Volltext Seite (XML)
Beilage znm „Riesaer Tageblatt". Rotationsdruck und Verlag von Langer L Winterlich in Riesa. — Für dl« Redaktion verantwortlich: Hermann Schmidt in Riesa. Donnerstag, 11. Mürz 1969, abend». H »7 «S. Iahr^ SimmM us ik» AM» Eigen-Bericht. 8od. Berlin. 9. März 1999. Wen« die Reichslagsdebatten im Zeichen des Wein» standen, gab e» immer feucht-fröhliche, an poetischen Er- güffen reich« Erörterungen. Trocken und nüchtern ging man heut« an die Beratung der neuen Wetngesetze». Am vundesrairttsch finden flch frühzeitig Herr o. Vethmann- tzolweg mit seinen Kommissaren «in — und der Staats- seketär des Auswärtigen Amtes, Herr v. Schön. Beim 8 3, der von den Grenzen der zulässigen Zuckerung handelt, setzt eine Art Generaldebatte ein. Im Mittelpunkt der leidenschaftslosen Auseinandersetzungen stand der 8 6b. Der will, daß deutsch« Weine, die mit ausländischen Weinen verschnitten find, nicht als deutsche Weine bezeichnet werden dürfen. Dr. Dahlem vom Zentrum nimmt sich des 8 6d im Interest« de» deutschen Weißweinbaue» lebhaft an. Der nattonalltberale Heyl zu Herrnsheim will sogar gegen das ganze Gesetz stimmen, wenn dieser Paragraph der Re gierung unannehmbar bleibt. Dr. David von den So zialdemokraten ist der Anficht, daß auch der Weinhandel «in Interest« an dem Schutz vor unsolider Konkurrenz habe. Der freisinnige Abgeordnete Hormann, der Vertreter de» Weinhandett, will nicht untersuchen, ob Bauern oder Händ ler mehr panschen. Schwere Bedenken hätte er gegen den 8 5, der indirekt den Deklarationszwang fordere. Sein Antrag, daß die ZuckerungSfrist bi» auf den 31. Januar ausgedehnt werden möge, wird durch den Staatssekretär o. Bethmann-Holweg lebhaft unterstützt. Der 8 6b widerspreche dem Geist« der Handelsverträge. Diese Diffe renzierung würde dem Auslands gegenüber eine Quelle un ablässiger Streitigkeiten werden. Und jetzt begreift man erst, warum Herr o. Schön sich eingefunden hat. Herrn Bethmann-Holweg zur Seite zu stehen. Unsere handels politischen Beziehungen zu Italien, Frankreich und Spanten, führt er au», würden durch den 8 6b Einbuße erleiden. Der national liberale Blankenhorn bedauert die Er klärungen der StaatssekretSre und begründet einen Antrag vaasche, daß da» Maximum des Zuckerwasterzusatzes von Vr auf Vt erhöht werde. Der wirtschaftliche vündler Stauffer hält unentwegt an dem 8 6b fest und falle da ganze Gesetz dadurch. Im Gegensatz zu seinem Fraktion», kollegen Hormann vertritt der in Heilbronn gewählte Frei- sinnige Naumann die Interessen seiner Wähler, der Weinbauern. Der 8 6b widerspreche durchaus nicht den Handelsverträgen. Auch der Antisemit Gräfe spricht im Interest« der wetnbauenden Bevölkerung. Die Staats regierung schickt den Freiherrn vom Stein vor, um noch einmal die schweren Bedenken gegen den 8 6b dem Hause begreiflich zu machen, und dann vertagt man sich. Auf Donnerstag. Das hohe Hau» will der vudgetkommission Zeit lasten, den Mtlitäretat zu Ende zu bringen. Der 31. März steht vor der Tür und da tut Eile not. Ohne ein EtatSnotgesetz wird es wahrscheinlich doch nicht gehen. Donnerstag wird da« Detngesetz zu Ende beraten werden. Da» Oesterreichische Abgeordnetenhaus trat gestern zusammen. Ministerpräsident Freiherr t'on Bienerth skizzierte in seiner Prvgrammrede unter gro ßem Lärm der Tschechischs-Radikalen und