge» wird." Gretei, die bis zur Ohnmacht erschöpft war, wurde auf ReseiS Lett gelegt und schlief von Benedikt- Armen um- ßmgr» ei». .Lergieb mir, Benedikt," kam der Wurzer mit ausge- strmlte» Händen auf ihn zu, als er seine Arme unter der Schlafenden leis« hervorgezogen und sich aufgerichtet hatte. .Immer »»ehr Licht sendet der Herr, und meine Schuld an Dir wird immer Heller beleuchtet." > .Later, laß Alle- vergessen sein! Ich bin so glücklich!" . jubelte Benedikt leis« und zog den Vater an seine Brust. .Muck'- nur, wo- geschehen, schickte Gott, um mich zu so glücküchn» Ziel zu führen. Sieh, wir irren Alle, sind Alle IwrzfiHig. Denk' doch, vor welchem Schicksal mich Dein Widerstand damals bewahrte. So hat er Alle- zum Guten gewendet. Hat er's an Dir nicht ebenso bewiesen? Sieh, auS schwerem Kummer ließ er Dir Glück erblühen. Wir müffen uns nur ruhig beugen und sein Watten geduldig an sehen. Mit dieser Stunde laß unS die Vergangenheit be graben und vergessen. Ich will nicht mehr an daS Böse denken, — ich will glücklich sein!" ""H Mit einem «esen Athemzug trat er an daS Bett zurück und sank davor nieder. Stumm drückte er dm Kops in daS Kiffen, auf dem sein reine-, liebliches Glück schlummerte. Vier Wochen später wurde ihm Gretei durch dm Pfarrer angetraut. Er reiste mit ihr bald nach dem Süden. Dort, im mllden Klima sollte ihr geschwächter Körper gefunden und ihre junge Seele zu dem neuen Leben emporblühen, in da- sie Benedikts Hand geleitete. Nach Brasilien kehrte Benedikt nicht mehr zurück. Er löste seine Verbindungen mit seiner neuen Heimath und nahm seinen dauernden Wohnsitz in München. Alljährlich aber verlebte er ein paar glückliche Wochen iu seiner Heimath, wo er sich ein hübsches Wohnhaus hatte bauen lasten. Lenei war der rächenden Hand der Gerechtigkeit glück lich entkommen. Sie sei über den See ins Bayrische ge flüchtet, erzählten, sich die Leute, und soll sich dort mit Michl zusammengefunden haben, nachdem er seine Strafe für die an Gretei begangene Schandthat abgebüßt. Andere wollten wissen, daß sie nach Amerika gegangen sei. Der Stern, der nach der gerichtlichen Regelung dein Wurzer zufiel, wurde mit Benedikts Mitteln in ein Siechen haus umgewandelt, in welchem alle Siechen und Bedürftigm aus der Umgegend eine Heimath fanden. Nach vielen Jahren, der Wurzer lag längst in der kühlen Erde und um Benedikts Kniee spielten schon kleine Enkel kinder, tauchte ein altes, verkommenes Weib im Dorfe auf, daS Niemand kannte und das über seine Herkunft keine Aus kunft gab. Die Gemeinde gab ihr Unterkunft im Wurzerheim. Dort lebte sie noch ein paar Jahre, sich in finstrer Schweig samkeit von den Andern abschließend. DaS soll die Stern- wirthin gewesen sein, hieß es später in der Gemeinde. Ach, wie bald! In dem blätterbunten Wald, Hält der Tod rin eifrig Werben; Seiner Stimme, rauh und kalt, Ach, wie bald Folgt da- Laub in leisem Sterben! Nach dem Süden sehnend wallt Nun die Schaar l er Schwalben wieder! AuS der Lust ein sruß noch hallt - Ach, wie bald Sterben auch die letzten Lieder! Durch den Thalgrund sonder Halt Eilen noch deS AaldkachS Wellen; Doch schon naht deS Nords Gewalt — Ach, wie bald S nd gebannt die Wanderschnellen. Ach, wie bald auch dir erschallt Letztes Lied und letztes Rauschen Unter'm Licht den Aufenthalt Ach wie bald Wilst mit tirateSnacht du auschen! «r»ck «ck «erlag wm Langer L Winterlich in Riesa. — Für die Redaktion verantwortlich: Hermann Schmidt in Riesa. GWlkk an der Clbe. Belletr. Gratisbeilage zum „Riesaer Tageblatt" Nr. 44. Riesa, den S. November 18V8. «L. Achrg. Der Geldschrank »es Bankiers Eine Criminalgeschichte auS Christiania. Autorisiite Uebersrtzung auS dem Norwegischen von Friedrich von Känel. I. Eines MontagmorgenS Ende September stehe ich eben im Begriffe, auszugehen. Da läutet es am Telephon, und mein Freund Monk fordert mich auf, unverzüglich zu ihm zu kommen, wenn ich ihm einen Dienst erweisen wolle und Zeit dazu habe. Zehn Minuten später stehe ich im Contor meines Freundes. Er selbst sitzt an seinem Schreibtisch, während im Lehnstuhl daneben ein älterer, wohlbeleibter und stattlicher Herr Platz genommen hat. Es war Bankier Wendel, ein alter Bekannter meine- VaterS, der immer die Gewohnheit hatte, wich auf der Straße arzuhalten, einen meiner Knöpfe zu erfassen und ein Gespräch zu beginnen. Er beantwortete meinen Gruß zwar freundlich, aber es war eine Unruhe in seinem Wesen und eine Bekümmerniß auf seinem Gesicht, die ihn mehrere Jahre älter erscheinen ließen, als gestern. Monk