unter dem Bei fall des übrigen Hausest t ie anSwitrrqe Lage. Zwei Alte charakterisierten die Stellung der Monarchie in der gegenwärtigen K'risis: der Tlbschluß der Verständig ung mit der Türkei und« die Oom Belgrader Gesandten abgegebene Erklärung. ES seien große Opfer gebracht Morden, um auf friedlichem Wege zu einer Verständig ung zu gelangen. Es sei zu erwarten, daß die Signatar mächte die Nach-richi vlon dem UebereinkoMmen mit Be friedigung ausneymien würden. Wohl habe die Spann ung der auswärtigen Lage durch daÄ Uebercinkommen um ein bedeutendes nachgelassen. Ungeklärt aber seien heute noch die politischen Beziehungen der Monarchie zu Serbien und Montenegro, die eine Reihe durchweg un erfüllbarer Und undurchführbarer politischer Forderung««! ausgestellt hätten. Tie Monarchie habe seit allem Anfang«: die Ansicht, auch mit Serbien auf dem Wege direkter Verhandlungen zu einer Wiederherstellung normaler Be<» Ziehungen zu gelangen. Die Regierung habe in diesem! Gedankenganae sich durch keinerlei aus dein benachbarten! Königreich herausdringende Nachrichten an-? ihrem Gleich mute und ihrer ruhigen Zurückhaltung Herausbringenr lassen. Oesierreich-Ungarr sei gern bereit, neue Ver handlungen mit Serbien über wirtschaftliche Fragen zu beginnen, wenn Serbien seine Haltung betreffend Bos nien ändere und die Absicht erkläre, wied.er zu einem freundschaftlichen Verhältnisse mit der Monarchie zu ge langen. Tie Aussichten auf Erhaltung des Friedens hät ten sich also zwar gehoben, doch erheischten rie intern nationalen Verhältnisse dringend Wachsamkeit nnd Zu- saniUrfassung aller staatlichen Maste. Deshalb müßten alle zur Mitentscheidung berufenen Faktoren die innere^ Zwistigkeiten Hintausetzen. Mehr verschärft als gemildert ' erscheint heute das Verhältnis zwischen Oesterreich-Un garn und Serbien. Boran trägt hierzu bei, daß in der gestrigen Sitzung desungarischenAbgc >ordneten - Hauses Ministerpräsident Tr. Wekerle die Gesetzesvor lage über den Handelsvertrag mit Serbien znrückzhg und den Ausbruch des öfter-, reich isch-serbischcn Zollkrieges verkündete, da die serbische Antwortnote Oesterreich-Ungarn nicht befrie dige. Dadurch ist die internationale Situation sehr kri, tisch geworden. / Die Antwort der serbischen Regierung auf die ,,freundschaftlichen Ratschläge" Rußlands ist am Mittwoch veröffentlicht Worden, nachdem die Genehmig ung der russischen Regierung am Dienstag in Belgrads ciugetvofsen war. Ter Wortlaut liegt noch nicht vor, doch besteht nach „authentischen" Mitteilungen der Neuen ,t»>».>'P>sw i -MMMIWIGWtzWMW, Kirüüllir Wil dlMiir »I» Amet «s« kleleed vr. Votkvr'8 knäälor als Zugabe zum Vesperbrot der Kinder. Zum Backen nur das echte vn. vwülswi»'» Backpulver. I Wl'WrÄn — WmWm M I SivlkmWn« Klüts L Utttjt RWüch» I. Wr. Gegr. 1869. - 10«« Arbeiter. — Solvente Vertreter gesucht. — * vueMeur v ISf IVu? eckil- mit üiesepLLkulÄHSfke! bliogk (block' .. Vor- ^sciigfkfrll>/ly ' i (Uanü Pi-Ix >>SN- IM. lksen-viplom. . üeae:a!oesi/cies, ll'tssäen-v. >>».>'S->! !Ä.iö? 25 k hiOs'h ch . /vflv.1,00. Irrigatoren Schlauch Ersatzteile Gummi- spritzeu Eisbeutel Thermo meter kaufen Sie vorteilhaftin der * Un<LrMie.MnM.U imtzüetzomi rosig zart und blendend weiß wird die Haut nach kurz. Gebrauch der allein echten LilikiM'Zeise,SUn«' von vielen Aerzten u. Prof, empfohlen von Bergmann L Co., Berlin. 50 Pf. pr. Stck. bei R«V. Benndorf, Srtfenhandluug. * Merkannt. Roman von Lothar Palmer. 6 Im kleinen, roten Salon nahm man stehend den Tee ein: die Sessel waren an die Wände gerückt worden, um für die plaudernden Gruppen Raum zu gewinnen, und einige ältere Herren und Damen saßen in des Hausherrn Stube, die mit hohen Sträuchern zu einer Art Laube arrangiert war, und spiel ten Whist und Pikett. Es war ein Summen, wie in einem Bienenschwarm; in der Luft lag ein schwerer Duft von Parfüms aller Art, doch machte sich das moderne amerikanische CareopsiS und Jhlang- Jhlang besonders aufdringlich bemerkbar. Die befrackten Herren trugen bunte, hellseidene Westen mit Doppelreihen dicker, gol dener Knöpfe, und Stehkragen bis zu den Ohrläppchen; die Leutnants hatten scheinbar die von den Damen in Acht und Bann erklärten Schnürmieder angelegt, alle ohne Ausnahme hatten die Bärte hoch aufwärts gestrichen und Zwicker oder Eingläser vor den Augen. Die Büsten der Damen leuchteten, die nackten Arme wa ren von Goldspangen umschlossen und die Hände bis zum Ell bogen hinauf züchtig in knappe Handschuhe gepreßt." Baron Buschbeck kam als der Tee schon längst getrunken war; Frau von Stupka atmete auf, und die trostlose Spannung wich aus ihren Zügen. Der Baron verneigte sich wie vor einer Fürstin, und entschuldigte sein Zuspätkommen mit einer Zun- gengeläufiakeit, die ihm sonst nicht eigen war. „Eine fatale, unvorhergesehene Abhaltung; ich war außer mir, wie auf Kohlen, gnädigste Frau, und ich habe mich gewalt sam losreißen müssen!" Sie lächelte ihm huldvoll dieDerzeihung entgegen, und flü sterte ihm zu: „Ich habe nur auf Sie gewartet, um das Zei chen zum Souper zu geben; bitte, wollen Sie meine Tochter führen!" „Ah! Ich bin«ntzückt,Gnädigste!" sagte er, froh, so gnädig empfangen zu sein, und während er, das EinalaS in» Auge geklemmt, das bleiche HauStöchterchcn suchte, sich hierhin und dorthin artig verneigend, dachte er: „Um solcher öden, konven tionellen Soiree willen drer Akte der „Heimat" versäumen müs- len! Schauderhaft, wirklich ganz schauderhaft." Nach Mitternacht brachen die Gäste auf; jeder schüttelte der Oberstin und ihrem Gatten die Hand, die Herren berührten mit ihren Bartspitzen ihre Glacees, lächelten mit vielsagendem Augenaufschlag Fräulein Marianne an, steckten sich in der Gar derobe eine Zigarre an, und während die Haustür zuschlug, und einige Equipagen und Mietdroschken davonfuhren, zählte der Galonnierte seme Trinkgelder zusammen. Referendar Pöhland eilte Alexander Buschbeck nach und sagte: „Haben Sie noch einen Platz im Wagen für mich?" Der Baron maß den Freund mit einem ärgerlichen Ge sicht und meinte mit erzwungener Artigkeit: „Gewiß, aber ich fahre direkt nach Hause." „Um so besser; ich habe einiges Interessantes zu erzählen." Mit einer stummen Handbewegung luv oer Baron den Re ferendar ein, den Zweispänner mit den Eisenschimmeln zu be steigen, und als die feurigen Tiere ausgriffen, sagte Pöhland ganz unvermittelt: „Die Holthaus ist ein Komüdiantenkind, und tut nur so spröde!" „Woher haben Sie die Kenntnis ?" fragte der Baron noch immer verstimmt. „Sie wissen, lieber Buschbeck, daß ich für gewisse Dinge eine feine Spürnase habe. Hier in diesem speziellen Fall handelte eS sich aber auch noch darum, Ihnen einen Dienst zu