reichte mir stumm die Hand, wie er zu thun pflegte, und fragte mich dann, ob ich an diesen Vormittag eine Stunde oder zwei zu meiner Verfügung habe und ihm und Bankier Wedel einen großen Dienst erweisen wolle. .Ich muß übrigens, ehe Du eine Antwort giebst, Dich davon unterrichten, worin dieser Dienst besteht. Unsere Zu- muthung ist nämlich nicht ganz gewöhnlich. Was wir von Dir verlangen, ist Folgendes: Du gehst mit diesen zwei Beuteln, es sind 25000 Kronen in Gold, inS „Hotel Europa" — Tu kennst taS alte Hotel in der KönigSstraße —, frägst dort noch Herrn Charles Duval, den Du am besten auf seinem Zimmer zu treffen suchst, lieferst dann die beiden Beutel von Bankier Wedel aus, und verlangst den Empfangsschein zurück, den ihm Herr Bankier Wedel früher eingehändigt hat. Doch mußt Du Herrn Duval ersuchen, den Empfangsschein mit eigenhändiger Quittung zu versehen." „Selbstverständlich sollten wir Dir zuerst die ganze Ge schichte erzählen, welche der Grund unserer Bitte ist, die Dir Wohl etwas merkwürdig erscheinen mag. Allein die Zeit er laubt es nicht. DaS Geld muß um 10^ Uhr abgeliefert sein, und nun ist es bald 10'/, Uhr!" „Ich sehe nicht ein, warum ich den Auftrag nicht auS- sühren sollte," antwortete ich, „vorausgesetzt, daß ich später den nähern Zusammenhang erfahre!" Der Bankier, der bisher kein Wort gesprochen hatte, erhob sich bei den Worten und machte seinen unvermeidlichen Griff nach meinen Knöpfen. „Mein lieber Ingenieur," sagte er, „Ihr Freund Monk hat mir gesagt, daß wir uns ruhig Ihrer Dienstsertigkeit bedienen könnten, und ich würde sehr dankbar sein, wenn Sie uns diesen Dienst leisten wollten, nicht weil ich verstehe, was das nützen soll, sondern weil Ihr Freund nach dem, was er mir gesagt hat, cs als sehr wichtig - b« trachtet, daß ein zuverlässiger und kluger Mann diesen Auftrag ! übernimmt. Natürlich wird Ihnen nachher mitgetheilt werden, ' waS daS Alle- zu bedeuten hat; aber Sie nehmm eS mir gleichzeitig wohl nicht übel, wenn ich Sie dringend darum bitte, über diese Angelegenheit unbedingte- Schwelgen zu be obachten!" Nun trat Mouk dazwischen: „Die Zett vergeht, Herr Bankier. Mein Freund hat sich bereit erklärt, und ich muß ihm die letzen Instructionen geben. Was seine Verschwiegen heit anbetrifft, so weiß ich, daß unser bloser Wunsch genügt. „Höre nun: Ehe Du da- Geld ablieferst, stellst Du Dich als Banker Wendel- Bote vor, der in seinem Geschäft an gestellt ist. Gieb genau acht, welchen Eindruck der Name auf Herrn Duval macht. Er ist Franzose; ich weiß, daß Du fließend französisch sprichst. Daun gieb, wenn möglich, noch genauer Achtung darauf, welchen Eindruck eS auf ihn macht, wenn er Deinen Auftrag vernimmt, nämlich die Rücklieferung des Geldks, daS er früher bei dem Banker deponirt hat. „Vielleicht wird er Dich nach der Ursache fragen, warum man ihm daS Geld sendet, statt zu warten, bi- eS abgehott wird." „Darauf hast Du zu antworten, daß Herr Wedel da- Geld selbst auS seinem Privatcontor herau-gebracht und etwas davon gesprochen habe, daß Herr Duval wohl wenig Zett habe, da er mit dem Schnellzug nach dem Norde» vereise» müsse." „Du fügst bei, daß Herr Wedel immer sehr höflich uud zuvorkommend sei uud besonder- die Franzosen ücke." „Achte genau darauf, welchen Eindruck jeder Satz auf den Fremden hervorbriugt und suche unbedingt, aus feine Weise einen für ihn schmeichelhaften Ausdruck Deine- Prinzi pals einzuflechte». „Nebligen- gebrauche Deine Augen gut in Allem, was den Mann selbst, sein Zimmer, Reisegepäck — kurz, Alle-, waS Herrn Duval angeht." „Hier ist eine keine Handtasche; sie wird Dich instand setzen, die Beutel sicherer zu tragen und sie überdies vor dem Franzosen zu verbergen, bis zu dem Augenblick, in dem Du Dein Anliegen vorbrtugst." (Fortsetzung folgt.) . Di« Sternwirthiu. Erzählung von A. von Hahn. (Schluß.) Lenei betrachtete sie noch eine Weile mit fiastercm Blick, jetzt aber schien die Schlafende ihrem Einfluß entrückt zu sein. Sie lächelte weiter, während tiefe Athemzüge ihrer Brust entströmten. Noch einer Weile erhob sich Lenei, ging in die Schank stube und setzte sich dort ans Fenster, Beuedlkt abwarteud. Bald darauf kam daS Wägelchen die Dorfstraße herunter gerollt. Beneditt schien verstimmt zu sein. Sie sah'- durchs Fenster, al- er vom Wagen Meg und nachdenklich ^aus die Thür zuschritt. Geschäftig eilte sie zur Thür. „Grüß Gott," grüßte sie ihm freundlich entgegen. „Bist arg schnell wieder Helm, hast' am End' nicht auSgericht', wie Du'S im Sian gehabt host?"