erweisen." Der Baron räusperte sich ein wenig. Pöhland tat, als ob er die Verstimmung gar nicht merke, lehnte sich bequem in die weichen, grauen Polster zurück und fuhr fort: „Darum suchte ich neulich die Holthaus sofort auf; ich wollte das Terrain untersuchen." „Wobei ich Ihnen sehr ungelegen in die Quere kam?" Pöhland lachte laut auf: „Das klingt fast wie Eifersucht, liebster Baron. Nee, nee, daran ist wahrhaftig nichts!" „Wenn ich noch bei Ihnen eine Zigarre rauchen darf, werde ich Ihnen klar machen, daß dieses MalJhr Scharfblick sich ge täuscht hat, und daß es sich gar nicht der Mühe lohnt, um den neuen Stern am Theaterhimmel zu schmachten. Sie bat ihren „Beschützer" schon gefunden, und im übrigen . .hat sie schon auf der Lebensbühne längst ihr Debüt im Punkt der Liebe gefeiert." Der Wagen hielt mit einem kurzen Ruck vor dem kleinen, fashionablenHeim deS BaronS, und langsam stiegen die Freunde Uber die weichen Treppenläufer zum Rauchsalon. Punkt halb zwölf, wie Trude Herrn Franz Gottschalk auf ihrer Herrin Geheiß bedeutet hat, läutet er an. Er hat mit Sorgfalt Toilette gemacht, aber cs geht ein Duft von altem Zigarrenrauch und Wirtshausluft von ihm aus. Als Trude ihn über den breiten Korridor dein Salon zuführt, sieht er indiskret die Wände empor und taxiert nut sicheren: Blick den Wert der schweren Portieren und den hohen Triimeau, dep hinter einer Borsaaltoilette bis zur Decke aufreicht. „Ein warmes Nest," denkt er nnd ein eigenartiges Lächeln, halb Behagen, halb Neid, zuckt über sein Gesicht. Es war ein grauer Regentag, im Salon herrschte tiefes Dämmerlicht; die Golddecken vor den Fenstern wirkten fast braun wie welkes Laub und der Dust von Veilchen strömte aus der hohen etrus kischen Vase am Fenster her. „Ich bitte Platz zu nehmen, Fräulein von Holthaus wird sogleich kommen," hat Trude gesagt, aber Herr Gottschall be achtet es nicht; als sich die Tür geschlossen hat, wirft er einen prüfenden Blick umher. „Gediegen reich ausgestattet," sinnt er vor sich hin: „scheint einen reichen Freund gefunden zu haben." Fast geräuschlos war Elfriede eingetreten; die Storung war ihr unangenehm; sie studierte eben eine neue Rolle ein und hatte den zudringlichen Besucher fast ganz vergessen gehabt. Etwas gereizt nnd nervös klingt ihre hastige Anrede: „Sie drangen darauf, mich zu sprechen; ich bitte sich kurz fassen zv wollen, dameineZeitsehr knapp bemessenist." Gottschall steht im Schatten der hohen Palmengntppe; er rührt sich nicht, antwortet nicht, sondern sieht nur mit einem lauernden Blick nach Elfriede, die sich vom Goldgrund der Fen sterdecken wie ein altes Bild italienischer Meister abheot. „Mein Herr, Sie wünschen?" sagt sic irritiert, ohne ihr« Stellung zu wechseln. 164,20 Da lacht der Mann auf, hämisch, in kurzen Stößen: „Hast ein kurzes Gedächtnis, wie mir scheint, Cäcilie Richon?" Sie zuckt auf bei dem Klange dieser Stimme, sie klammert sich an die Sessellehne und wird fahl bis in die Lippen. Er weidet sich einen Moment an ihrem starren Entsetzen, dann kommt er langsam näher und fragt: „Erkennst Du mich jetzt?" Sie hat sich schon wieder gefaßt; warum erschrak sie doch? Sie war als ihr eigener Herr im eigenen Heim, und der da ooi ihr stand, war ein Eindringling, den sie nicht dulden wollte; et» Schatten aus unseliger Vergangenheit, aber.. «in Schatten nur,